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wünschen auch die Katholiken, daß diele» Privileg wo möglich erhalten bleibt. Freilich vergessen sie nicht, daß durch die Eingriffe, die die preußische Staatsregierung in das Wahlrecht der Domkapitel so häufig gemacht hat. es im letzten Jahrhundert vielfach nur zu Scheinwahken gekommen ist. Der Köniy von Preußen wirkte häufig so stark auf die Kapitel ein. daß diese nur die Person wählen konnten, die die Regierung haben wollte. Am 3l. August 1865» reichte derpreußische Kultus minister von Mühler dem damaligen Ministerpräsidenten von Bismarck eine Denkschrift ein, in der ausgeführt wi.d, wie durch die preußischen Wahlkommissarien die Wahl einer bestimmten.vondemLandesherrndefignierten Person vermittelt worden ist! Wir überschätzen also den Wert dieses Wahlrechts nicht. Uebrr die Einrichtung neuer Diözesen hat man viel in den Zeitungen gefabelt. Man schrieb z. B. über die Errichtung eines Bistums „Kami n". Daß es sich hier nur um eine böswillige Zeitungsnachricht handelt, die die evangelische Bevölkerung ausregen fallt«, das ist ohne weiteres klar. Der Evangelische Bund hat dann auch eine Entschließung gefaßt gegen die Errichtung eines Bistums Berlin. Wenn in der Tat diese Einrichtung getroffen werden sollte, so entspricht pe nur einem längst vorhandenen Bedürfnis. Die Zahl der Katholiken in Groß-Berlin beträgt rund 436000; dazu kommen in der ProvinzBrandenburg noch über 100 000, so daß Berlin mit Brandenburg 542 188 Katholiken hat. Der Bezirk des Bistums Berlin müßte aber auch noch Pommern umfassen mit 65897 Katholiken. Ein Bistum mit 608 080 Katholiken gehört zu den größten deutschen Bis tümern. Es haben z.B. Eichstätt 197 835, Passau 381237, Mainz 415 499, Ermland 342 832, Fulda 221 097, Hildesheim L09 156, Osnabrück 423 026 Seelen. — Auch ist über die Ein richtung von neuen Erzbistümern geschrieben. Süddeutsch land zählt mit Einschluß von Mainz 7 908 552 Katholiken und hat drei Erzbistümer: Norddeutschland zählt mit Ein schluß des Bistums Meißen (Sachsen) 12 960 365 Katholiken. Es hat aber nur ein Erzbistum Köln. Daß wenigstens noch zwei weitere Erzbistümer iu Norddeutschland errichtet würden, entspräche der Billigkeit. Seit dem Jahre 1924 haben die evangelischen Landeskirche» sich in Preußen in größter Freiheit eigene Verfassungen ge geben In demselben Jahre hat der preußische Staat die Kosten der Geßrmtverwaltung der evangelischen Landeskirchen in hoch herzigster Weise, wie der damalige preußische Kultusminister Dr Boelitz sich ausbrückte, aus die Kasse des preu ßischen Staates übernommen. Für die evangelischen Landeskirchen ist also längst geschehen, was die Katholiken in ihren Vereinbarungen mit der preußischen Staatsregierung er streben. Aber nach Blätlermeldungen wollen jetzt — 1924 sind diese Wünsche nicht lauigcworden — die evangelischen Landes kirchen auch noch Verträge mit dem Staate schließen. Ich habe schon früher im Landtage erklärt, daß das Zentrum seiner alten Tradition gegenüber den Wünschen der evangelischen Landes kirche treu bleiben werde: wenn diese Kirchen also Vertrüge wünschen und die Slaatsregierung diese Verträge dem Parla ment vorlegt, dann wird das Zentrum loyal an der Verabschiedung der Verträge Mit arbeiten. Die ,,Frankfurter Zeitung" meldete längst, daß das preußische Staatsministerium allerdings zur Zeit nicht in der i'age sei. diese Verträge vorp'leaen. Ich kann mir denken, daß dafür einige Schmierigkeiten bestehen. Es besteht bekannt lich der prinzipielle Streit zwischen der liberal gerich teten Evangelischen und den mehr konservativ ein gestellten, ob ein solcher Vertrag überhaupt zwischen den evangelischen Landeskirchen und dem preußischen Staale ge schlossen werden könne und solche Verträge sür den Staat er träglich sind und sür die Kirche wünschenswert seien. Dann kämen für Preußen auch die Verträge mit den 8 Landeskirchen j«> Frage, so daß die Verhandlungen nicht ganz «insack zu führen waren und längere Vorbereltungen erforderten. Aber ich wiederhole: Wollen die evangelischen Kirchen jetzt oder später, wollen sie durch Vertrag oder durch Gesetz neue Rege lungen mit dem preußischen Staate treffen, so mischen sich die Katholiken nicht in diele Drnge. Das Zentrum stärkt gern den Einfluß des Christentums, das heute durch den Zeitgeist schwer bedroht ist. Es darf dann aber «uch verlangen, daß die evangelischen Kreise Verständnis dafür zeigen, daß der unhaltbare und ungerechte Schwebezustand sür die katholisch« Kirche beseitigt wird. Von Jahr zu Jahr verweist das Kultusministerium die Katholiken bei den dringlichsten Anträgen für die Gewährung von Beihilfen zur Foeljührung der Verwaltung auf den Ab schluß dieser Vereinbarung von Staat und Kirche, um damit den rechtlichen Verpflichtungen sich zu ent ziehen. Wollte die Regierung nicht endlich wirklich Ernst mack-en. so mußte sie sich den gerechten Vorwurf der Doppel- llngigkeit gefallen lassen. Das Zentrum hegt das Vertrauen, aß sowohl die Slaatsregierung wie die politischen Parteien die Verhandlungen, worüber nun säst zehn Jahre lang die Blätter alle möglichen Ungereimtheiten bringen und die par lamentarischen Verhandlungen schon unerfreuliche Situati onen geschaffen haben, zum Abschluß bringen und da- vil am betten dem Staate lelbsi'dienen. vrercken und Umgebung Fleitzner bestSkigl Dresden, 22. November. Der Bundesvorstand des Reichsbanners hatte bekanntlich den von der letzten Gauversammlung des Reichsbanners für Ostsachsen wiedergewählten ersten Vorsitzenden, den sozialdemo kratischen Neichstaasabgeordneten und früheren sächsischen Kul tusminister Fleißner, nicht bestätigt, wogegen der Gau- Vorstand bei der Bundesgeneralversammlung in Hannover Be schwerde führte Wie die Dresdner Volkszla. meldet, haben die Nertreter des Bundesvorstandes, die am Sonntag in Dresden weilten, nunmehr die Bestätigung Fleißners aus gesprochen Die Dresdner Bolkszeitung bemerkt zu der Meldung kurz und bündig: „Damit ist der Streitfall erledigt". Das ist insofern sicher richtig, als mit dieser Entscheidung das Reichsbanner in Sachsen für weite Kreise er ledigt sein dürfte. Man wollte den Prinzen sehen! Dresden, 22. November. Der gestrige Bußtag zeichnete sich durch reichlich viele Konzerte, Schuberlfeiern. und sportliäie Ereignisse aus. Man nimmt daran schon längst keinen Anstoß mehr. — Am Vor- abend feierte der Stahlhelm sein lOjähriges Bestehen. Dazu nur einige Presseäußerungen: „Riesenvcsuch im Gewerbehaus . . . Admiral Scheer und Prinz Wilhelm von Preußen stürmisch gefeiert. . . Der Gruß an den Prinzen August Wilhelm von Preußen gilt dem Mit arbeiter im Frontsoldatenge'st und dem Gedankenträger des Hohenzollernwerkes der alten Armee . . . Nach einigen von der Stahlhelmkapelle mit dem Spielmannszuge mitreißend ausgesiihrten Armeemärschen sprach von Moro- zowicz . . Die jubelnde Menge dankte dem Sieger vom Skagerak und wollte den Prinzen sehen, der denn auch zu kurzem Gruß aus dem Podium erschien." (Dresdner Nachrichten) „Der reibungslose Verlauf der Kundgebungen wurde durch ein starkes Polizeiaufgebot gesichert." (Dresdner Anzeiger.) Das Gegenstück hierzu bildeten zwei Kommunisten-Ver- sammiunqen, worüber die Arbeiterstimme berichtet: „Die Helden des Krassin in Dresden." . . . „Beide Kundgebungen zeigten, welch große Sympathie in den Massen der Werktätigen Deutsch lands für den Staat der Arbeiter und Bauern besteht. Auch diese Versammlungen waren sichtbare Zeichen und bestimmter Ausdruck des Wachsens der Sympathien und des Willens der werktätigen Massen, für die Verteidigung der Sowjetunion ein- zuirelen. die mit der Krallin-Exnedition bewiesen hat, daß sie Kulturarbeit und den Aufbau einer neuen beferen Ge sellschaftsordnung zu leisten imstande ist." Die Tat des Krassin ist edel und gut. Sicherlich. Sie galt der Rettung von zehn bis zwanzig Personen. Man wolle doch aber ja die Beweiskraft dieser etwas sensationellen Kultur arbeit nicht überschätzen. Tenn wir können uns nicht erinnern, in der „Arbeiterstimme" einmal eine Anerkennung der Kultur arbeit gefunden zu haben, durch die Papst XI. Millionen non Einwohnern der russischen Hungebiete mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt hat Es gibt also wohl auch noch andere Kräsle außer dem Krassin und dem Kommunismus, die ausbauende Kulturarbeit zu leisten imstande sind. Sonst wollen wir zu beiden Berichten schweigen. Man kann aus ibnen. ka man will, vieles lernen. : 16 Jahre Sow ctrußland. Hierüber spricht auf Grund eige ner Studien während seiner Nußlandreisen Gcheimrat Cleinow - Berlin am zweiten Vortragsabend der Landsabtcilung Sachsen der Rcichszenirale sür Heimaldienst im Fcstsaal der Obcrrealschule (Bitz- thumstraße) am Freitag, den 23. November, abends 8 Uhr. Der Vortrag wird durch eigene Lichtbilder illustriert werden u»d beginnt pünktlich zur fcstgeietzte» Zeit. : Aendcrung der Rufnummern sür das Fernamt, die Auskunft und die Prüfstelle. Vom 25. November 1928 an können das Fern amt, die Auskunft und die Prüfstelle nicht mehr mit nur einer Ziffer, sondern müssen mit einer zweistelligen Rufnummer angcrusen wer den, und zwar: das Fernamt mit 00, die Auskunft mit 08 und die Prüfstelle mit 07. : Von der Sächsischen Bodenkreditanstalt. Wie die Säch sische Bodenkreditanslalt in Dresden mitteilt, scheidet der bis herige Direktor der Sächsischen Bodenkreditanstalt. Herr Justiz rat Armin Baltzer nach 33jähriger Tätigkeit Ende 1928 wegen seines vorgerückten Alters aus der Bank aus. Herr Justizrat Baltzer soll in Anerkennung seiner reichen Erfahrungen und seiner 33sährigen Verdienste um die Bank in den Aufsichtsrat zugewählt werden. Wie schon bekannt geworden ist, wurde Staatsminister Dr. Kaiser, der seit 1615 dem Aussichlsrat angehört. In den Vorstand berufen. : Ein« «rastoerkehrslinie Dresden—Hamburg? Wie die Dresdner Neuesten Nachrichten melden, hat die mit der Sach, fischen Kraftverkehrsgesellschaft befreundete Kraftverkehr Nord, mark-A.-G. soeben um die Genehmigung nachgesucht, «ine plan mäßige Berkehrsverbindung Dresden—Hamburg einrichteu zu dürfen. Die Linie, die täglich einmal in jeder Richtung befahren werden soll, soll nur der Beförderung von Gütern dienen Tie Fahrtdauer beträgt 20 Stunden. Berührt werden Leipzig, Halle, Magdeburg. Stendal. Perleberg, Ludwigslust. Der Zeit. Punkt der Inbetriebnahme steht nach den „Dr. N N." noch nicht fest. Sächsischer Gemelndekaq 1925 28 Dresden, 22. November. Soeben ist der Geschäftsbericht des Sächsischen Ke mel n d e t a g e s für die Zeit vom 1. Oktober 1925 bis 30 Scp. tember 1928 erschienen. In der Berichtszeit ist die Mitglieder- zahl von 702 auf 743 ongewachsen mit insgesamt 4 145 078 Ein wohnern. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Gemeinden Meisatal und Rottluff durch Einverleibung ousgeschiede» und die Gemeinden Liebschwitz und Taubenpreskeln an Thüringen angeglredert worden sind. Zur Zeit sind damit rund 8 3 Pro. zent der sächsischen Gesamtbeoölkerung >m Säckxsilchen Kemeindetage vereinigt. Dem Vorstand des Gemeindetages gehören zur Zeit an, Oberbürgermeister Dr. B l ü h« r-Dresden als Vorsitzender, erster Bürgermeister U h l ig - Radeberg als erster Stellvertreter und Bürgermeister K l e ! n h e m p e l-Wilkau als zweiter Stellvertreter. Bon der Geschäftsstelle des Gemeindeioges werden gleichzeitig mit erledigt die Geschäfte des Arbeitgeber, verbandes Sächsischer Gemeinden, des Bauunsallversicherungs- vsrbandes und des Wirtschastsverbandes Sächsischer Gemeinden. Der Sächsische Gemeindetag gekört dem Deutschen Stüdteiag und dem Deutschen Landgemeindetag sowie dem Reichsstädte, bund als körperschaftliches Mitglied an. Aus der Fülle von Fragen, die In den letzten drei Jahren im Vordergründe standen und nun zur Entscheidung drängen, sei nur die Finanzlage der sächsischen Gemeinden hervar gehoben, für die, wie es im Berichte beißt, die schlimmsten Be- lürchtunoen gm Matze seien. Der Geschäftsbericht, der im übriaen über die Tätigkeit des Sächsischen Gomeindeigge? einen Ausschnitt brinot, spiegelt die Unsiimme der zu leistenden Ackei- ten wieder, gibt aber auch rückschauend Rechenschaft darüber, daß in den vergangenen drei Jahren der Sächsische Kemein^clag immer mehr zu einem starken Bindeglied der Gemeinden uuier- einander und zwischen Gemeinden einerseits und Regierung, Lgndtag und der gesamten Oeffentlichkeit andererseits aus. gebildet hat. Eröffnmri der Kra'komnibusttnie G Lenden—I ^edackwilr Dresden, 22. November Am heutigen Donnerstag, den 22. November, wird der Betiieb auf der Krastomnibuslinie G Leuben—Zichackwitz aiifoenonm:n. Die Linie hat folgenden Fa krtwcg: Pirnacr Laudstraße -lla- stanienallce—KönigSallee—Frekstraße—Knawstraßc—Köiiigsallee bis zur Elbe. Werktags verkehrt der erste Wagen ab Leuben 530. 5er letzte Wage» ab Leuben 23.50; der 1. Wagen ab Zschackwitz 5 38, der letzte Wagen ob Zschachwitz 2358. Sonntags der erste Wagen ab Leuben 7.30, letzter Wagen ab Leuben 2350: 1. Waeen ab Zschachwitz 7.38, letzter Wagen ab Zschachwitz 23.58. 20 Minute» Abstand. Folgende Haltestellen sind eingerichtet worden: Königs' allee Ecke Pirnaer Landstraße, Slkazienstraße, Meußlitzcr Straße, Kurhausstraße, Kurhaus Zschachwitz, an der Elbe (neben der Halte, stelle der Vorortbahn). Die Wagen der Kraftomntbuslinie G haben in Leuben land- und stadtwärts Anschluß an die Linie 12. Die Fahrpreise betragen: Leuben—Zschachwitz 20 Pl. I!,„. steigcfahrschcin von und auf die Straßenbahnlinien 12 und 19 25 Pf. Heftfahrscheine und Netzkarten haben Gültigkeit. : Sperrung der Nossener Brücke. Von Donnerstag, den 22 November ab wird die Nossener Brücke bis auf weiteres sür allen Fährverkehr gesperrt. Die Kraftomnibusse der Linie A fahren während der Dauer der Sperrung zwischen der Haltestelle Zwickauer Str. und der Haltestelle Löbtaner Straße in beiden Richtungen über die Zwickauer. Würzburger Straße — Weißeritzbriicke — und Tharandter Straße. Tie Fahrzeit wird für diesen Umweg um 4 Minuten verlängert. Für die Dauer der Umleitung wird an der Ecke der Tharandter und Würzburger Straße eine Haltestelle errichtet. Vom gleichen Tage ab werden die Sonderwagen, die in den Mittagsstunden den 5-Miniitenverkehr zwischen Neustädter Bahnhof und Nürn. lwraer Straße (Bernhardtstr.) Herstellen, bis Zwickauer Straße durchgeführt senden all diejenigen zählen, denen wir den viel größeren Liebes dienst erweisen durften, Helfer und Tröster zu sein in schwerster Leibes- und Seelennot. An den Verbandsplätzen, im Feld lazarett, und gor oft auch aus der Wahlstatt selbst, nicht selten mitten >m Feuer und vorn im Schützengraben war es uns ver gönnt den Verwundeten und Sterbenden beizustehen. Gott sei Dank! Tausende haben dos Sterbekreuz geküßt, das wir aus unserer Brust trugen. Mein Sterbekreuz soll einstens so Gott will dasselbe sein, das ich den erstarrenden Lippen unserer 'Sol daten gereicht habe! Zuletzt noch eine Episode, die mich auss tiefste ergriffen, die ich nie mehr vergessen werde: Flandern 1915, an der Nord see, dort, wo unsere letzten Vorposten umspült vom Meer ge standen. Eine scheinbare Ruhepause zwischen dem Feind und uns hatte die Mannschaften unvorsichtig gemacht. Ich sah sie in Gruppen außerhalb des Schützengrabens plaudern. Unter andern auch drei Landwehrmänner. Als ich sie warnte, meinten sie: „Ach Herr Pfarrer, der Krieg ist bald zu Ende, der Feind schießt nicht mehr". Tie drei erzählten gerade von der Heimat. Ein kurzer glücklicher Urlaub hatte sie zu Frau und Kindern heinigebracht und nun war das Herz voll! Ich tröstete sie mit derselben Hoffnung auf dos Ende des Krieges, fügte aber hinzu: „Es gibt noch eine andere schönere Heimat, wenn wir sollen sollten, auch darauf wollen wir uns vorbereiten, wenn anders Gott es will! „Ich gab den drei braven Männern Rauch- und Lesestofs und schüttelte ihnen die Hand. Kaum 5» Schritt von ihnen entfernt eine Detonation, die mich zu Boden wirst. Ich schaue um — und sehe die drei Landwehrmänner in ihrem Blut, eine feinliche Granate hatte alle drei zerrissen und getötet! Aus den Knien schleppe ich mich hin und beuge mich über die Toten. Sprachlos und tief erschüttert fall« ich zu Boden und weine wie «in Kind. Alle umstehenden Gruppen waren im Schützengraben verschwunden, ich war allein mit den lieben gefallenen Kame raden. Ach wie schnell haben sie die ewige Heimat mit der irdischen Heimat vertauscht! O Herr und Vater im Himmel gib ihnen die ewige Ruhe! Durch viele Monat« und noch heute verfolgt mich dieses Ereignis! Den trostlosen Witwen und Waisen galt und gilt noch mein Trostwort und mein Gebet! So viel über Allerseelen auf blutgetränkten Schlachtfeldern in den Jahren 1914 und 1915. Es waren Jahre voll des Glau bens an Gott und die Ewigkeit! Warum sind wir heute so zermürb! und so glaubensschwach? Was sagen uns di« toten Kameraden aus blutgetränkten Schlachtfeldern?! — I. Seiler. S. I. Schuberk-Ge-enken in -er Slaaksoper Schubert gehört zu den Komponisten, die z» Lebzeiten a»S ihren Werken nur geringe materielle Erfolge herausschlagen konnten. Soll er doch für den „Wanderer" nur einen Zwanziger (!) be komme» haben, während das Lied dem Verleger bis zum Jahre 1861 die Summe von 27000 Gulden einbrachte. Da war es kein Wunder, wenn er seine Versuche hartnäckig sorlsetztc, durch Bühncn- wcrke sich größeren Verdienst zu schassen. Aber vergebens kompo nierte er eine Oper nach der anderen, zu denen ihm Kokebue, Kör ner, Castelli, die Chezy und andere Freunde mehr oder weniger brauchbare, wohl auch schlechte Texte schrieben. Das Wenige, was zur Ausführung kam — 1820 die „Zwillinge" und die „Zauber- harse"; 1823 die Musik zu „Nosamunöe", nach seinem Tode 1854 „Alsonso und EstreUa" (Weimar), 1861 „Häuslicher Krieg" (Frank furt), „Fierabas" (Wien), 1886 „Der vierjährige Posten" (Dres den) und ein Jahr später dasselbe Werk in Wien —, verschwand sehr schnell wieder. „Der vierjährige Posten" brachte es am 23., 26. und 27. September 1896 bei uns zu drei Aufführungen. „Der vierjährige Posten" und „Der häusliche Krieg" wurden textlich van Rolf Lauckncr und musikalisch von Fritz Busch und Donald Tovcy neu bearbeitet und unter den Titeln „Der (reue Soldat" und „Die Weiberverschwörung" bei Schott und Söhne in Mainz herausgegeben. „Die Weiberverschwörung" (nach einem Text von Castelli) entstand entweder 1823 ober 1824125. Wir hörten die neue Bearbeitung a's Erstausführung am Dienstag im Opernhaus. Sie bat sich mit kleinen Ausnahmen (geringe Hinzusügunge», Striche, Umstellungen) genau an die Musik Schuberts gehalten, ohne einen Takt zu ändern oder hinzuzusügen- Inwieweit die Schuberl- sche Instrumentation dabei fcstgehalten wurde, entzieht sich meiner Kenntms. Ausfällig war nur für mich die Verwendung zweier Har fen. Aber die Jnstrumentatidn klingt gut. Zunächst noch etwas über die Handlung. In der Burg werden die Kreuzritter von einer Kriegssahrt erwartet. Vor ihrer Ankunft nimmt aber die Burgher- ri» Ludmilla den anderen Frauen einen Eis ab, ihren Männern solange jede Liebesgunst zu verweigern, bis die Männer einen Ver trag unterzeichnet haben, ihre Frauen nie wieder zu verlassen. Der Knappe Udolin. den die Sehnsucht zu seiner Jsella eher in die Burg trieb, hört in Frauenkleidcrn die Verschwörung mit an und verrät den Rittern den Plan. Nun wollen die Ritter noch spröder sein, lldolin soll aber in geeignetem Augenblicke die Kunde von einem Gelöbnis der Ritter den Frauen erzählen, daß sie sich den Frauen nicht eher nähern dürsten, bis diese sich verständen, zum nächsten Kriegszuge gepanzert mit ins Feld zu ziehen. Alles tritt auf beiden Seiten »ach Verabredung ein. Als aber die Frauen gepanzert er scheinen, da»n fallen alle Abmachungen zusammen, und einer fröh lichen Wiedervereinigung steht nichts mehr im Wege. Die flotte Handlung und die melodiöse Musik Schubert- vcr- sehlien auch ihre Wirkung nicht. Und so gab es ein« freundliche Ausnahme. Es steht zu erwarten, daß sich das Werk nicht nur län gere Zeit halten dürfte, sondern auch aus anderen Bühnen an ziehend wirken wird. Mit stilvollen Bühnenbildern durch Leonh. Fanio versehen — hier ein« Zwischenfrage: Wo bleibt Pältz? —, einer historisch gut wiedcrgegebenen Spielleitung Otto Erhard!» — nur die Treppen in das Orchester sind recht überflüssig, nehmen außerdem der Kapelle die freie Bewegung und machen durchaus kei- ncn künstlerischen Eindruck — einer farbigen und frischen orchestralen Belebung durch Fritz Busch, einer klangschönen Interpretation durch die Staaiska pellt und eines lustigen, den Ton des Singspieles ausgezeichnet charakterisierenden Zusammenspirles durch Mela Seinemeyrr. Grei« Nikisch, Helene Jung, Elfrivde Haberkorn, Erna Berger, Waldemar Staegemann, Max Lorenz, Ludwig Eybisch, Rudolf Sch mal »au er, Heinrich Tessmer und dem Chor, der durch Karl Pemba »r prächtig etnstudiert war, wurde Schubert ein ehrendes Gedächtnis bereitet. Der zweit« Teil des Abends wurde durch eine neue „Tonz- Sultc" zu Schubertschen Märschen, Walzern, Ecossaisen, Land, lern und einem Fragment der „Rosamunde'-Ballcttmustk — Kurl Striegln Hai mit Ausnahme de- Marsches in H-Moll und des TraiierinarscheS, sowie der „Rosamunde"-Ballettmusik die Tänze j» ein klangschönes, dem Schubertschen Stil gut angepaßtes und far benreiches Gewond gekleidet — unterhaltsam ausgesüllt. Nur war die Suite zu lang, und die Erfindungskraft der Schöpferin Ellen v. Cleve. Petz reicht sür diesen Umsang nicht auS. Die Abwechs- lungsmöglichkeilen in den tänzerischen Formen bedürfen einer reich lichen Erweiterung und geschickteren Durchführung. Die Ueberhän» fung mit den „Schottischen Hupsschrilten" ist ermüdend und über lebt. Im ersten Teil der „Suite" hält sich die Ballettmeisterin an Formen der Palucca und auch an den Tanzkult der Wigma». Ter zweite hingegen verltert sich oft in belanglose Choreographie. Pracht-