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Der Palmsonntag Gedanken zur Liturgie Die alljährliche Feier des Erlüsungsüogmas degiiml mit dem Palmsonntag; die Woche selbst heißt i» der Kirchensprachc: die große oder heilige Woche. Scho» seit sieben Wochen ist das Gloria und» Alleluja verstummt, die Orgel chwe'g'. Seit dein Passionssouulag wird auch das hochherrliä>e Gloria Pa.ri (Ehre s. d V.j nicht mehr gebetet, die Bilder des ^eilanoes und der Heiligen sollen verhüllt sein, die violetter Paramente künocn Trauer und Buße. Heute mehren sich dir Zeichen uesstcr Mil trauer. Den höchsten Grad der Trauer zeigen die dre- lehren Kur tage Die Glocken verstummen, schmucklou stehen die Altäre da, nur der Gekreuzigte allein auf dem Mim e, dem mystischen Gol gatha. — Palmsonntag ist die Einleitung, die Ouvertüre zu der großen Woche. Die liturgische Feier gliedern sich in drei Teile: Palmweihe. Prozession, Hochamt. In Kürze will ich die Pal menweihe. die dem Sonntag den Namen gibt, hier schildern. Sie ist dem Ritus der Messe Hochgebildet. -- I u r ro i t u s : Ho- sauna, dem Sohne Davids; gepriesen ier der da kommt im Na men des Herrn. Oratio» : Gott, den zu lieben, Gerechtigkeit ist, vervielfältige in uns die Geschenke deiner Gnade; laß uns erhoffen im Tcde deines Sohnes, was wir glauben; laß uns durch seine Auserstehung zum Ziele gelangen. Der du lebst usw. — Die Epistel erzählt die Ereignisse des israelitischen Volkes bei den 12 Quellen und 70 Palmen sowie in der Wüste Sin, wo es sich beklagte über seine Not und der Fülle der ägyptischen Fleisch löpse gedachte. Moses tröstet es: „Der Herr wird Euch erwecken." Das Graduate weist auf den Retter hin. (Iah. 11, 60): Es ist besser, daß einer für alle sterbe. Jetzt folgt das Evangelium von dem Einzuge Jesu in Jerusalem. lMatth. 21). — Danach beginnt der Priester mit einem Gebete die Weihe der Palmen, indem er an Noes Austritt aus der Arche und an Mosis Auszug aus Aegyp ten erinnert. Psalmentragend ziehen w i r Christus entgegen, der mit dir lebt und herrscht in der Einheit des hl. Geistes. sBis hierher ist das Gebet einfach gesprochen; — bei den nun solgenden Worten: von Ewigkeit zu Ewigkeit — per omnia saecula saecu- lorum, geht das Gebet in den Präsationsgesang über, — ein mu sikalisch bedeutsamer Uebergang.) Der Gesang schildert die Herr schaft Gottes im Reich der Heiligen, die ihm allein als dem wah ren Gott huldigen und den 'Namen seines Eingeborenen vor aller Welt bekennen. Mil ihm singe» die Engel alle den Lobgesang des Himmels: Sanelus, sanctus, sanctus . . . Hosanna Gott in den Höhen! — In 6 sinnigen Gebeten wird der Segen des göttlichen Erbarmens herabgerufen, dann die Palmen geweiht init Weih wasser und Inzeus. — Eine Schlußoration erinnert an die nach- ahmbare Liebe des Volkes, das dem Heilande jenen Triumph be reitete. — Nun werden die Palmen verteilt. Es beginnt die Iu- belprozession. Lieder erklingen: „Die Kinder Israels trugen Palmen. Indem sie dem Herrn entgegenzogen, sangen sic Ho sanna." Die Iubelprozession aber hat eine» schmerzlichen Ein schlag, sie ist ein Gang zum Opferaltar, zur Krönung des Königs der Schmerzen. Deshalb geschieht sie in der Farbe der Trauer, mit verhülltem Kreuz, ohne die Freudenklänge der Orgel. — Be vor sie eintritt ins Gotteshaus, spielt sich eine ergreifende Szene ab, die der Feier eine neue Deutung gibt. Einige Sänger stehey i n der Kirche, der Chor draußen. Im Innern der Kirche erklingt das Begrüßungslied: Gloria, laus honor . . . <Ehre sei Christus, d. Erlöser); wie ei» Echo schallt es draußen wider. So wird der ganze Hyinus abwechselnd innen und draußen gesungen, bis am Ende der Priester (Subdiakon) mit dem Schafte des Kreuzes an das Kirchenlor pocht und um Einlaß bittet. Die Prozession zieht ein ins Chor. Dort beginnt gleich das tiefernste Hochamt, in dem die Kirche sich dem tiefsten Scelenweh hingibt um den sterbende» Erlöser. (Man lese die ergreifenden Gesänge in einem deutschen Meßbuche nach.) Der Palmsonntag erinnert an den Triumphzug der Kirche aus den Katakomben und an dein Erdenwallen, das enden suil o» den Toren des himmlischen Jerusalems. Das Kreuz ist der H' - "lsschliissel. Dresden Deranuaunaseirischränkurig in -er Karwoche Dresden, den 8. April. Wie uns aas Presseamt des Polizeipräsidiums mitteilt, gel len für den bevorstehenden Palmsonntag, Karfreitag und Sonnabend vor dem 1. Osterseiertag in Bezug aus Un terhaltungsveranstaltungen folgende Bestimmungen: 1. Tanzveranstaltungen an öffentlichen Orten. Pri- valhäusern oder in den Räumen geschlossener Gesellschaften sind am Palmsonntag, Karfreitag und Ostersonnabend ausnahmslos verboten. Einschränkungen für Musikdarbietungen gelten nur sür Karfreitag und Ostersonnabend. Konzertmusik (Stuhlkonzerte) ist an diesen beiden Tagen insoweit ge stattet, als sie dem Ernst der beiden Tage entspricht. Unter den gleichen Voraussetzungen ist Unterhaltungsmusik in Kaffeehäusern, Bier- und Weinwirtschasten an beiden Ta gen gestattet. Angrisse aus den Oberbürgermeister Eine lebhafte Dresdner Sta-lveror-neken - Sitzung — VorwUrfe gegen die Vermattung -es Anfchlagwesens Dresden, den 8. April. -Unter den Eingänge» der gestrigen Stadtverordneten sitzung war folgendes bemerkenswert: Auf Ersuchen der Stadt verordneten hat der Rat beschlossen, die mit Leistungen der Stadt beauftragten Unternehmer zu verpflichten, die Material beschaffungen und Arbeiten am Platze unter Hinzuziehung e i n- h eimisch er Geschäfte und Arbeitskräfte vorzunehmen. Wei ter teilt der Ra! mit, er habe beschlossen, von dem verlangten Protestgege » die 10 prozcntige M i c ts c r h ö h u n g beim Reiche abzusehen, da dieser aussichtslos sei, dagegen bei der Landesregierung sür die Nichtlockerung der Wohnungs- Zwangswirtschaft einzulreten und auf dem Wege über die Lan desregierung bei der Rcichsregierung dahin vorstellig zu wer den, daß die Frist zur Vo l I str e ck u ng v o u R ä u m ungs- urteilen auf mindestens 3 Wochen ausgedehnt und ein etiva entstehender Mietsaussall in diesen drei Wochen dem Haus besitzer aus Reichsmitteln erstattet werde. Oberbürgermeister Dr. Blüher war in der gestrigen Sitzung das Ziel mehrfacher kam »r >u n i st i-sche r Angriff e. Zunächst gab der Oberbürgermeister eine kurze Erklärung zu dem Beschlüsse der Sladtverordirelen ab, der von ihm sofortige Auskunft über seine Haltung bei der Abstimmung über die Mictzlirsstcuer im Landtag verlangte. Er bezeichncte diesen Beschluß als einen Angriff aus die Freiheit der politischen Betätigung eines Beamten, der sowohl gegen Artikel 130 Absatz 2, wie gegen Artikel 36 der Reichs- versassung, serner auch gegen 8 34 der Gemeindeordn-ung (die Gemcindcverordnelen haben nur über Gcmcinvcaiigelcgeiiheiten zu beschließen) verstoße. Er lehne es daher ab, mit diesem vcrfassnngs- und gesebändcrnden Beschloß den Rat oder sich selbst zu'befassen. Eine sofortige Aussprache zu dieser Er klärung wird mit Stimm.'nglcichheit abgelehnt und die Sache schließlich an den Rcchlsansschnß überwiesen. Einen zweiten Grund, gegen den Oberbürgermeister zu revoltieren, bot ein Antrag des Stadtverordneten Schnei der (Komm.), der gegen die Ablehnung eines Plakates der snig istigc» 'verbände durch die Verwaltung der Dr. Güntzschen Stiftung Einspruch erhebt und den Oberbürgermeister als Verwalter der Stif tung aufsordert, derartige parteiische Maßnahmen Nachgeordneter Organe ein für allemal zu unterbinden. Der Antragsteller richtet schließlich an den Oberbürgermeister das bescheidene Ansinnen, sein Amt niederzulegen und wollte ihn unter dem Gelächter des Hauses der Plakate wegen „strafrechtlich belangen". Lberbürgermcistcr Dr. Bliihcc nahm eingehend dazu Stellung. Er betonte, daß es sich hier um ganze 20 Plakate gehandelt habe, die in Löbtau und Naußlitz vom 19. bis 26. Mürz angeschlagen werden sollten. Die Plakate seien am 22. März von der Direktion der Dr. Güntzschen Stiftung abgelehnt wor den, weil man befürchten müßte, bei einem Teil der BB:- völlerung mit diesen Plakaten Anstoß zu erregen, namentlich durch die Darstellung, daß die Religion eine Binde Vör den Augen habe. Ohne daß sich nun die Auftraggeber an die Verwaltung der Tr. Güntzschen Stiftung gewandt hätten/ habe er am 26. März nach Prüfung der 'Angelegenheit die Anweisung erteilt, dem Ersuchen um Anschlag statt« zugeben. Er habe zugleich verfügt, daß in Zukunft nin: ungesetzliche oder die Sittlichkeit gefährdende Plakate vvn der Annahme ausgeschlossen werden dürften. In der Aussprache wurde vvn sozialdemokratischer, demvkratischer und kommunistischer Seite erklärt, daß sich der Antrag nicht nur auf diesen Einzelfall beziehe, son dern daß von der Dr. Güntzschen Stiftung das öffentliche Anschlagwesen in partiischcr Weise verwaltet werde. Dev Oberbürgermeister weist nochmals darauf hin, daß die Entscheidung über Plakatannahme in den Einzelfällen keine leichte Sache sei, da es immer Plakate gebe, die auf d >er G r e n z e d e s Z u I ä ss i g e n st e h e n. Gegen die Ver waltung des Anschlagswescns habe inan nur drei oder vier Fälle ans politisch sehr erregten Seilen Vorbringen können. Schließlich wird der Antrag Schneider trotzdem zum Beschluß erhoben. Damit war das Kapitel Kommunisten gegen Ober bürgermeister noch nicht erschöpft. Stadtv. Werner (Koni.) begründete einen weiteren Antrag seiner Fraktion, das Kol legium wolle beschließen, dem Oberbürgermeister Dr. Bli >ier nahe zu legen, die Hm von der ungarischen Regie rung verliehene Auszeichnung z u r ü ckz n se ir den. Es handelt sich um die Verleihung eines Verdienst- kvenzes, daß dem Oberbürgermeister, sowie einigen ande ren Dresdner Herren als Anerkennung für die Ausstellung des Deutschen Hhgwne-Museums s» Budapest verliehen wor den war. Von den Kommunisten wurde der Antrag mit einer Brandrede gegen den ungarischen „weißen Terror- begründet. Aach dieser Antrag wird schließlich in nament licher Abstimmung mit 35 gegen 34 Stimmen angenom men. (Damit hat Dresden dem Nngarlande einen surckt- baren Streich gespielt!) Unter Bewilligungen werden 1 378 »Oil RM. zur Durchführung der Oberflächenbehandlung der Schotterfahr bahnen und 701 160 RM. für Neiiherstellung und Erneue rung von Straßenfahrbahnen bereitgestellt. Ebenso wird der erforderliche Aufwand sür Verbesserungen im Bectriebe der Straßenreinigung bewilligt. Das „Narrenhäuschen" und die dazu gehörigen nach der Elbe zu gelegenen Gärten sol len instandgesetzt werden. Zur Frage der Durchführung der Schwemnitanalisation schlägt der Rat vor, die Zwang sfr ist zum AiiicyuiO der Abortgrubengrundstücke bis zum 31. Dezember 1927 zu verlängern. Dieser Vorschlag wird vom Kollegium ab ge lehnt, dagegen beschlossen, vom Rate bis zum 1. Juli 1927 «dinen Plan über die weitere Durchführung der Anschlüsse zu verlangen. In der Aussprache wurde daran) hi »gewiesen, daß etwa 6000 Anschlüße noch ans stehen. Da jeder Anschluß durchschnittlich 6000 Mark koste, würde die sofortige Durchführung eine Belastung des Hans- desitzes mit 26 Millionen Mark bedeuten. Be: der heiitPeir Lage der Wohnungswirlschaft begegne daher die Durchsührunck «erheblichen Schwierigkeiten. «Schluß der Sitzung kurz nach 12 Uhr 3. Oesfeinliche wie nichtöffentliche Theatervorstellun gen sowie Lichtspiel- und KabarettVorfüh rungen find am Karfreitag und Ostersonnabend nur in soweit gestattet, als sie dem Ernst der beiden Tage entspre chen. Insbesondere ist die Ausführung von Lustspielen, Operette», Possen, Schwänken, Revuen und dergleichen un zulässig. 4. Musizieren bei Schaustellungen im Freien (Karussels, Schaukeln usw.) ist am Karfreitag und Ostersonnabcnd ver boten. : Waldschaden durch eine Windhose. An: gestrigen Nachmit tag wurden an der Eisenbahnstrecke Arnsdorf—Nöhrsdors und an der Dresden—Bautzener Staatsstraße durch das Unwetter schwere Waldschädc» angerichtet. Zahlreiche 80—100jährige Baume (un gefähr 600 Festmetcr) wurden abgebrochen. — Auch die soge nannte etiva 60jährige Präsidcntcnbnche ans dem Weißen Hirsch ist dem gestrigen Gewittersturm zum Opfer gefallen. : Fresgesprochcn. Der Oberinspektor Robert Kunze, der am vergangenen Montag wegen Amlsverdrechen zu einem Jahr sechs Monate Zuchthaus verurteilt wurde, war bereits im Dezember 1026 vom gemeinsamen Schöffengericht wegen Beihilfe der Steuer- hintcrziehung zu 7 Monaten Gefängnis und 2000 Mark Geldstrafe verurteilt worden. Gleichzeitig erfolgte die Unsähigkeitscrklä« rung sür 3 Jahre ein öfsentttches Amt zu verwalten. Tie gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hatte heute vor der Straskam-- mer die Freisprechung Kunzes zur Folge. : Verletzung des Republstr-Schutzgesetzes. Nach einer poli tischen Ortsgruppenversammlung in Bühlau hatten der Elektro techniker Hans William 'Richter und der Apothekergehilfe Ritsch« ans der Straße die Republik schwer beschimpft. Das gemeinsame Schöffengericht verurteilte heute beide Angeklagte wegen Verge hens gegen das Republikschutzgesetz zu je einer Woche Gefäng nis. : Hochwasser der Elbe. Die 'Regengüsse der letzten Tage ha ben zu einem Steigen der Elbe und seiner 'Nebenflüsse geführt. Die Wasserbaudirektion Dresden gibt sür morgen abend sür den Dresdner Pegel unter weiterem Steigen einen Wasserstand von über 1,60 Meter über Null an. : Ortsausschuß Dresden der deutsche» Iugendvcrbände. Die Kantoreigescllschast der Dersöhuungskirche führt in einer Passionsseier «in 12. April, abends 7,30 Uhr, in der evange lischen Domkirche (Scphieiikirchc) die Ma t t hä n s pa s s i o n von Leonhard Lerchner ans. Karlen könncii zum Vorzugspreise «von 60 Psg. von den Mitgliedern der uns angcschlosscuen Bün de gegen Vorzeigung des Lichlbildausiveises beim Evangelischen IungmünncrbMid, Kaulbachslraße 7, entnommen werden. Der neueinsluüierle „Fidelio" Dresdner Staatsoper am 7. April 1927 „Mein Reich ist in der Lust, wie der Wind ist. so wirbeln die Töne, so oft wirbelts auch in der Seele." (Beethoven). Im Schönbrunner Hofgarten steht eine alte Eiche. Ob heute noch — ich iveiß es nicht. Ich sah sie »och nie. Unter ihr weilte Beethoven oft. In ihrem Schatte» entstand der größt« Teil des „Fidelio." „Ich habe alles geschrieben, bis ans Opern und Kirchen- sachcn", so äußerte er sich 1801 in einem Briefe. Den Gedanken, eine Oper zu schreiben, weckte Schikaneder in Beethoven, indem er ihm eine Oper zur Komposition übergab. Vermutlich war cs «in Stofs „Alexander". Aus der Vertagung würbe nichts. An- sairg 1804 bestellte aber Baron von Braun den „Fidelio" bei ihm. Die Handlung hatte Joseph Sonnleithner nach dem Gavauxschen Singspiel „L'amour conjugal" unter dem Titel „Leonore" bear beitet. Aus der Sommerfrische in Hetzendors brachte Beethoven 1806 die fertige Partitur mit nach Wien. Die erste Ouvertüre legte er beiseite. Mit einer zweiten schickte er die Oper am 20. November 1806 im Theater an der Wien in die Feuertaufe. Die Direktion taufte sie gegen seinen Willen „Fidelio oder die eheliche Liebe". Das Theater war fast nur von französischen Offizieren besucht. Dazu kam eine mangelhafte Darstellung. Man erzählt von Intrigen der Sänger, die sich durch Beethovens abfällige Be merkungen bei den Proben gekränkt fühlten. Nur die Milder- Hanptmann. der erste Fidelio, genügte der theatralischen Dar stellung. Die Ausnahme war mehr als kühl. Nach Umarbeitung ging sie mit einer neuen Ouvertüre am 29. März 1806 wieder in Szene. Darauf verschwand sie jahrelang, «weil Beethoven mit der Einnahme von 200 Gulden nicht zufrieden war. Erst am 23. Mai 1814 kam sie ln der Bearbeitung von Treitschke wieder aus die Bükne. Zu dieser Fassung schrieb er «ine vierte Ouvertüre. Znm wirklichen Siegeszuq verhals dem „Fidelio" aber erst die Schröder- Devrient. Seit lenen Tagen sind über hundert Jahr« vergangen. Der Mörz brachte Gelegenheit, Beethoven in ausreichender Weise zu feiern. Nachträglich kam nun auch noch der neueinstudlerte „Fi delio" auf die Bretter. Vielleicht hat man erst di« Rückkehr Fritz Büschs aus Amerika abaewartet. Ich bin darüber nicht unter richtet. Aber es ist naheliegend, lieber die Oper selbst ist ja nichts mehr zu sage». Ich hörte einmal: Beethoven schuf nur eine Oper. Sic ward ein Läive! Und in der Tat. es steckt eine gigantische Kn st in dem Werke. Es dürfte sehr, sehr wenige Opern geben, in denen Geist und Herz so unendlich viel zu offenbaren haben. Die jüngste Neueinstudierung betreute als Spielleiter Dr. Alfred Neucker. Viel Neues ist selbstredend nicht mehr zu entdecken. Die innere Form hat sich im Lause der Zeit auf bestimmte Höhe punkte festgelegt. Varianten sind daher kaum noch auffällig. Auffällig war hingegen, daß Rcncker in dein berühmten Quartett iin 1. Bilde die männlichen Darsteller erst ans die Bühne kommen laßt, wenn sic „dran sind". Gerade in dieser kostbaren musika lischen Eingebung wird durch einen solchen Regiceinfall die Stim mung ziemlich böse zerstört. Eine ähnliche Sache brachte das zweite Bild, indem die Soldaten abmavschierten, damit Don Pi- zarro seine Arie ungestört allein singen kann. Im nötigen Augenblick werden dann einige wenige-sichtbar, um ihre» Text- morten gerecht zu werden. Etwas Derartiges wirkt maschinell. Im letzten Bild war zwar eine «bunte Menge zur farbigen Bele- buniig der Szene ausgeboten. Trotzdem schuf das nicht die nötige Lebendigkeit. Wie überhaupt die ganze Ausführung einen etwas gleichförmigen Charakter hotte. Besonders in den ersten Akt wollte gar kein Leben kommen. Schon in der Ouvertüre fehlte es an Leuchtfaiben. Die vier Biihnennbilder zeigten einige Neu erungen. So führten im 1. Bilde zu dom Fenster einige Stufen empor. Dem 2. Bilde ist «der Himmel völlig genommen und durch Gesängnnismauern ersetzt. Das nächtliche Dunkel über dem ge samten Maucrwerk bleibt aber unerklärlich, es sei denn, der ganze Gefängnismauern ersetzt. Das nächtliche Dunkel über dem ge- ein wirkliches Gewölbe. Das sonnenatmende Schlußbild mit dem Mick in eine strahlende Weite ist ebenfalls geschlossen durch eine Mauer mit einem schweren Tore, das nur wenige Takte vor dem Schlüsse geöffnet wird. Irgendwelche Vorteile bringen diese sze nischen Neuerungen keineswegs. Man wird von einem Alpdruck bis zum Schlüsse nicht frei. » Auch einige Neubesetzungen sind zu vermerken. Zunächst die Titelrolle mit Eugenie Burckhardt. Die Künstlerin stellte in der „Frau ohne Schatten" als Anne «ine prächtige Leistung heraus. Ihr „Fidelio" aber ließ kalt. Dazu kam noch eine hand werksmäßige Behandlung des Dialogs. Auch die Tonreinhcit ließ hier und da Wünscl>e offen. Die Fraulichkeit und der Heroismus -er Leonore gingen in Külte unter. Die große Arie im 2. Bilde wurde vom Publikum kühl ausgenommen. Schmerzlich vermißte man Charlotte Viereck, deren „Fidelio" einen künstlerischen Höhepunkt bedeutete. Ivar A n d r e s c n sang znin ersten 'Male den Gouverneur. Edelklang und Milde in der krastvollen Stimme. Prächtig in der Textbchandlung. Alles weitere war in bekann ten Händen bestens aufbewahrt. Die Chöre waren dynamisch trefflich abgetönt, und die LI« pelle wahrte der Beelhoveuschcn Musik Stilgefühl und klare Linie. Fritz B u s ch am Dirigenten pulte, die Fidcliomusik durchsichtig behaii'-eliid, aber leider sehr kühl. Der Schlußbeifall rief die Haupldarstellcr und die Spitzen der Ausführung vor die Rampe. Das Wirbeln der Töne und doch Seele ließ aber aus sich ivartcn! Otto HoUstein. Konzerte. Im Kn n sti c r h a » s e beschloß das Bär-, tichyuartett seine dicswintcrNchen Kammermusik-Abende/ Drei deutsche Meister krönten das Programm der vier Abende:' Haydn, Mozart, Beethoven. Es ist ein besonderes Verdienst dev Herren Bärtich, Wunderlich, Rokohl und Schil ling, daß sie sich beinahe ausschließlich nur sür die Munk c n- setzen, die einen bleibenden Wert hat. Sie vermeiden mit irin- künstlerischem Empsinden besonders das sich augenblicklich stark agierte Bestreben, den Atonalen mit aller Gewalt Bahn zu bre chen. Man kann dem nur zustimmen! Wenn sie sich schließ lich aber einmal etwas stärker für die lebenden Tonsctzer, di« aus einer gesunden Richtung fußen, einsctzen würden, so wäre das auch kein Schade. Haridns Kaiscrguartett, Beethovens Quartett in Es-Dur (Werk 127) und das Klarinetlen-Quinlett von Mozart, zu dem sich Karl Schütte als trefflicher Klarinettist gesellte, brachten erhebenden, nachlialtigen Musikgcnuß. Der Beifall war dementsprechend von seltener Wärme und Herz lichkeit. — Der gleiche Abend führte mich noch in den Palmen garten, wo Walter S cho u f u ß - B o n i n i zum Besten der Rolond-Bocquet-Gesellschast einen Skrjabin-Bocquet-Abend ver anstaltete. Wenn man auch hier uuü da das und jene Werk von Bocquet zu hören bekommt, so ist es doch von «besonderem In teresse, einmal mehr in das Schassen -dieses (in Dresden Icben- den) Tonsetzers Angeführt zu werden. Daß sich Schausuß-Bo. nini sür einen Musiker «insetzte, der entschieden mehr Ausmci k- samkeit verdient, als ihm zur Zeit zugebilligt wird, ist beson derer Erwähnung wert. Anderseits konnte sich aber Bocynel auch «kaum einen günstigeren Kim stier suchen, um die Inter, pretätionen seiner Werke in solcher Stärke und Vollendung zu erfahren. Interessante Dcrknüpfungspunkte brachte dic Zu-