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Um das ungarische Wahlrecht vptantenslreil und Zündholzlrust (Bon unserem Vertreter.) S. Budapest, 1. Juli. Seit dreißig Jahren steht Ungarn im Zeichen eines leiden- schajtlichen Parteitampfes um das allgemeine und geheime Wahlrecht, ohne daß es bis heute verwirklicht worden wäre, Kein geringerer als der in Sarajewo ermordete Thronfolger Franz Ferdinand hatte sich die Einführung des all- gemeinen und geheimen Wahlrechtes in Ungarn zum Ziel ge ileckt und zu dessen Verwirklichung in der Person des vor einigen Monaten verstorbenen ungarischen Politikers Kri- stüffy auch ein gefügiges Werkzeug gefunden, aber sein Vor haben ist am Widerstande des Grafen Stefan Tisza gescheitert. Dem Thronfolger schwebte vielleicht nicht so sehr die Demo kratisierung als vielmehr die Föderalisierung der Oesterreich- Ungarischen Monarchie vor Augen, als er das allgemeine und geheime Wahlrecht auch in Ungarn einzukühren beabsichtigte. Er wollte nämlich hierdurch den Nationalitäten, die die Hälfte der Landesbevölkerung ausmachten, zur Macht verhelfen, das Magyarentun, aus einen seiner Bevölkerungszahl entsprechenden Machtkreis zuriickorängen und die Vorherrschaft der von ihm gehassten „ungarischen Oligarchie" brechen, aber da er nicht mit der geschichtlichen Entwicklung des Landes und den tatsächlichen Kräfteverhältnissen gerechnet, seinem Vorhaben ferner eine magyarenfeindliche Spitze gegeben hatte, war sein Plan vor hinein zum Scheitern verurteilt. Und dennoch war das ungarische Wahlsystem überholt und reformbedürftig. Von den 19 Millionen Einwohnern hatten nur 970 811 Bürger Stimmrecht: eine Beschränkung, die nur in Rußland ihresgleichen hatte. Außerdem war die Abstim mung offen, wodurch — wie der ungarische Historiker Pethö feststellt, — „die Schleusen aller Mißbräuche geöffnet wurden". Diese Mißbräuche haben sich zwischen den Jahren 1890—1998 gegen die Katholische Volkspartei, gegen die Natio nalitäten, insbesondere aber gegen die Sozialisten gerichtet. Mit Hilfe der offenen Abstimmung konnte zwar erreicht werden, daß sozialistische Abgeordnete nicht gewählt wurden, die soziale Bewegung als solche konnte indessen nicht aufgchalten werden. Mit dem Anwachsen der Industrie strömten immer neue Massen in das sozialdemokratische Lager, die. weil sie im Parlament ohne Vertreter waren, den Kampf auf die Kasse trugen und in blutigen Demonstrationen das allgemeine und geheime Wahl recht forderten. Der Krieg hat der Bewegung für die Reform des ungari schen Wahlsystems eine neue Zugkraft verliehen. Außer den Sozialdemokraten begannen nun auch d bürgerlichen Parteien ein Wahlrecht auf breiterer Grundlage zu fordern. Diefe Be wegung führte im 17er Jahre unter dem Ministerpräsidenten Wekerle zu einem neuen Wahlgesetze, das aber wegen der bald ausgcbrochenen Revolution nicht mehr erprobt werden konnte. Nach dem Zusammenbruch traf die Kärolyi-Re- gierung auf Grund des allgemeinen und geheimen Wahlrechtes Vorkehrungen zu Abgeordnetenwahlen, stand aber aus Furcht vor einer Niederlage davon ab. Ministerpräsident Graf Veth- len schrieb unlängst in einer englichcn Zeitschrift, daß die von der Kärolyi-Ncgierung geplanten Wahlen der Katholischen Volkspartci und den Sozialdemokraten große Erfolge gebracht hätten, während die übrigen Parteien leer ausgegangen wären. Einer diesbezüglichen Entwicklung hat aber der Bolschewismus, der die Kärolyi-Regierung ablöste, ein Ende bereitet. Nacb der bolschewistischen Aera schien eine neue, von so zialem und demokratischem Geiste durchdrungene Zeit anzu brechen. Stefan Friedrich ließ im Wege einer Verord nung und auf Grund des allgemeinen und geheimen Wahl rechtes Neuwahlen ausschreiben, die — was bis dahin in Un garn unmöglich war — ruhig verlaufen sind und den christlicken Parteien eine große Mehrheit gebracht haben. Die wegen der Königsfrage im christlichen Lager entstandene Spaltung ließ aber die für den christlichen und sozialen Gedanken günstige Stimmung nicht entsprechend ausnützen und gab zur kata strophalen Reise König Karls Anlaß, die den christlichen Kurs endgültig besiegelte. Ministerpräsident Graf Bethlen, um ähnlichen Ueberraschungen vorzubeugen, mußte sich vor allem eine ihm gefügige Mehrheit verschaffen, was er auf Grund einer neuen Wahlverordnung auch bewerkstelligte. Die Verordnung sah auf dem Lande offene und nur in sieben Städten eine geheime Abstimmung vor, und erzielte — die Wahlen wurden von Julius Gömbös geleitet — für den Mi nisterpräsidenten eine absolute Mehrheit. Die Nationalver sammlung, die nach den Wahlen zusammentrat, erachtete als ihre erste Aufgabe die Schaffung eines neuen Wahlgesetzes, das im Sinne der Bethlenschen Wahlverordnung aussiel und mit der offenen Abstimmung auf dem Lande den Kurs der Regie rung für Jahrzehnte zu stabilisieren schien. Vor etlichen Wochen hat nun der Führer der Demokraten, Dr. Rassay, zwecks Einführung des allgemeinen und geheimen Wahlrechtes ganz unerwartet eine neue Bewegung eingeleitet, der sich bisher beinahe sämtliche oppositionellen Abgeordneten augeschlossen haben. In einer großen Rebe legte Rassay dar, daß bei der heutigen schweren Lage Ungarns alle Kräfte zu sammengefaßt werden müssten, was nur auf Grund des allge meinen Wahlrechtes möglich ist, das dabei auch noch den Vor teil hat, daß es im Auslande für Ungarn neue Sympathien erweckt. Ministerpräsident Graf Stefan Bethlen erklärte hier auf in einer temperamentvollen Rede, daß im Jahre 1918 mit solchen Reden, wie sie Rassay gehalten hat. der Zusammenbruch schon einmal herbeigeführt wurde, nannte Rassay und seine Ge fährten Brandstifter und sagte in bezug auf die außenpolitischen Auswirkungen des allgemeinen Wahlrechtes: „Wir wollen uns ein w.nia in der Welt Umsehen. In Oesterreich begeistert sich die Mehrheit für den Anschluß an Deutschland, und die Sozialdemokratische Partei besitzt einen entscheidenden Einfluß. Ist Oesterreich, das als Schulbeispiel für die Institutionen des Radikalismus gelten kann, vielleicht mit Hilfe des Radikalismus der Sehnsucht seines Herzens auch nur um einen Schritt näher gekommen? Da ist das Deutsche Reich, an dessen Spitze heute ein sozialdemokratisch gesinnter Reichskanzler steht. Im großen Deutschen Reich haben jüngst lrei Millionen Kommunisten ihre Stimme abgegeben, und es ist vielleicht möglich, das der Reichstag einen kommunistischen Vizepräsidenten haben wird, (?). Ist das Deutsche Reich durch den Radikalismus vielleicht der Revi sion n ä h e r g ek o m m c n? Es ist ihr nicht nur nicht nur nicht nähergekommen, ja es vermochte sogar die Räumung des Rheingcbietes nicht zu erreichen, obgleich es eine elementare Bedingung für die Freiheit eines Landes ist, daß fremde Truppen cs nicht besetzt halten." Graf Andrässy hat im „Magyarfäg" und Rassay im „Esti Kurier" auf die Rede des Ministerpräsidenten mit scharfen Worten geantwortet und sie energisch zurückgewiesen. Bekc versuchtenden Beweis zu erbringen, daß gerade die anti demokratische Politik es war, die Ungarns Katastrophe vor bereitet hatte. Abgeordneter Strauß machte die Enthüllung, oaß selbst der Sohn Lord Rothermeres bei seinem Budapester Aufenthalte sich ihm gegenüber in dem Sinne aeäukert habe, daß etn vemorrariilyes Ungarn Im Ausland an- mehr Verständnis rechnen dürfte, als ein Ungarn mit offener Abstimmung. Selbst der vor sichtige Führer der Christlichnationalen Wirtschaftspakten Prä stat Ernst, erklärte, daß seine Partei die Verwirklichung des geheimen und allgemeinen Wahlrechtes anstrebe. Inzwischen ist in Genf der Entscheid im ungarisch-rumäni» schen Optanten st reite gefallen. Der Beschluß des Rate», der trotz des einwandfreien juristischen Standpunktes Ungarn für Titulescu Partei nahm, wurde in Ungarn wie eine Nie derlage entgegengenommcn. „Magyarsäg" schrieb von einem völligen Versagen der Außenpolitik der Regierung.. Die hier durch entstandene Unzufriedenheit wurde durch dis Abkommen der Regierung mit dem amerikanisch-schwedischen Iiind- hölzchentrust noch gesteigert, krast dessen dem Trust das Zündhölzchenmonopol gegen eine Anleihe von 30 Millionen Dollar für fllnftig Jahre überlassen wurde. Obwohl das Ab kommen wegen der amerikanischerseits gewährten Anleihe, die für die Liquidierung der Bodenreform verwendet wird, nötig und sachlich richtig war, wird es von der Opposition dennoch tak tisch sehr geschickt gegen die Negierung ausgenützt. Der Oppo sition sekundiert der weitaus größere Teil der Presse, und es kann festgestellt werden, daß die Regierung sich seit Jahren in keiner so heiklen Lage befunden hat wie heute. In politischen Kreisen wird angenommen, daß die Regierung beziehungsweise der Ministerpräsident, um die Opposition zu beschwichtigen, in Sachen des Wahlrechtes Konzessionen machen wird. Dies dürfte auch aus einer Erklärung des Minister präsidenten gefolgert werden, in der er u. a. sagte: „Die geheime Abstimmung ist auch in unserem Programm enthalten Allein, ich bin ein Freund der historischen Ertwicklunig, die alles nur dann verwirklicht, wenn es nottut, und wenn die Zeiten dazu reif geworden sind. Wir aber wollen sie im Bewußtsein unserer Veranwortung so verwirklichen, daß durch sie nichts gefährdet werden soll." Verhaftung eines Werbers für die Fremdenlegion. Die Polizei inKre uz an der Ostbahn verhaftete den öster-i reichischen Staatsangehörigen, Kontoristen Franz Maire, der sich in Begleitung eines ISjährigen Schmiedes Krüger aus Jastrow befand. Maire hatte sich als Stahlheliner und An hänger Roßbachs ausgegeben und so Zugang in bessere Kreise verschafft. Da er die Begleichung der hohen Hoielzcchc stets hinausschob, schöpfte der Wirt Verdacht und benachrichtigte die Polizei, die den Mann in dem Augenblick verhaftete, als er einen Brief an die französische Gesandlschast schrieb. Maire bot der Gesandtschaft 20 bis 30 deutsche junge Männer an und bat u«, Entsendung eines Vermittlers, der gegen Zahlung des Werbegeldes ein bis zwei Mann sofon milnehincn sollte. Aus dem weiteren Schreiben ging hervor, daß er jeden Deutschen hasse und deshalb gern in den Dienst der Fremdenlegion trete. Nach Angaben des ebenfalls festgenoinmencn Krüger sind in der vorigen Woche fünf junge Leute durch den Ocsterreicher an- geworben und nach Berlin weitergeschickt worden. Polnische Ueberläuser. Die Zahl der polnischen Ueberläuser hat, wie aus der Grenzmark berichtet wird, sich in den letzten Tagen in er schreckendem Maße erhöht. Täglich werden dem Erenzkommissariat Polen, die unberechtigterweise die Grenze überschreiten, zu- geführt. So wurden an den beiden letzten Tagen der vergangenen Woche durch Beamte der Landjägerei 21 Polen festgenommen und abgeliefert. VeramworUich skr de» politischen Teil I)r. Gerhard Desczhi. Dresden. lür den sächsischen Teil und das Feuilleton: vr. Mar Dom'chie Dresden iiir Anzeigen: Slrinr Lenz. Dressen. Junger Mann mit allen vorlivmiiiendcn Büroarbeiten veriraut, Steno graphie und Schreibmaschine, für sofort gesuetit. Angebote mit Zeugnisabschriften und Gehaltsanspriichen unter „a t. 3343" an die Geschäftsstelle d. Bl. erbeten. «S/7S //n kiniritispreiLe: k.-vscksene st/si. 1.—, stmöer unter 14 Iskren st/si. 0.5» kluLstesiungLbeLuclier rsblen bei Vorzeigung einer gültigen kintrittskarte rur lakresLckau an öer starre cker kstsnetariumr nur cken ermsiZigien kintriltrpreir von sistt.—.85 ' Geschäflserwetterung In dem vormals von Herrn Innungs-Obermeister AlbinSchinidt, hier, Reilbahnslrahe 3 über 30 Jahre betriebenen, von mir im Jahre 1919 übernommenen Klempnereigeschäste habe ich heute eine wie: Gasapparale, Gasherde, Gasbadeöfen, Wasch- und Lade einrichtungen eröffnet. Ich bitte um Besichtigung und Unterstützung. Dresden, Rcitbahnstraße 3, am 2. Juli 1928. Bruno Mittler Säckslsck - üükmiscke Onmptscliittiiki't ttktiengesellsckntt Vouristenkskrt (serlvn Lonnlsg AirsNt nsek «l«r rSekalseksn LeUwst, Udkakrt: LnNunU: vrercken-sterrassenuker. . . 5*" llkr vrercken-KIaseivitr . . . . 5^ (Zßs Vresckon-l.aude8ast . . . . 6<x> I7br Delilen 7 ^ Okr, Uatken S"0(Zkr, König- stein 8<" (Ihr, 8ck»nckau-6kl. y°b Ukr, öack Lckanckau Y^OKr, Lckmilka y" (Zkr Uüclctakrt mit jockem talirpIanniSLixen vamplsr aussckl. Konrertckampkcr. Melle-Allserligllilg j einkacke sorvie eleganteste Kustakrung Z auck von ckaru erkalteoen Zivilen frims 8t»sse u. Stickereien I kderiiemüeii neck W I unck Ueparsturen D Leger in fertiger Mrcke > l.ins l.snglotr I Dresden, 10 D neben ciem Osramkaus AkMklMlkl schimlpieltsavs Donnerstag Außer Anrecht 8ttekniama (8) Die Komödie Donnerstag Irrgarten cker I.ieks (°,«8) Abonnement v 4 Freitag Irrgarten cker lüvliv (*/«8) Abonnement L 4 sssrnrpr. 103S0 1r«id»rg«r 8«r,0« 32 l Win - W» l ? «kiil-lls Z: (MnsFlieger werden Äikl will, Sport- oder Verkehrsflieger, schreibe um Rat und Auskunft an die „Ala" Dessau. Sucü- und 1ä.sQ2<1ruLlL6rs1, dLasssnaiiL- 1LU6Q, caSSLüLL-bLäruLLLLLtisQ, Formulars 6 e kn n 1 A ic t » e a - 6 e , « ! I , 0 h » l t lürVerlsß u » ä I) r u 0 « r e 1 PII.IÄ.1.L OKLSVLIg. POI.Illk.S'I'KLLSll 17 MMttck Keule Mittwoch keine Sitzung. Der Vorstand. Echte sind immer das Schönste aus jeden Hut und kostet jetzt nur 3 M. ein voller BW bei Dresden, Schefselstr. 12