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Nummer 47 — 25. Jahrgang Sinai ivöch. Bezugspreis: für Februar 3.— -K elnscht. BesteUgelo. Anzeigenpreis«: Die Igesp. Petitzeile »0L. Stellengesuche SO L. Die Petitreklaiyezeil«, 8S Milli« meter breit, 1 Ofserlengebühren fiir Seidstalchoker 20 L. bet Uebersendung durch di« Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 1V L, Sonntags-Nr. IS H. Meschästlicher TeilbIo/ef Fohmann. Dresden. sricklWe Freitag, 26. Februar 1926 Im Fall« höherer Deivalt erlischt sede Verpflichtung aus Lieferung sowie Erfüllung ».Anzeige na uftragen u. Leistung v. Schadenersatz. Für unüeutl. u. d. Fern ruf übermitt. Anzeigen übernehmen mir keine Ver< antmortung. Unverlangt eiugesandte u. m. Rückporto nicht versehene Manuskripte merd. nicht aufbewahrt. Sprechstunde d. Redaktion b bis 6 Uhr nachmittags, ssauptschriftlelt.: Dr. Joseph Albert, Dresden. »eschäft»ft«0«. Druck «ad «Verla«, Saxoma. »»chdruckeret SnibH.. DttSden-«. l«. HoWekislr^s,. 4». Femruf MW. PosUcheckkonto Dre»den > NiN Bankk-nl«: «assea«» » Psrldsche. Tr--?l-!>». Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen Volk»,«Nun« -rneSden-AUII. ist. Holbcinstratz« -15. steviru! »272S ,I»d 33538. Der Appell -es französischen FmanzmirMsrs an den Senai Die Richllinien für Vas Reichssonvergerichi zur Fürslenabsindung Voir Oberstaatsanwalt Schulte, Breslau. Am Schlüsse meines letzten Aufsatzes hatte ich zum Ausdruck gebracht, das; der Kernpunkt für die ge setzliche Regelung der Auseinander setzungsfrage die Richtlinien seien, die dem Reichssondergericht für seine Verhandlungen und Ent scheidungen mitgegeben würden. Diese Richtlinien geben dem Neichssondergericht selbst einen von den ordentlichen Gerichten völlig verschiedenen Charakter. In vielen Be sprechungen, die der neue mit dem Antrag Schulte (Bres lau) und Genossen vorgelegte Gesetzentwurf in der Presse gefunden hat, sind diese Richtlinien leider nicht oder doch nicht in ausreichendem Maße in den Vordergrund der Erörterungen gestellt worden. Manche dieser Bespre chungen lassen aber auch erkennen, daß die Richtlinien nicht ausreichend in ihrer Wirksamkeit durchgedacht und mit dein übrigen Inhalt des Gesetzentwurfs in den erfor derlichen Zusammenhang gebracht worden sind. Sonst würde neben anderem auch die abfällige Beurteilung nicht recht verständlich sein, die die im 8 1 des Entwurfs oorgeschlagene Zusammensetzung des Reichssondergerichts erfährt. Ich sehe mit Bedauern und Befremdung aus ver schiedenen Aufsätzen in der Presse, daß der deutsche Rich ter als ungeeignet erachtet wird, bei der Entscheidung der Auseinandersetzungsprozesse mitzuwirken. So lese ich in dem Aufsatze eines bekannten und allgemein hoch geschätzten Parlamentariers: „An dieses Kollegium ginge die Entscl-cidung über . . . An deutsche Richter also! So groh mein Vertraue» zur Ob jektivität des Herrn Reichsgerichtsprästdente» Simons ist. so wenig kann das deutsche Volk die Entscheidung in die Hände von Juristen aus höheren Gerichtsfphüren legen, die sich im formalen Recht des 15. und 18. Jahrhunderts glänzend aus kenne». aber von der volkstümlichen Rechtsaufsassung des 20. Jahrhunderts himmelweit entfernt sind." Nachdem dieser Verfasser eine Anzahl von Urteilen, z. B. die Aufhebung des Abfindungsvertrages in Schwarzburg-Nudolstadt, obwohl er von einem mon archistischen Landtag des alten Staates einstimmig be schlossen wäre, die Zuerkennnng des Eigentums der Herrschaft Flatow-Kronanke au einen Hohenzollern, der im Ausland lebe, — die Entscheidung, daß das Thron lehen Oels, wenn kein Thronfolger mehr vorhanden sei. an den ehemaligen König falle, — angeführt und gerügt hat, fährt er fort: „Diesen deutschen Richtern bringen wir nicht das Ver trauen entgegen, daß sie die Rechte des Volkes gcgeiMnr den unberechtigten Forderungen der Fürsten zur Geltung bringen." In eitlem anderen Blatte lese ich. und zwar ans der Feder eines allgesehenen juristischen Mitgliedes des Rechtsausschusses des Reichstages folgende mich eben falls befremdenden Sätze: „Wer steht den Regierungsparteien dafür, daß die R i ch- ter des Sondergeöichts, auf deren Auswahl sie keinen nn- mrttelbaren Einfluß haben, von dein den Fürsten gün stigen Vorurteil frei sei» iverden, daß in einer Fülle von Erkenntnissen der ordentlichen Gerichte zutage - getreten ist. von jenen Erkenntnissen also, die die Antrag steller gerade van der Notwendigkeit eines gesetzgeberischen Eingriffes des Reiches überzeugt haben! Die Auswahl der Person bedeutet hier viel, ivenn nicht alles, und es könnte sich später rächen, ivollte inan dies« Tatsachen nicht beachten." Die Verfasser dieser hier angezogenen lind aller ähnlichen Auslassungen legen den Richtern, die bisher in Auseinandersetzungssachen Recht gesprochen haben, es durchaus unbilligerweise zur Last, wenn die Urteile im wesentlichen zugunsten der fürstlichen Häuser ausgefallen find. Die Schuld daran trifft nicht die deutschen Gerichte und die deutschen Richter, sondern die Kreise und Kräfte, die die Revolution gemacht haben und den Gesetzgeber, der zu den Anseinandersetzungsfragen weder bei der Ver abschiedung der Reichsverfassung noch in den darauf fol genden Jahren Stellung genommen hat. Die Vorkämpfer der entschädigungslosen Enteig nung der Fürstenhäuser können nicht energisch genug darauf hingewiesen werden, daß der November 191 8 der geeignete Zeitpunkt gewesen wäre, den radikalen revolutionären Weg einer solchen Maßnahme zu gehen und allen denjenigen, die den deutschen Richtern wegen ihrer Sprüche heute den Vorwurf der Parteilichkeit glau ben machen zu dürfen, sei vor Augen geführt, daß es ihre Aufgabe gewesen wäre, den Gerichten durch eine reichs gesetzliche Regelung der Materie andere und der Sach lage mehr gerecht werdende Unterlagen zu bieten. Jahre lang hatten sie dazu Zeit und Gelegenheit. Lediglich in sofern ihrer Unterlassungssünde waren die deut schen Gerichte gezwungen, auf der Grundlage des allge meinen Reichs-, Landes- und Gewohnheitsrechts ihre Urteile gu fällen: Sie mußten sich an die sonst gültigen Regeln über die Verteilung der Veweislast und an das formale Recht halten, mußten z. B. auch Rechtstitel an- Paris, 25. Februar. Nachdem die Generalöiskussion über die Finanzgesetze im Senat geschlossen war, vertrat der sozialistische Senator Robonl die Ansicht, der Senat habe nicht das Recht, von der Kammer abgelehnte Finanzvorschläge aufs neue zu prüfen. Er beantragte, der Senat möge den Artikel 1 und mit ihm den ganzen Entwurf a» den Ausschuß z u r ü ck v e r w e i s e u. Durch diesen Antrag wurde der F ! n a n z m i n i st e r Douiner veranlaßt, zur Frage Stellung zu nehme», inwieweit der Senat in finanzieller Hinsicht das Initiativrecht besitze. Doumer erklärte, der Senat habe die volle Freiheit, über finan zielle Vorschläge zu entscheide», die von der Kammer aluzelehnl, van der Regierung aber eiugebracht seien. — Sie können aber, meine Herren Senatoren, so rief Donincr ans, mit voller Sicher heit die Vorschläge der Regierung nnd des Finanzausschusses des Senats annehme». Ihnen liegt die Verantwortung ob, die Finanzlage zu bessern. Das Land verträgt keine Inflation mehr. Der Frankenkurs hat die Rückwirkungen gewisser En'lscheidun- geu der Kammer tragen müssen. Eine Reaktion zeigte sich aber, als die Hoffnung wieder einkehrte, daß der Senat die Sache wieder in Ordnung bringen nnd die Kammer selbst sich den Be schlüsse» des Senats anschließen werde. Deshalb ist der Antrag Roboul ans Nuckverwcisnng abzulehnen. Nachdem der Vorsitzende des Finanzausschusses des Senats, El>eron, sich diesen Ausführungen des Finnnzministers angc- schlossen hatte, wurde der Antrag Roboul ans Jnrnckver- weisnng mit 280 gegen 20 Stimmen abge! ehnt Die Beratung wird heute fortgesetzt. erkennen, die zur Zeit der absoluten Monarchie Kraft der Souveränität der Fürstenhäuser begründe! mar. Alan unterlasse also die Vorwürfe, die in überaus bedauer licher Weise sogar auf den ganzen deutschen Richterstand ausgedehnt werden. Man werde den deutschen Richtern gerecht und suche die Schuld dort, wo sie nach meinen obigen Ausführungen wirklich zu suchen ist. Der deutsche Richter wird nicht versagen, sachgemäße und im höheren Sinne gerechte Urteile zu fällen, wenn er diese auf ein sachliches und den gegebenen Verhältnissen Rechnung tragendes Gesetzgebungswerk in der Auseinander setzungsfrage tragen kann. In den 88 4 und 5 des neuen Gesetzentwurfs soll dem deutschen Richter diese gesetz geberische Grundlage geboten werden, und er wird uns, darauf dürfen mir vertrauen, in der gewissenhaften An wendung des nengeschnffenen Rechtes auf die Einzelfälle der Auseinandersetzung nickt enttäuschen. Der 8 4 des neuen Gesetzentwurfs stellt den Grund satz ans, daß die Auseinandersetzung von dem Reichs sondergericht nach Billigkeit vorzunehmen ist. Er trägt damit den einzigartigen und nicht ivicderkehrendcn Verhältnissen Rechnung, die bei der Regelung der Aus einandersetzungsfrage Berücksichtigung finden müssen, die aber bei der Anwendung des formalen geltenden Rechts nicht Anwendung finden können, vielmehr praktisch zu schweren Ungerechtigkeiten führen würden. Man darf nicht vergessen, daß durch die November- Ereignisse des Jahres 1918 nickt nur die staatsrechtlichc- Stelluug der früheren Fürstenhäuser von Grund aus ge ändert ist. sondern daß auch infolge und mit dieser staatsrechtlichen Aenderung die eigenartige Sonderstel lung. die diese Häuser in vermöoensrechtlicher Beziehung gehabt haben, ein Ende finden muß. Neben unzweifel haftem Privateigentum haben die Fürstenhäuser und deren Mitglieder in weitem Umfange Besitz und Nutz nießung an staatlichem Eigentum gehabt. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß niemals völlig klargesiellt worden ist, wie Privateigentum und Staatseigentum gegeneinan der abzugrenzen wären. Die geschichtliche Entwicklung ist in den verschiedenen Ländern und bei den verschiede nen Fürstenhäusern vielfach durckaus andere Wege ge gangen. Meistens ist das Eigentum des regierenden Hauses mit dem des Staates in der Vergangenheit zu einer völligen Einheit verschmolzen gewesen, was in Zeiten, in denen das regierende Hans mit dem Staate identifiziert wurde, durel-ans verständlich war. Selbst dort, wo Auseinandersetzungen zwischen dem Eigentum der fürstlichen Familie und dem des Staates oder Lan des versucht worden sind, ist eine klare Scheidung nicht zu erzielen gewesen. Wie schwer feststellbar, unüber sichtlich und unklar die vermöaensrechtiicken Verhältnisse z. B. des Hauses Hohenzollern in der Abgrenzung zum Eigentum des preußischen Staates sind, mag daraus ent stammen werden, daß das RecktsgutacKten. das für die preußische Denkschrift vom Juni 1921 ansgearbeitet wurde, allein über 100 Druckseiten stillt, ohne ans Voll ständigkeit und Sicherheit in seinen Feststellungen An spruch machen zu Hannen. Nachdem die fürstlichen Familien mit dem Verlust der Krone nicht nur ihre staatsrechtliche Stellung ver loren haben, sondern damit auch in eine ganz andere Im Finanzausschuß der K a m m e r hat gestern oessen Vor sitzender, Abg. Mal vH, über seine Schritte Bericht erstattet, die er unternommen hatte, um unter Wahrung der Rechte und Vorrechte der Kammer zu einer Ver st ändigu n g mitde m Senat zu gelange». Ala log wies daraus hin, daß er zweimal eine gemeinsame Zusammenkunst der Finanzausschüsse der Kam mer und des Senats verlangt habe, wobei er der Regierung die Versicherung gegeben habe, daß der Finanzausschuß der Kammer weiter das Einuahmebudge! prüfen werde. Seine Hauptaufgabe sei. zmn Ausgleich des Budgets die n o t w endi gen Steuern an zu nehmen unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Fehlbetrag des Budgets unbesiriltcn auf 4.220 Milliarden beziffert werde. Dieser Vorschlag, daß die Finanzausschüsse der Kammer und des Senats znsammenireten solllen. sei nicht angenommen worden. Was die Verabschiedung des Einnahniebndgets anbelresse, so halte die Negierung ihren Standpunkt ausrecht, vom Senat die Annahme von S t e u ern i n H ö h e von 5!- M iiliar - den zu verlangen. Nach längerem Meinungsaustausch wurde einstimmig eine Tagesordnung angenommen, in der die vom Vorsitzenden und vom Berichterstatter des Finanzausschusses der Kammer bei der Negierung unternommenen Schritte gebilligt werden und der Finanzausschuß der Kammer sich mit seinem Vorsitzenden und seinem Gencralberichlerstattor solidarisch er klärt. Außerdem beschloß der Finanzausschuß ans Vorschlag des Sozialisten Blum, die endgültige Verabschiedung der Finanz gesetze durch den Senat abzmvartcu. bevor er über den Aus gleich des Budgets e'nen Beschluß fasse. Stellung zu den Vermögeusinossen getreten sind, deren Besitzer und Nutznießer sie aus Grund der alten Stoais- verfässnng des Fürsten- und Hausrcchts waren, kann man an die Auseinandersetzung nur von dem Gesichts punkt ans Herangehen, daß es sich tim die Beseitigung eines noch nicht liquidierten Rechts der früheren verfas sungsmäßigen Stellung der Fürsten handelt. Die Inter essen sowohl der Länder wie der Fürsten drängen nach einer Auseinandersetzung. Sie muß unter Berücksichti gung der seit 1018 bestehenden neuen Lage im Geiste der heutigen Staatsordnung und unter Berücksichtigung der Lebensnotwendigkeiten der Länder und der allgemeinen Notlage des dentscl>en Volkes einerseits und unter Be achtung der berechtigten Ansprüche der Fürstenhäuser auf eine würdige Lebenshaltung andererseits erfolgen. In dem von mir schon einmal an anderer Stelle angeführten Aufsatz des Professors Dr. Koellrentter-Ienn lDentsche Iuristenzeitnng, Heft 2 vom 15. 1. 1926) wird dieser Ge- donke wie folgt zum Ausdruck gebracht: „In einer Zeit, in der der Stent und weiteste Telle seiner ihn trn^nden Volksschichten mLligchenb verneint sind, in der feindlicher Druck den Sinnt selbst in der Entschädi gung der Auslnudsdenlsttien und der im össenllichen Inter esse notwendigen, sehr beschränkten gesetzlichen Aufwertung zu Eingriffen in das Vermögen der Bürger gezwungen Hut. die man früher für unmöglich hielt, ist cs unmvolich. Sie Fürstenabfindungen davon gänzlich isoliert als bloß zivürechl- üche Parieistreitigkeiten zu behände!». So wenig ein Slocst völkerrechtlichen Abmachungen feine Existenz völlig opfern kann, so wenig kann er sich durch die sinonzieile Auseinan dersetzung mit den Fürsten zur Erfüllung seiner sonstigen sozialen nnd kulturellen Austzaben nnsähig machen lassen." Um dem Ne-chssondergericht eine Grundlage für die nach Billigkeit zu treffende Entscheidung zu schassen, ist im 8 4 vorgesehen, daß. soweit die Porteien nicht selbst darauf verzichten, znnächst ans Grund des Reichs-, Lan des- und Gewohnheitsrechts die Rechts- nnd Eigentums verhältnisse festgestellt iverden. Denn es wird in der Tot notwendig sein. zunächst die Bermögens- massen nach diesen Gesichtspunkten überhaupt einmal sestznstellen, über die in der demnächstigen Entscheidung Verfügung zu treffen ist. Die Entscheidung selbst hat dann nach Billigkeit ans Grund der Richtlinien zu erfolgen. Für die Anf- st e l l n n g der Richtlinien aber mar folgenden allgemei nen Erwägungen Raum zu geben: Den Mitgliedern der Fürstenhäuser können unter der Geltung der neuen Staatsordnung Bermögensgcgen- stande nicht belassen iverden, wenn und soweit sie sich in ihrem Besitz und in ihrer Nutznießung nur insvlge ihrer Eigenschaft als Mitglieder des vordem regierenden Hauses besinden. Das ergibt sich aus dem Bericht der früheren staatsrechtlichen Stellung nnd dem Wegfall der damit verbundenen repräsentativen Aufgaben. Auch die Mitglieder der ehemaligen Fürstenhäuser müssen die Lasten des verlorenen Krieges tragen. A uck sie müs sen an der Verarmung des deutschen Vol kes entsprechenden Anteil nehmen. Ihre Ansprüche müssen an der Leistungsfähigkeit der Länder, die letzten Endes auf die Stenerkraft des gesamten Vol kes abgestellt und von ihr abhängig ist, ihre Grenze fin den. Auf der anderen Seite müssen ihre Eigentums-