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Zweites Blatt Sächsische Volkszettrrng vom 11. November 1811 Nr. 257 Deutscher Reichstag. Sitzung vom 9. November 1 Uhr 20 Minuten. Uuf der Tagesordnung steht das Marokko- Abkommen. Reichskanzler v. Beth m ann Hollweg geht zuerst auf die Entwicklung der marokkanischen Frage ein und gibt in langen Ausführungen den Gang der lange bekannten Tatsachen wieder, wobei er des öfteren feststellte, daß mit der Entsendung des „Panther" kein Landerwerb bezweckt worden war. — Ein besonderes Augenmerk haben wir der sehr wichtigen Frage der Erzgewinnung gewidmet. Wir habe« den Deutschen die freie Konkurrenz im Bergbau ge sichert. Ich glaube, daß mit allen diesen Bestimmungen unseren wirtschaftlichen Interessen ein wirtschaftlicher Dienst geleistet ist. Redner bespricht den Rücktritt des Staatssekretärs v. Lindegnist in Verbindung mit der Frage der Kompensationen. In dem uns zugefallenen Teile be finden sich diejenigen Landstriche, die uns von den Kennern unserer Kolonien als erstrebenswert bezeichnet worden sind. Ihr Erwerb ist für die Gegenwart wertvoll und rundet zugleich Kainerun in erwünschter Weise ab. Ich bestreite nicht, daß wir dabei auch Länder in den Kauf nehmen mußten, die von geringerem Werte sind und deren Ver waltung uns auch noch manche Sorge bereiten wird. Für den gegenseitigen DurchzngSverkehr sind weitgehende Be stimmungen getroffen. Wir haben uns gegenseitig Fort führung und Anschluß an Eisenbahnen zngesichert und kommen dadurch nötigenfalls in die Lage, mit unseren Bahnen an die großen Ströme heranzukommen. Wir ge währen den Franzosen für ihr nordöstliches Kongogebiet eine Etappenstraße nach dem Benne, nach Analogie der ihnen von England am Nigcrbecken zugestandenen Etappen straße, die auf beiden Seiten zu keinerlei Schwierigkeiten führte. Gegen die Kongoerwerbungen hat sich nun in einem großen Teile der Oeffentlichkeit ein wahrer Sturm der Entrüstung erhoben. (Lebhaftes Sehr richtig!) Zum rich tigen Urteil kommt man nur, wenn man nicht die schlechten, aber auch nicht die guten Seiten verschweigt. Se. Majestät hat die strikte Durchführung des bereits im Mai festgcle-Ken ProgrammeS in allen Phasen der Verhandlungen gefori t. Die Gerüchte, die jetzt verbreitet werden, schlagen den Tat sachen ins Gesicht. Wir haben einen bedeutenden Kolonial besitz auf dem Wege friedlicher Verständigung mit Frank reich erreicht und zum ersten Male ist es gelungen, eine große und schwere volitische Frage, die den Keim zu großem Unheil in sich barg, mit unserem westlichen Nachbar zu lösen. Abg. Freiherr v. Hertling (Ztr.): Das uns zur Kenntnisnahme vorgelegte Abkommen hat vielfach noch Unklarheiten, die beseitigt werden müssen. Weiter muß auch eine rechtliche Prüfung der Frage eintreten. Nach unserer Meinung beruht die bisherige Praxis, derartige Verträge dem Reichstage nur zur Kenntnisnahme vorzu- lcgen. auf irriger Auffassung. Die seitherige Marokko- Politik ist keine glückliche gewesen. Der Rücktritt des Staatssekretärs v. Lindequist ist eine unerquickliche Er scheinung. Im offiziösen Pressewesen sind verschiedene Unzuträglichkeiten vorhanden, die beseitigt werden müssen. Wenn auch das Kongo-Abkommen einige Bedenken auf weist, so ist das Marokko-Abkommen im allgemeinen günstig zu nennen. Gewiß wollen wir den Frieden des Reiches, aber nicht um den Preis der Weltmachtstellung. (Lebhafter Beifall.) Abg. v. Heydebrand (Kons.) teilt zunächst die An sicht des Vorredners, daß der Reichstag das Abkommen zu genehmigen habe. Auf die Entlassung des Herrn v. Linde- auist geht der Redner mit ziemlicher Schärfe ein. Die Re gierung müsse alles daran setzen, um die Ehre der Nation zu retten. Abg. Bebel (Soz.): Wenn die Regierung etwas Ver nünftiges will, findet sie uns auf ihrer Seite gegen die Rechte. Nun wendet sich der Redner gegen die Ausführungen Bassermanns, welche er als friedenstörend ansieht. Abg. Bassermann (Natl.): Wünschenswert wäre cs gewesen, wenn das uns unterbreitete Material weniger dürftig gewesen wäre. Darin liegt die Mißachtung für den Reichstag. Herr v. Lindequist hat sich durchaus korrekt be nommen; er wollte, wie wohl sein ganzes Amt, von der ganzen Sache nichts wissen. In den Ausführungen des Reichskanzlers lag in vielen Dingen eine Politik der Illusionen, die vor der rauhen Wirklichkeit nicht standhält. Die Weiterberatung wird auf Freitag vertagt Schluß nach 6 Uhr. Sächsischer Landtag. Dresden, den 9 Novembe- 19t t. Aus Anlaß der feierlichen Eröffnung des Sächsischen Landtages fand heute nachm. 6 Uhr im Residenzschlosse die übliche Landtagstafcl statt, an der die Mitglieder des Königshauses, die Herren Staatsminister, die Direktorien beider Kammern und zahlreiche Mitglieder derselben teil- nahmen. Die sozialdemokratische Fraktion hatte sich hier bei ausgeschlossen. Im Verlaufe der Tafel erhob sich Se. Majestät der König, um sein Glas auf das Wohl aller ge treuen Stände zu erheben, worauf der Präsident der Erste» Kammer Dr. Graf Vitzthum v. Eckstädt auf das Wohl Sr. Majestät des Königs und der Präsident der Zweiten Kam mer Dr. Vogel auf das Wohl aller Mitglieder des König!. Hauses tranken. Nach Schluß der Tafel hielt Se. Majestät der König Cercle ab, wobei zahlreiche Mitglieder beider Kammern durch Ansprachen ausgezeichnet wurden . Die Feier der Grundsteinlegung zur katholischen Kirche in Schmölln S.-A. Ein schönes Fest konnte am Sonntag den 5. November die katholische Gemeinde Schmölln (S.-A.) feiern. Es war ihr endlich vergönnt, durch die Mildtätigkeit vieler Katho liken von nah und fern, sowie durch die Opferfreudigkeit der Gemeindemitglicder zur Grundsteinlegung eines be scheidenen, aber pmrdigen Rtarienkirchleins zu schreiten. Welcher Beliebtheit sich die katholische Gemeinde Schmölln erfreut, beweist am besten die große Anzahl Festteilnehmer die sich auf dem festlich geschmückten Bauplätze einge- fuuden hatte. Nachmittags 3 Uhr versammelten sich die Mitglieder der katholischen Gemeinde in der Notkapelle zu einer An dacht. Von da bewegte sich unter Vorantritt der Musik der stattliche Zug zum Neubau. Es war eine erhebliche Zahl auswärtiger Vereins mit ihren Fahnen zur Feier einge troffen. Am Fcstplatze begann die Feier mit dem gemein schaftlichen Liede „Komm reiner Geist, komm Schöpfer aller Welt". Herr Pfarrer K r u s e - Altenbnrg hielt die Weihepredigt, seinen Ausführungen hatte er insbesondere den Zweck der Kirche zugrunde gelegt. Sodann erfolgte die feierliche Weihe des Grundsteins sowie die Verlesung der Grundsteinurt'unde, welche über die Entwicklung der katho tischen Gemeinde Schmöllns berichtete. Daraus wurde sie in den Grundstein gelegt und dieser geschlossen. Es folgten sodann die üblichen Hammerschläge. Herr Pfarrer Kruse- Altenburg begleitete dieselben mit den Worten: „Möge dieses Gotteshaus, gesegnet in dem Grund und Eckstein, der da ist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes wer den für un-S Erdenpilger eine Stätte der Wahrheit in Christo, des Weges in Jesus, des Lebens in ihm, durch den ward alles Leben. Im Namen des VaterS. des Sohnes und des Heiligen Geistes." Herr Pfarrer Boenert-Gera assistierte als Diakon und sprach: „Zur Ehre Gottes, zur Erbauung der Gemeinde." Herr Pfarrer MichelS-Zipsendorf, als Subdiakon, sprach: „Möge dieses Gotteshaus dazu beitrage», daß der Glaube an Gott immer mehr gestärkt werde, die Liebe zu iluu immer mehr entzündet werde. Im Name» des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes." Ihm folgte als Vertreter der Stadt Schmölln Herr Bürgermeister Graser mit dem Spruch: „Gott schenke der Gemeinde Licht, Liebe und Leben." Als Vertreter des Baukoiuitees sprach der Vor sitzende deS Bauausschusses Herr Rentier Kremser als Ver treter der Bauleitung Herr Architekt Lohmer-Leipzig, als Vertreter des Katholischen geselligen Vereins Schmölln der Vorsitzende Herr Edenhofer. Tann folgten die Vertreter der auswärtigen Vereine aus Altenburg. Rositz, Meuselwitz. Gera. Zipsendorf, Glauchau, Leipzig-Zentrum, Crimmit schau. Neukirchen. Werdau, Zwickau, Fraureuth, Eisen berg, Ronneburg und Trebanz-Treben. Der gemeinsame Gesang „Großer Gott, wir loben dich" beendete das schöne Fest. Im geschlossenen Zuge bewegte sich die Festgemeinde nach dem Gasthofe „Zu den drei Scheinen". Im Anschluß fand die Feier deS 16. Stiftungsfestes von. Katholischen geselligen Vereins statt. Dieselbe nahm bei überznhlreicher Beteiligung und einem abwechslungsreichen Programm einen schönen Verlauf. Es wechselten Musikstücke unserer Stadtkapelle mit recht gefälligen Gesangsdarbietungen durch Frl. Kruse und Frl. Büdel-Altenburg stimmungsvoll ab. Im Mittelpunkte des Abends aber stand zunächst die Be grüßung durch Herrn Pfarrer Kruse-Altenburg, in welcher er nochmals Bezug auf die Entwicklung der Schmöllner Gemeinde nahm. Die Festrede hatte Herr Pfarrer Michels-Zipscndorf übernommen. Er sprach in längeren Ausführungen über die Kultursortschritte und ihr Verhältnis zur katholische» Kirche. Ein ansprechender Prolog wurde durch Frl. Jlchmann vorgetragen. Zahlreiche Beglückwünschungen nichtver- — 4 — Wenn nur die Schuld bei Nixhofen nicht wäre! Die muß innerhalb 48 Stunden berappt sein! . . . Und daß mir die Geschichte just gestern passieren mußte, direkt vor Papas Geburtstag! Nee, nee, alter Herr — heute wird nicht gemuckst! Ich will doch Papa den schönen Tag nicht verekeln. Morgen ist auch noch ein Tag! — Und wenn alle Stricke brechen, dann muß Hil-e helfen! Die weiß immer Rat . . ." Viktors Gesicht heiterte sich auf. die Augen blickten wieder keck und lustig in die Welt. „Ach was — Sorgen! . . . Kennt ein richtiger Soldat ja gar nicht! Für die Schulden ist doch Papa da! Ter muß eben noch ein mal blechen! . . . Fort mit den Sorgen — ich will fröhlich sein, man ist ja nur einmal jung. Und jung sein, ach — das ist so schön, so schön! . . ." Seine heitere Natur brach wieder durch. Er pfiff vor sich hin, reichte dem Pferde ein paar Brocken Zucker und klopfte ihm den Hals. „Bist ein braves Tier! — Im Herbstrennen holen wir einen Preis, im Frühjahr zu Baden-Baden noch einen — und dann sind wir fein heraus und aller Schul den und Sorgen ledig." Fröhlich blickte er ins Geäst der Bäume, durch das die Sonnenstrahlen wie goldene Lanzen brachen, um an den mächtigen Stämmen zu zersplittern. „Freya" blieb Plötzlich stehen — der Wald war zu Ende Zwei mäch tige Buchen wölbten ihre Arme zu einem hohen dunklen Tor — draußen aber stand der blanke Sonnenschein. Da tat sich die Welt auf, so groß, so schön, so weit! ... Da war alles hell und strahlend, gerade wie sein Lebens weg bisher geNvsen war: voll Sonne' Immer war er hinter der Freude ^ her, hinter einem Vergnügen oder Genuß, — ohne Arbeit, ohne Sorgen! Ein tändelndes Spiel war ihn: das Leben gewesen, ein Haschen und Jagen nach Lust und Freude — ein beständiges Schreiten in der Sonne! Ob es Wohl immer so sein würde? . . . Bah — die kleine, dunkle Wolke, die machte nichts! Die ging eorüber — dann lachte wieder der schöne blaue Himmel. Nun fühlte er sich wieder ganz als Sieger, der er immer gewesen war. der nie ein Hindernis auf seinem Lebenswege gefunden hatte; heiter und sorgos ritt er hinein in den schönen, goldenen Tag. — Er befand sich nun auf einem breiten Fahrwege mit tiefen Räderspuren, der vom Walde her, den Fuß eines Hügels umschließend, in großen Win dungen zur Landstraße führte. Sein Ritt hatte ihn etwas wegab geknackst. Um auf die Straße zu gelangen, mußte er dicht an dem Hügel vorbeireiten, auf dem sich etwas protzig die Villa des Fabrikanten Bergmann erhob. Das war ihm nicht lieb, denn zwischen Schloß Sonneck und der „Villa Bergmann" herrschte eine gewisse Spannung, die sich in den letzten Jahren noch ver schärft hatte. Bergmann entzog dem herrschaftlichen Gute die Arbeiter, so daß solche von auswärts genommen werden mußten, was den Betrieb der Güter wesent lich verteuerte. Es gab aber auch noch einen anderen, tieferen Grund zu die ser Feindschaft: die Verlegenheiten, in welche Viktors Vater gekommen war hatte Bergmann benutzt, um herrschaftliche Grundstücke an sich zu bringen. So war er dem Schlosse immer näher zu Leibe gerückt wie ein drohender Koloß, der stets auf der Lauer steht, um sich auf seinen Gegner zu stürzen und ihn zu erdrücken, ... Schloß Sonneck Roman von Felix Nabor Roman. Beilage znr Sächsischen volkrzeitnng.