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„Die verbolene Nesormalion" Unter dieser Ueberschrist liefern die Leipziger Neuesten Nachrichten (Nr. 57) ihren am Monatsende fälligen Hetzarltkel gegen den Katholizismus. Das Verbot des Lutersilms in München bezeichnet das Blatt als eine Folge des Wuschen Konkordats: „Von Missbrauchen, die vor 400 Jahren gewesen und di« erst infolge der Reformation auch in der katho lische» Kirche abgestellt morden sind, soll heute überhaupt nicht mehr geredet werden dürfen". — Das sch die Erwägung, aus der heraus das Verbot entstanden sei. egenüber derartige» Bestrebungen empfiehlt das Leipziger Blatt das Studium der N chmniolmirsgcschichte, „denn heute wie damals geht es bei den Machtkämpfen zwischen Kirche und Staat keineswegs nur um die Teelen der Gläubigen, sondern auch um sehr, sehr weltliche Tinge: Schätze, die die Motten und der Rost zerfressen, spielen taiiei nicht selten die ausschlaggebende Rolle." Die L. N. N. glauben also nicht der Versicherung der Film- prü-stelle München, das; der Wunsch, den I, o n se s s i o n e l l e n Frieocn zu wahren und die Befürchtung, katholische Zu schauer könnten sich beim Anblick des Films in ihren reli giösen Gefühlen verletzt sehen, die wahren Gründe des Verbotes waren. Das ist uns verständlich, denn wir könu>» nicht annehinen, datz der Artikelschreiber des Leipziger Blattes sich vorzustellen vermag, datz jeipand aufrichtig den konfessionellen Frieden will. Wir finden es erstaunlich, datz man überhaupt ernsthaft daran denken konnte, einen Film, in dein katholische Kleriker in den Orüensgewänüern, die noch <>e»!e getragen werden, als Heuchler und geldgierige Leute- Netruger dargestellt werden, in einer katholischen Siadt zur Auf- ilihrung zu bringen. Alan hätte annehmen sollen, datz ver sündige Protestanten von vornherein überhaupt von der Pro duktion eures solchen Filmes abgeraten hätten. Denn viele Zu schauer, werden bei der liebevoll ausgemaltcn Schilderring des Ablatzhandels und ähnlicher Dinge nicht sagen: „So ist die katholische Kirche!", sondern sie werden sagen: „So sind die Pfnssen!" Beide Kirchen müssen davon Schaden haben. Hat man nicht oft genug in Freidenkerversammlungen die heutigen Kirchengebiihren und Kirchensteuern nrit dein Ablaßhandel ver gangener Tage vergleichen höre»? Wir erlauben uns einen Vergleich zu ziehen. In England war in diesen Tagen ein Filrn hergestellt worden, der das tragisch«' Schicksal der M i tz Cavell schilderte, also jener Frau, die in Belgien mährend des Krieges nach dem Urteil eines deutschen Kriegsgerichtes als Spionin erschossen worden ist. Es ist kein Zweifel, datz dem naiionalstolze» Engländer diese Mitz Caoell der man ein Denkmal aus dem grötzten Platze Londons errichtet hat. genau so als eine Persönlichkeit heroischer Art erscheint, wie Martin Luther dem überzeugten Protestanten. Tunwch haben Behörden und öffentliche Meinung in England den Cavell-Film abgelehnt. Nicht aus der Erwägung heraus, datz die Darstellung des Films historisch unrichtig sei, — datz die Darstellung im allgemeinen sachlich mar, wurde sogar von --'.'sicher Seite zugegeben — sondern weil derartige Erinnerun gen rom Nebel sind in einer Zeit, in der nichts inniger zu wünschen ist, als die Annäherung der ehemals feindlichen Völker. .Sml'eu wir in Deutschland aber etwa eine Annäherung der beiden Konfessionen weniger nötig? Mutz die Zusammen- aibesi. die sich erst kürzlich beim Reichsschulgesetz in vielen Fällen in hoflnungsvoller Weise gezeigt hat, durch derartige Kunstwerke" wie den Luthcrsilm gestört werde»? Bei diesen Darlegungen hoben wir es vorläufig dahin gestellt gelassen, ob die Darstellung der Reforma tio n s g e s cb i ch t c. wie sie der Luthersilm gibt, richtig ist oder nicht. Wir halte» diese Darstellung mindestens sür ein- seita, und einseitig ist auch das, was die L. N. N. in dem er wähnten Artikel über diese traurige Epoche der deutschen Ge schichte schreiben. Die katholische Kirckw braucht keine Erinne rung an vergangene Epochen ihrer Entwickelung zu scheuen. De Archive des Vatikans sind es gewesen, die gerade zur Kennt nis der Refo'motioiisoeschichte wichtigstes .Material geliefert halien Die Bemehlungen einzelner kirchlicher Würdenträger aus diesem Zeftalter werden nickt geleugnet. Die L. N. N. und aber ossenbar der Ansicht, datz Verfehlungen dieser Art mir au> seiten der katholischen Kirche vorgekommen sind, Dem- geaenüber mutz doch daraus hingewiesen werbe», datz die Kor- rup'ion vor allein die Verwendung von Bestechungsaeldern, iin lg I-'hvh"rchert allgemein üblich irmr. Das meisie Sterstänünis in dieser Rickinng zeigten die deutschen Tcrritorialfürsten, also de gleiclwn Leute, ohne deren volitisches Interesse die Refor mation überhaupt ii'cht dieses Ausmatz gewonnen hätte. Be kanntlich b"t d»r Kaiser Karl V, n'chts sa in Schulden oestümt. imc d>c erheblichen „.Handsalben", die er den Kurfürsten für F ne Wabl ziikommen lassen mukte. Jakob Fuaaer konnte sick noch nack vielen Jahren rühmen, datz „Eure Majestät das römische Reich ohne mich nicht würden erlangt haben." Es ist M M1. Der Feskakkus Dresden. 29. Februar. Die 1. katholische Volksschule Dresden, Grüne Stratze (früher katholische Schule am Queckbrunneu), hat heute die Feierlichkeiten anläßlich ihres 100jährigen Bestehens durch einen Fe stak ins eröffnet, der in der Schulturnhalle stattsand. Schon die Eingänge des Gebäudes waren festlich mit Tannengrün umgeben. In der Turnhalle selbst prangte vor dem an der Stirnwand aufgvbanten Kathe der das Bild des 1828 eilige weihten Schulhauses, das 1881 dem jetzige» Schulgebäude Platz gemocht Hot. Das Katheder selbst war niit reichem Blumenschmuck umgeben. Tannengrün prangte an Wänden und Türen. Der Festaktus ,var von Eltern, Leh rern und Freunden der Schule sehr gut besucht, die Turnhalle war bis aus den letzten Platz gefüllt. Den Festaktus leitete der Vortrag des „Gebetes" von Kurt Striegler ein. Staats-Ka;>ellmeister Kurt Striegler. der selbst ein ehemaliger Schüler der 1. katholischen Schule ist, und Kammervirtuos Arthur Zenker brachten das Adagio religioso prachtvoll zu Gehör. Anschließend trug eine Schülerin einen von Schulleiter Dr. Taute. Leipzig, einem ehemaliaen Lehrer der Anstalt, gedichteten Festsprnch vor. Nach dem Nus klang dieses Festspruches: „Des Himmels Huld sei stets dein Teu und unser Festgrutz Glück und Hell!" ertönte die feierliche Weise des Chorgesanges „Labe den Herrn", den der Schülerckor unter Leitung von Kantor Fleisch stim mungsvoll zu Gehör brachte. Die Festrede hielt Herr Oberlehrer Arthur Sie glich, der der Schule als Schüler angehört hat und an ihr jetzt Lehrer- steile bekleidet. Er gab in erschöpfender Weise einen Rück blick auf das Entstehen und Wirken der Schule im 1. Jahr hundert ihres Bestehens. Er würdigte die Verdienste der kirchlichen und weltlichen Behörden, die 1828 zur Gründung der Schule geführt haben, er gab einen Begriff von den Mühen und Schwierigkeiten, die in den ersten Jahrzehnte» zu über winden waren und nannte rühmend die Namen der Männer, die in dem nun abgeschlossenen Zeitraum die Leitung der Schule in Händen gehabt haben. Er zeigte, wie die Schule, die ans besckeidenen Anfängen — ursvrünglich waren es drei Klassen — sich zu einer bedeutsamen Anstalt entwickelt W. d-e 1890 82 Klassen zählte und der Ausaangspunkt aemorden ist für die Neugriindung einer Nn-ahl anderer katholischer Schulen. Der R->dncr ivürdias« weiter die Verdienste, die Stifter und Gönner sich um die Schule erworben haben. Besonders wies er hin ans die Verdienste des ehemaliaen katholischen Schulvorstandes und auf bas segensreiche Wirken des Elternrotes noch der Uebcrnahme der Schulen durch die Stadt. Die Verdienste die sich der lebte Borsitzende des katholischen Schulvorstandes, ftusti.nat Eides, bei dieser Uebernahme erworben hat. wurden hervorgeboben, eiben so datz die Stadt Dresden die damals ge- aeben»n Zusagen lonal aebalte» hat. Der Festredner schloß mit d"m Wnnsck. datz die Schule im zweiten Jahrhundert mit gleichem Erfolg und Ansehen weiter wirken möge. Noch einem zweiten Ehorgeeang „Gebet für das Vater land" ergriff Prälat Kaiser als Vertreter des Diözesanbischofs und der Gcisisichen Bcbörde» das Wort. Er betonte, datz die GrönDma der Schule ausgegangen sei von der Kirche, und datz die Lehre dieser Kirche die Grundlage der Bildung dar stelle, die in dieser Schule vermittelt werde. Er sprach den Wunsch aus, datz diese Tradition auch weiterhin in der Scliule sortgehalten werde. — Propst Seidl er sprach als Pfarrer der Kirchgemeinde, zu der die Schule gehört. Die Beziehungen zwischen Schule und Pfarramt seien von jeher die besten ge wesen. Die Schule bedeute für die Kirchgemeinde eine Quell« der Erneuerung der Kraft, denn ein großer Teil der ehemaligen Schüler und Schülerinnen seien im Gebiet der Pfarrei geblieben und wertvolle Mitglieder der Gemeinde geworden. Man könne es der Schule nachrühmen, datz sie nicht nur Wissens- und Cha rakterbildung vermittele, sonder» auch de» Schülern die Grund lage einer festen Wellansci-auung mitgebe, die sich in den Stür men des Lebens bewähre. Oberschulrat Sturm überbrachte die Glückwünsche des Bezirksschulrates Dresden. Dankbar erkannte er die aus gezeichnete erzieherische Arbeit an. die an der Schul« geleistet worden ist. Das jetzt abgeschlossene Jahrhundert sei sür di« Entwickelung der Volksschule überhaupt ein höchst bedeutsames gewesen. Am Anfang dieses Jahrhunderts habe die Aufklä rung geherrscht, die in erster Linie die brauchbaren Bürger, den lebenstüchtigen Menschen habe erziehen wollen. Unter dem Ein slutz der Romantik habe dieses Ideal einem anderen Platz gemocht, man habe nun den lebensivürdigen Menschen erziehen wollen, der teil Hab« an den Gsistesgiitern des Volkes und der Menschheit. Die künftige Ausgabe werde sein, diese beiden Ideale zu vereinen: an dieser Aufgabe solle auch die Iubilar- schule nutarbeiten. — Für das Stadtschulamt sproch Schulamts rat Rudert. Er stellte mit Genugtuung das reibungslose und fruchtbringende Zusammenarbeiten zwischen der Schule und dem Siadtschulamt seit der Uebernahme fest. Liebe, Vertrauen, Treue und Glaube seien die Grundpfeiler der Schule, sie sollten ihr auch künftig erhalten bleiben. Das Stadtschulamt habe aus Anlatz des Jubiläums dem Schulansschutz vorgeschlagen. 500 Atark zur Anschaffung von Lehrmitteln für die 1. katholische Volksschule zu bewilligen. Direktor Wittig. Pieschen, machte sich zum Dolmetsch der Mitfreude, die die Lehrerschaft! der anderen katholischen Schulen Dresdens in diesen Festtagen empfindet. Die beson deren Beziehungen zwischen der Iübilarschule und der katho lischen Hilfsschule betonte Schulleiter Kammler, Schuldirek tor i. N. Diinnebier gab den Gefühlen Ausdruck, die an diesem festlichen Tage alle beseelen, die ehemals an der Jubilar, schule tätig gewesen sind. Im Namen der Eiternichaft überbrachte Bahnhossooer» inspektor Engel aufrichtige Wünsche. Unberührt vom Wechsel der Zeiten Hobe in diesen 100 Jahren das Zeichen des Kreuzes über dieser Schule gestanden. Unter diesem Zeichen hätten sich die verganaenen Generationen wohlgesühlt. dieses Zeichen solle auch den künftige» Generationen weitergegeben werden. Herr Engel überreichte dem Schulleiter eine Svende von 1000 Mark, die di« Eltern und Gönner der Schule anläßlich des Jubiläums gesammelt haben. Schulleiter Reinisch dankte mit inniacn Worten ailen, die der Schule anläßlich ihres Jubiläums Glück- und Segens wünsche ausgesprochen haben. Er betonte, datz die katholische Lehrerschaft in der Konfessionsschule eine hohe Aufgabe sehe, diese Aufgabe bestaune aber nickt darin, das Trennende zu beionen, vielmehr wolle die katholische Volksschule zum 'Volks tum und zur Toleranz erziehen. Die Iubilarschule werde auch im neuen Iobrbmider» weitcrarb-tteu im Geäie Elnisii — Das ler und Arthur Zenker zum Vortrag gebracht, bildete den stimmungsvollen Abschluß der Feier. nicht so. datz etwa die Korruption von der Kirche aus auf andere Kreise übergegriffeu hätte, sondern der Macht- und Geldhunger der Territorialfürsten hat manche Kirchenfllrsten, die selbst Terri torien zu verwalten hatten, angesteckt. Ein Mann wie Tetzel war mir ein Beauftragter untersten Grades, der, wenn man seinen schriftlichen Aeutzerungen glauben darf, aus mangelnder Uebersicht der Dinge und selbst im guten Glauben gehandelt hat. Es ist auch falsch zu sagen, datz durch Martin Luther etiva die Mitzstände abgestellt morde» seien. Di« Persönlichkeit des Witteiiberger Professors wird in katholischen Kreisen stets eine gerechte Würdigung finden, wir sehen in ihm einen tief religiösen Mann ehrlichen Willens, der zudem von hoher Sprach- kennlnis und publizistischer Begabung war. Mer Luther ist, als er sich von der Kirche trennt«, in den Bann der poli- tischen Mächte geraten, er ist. wie es einmal von protestan tischer Seite gesagt wurde, „vom Resormator zum Superinten, deuten von Wittenberg" geworden. Der Schacher mit Aemtern, Ländern und Geld ging trotz der Reformation weiter, und er langte erst zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges seinen Höhe punkt. Die L. N. N. führen ein Werk an. das eine Periode umfaßt, an deren Eingang die Gestalt Dr. Martin Luthers, an deren Ausgang die Gestalten des Kurfürsten Moritz von Sachsen steht. Dieser Zusammenhang scheint uns nicht ganz zu unrecht hergestellt. Dieser Moritz von Sachsen war es ja. der Metz. Toul und Verdun in die Hände des Franzosenkönigs lieferte, er war es auch, der im Bunde mit dem Landesfeind gegen den Vertreter der Reichsgcwalt, den deutschen Kaiser, Krieg führte. Ein Beispiel, das ihm dann zu unzähligen Male» nachgemacht worden ist. Die Reformation sprengte di« Das Majorat Eine Erzählung von E. T. A. Hoffman». (I. Fortsetzung.) Die nackicn, schwarzcn Mauern des Schlosses stiegen empor aus dem Schnecgrunide, wir hielten an de», verschlossenen Tor, Aber da Wf kein Rufen, kein Peiischcngeknalle, kein Hämmern und Pochen, es war, als sei alles ansgesiorbcn, in keinem Fenster ein Licht sichtbar. Der Alte ließ seine starke, dröhnende Stimme er schallen: „Franz — Franz! — Wo steckt ihr denn? — Zum Teufel, rührt euch! — Wir erfrieren hier am Tor! Der Schnee schmeißt einem das Gesicht blutrünstig — rührt euch, zum Teufel" Da fing !:n Hofhund zu winseln an, ein wandelndes Licht wurde im Erd- gc'cbassc sichtbar, Schlüssel klapperten, und bald knarrten die ge wichtigen Torflügel auf. „Ei schön willkommen, schön willkommen Hcrc Iustitiarius. ei in dem unsauber» Weiler!" So rief der alte 'kron.z, indem er die Laterne hoch in die Höhe hob, so baß das volle Lickt auf sein verschrmnpsles. zum freundlichen Lachen sonderbar verzogenes Gesicht fiel. Der Wagen fuhr in de» Hof, wir stiegen a iS, und nun gewahrte ich erst ganz des alten Bedienten seltsame, m eine altmodische, weile, mit vielen Schnüren wunderlich ans- s'aisicrtc Jäaerftvree gehüllte Gestalt, lieber die breite, weiße kür» legten sich nur ein paar graue Löckchen, der untere Teil des Gesichtes hatte die robuste Iägerfarbe, und unerachtet die verzognen Muskeln das Gesicht zu einer beinahe abenteuerlichen Maske form- w», söhnic doch die etnms dümmliche Guttnntigkeit, die ans den diigcn leuchtete und um den Mund schielte, alles wieder ans. „Nun, alter Franz," fing der Großonkel an, indem er sich Mi Vorsaal den Schnee vom Pelz abklopsle, ist alles bereit, sind die Tapeten in meinen Stuben abgestaubt, sind die Veiten hin- eingeiragcn, ist gestern und heut« tüchtig geheizt worden?" „Nein", :rwiüerle Franz sehr gelassen, ,chaS ist alles nicht geschehen." „Herr Yo!t!" fuhr der Großonkel auf, „ich habe ja zeitig genug geschrie ben, ich komm ja stets »ach dem richtigen Datum; das ist ja eine Tölpelei, nun kann ich in eiskalten Zimmern Hausen." „Ja, wer tester Herr Justitiar»,-", sprach Franz weiter, indem er sorglich mit der Lichtschcrc von dem Docht einen glimmenden Räuber ab- sehnipplc und ihn mit dem Fuße austrat, „sehen Sie, das alles, vorzüglich das Heizen, hätte nicht viel geholfen, denn der Wind und der Schnee, die Hausen gar zu sehr hinein, durch die zerbrochenen Fensterscheiben, und der". — .Was", siel der Großonkel ihm in die Rcke, den Pelz weit anseinanderschlagend und beide Arme in die Seite» stemmend, „die Fenster sind zerbrochen und Ihr, des Hauses Kastellan, labt nichts machen lasten?" „Ja, wertester Herr JusN- tiarins", fn'br der Mic ruhig und gelassen fort, „man kann nur nicht recht hinzu, wegen des vielen Schuttes und der vielen Mauer steine, die in den Zinnncrn hcrunfliegcn." „Wo zum Tausend Him mel Sapperment kommen Schutt und Steine in meine Zimmer", schrie der Großonkel. „Zum beständigen fröhlichen Wohlsein, mein junger Herr!" rief der Alte, sich böslich bückend, da ich eben nieste, setzte ober gleich hinzu: „Es sind die Steine und der Kalk von der Mittelumnd, die von der großen Erschütterung cinfiel." „Habt ihr ein Erdbeben gehabt", platzte der Großonkel zornig heraus." „Das nicht, wcricster Herr Iustitiarius", erwiderte der Alle, mit dem ganzen Gesicht lächelnd, „aber vor drei Tagen ist die schwere, ge täfelte Decke des Gcricbtssaalcs mit gewaltigem Krachen cingestürzt." „So soll doch das —" Der Großonkel wollte, heftig und aufbran. send wie er tvar, eine» schweren Fluch ausstoßen; aber indem er mit der Rechten in die Höhe fuhr und mit der Linken die Fuclismühc von der Stirn rückte, hielt er plötzlich inne, wandic sich nach mir um und sprach laut anslachend: .Wahrhaftig Vetter, wir müssen das Maul Wien, wir dürfen nicht weiter fragen; sonst erfahren wir noch ärgeres Unheil, oder das ganze Schloß stürzt uns über den Köpfen zusämmen." „Aber", fuhr er fort, sich nach dem Alten umdrehend, „Franz, konntet Ihr den» nicht so gescheit sein, mir ein anderes Zimmer reinigen und Heizen zu lassen? Konntet Ihr nicht irgend einen Saal Im Hauptgebäude schnell einrichien znm Gerichtstage?" „Dieses ist auch bereits alle» geschehen", sprach der Me. indem er freundlich nach der Treppe wies und sofort hinanszusteigen begann. „Nun seht mir dock» den wunderlichen Kauz", rief der Onkel, indem wir dem Men nachschritten. Es ging fort dnrch lange, hochocwölbte Korridore. Franzens flackerndes Licht ivarf einen wunderlichen Schein in die dick« Finster nis. Säulen, Kapitale und bunte Bogen zeigten sich oft wie in den Lüften schwebend, riesengroß schritten unsere ScWtcn neben unS her, und die seltsamen Gebilde an den Wänden, über die sic weg- schlüpften, schienen zu zittern und zu schnmnkcn. und ihre Stimmen wisperten in den dröhnenden NackWl unserer Tritte binein: Weckl uns nicht, uns tolles Zanbervolk. das hier in de» allen Steinen schläft! Endlich öffnete Franz, nachdem wir eine Reibe kalter, fin sterer Gemächer durchgangen, einen Saal, in dem ein bcllauflodern- des Kaminsener uns mi! seinem lustigen Knistern wie mit heimat lichem Gruß empfing Mir wurde gleich, sowie ich cintral. ganz wohl zumute, doch der Großonkel blieb mitte» im Saale sieben, schaute rings umher und sprach mit sehr ernstem, bcinabe feierlichem Ton: „Also hier, dies soll der GcrMssaal sein?" — Franz, in die Höhe leuchtend, so daß an der breiten, dunklen Wand ein Keller Fleck wie ein« Türe groß, ins Auge fiel, sprach dumpf und schmerzhaft: „Hier ist ja Wölfl schon Gericht gehalten worden!" Was kommt Euch ein, After", rief der Onkel, indem er den Pelz schnell abwarf und an das Kaminsener trat. „Es fuhr mir nur so berans". sprach Franz, zündete die Lichter an und öffnete das Nebenzimmer, welches zu unserer Ausnahme ganz heimlich bereitet war. Nicht lange dauerte es, so stand ein gedeckter Tisch vor dem Kamin, der Me trug wohlzubercitetc Schüsseln ans. denen, wie cS uns beiden, dem Großonkel und mir, recht behaglich >var, eine tüch tige Schale nach echt nordischer Art gebraute» Punsches folgte. Er müdet von -er Reise suchte der Großonkel, sowie er gegessen, das Bette; das Neue, Seltsame des Aufenthaltes, ja selbst der Punsch, hatte aber mein« Lebensgeister zu scbr aufgeregt, um an Schlaf zu denken. Franz räumte de» Tisch ab. schürte das Kaminsener zu und verließ mich mit freundlichen Bücklingen. (Fortsetzung folgt.)