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Schwere Messerstecherei Leipzig. 4. Januar. Aus dem Vorwerk des Rittergutes Lützschena kam es am Neujahrstage beim Kartenspiel unter polnischen Arbeitern zu einem Streit, der schließlich zu einer Messerstecherei aus ortete. Der vollständig betrunkene polnische Arbeiter Bukar verletzte dabei seinen Landsmann Stach durch zwei Stiche in den Kopf: ein anderer Landarbeiter erhielt einen Stich in die Hand. Auch dem herbeieilenden Ueberfallkommando leistete Bukar zunächst heftigen Widerstand mit einem eisenbeschlagenen Knüppel, so daß die Beamten vom Gummiknüppel Gebrauch machen mußten, um ihn verhaften zu können. Die Verletzungen der beiden Landarbeiter erwiesen sich zum Glück als nicht be denklich. ) vom Reichsgericht. Der Reichsgerichtsrat Dr. Ernst Rosenberg ist mir Ablauf des Monats Dezember 1927 in den Ruhestand getreten. In die Liste der beim Reichsgericht zugelassenen Rechtsanwälte sind eingetragen die Rechtsanwälte Notar Dr. Georg Bernhard vom Oberlandesgericht Frank- furt a. Nt., Karl Günter Nuland vom Oberlandesgericht Jena und Notar Dr. Johannes Drost vom Oberlandesgericht Bres lau. ) Im Eise eingefroren. In der Nähe der Hindenburg- brüäre wurde gestern nachmittag der Leichnam eines Mannes bemerkt, der in das Eis eingefroren war. Nach harter Arbeit gelang es, den Toten aus seiner eisigen Umklammerung heraus- zuhackcn und an Land zu schassen. Es handelt sich um einen etwa 10 Jahre alten Mann namens Hentschel aus der Ziegel- slraße. Ob Selbstmord oder Unglückssall vorliegt, steht noch nicht fest. . -Flugzeug „Leipzig" im Stadtinnern. Anläßlich der Aus heilung „Das junge Deutschland" bringt der Leipziger Verein für Luftsahr! und Flugwesen, e. V.. sein Iunkers-Ganzmetall- slugzeug „Leipzig" vom 7. bis 15 Januar vor dem Ring-Meß- haus am Tröndlinring zur Aufstellung. Das Flugzeug wird zweifellos das Interesse weiter Kreise erwecken und der Jugend ivertvolle Aufschlüsse aus dem weiten Gebiete der Luftfahrt bringen. Auskunft wird bereitwilligst erteilt. ) Zentralverbanv der Arbeitnehmer öksentlicher Betriebe und Verwaltungen. Die Mitglieder des Verbandes werden hier mit gebeten, die Weihnachtsfeier des Kartells der Christ lichen Gewerksäxnten am Freitaa. den 6. Januar im Gescll- sckafishaus „Sanssouci" Elsterstrabe »u besuchen. Musikalische, gesangliche und theatralische Vorführungen werden für gute Unterhaltung sorgen. Nack den Darbietungen Ball. Eine große Tombola ist ausgestellt Eintrittskarte» -um Preise von 50 Pfg. sind im Kariellbüro. Dittrichrina 3e. und bei den Vertrauens leuten zu habe». Beginn pünktlich 8 Uhr, Einlaß 7 Uhr. 1 Saison- und Inventurausverkäufe. Jur Berichtigung einer kürzlich von der Handelskammer Chemnitz verbreiteten Notiz wird darauf hingewiesen, daß Saison- und Inventuraus verkäufe im Bezirke der Kreishaupt m a nnschaft Leip zig in der Zeit vom 15. Januar bis 15. Februar stattfinden dürfen, also nicht wie ursvrünglich gesagt, vom 10. Januar bis 15. Februar. Die Zeiten sind also die gleichen wie im Bezirke der Kreishauptmannschaft Chemnitz. Oiemnitr, Lvicksu. PIsurn Neue SchneUzugsverbin-un«, Plauen, 4. Januar. In der letzten in Gera abgehaltenen Versammlung der Reichsbahndirektionen Dresden und Erfurt wurde auch d'e vor dem Kriege bestandene Schnellzuasverbindung von Wien über Eger — Plauen —Gera nach Aachen besprach». Die Reichsbahndircktionen stellten schon kür den Sommerfohrplan 1928 eine neue Verbindung non Eger nach Weimar und dort Anschluß an die Tagesschnellzüge Leipzig—Köln in Aussicht. h Tchnikknnstausstellung in Jahnsbach. Boi» 7. bis 15. Ja nuar 1928 findet in Iahnsl-ack die 4. aroße ,ia„,Weib- nacktsbcrg- und Scknitzknnsiausstcllung statt. Die Ausstellung ist täqlick von 10 llbr vorm, bis 9 Ubr abends geöffnet. Sie wird, wie schon die »rühren, einen vollen Enolq verbrechen und eine besondere Sehenswürdigkeit werden. Die lebte Ausstellung wurde von vielen Sachverständigen besucht. Den Schulen wird infolge des geringe» Eiu!rstts-"'eites de,- k'-u'senwe--e Re'-ck lebr ewvfoblen. tz. Neues Wandererbeim in DSbe'n. Am Montag wurde das von der Stadt Döbeln neu errichtete Wandererheim ein geweiht. Die Grüße und Wünsche des Arbeits- und Wohlfahrts amtes überbrochte Ministerialrat Dr. Maier. tz. Eröffnung eines neuen Postqeiwudes. Am 29 Dezember wurde das an der Bahnhosttraße in Erlbach i. D neu er richtete Postaebäude dem öffentlichen Verkehr übergeben und feierlich eröffnet. Ku§ «Irr l-suritr Der neue Amkshauptmann von LSvau Löbau, 4. Januar. Am Dienstag erfolgte in Löbau vor versammeltem Be zirkstag, Bezirksausschuß, Spitzen der Behörden und der Be amtenschaft durch Kreishauptmann Dr. Richter aus Bautzen die Einweisung des neuen Amtshauptmanns Oberregierungsrats Dr. von Burgsdorff, eines Sohnes des früheren Kreis hauptmanns von Burgsdorfs in Leipzig. Der bisherige Anits- hauplmann von Löbau Dr. Kuntze ist nach Dresden als stellver tretender Kreishauptmann versetzt worden. l. Aus dem Zittauer Stadtparlamente. Die bürgerliche Mehrheit der Stadtverordneten lehnte in der letzten Sitzung des Kollegiums die von den Sozialdemokraten und Kommunisten geforderte Verpachtung des Sportplatzes im Westparke an die Arbeitersportverbände ab. Weiter wurde beschlossen, die jetzt noch im ehemaligen Franziskanerkloster untergebrachten 10 alten Frauen in die wesentlich freundlicheren Räume des neue» Albertstistes Uberznsiedeln. I. Kein slawischer Unterricht In den Handelsschulen. Der Unterrichtsausschuß der Handelskammer Zittau hatte vor kurzem die Einführung slawischer srussischen und tschechoslo wakischen) Unterricht an den Handeisschulen der Grenzgebiete angeregt. Nach, durch das Pirtschaftsministerium angestellten Erörterungen, ob und wo ein Bedürfnis für die Einführung dieses Unterrichts vorliegt, hat dasselbe jetzt der Kammer mit geteilt, daß es nir Zeit kein Bedürfnis auf Einführung des Un terrichts an den Handelsschulen anzuerkennen vermag. l. Der Tod in der Silvesternacht. In der Ncuiahrsnacht fuhr der Slcinarbeiler Schmidt aus Horka mit seiner schweren englischen Maschine einen Freund nach Hanse (Kuckau). Auf dein Rückwege wollte er nun den Motorradfahrer Lubk, ebenfalls aus Horka, in der leichten Kurve kurz vor dem Dorfe überholen. Bei der rasenden Ge- ickivindigkoit »nd vorherigem A stoboloeiniß aista,,-, ckm fein Vorhaben nicht, sondern er prallte mit ungewöhnlicher Macht an einen starken St roßen bäum und blieb mit zerschmettertem Schädel aus der Stelle tot liegen. Seihst in tiefer Nacht hatte der ä-,ßerst bc- ener- liche Unfall eine größere Menichenmcnge hcrbeigelocki. Ter Tote wurde zunächst in der nahen Ortsavotbcke nntergebracht, später in der Totcnhalle. Erst nach polizeilicher Besichtigung der Leicke wurde sie den Angehörigen frcigcgeben. Der so jäb aus dein Leben Ge schiedene mar perheirates und hinterläßt eine Witwe und zwei kleine Kinder. Den Hinterbliebenen wird allgemeine Anteilnahme cntgc- gcngcl-rackt. l. Hedwig Schmidt gestorben. Im Alter von 40 Jahren starb gestern hier nach längerem Leiden die Schriftstellerin Hed wig Schmidt, weiteren Kreisen bekannt durch ihre Arbeit in der Frauenbewegung. Die Verstorbene bekleidete in der Berufs organisation deutscher Hausfrauen in Bautzen das Amt der Schriftführerin und saß im Vorstand der Gesellschaft für Lau sitzer Schrifttum. Dresdner Lichtspiele Il-T. „Um Himmelswillcn — Harold Lloyd!" denkt sich der Zuschauer recht oft, wenn er die schwindelerregenden Situationen dieses Filmes ansicht. Der mit der gleichen, etwas pedantischen Art auf die Lachwuskeln der Zuschauer spekulier!, nste alle Films dieses sicher sehr ernst zu nehmenden Künstlers. Die Spekulation ist auch nickt verfehlt, denn zuerst lächeln die Zusckaucr, dann grinsen sie, schließlich aber erschüttert ein förmliches Brüllen das ganze Haus. Harcstd Lloyd ist selbstverständlich wieder ein Millionärssohn, und diesmal stiftet er a»s Versehen eine MissionSstation. Verliebt sich rben'o ans Versehen in die hübsche Tochter des Missionars und hält, wenn auch mit einigen Stunden iwtwendiger Verspätung. Hochzeit. Wer Schnupfen hat, soll sich diesen Film anschen, er wird sich gesund lachen. — Zwei Tieriilmc ergänzen das Proaramm die in il-rer drolligen Art rech! hübsch zu den tollen Späßen Harold Lloyds passen. Zentrum-Lichtspiele. Harrtz Danielas Prinzengastspicl in Thüringen hat viel Staub ausgewirbelt. Sein Buch .Der falsche Prin z" ist gegenwärtig eines der vielgelcsensten. Warum sollie der Film an einem so aktuellen Stoff Vorbeigehen? Eine acichickte und taktvolle Reale hat es verstanden, das wechselvolle Schicksal DomelaS zu einer Zeitkomödie zu gestalten, die fern jeder politische» Polemik, ohne jede satirische Schärfe und propagandistische Gehässig keit wirksam« Ausschnitte aus der biographisch vorgezeigien Handlung wiedergibt. — Harry Domela in seiner eigenen Nolle zeigt sich als linkilck innger Meistck mit neouälten Bewea-noen und -cr-lorg- iem Gesichtsausdruck. Die Anfänge seines Lebensweges, der ihm keine Bitternis und Demütigung ersparte, könnten symbolisch sein für un sere N-"-l,krie"«w"end. Heimatlos, arbeitslos „nd l-nnnric, saßt er ohne Bedenken nach der Möglichkeit, seine Verhältnisse ni bessern, die sich ihm in der Nolle des Prinzen bietet. Dabei verblüfft der Ueber- gang von einer typisch schwächlichen Unzuverlässigkeit zu einem ari- Leipziger Sender Donnerstag, 8. Januar: 10.05 Uhr: Wetterdienst, Schneeberichte und Derkehrsfunk. 10.80 Uhr: Bekanntgabe des Tagesprogramms. 10.25 Uhr: Was die Zeitung bringt. 11.45 Uhr: Wetterdienst und -Boraussage (Deutsch und Espe ranto), Schneeberichte und WasserstanSsmeldungen. 12.00 Uhr: Mittagsmusik auf der Hupseld-Triphonola. 12.55 Uhr: Nanener Zeitzeichen. 13.15 Uhr: Presse- und Börsenbericht 16.30 Uhr: Nachmittagskonzert der Dresdener Runösunkhau»- kapelle. Dirigent: Gustav Agunte. 18.05—18.20 Uhr: Aufwertungsrundfunk. 18.20—18.30 Uhr: Sozialoersicherungsrundfunk. sInoaliden- Kranken-, Angestellten-, Arbeitslosen- u. Unfallversicherung.! 18.30— 18.55 Uhr: Deutsche Welle, Berlin. G. van Eyseren unb C. M. Alfieri: Spanisch für Fortgeschrittene. 19.00—19 30 Uhr' Vortrag des Aerztlichen Bezirksvereins Dres den: „Winterferien" 1. Vortrag: ..Winterkuren." 19.30— 19 55 Uhr: Vortragsreihe: „Moderne Volksbiloungs- bestrebungen." 1. Vortrag. Regierungsrot Dr. Fritz Kap- Hahn vom Sächs. Ministerium für Volksbildung: „Die Volks. Hochschule". 19.55 Uhr: Wettervoraussage, Schneeberichte und Zeitangabe. 20.00 Uhr: Uobertragung aus dem Großen Schauspielhaus, Ber lin: Madame Pompadour. Onerette in drei Akten von Rudolph Sck,aiizer und Ernst Welisch. Musik von Leo Fall, Musikalische Leitung: Ernst Hauke. Regie: Erik Charell. 23 00 Uhr: Funkpronger. 23.05 Uhr: Pressebericht und Gportfunk. Funkstille. stokrattschen Selbstbewnßisel», ein Uebergang, der fertig Ist ohne icde Zutat persönlicher Keckheit. Die Elmrakterisierttng der verschie densten Typen, denen er auf diesem Wege begegnet, darf als durch aus gelungen angesehen werden: sie geben der an und für sich recht düsteren Handluna die komische Wirkung. " M-S.-Lichtspiclc. TomMir zeigt aufs neue seinen Mut und seine Künste in dem Teras-Film „Die Panzerpo st". Wir sehen bunt« Bilder aus der Zeit, da die Einn>andcrcr aus den S'raßcn von Texas ihres Lebens nicht sicher waren, da selbst die staatliche Post ge panzert werden mußte, um Schuh acgcn die Straßenränder zu kie len. Mit Hilfe dieser Minzcrpost wird ein Schlupfwinkel der Räu ber ausgchobcn, der Wildwestreiier aber, dem die Entdeckung de« Bande n, verdanken ist, erobert sich dabei ein schönes Mädchen. — Zwei Komödien: „Jonnv auf Freiersfüßen" und „Paulchcn als Wunderdoktor" sowie die Opclwoche runden das Programm ab. Verwendung gefrorenen Obstes. Erfrorenes Obst lege man kurze Zeit in kaltes Wasser, reibe es dann mit Seidenpapier trocken, wickle die einzelnen Früchte in Seidenpapier ein und lasse das Obst dann in einem kalten, aber frostsicheren Raume liegen. Gefrorene Aepfel lasten sich zu einem prachtvollen Wein keltern, der als Schwitzmittel vielfach sehr gelobt wird, besonders wenn nian ihn wärmt. Bevor die Früchte auftauen, lasten sie sich auch als Marmelade verwenden. Man kan» auch aus ihnen ein sehr wohlschmeckendes Gelee be reiten. Aus gefrorenen Aepfeln läßt sich Mus bereiten, der in Gläsern einsterilisiert werden kann. Weiter kann inan die Aepfel durch einen Wolf treiben, wodurch man. wenn man den Brei mit Zuckcrriibensaft aufkocht, einen sehr schmackhaften Nach tisch gewinnt Birnenbrei läßt sich mit Iohannesbeer- und Himbeersaft und Essig auskochen. Lemsinde- und VrninrveLen 8 Kathol. Akademiker Westsachsens. Am Montag, den S. Januar 1928, abends von 7.30 Uhr an e. 1. Tressen in Reichenbach bei Hummitzsch, Bahnhosstr. 30. Nach alle» Seilen gute Nückverbindnngen! 8 Dresden-N. In der Kapelle des St. B e n n o st i f 1 e s. Lößnitzslraße 2/4. findet mit Genehmigung des Bischöflichen Ordinariates am ersten Herz-Iesu-Freitag jeden Jahres drei- zehnstündiges Gebet statt. Das erstemal ist dasselbe am nächsten Freitag, den 0. Januar. Die Aussctzungsmesse ist früh 7 Uhr. die Echlußandacht abends 7 Uhr. Wetterbericht -er Dresdner Wetterwarte Witternngsaussichten. Vorwiegend stark bewölk» und neb lig. Zeitweise Niederschläge, meist noch als Schnee oder Schnee, regen. Temperaturen um Null, tagsüber auch über Null. West- liche Winde. Gebirge Temperaturen wenige Grade unter Null, zeitweise Cchneefälle, Nebel oder auch neblig, sonst wie Flach land. Der sibirische Expretz Ein Roman aus der Juslationszeit. Von Frank Heller (Lopyrigkt by Georg Müller, Verlag München) (3. Fortsetzung.) Seine Antwort erntete einen Beifall, den er nicht zu kosten ge wagt hatte. Sein Gast brach in ein heftiges, minutenlanges Lacken aus. das nicht weniger imponierend wirkte, weil es vollkommen lautlos war: „Hahal-almhahabch-ahahaho! Habahabahahahaha! Sie haben recht? Es ist lang her seit ich beim Barbier ivarl Hahaha! Aber es war auch kein Barbier im iibiri'chen Erpreß!" „Im sibirischen Erpreß", murmelte Gerdt Lyman verblüfft. „Kommen Sie aus Sibirien?" In dem Aussehen seines E-asics war nichts was der Annahme, daß er aus Sibirien kam, widersprach, insofern man bei Sibirien an die Qneck'ilbergrnben oder andere eihischc BessernngsetablissemenIS dachte War er mit dem tianssibiri'chcn E-prcß gereist dann ieden- salls als Frcipastagier unter den Eisenbahnwagen — Dummheiten, den Erpreß oab cs ja nickst, der war seit Jahren aistgclasien! Der Krieg lwlte ihn genommen, wie er alle Anmst-mstckkeiten genommen halte — das irinkbore Bier unter anderem und die Zündhölzchen aus den Kasscehaustischen Ter Mann log. „Aber!" bcaann Cerdt Lhman. „Aber was?" „Der Erpreß, von dem Sie reden, echt w gar nicht " „Er gebt nicht? Er geht jeden Tag. Darauf können Sie sich verkästen, dasi er geht!" „Er geht schon seit vielen Jahren nicht. Und wenn er auch gehen würde wie hätten Sie durch Rußland und hierher nach Dan zig kommen können?" ..Warum denn nicht?" Gerdt Lvman »vor starr. Der Mann sah vollkommen ernst ans. ..Warum? Weil es schon im allgemeinen nahezu unmöglich ist, durch Rußland diirchzukoinmen. Und gerade jetzt ist es unmöglicher »enn je, weil Rußland Krieg gegen Polen fist-rt." Gevdt Lymans nächtlicher Gast schien sichtlich interessiert. „Was sagten Sie? Krieg? Ich bin. wie Sie sagten, schon tnae nickt beim Barbier gewesen, und Sie wissen ja. beim Barbier hört man den Klatsck! Hat sick Polen geoen Rußland emvört? Das batte ich den Polacken nie zugeiraut. Ist der Zar an der Front? Was sagt der Kaiser?" Gerdt Lvman konn'e sich nicht an den Kops grellen, denn sein Elast hicl» hartnäckig seine beiden Hände mit eisernem Griff mit 'einer Rechten umspannt Mit der Linken batte er sick aus Gevdt Lvmans Zigarettenetui bedient und rauckte wie ein Vulkan oder wie Mcnlcken rauchen, die lange ein billiges, aber tabakloles Dasein auf " -atskosten geführt haben . Lange! Das war gar kein Wort. Er mußte Iabre bindurck in strengster Absperrung gelesscn sein, um so lprecken zu können, wie er svrach. Hat stch Polen gegen Rußland empört? Ist der Zar an der Front? Was laut der Kaiser? Was waren das inr antidilnvianische Fraaen? Welche Verbrecher lebten in einer Absperrnna die eine solche Unwissenheit unmöglich macktc? Nur eine Art: die schlimmste Art von Mördern ... ja nur Mörder . . . Er lag hier aus dem Rücken, ohnmächtig wie eine Sebstdkröte in dttser Lage, mit einem Mörder der ärgsten Sorte über stch . . . Warum, ach, warum war er in dielcs verdammte Hotel gezogen? Gevdt Lvmans nächtlicher Gast sprach ununterbrochen zwischen den Nai-ckwolken. „Nein das wundert imck aber daß die Volacken die Eonrage aufgebracht b-'l-en. sick zu cmvören aber wenn ihr Nustiand gestrigen !oll!e dann können sie berühmt sein dann milcht sich un'er Kw-cr in? Spiel, genau wie es der Zar 1848 mtt den Ungarn macktc. Der eine Autokrat bittt immer dem anderen. Wenn sie icder ihre Mil lion Soldaten haben, m-'-l-en kie sick dock enttveder füreinander oder »»'einander ß-hlagen Na. ick bin übrigens kein Feind der Allein- bcrrsckaft. Für meine Verso» finde ick ste vernünstiner alz die Pöbeckerrlchast. und zwischen anderen Möolickkesten bat man ja nickt zu wüssten Aber antworten Sie m-r dock, kören Sie nicht, daß ich zu Ihnen spreche? Hilst unser Kaiser dem Zaren?" „Vein das tut er nickt." „Das ist aber sonderbar Warum denn nickst?" .Er hat seine 'riiliaen Gründe", sagte Gerdt Lvman mit sckwa- cher Sstmme. ..Er -st verhindert. Er sitzt selbst in Holland gefangen." Gerdt Lvmans Gast riß die Augen auf und vergaß zu rauchen. .Unser Kaiser sitzt in Holland gefangen? Und Deutschland läßt dies zu?" „Ja. Deutschland rührt keinen Finger." „Das ist i-nmöalich! Und der Zar Hilst seinem Vetter nicht?" „Nein, der neue Zar ist Kommunist. Er fuhrt Krieg mit Polen, um den Kommunismus In Polen einzuführen. Er würde nie Krieg führen, um Ihren Kaiser einzuschen." Die Angen von Gerdt Lymans Gast glühten um die Wette mit seiner Zigarette „Versuchen Sie, sich aus meine Kosten einen Witz zu machen?" „Nein." „Tun Sie das nickt, denn sonst —" „Nie. das verspreche ich." . „Und warum sollte unser Kaiser in Holland gefangen sein?' ,Meil er den Krieg verloren bat" Den Krstg? WAcken Krieg? Gegen wen hat er Krieg ge führt? Gegen Frankreich?" ..Ja' „Das hätte ich mir denken können. So sab es la aus. DaS tut mir leid. Die Alleinherrickaft Hot wirkstch ihre Schattenseiten. Hat er gegen noch jemanden Krieg geführt?" „Ja. auch gegen England." Gerdt Lvman erschauerte. D^s für Verl-recken hatte sein Gast besangen, um in einer loschen Ab'perrnng oehal'en zu werden? .Auch gegen Enoland? Tann begreife ick, daß er verloren hat. Vielleicht auch noch gegen and«--e als Enola-d und Frankreich?" Gerdt Lvman beschloß reinen Tttck zu machen. „Ja «nick ae"en nock ein paar Stück an^-re Ge^en: "l-k-kand, Italien. Belgien. Serl-icn. Rumänien und Montenegro. Außerdem oegen die Vereinigten Staaten. Kanada, Südafrika, Aul'---»?», Neuseeland und Indien. Außerdem aeoen Japan El-ina und Siam. Außerdem gegen Brassten, Peru Ekuador. Kol'ckia Bost»Ia, Eosia» rica und Panama Außerdem gegen Haiti. Außerdem — gegen wen doch? Ja. außerdem gegen Liberia " Gerdt Lvman? Gast saß starr da. „Sie sind verrückt! Das ist eine Tollhausphontasie! Wie- lange bat ver Krieg gedauert? Einen Monat? Zwei?" „Er hat vier Iabre gedauert." „Das ist unmöglich. Sie sin?, wahnsinnig!" „Ich hin nickt wah»si"n'g. ES ist wahr." „Har Deutschland vier Jahre gegen die ganze Welt au»- geholten?" „Ja." „Sie kagen das so kalt. Sind Sie nicht außer sich vor Be wunderung?" „Bad. was ist mit einem Weltkrieg viel A--shebenS zu machenl" „lind der Kaiser ist in Holland gefangen?" Aa " „lind wer regiert in Deutschland? Der Kronprinz?" „Nein, ein ehemaliger Sattlermeister." (Fortsetzung folgt.)