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Nummer 24S — 2«. Jahrgang Glichet»! imal wöchentlich mit den tlluslrtertrn «rattöbetlagen .Di« Well" und .Für nnjere »einen Leute", lowt« den Leit. Leilagen ,Et. Leiuw-Blatt", .Unlerhaltung und Willen", .Die Well der grau", .»lerzllicher Liatgeber", .Viierarilche Beilage". .Mmrundlchau". Monatlicher Bezugspreis S- Mk. einschl. Bestellgeld. Sinzelnnmmer l«» Z. Sonniagintmmer Itv Z. HaupilchriMeirer: De. G. DeSczyk, Dresden. Mittwoch» den 1». Oktober i«2- Anerisrnpretlei Die Igelpalten« Peiitzeile00 Z. gamtlien- -n,eigen und Slellengeluche iS" 4- Die Petit,ek,an,ezelle. 8l, Millimelcr breit. 1 Osserlengebübr S<» 4. bei Ueber- sendung durch die Post außerdem Porto „schlag. Im Halle höherer Gewalt erlischt jede Perpslichtnng aus Lief rnng sowie lirsüllung v, Aiijcigeil'Auflrsigen vetslung v Schadenersatz, »eschäsilicher Dell: Artur Len^ Dresden. GelchiiftSftelle, Drurt u.Verlag - Germania kl.-a>. slirBerlagundTrnchrei,!>il,aleDreSden,DreSden-iI I. Pollersiraße lV. gernrni-it»S. t osbcheeno>>t> Dresden 47>'t Banllonlo ktadtba«' Dretluen P- i"7i.» Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen Volks,eitmig >l 1. Polietstroßc II. jZernnis MNl DreSden-illistadl und rioiL Reichstagsbeginn Stillegung sämtlicher Gruben in Milk-tdeulschtand? — Ruhiger Verlauf -es Streiks» aber starker Streikzwang Halle, 17. Oktober (M T B ) Entgegen allen Erwartungen ist Vie Beteiligung am Streit der mitteldeutschen Btaunlohlenarbeiter ausser ordentlich stark. Aus den Grube» des EciseUalcs sind 80 Prozent der Belegschaften in den Streit getreten, ebenso die Vel-gschaften des Obenoblinger Reviers. Die verhültnismüssig starke Beteiligung an der Arbeitsniederlegung ist insosern be merkenswert, als in diesen beide» Revieren die sogenannten wirtschastssriedlichen Verbände ziemlich stark vertreten find, und die den Streik führende Organisation — nämlich der Verband der Bergarbeiter Deutschlands — nicht Uber starke Mitglied- zissern versagt. Es habe» also a»ch die wirtschastssriedlichen Berbandsmitglieder sich stark am Streik beteiligt. Allgemein kann zur Streiklage gesagt werden, dag die Ver hältnisse nicht nur in de» einzelnen Revieren, sonder» sogar von Grube zu Ern de sehr verschieden find. Einige Werke find ganz, ander« nur znm Teil stillgelegt. Die bisher vorliegende» Meldungen lauten daher noch durchaus ver schieden. Gleichmäßig wird über einen überaus starke» Streik zwang berichtet. Die Streikenden durchziehen in Trupps die Straßen, halten die Zugangswegr zu deu Betriebe» überall besetzt und hindern die Arbeitswilligen am Zutritt zu den Gruden. Aus einer Grube im anhaltischen Revier wnrden sogar 80 Arbeitswillig« aus einer Grub« herausgeholt, wobei es zu Schlägereien kam. Man rechnet daher damit, daß die Ne gierung einschreitrn und den Arbeitswilligen Schutz gewähren wird. Aus den einzelnen Revieren liegen folgend« Mel düngen vor: Im Helmstädtcr Revier ist di« Arbeitsniederlegung vollständig, ebenso im Magdeburger Revier und in de, Egeln er Mulde. Vollständig« Arbeitsruhe herrscht im Zeitz-Altrnburger Revier. Ziemlich allgemein ist die Arbeitsniederlegung auch im Niederlausitzer Revier Srnftenberg. Soweit heute noch auf einzelnen Werken gearbeitet wird, handelt es sich nm N o t sta nd s a r b e i t e n, di« von den Streikleitungen angeordnet worden sind. Bon den Streik leitungen wird die Meinung vertrete». Hast morgen mit einer Arbritsruhe im gesamten mitteldeutschen Braunkohlenrevirr ge rechnet werden muh. Zu Z w i s ch e n fä l l e n ist cs n i r ge nd s gekommen. Die Bergarbeiter haben in voller Ruhe dk Betriebe verlassen und sich in di« bereits vorher bestimmten Lokal« zur Einschreibung in die Streiklisten begeben. Man rechnet im allgemeinen mit einer Gesamtstreikzahl von 80- bis 8« »00. Die Landratsämter und die Regierung in Merfelmrg teilen auf Anfrage mit, daß es bisher im Regierungsbezirk Merseburc zu ernsteren Zwischenfällen nirgends gekommen ist. Die Gefam lag« wird als durchaus ruhig bezeichnet. Auf den Grubenbetrieben der Stadt Halle wird ge arbeitet, doch ist die Einsetzung eines Teiles der Beamtenschaf: notwendig geworden. Auf den Meuselwitzer Grnben wird gestreikt. Not- stanbsarbeiten werden verrichtet. Da zum Teil grast« Haldcn- vorrät« vorhanden find, ist eine Stärkung im Kohlen-versaird vorläufig nicht zu bctiirchten. Die zum Leunawerk gehörige Gesellschaft Elise II (Grube Otto) bei Körbisdorf ist in vollem Betriebe, so daß die Ver sorgung von Leuna nicht gefährdet ist. Di« Leunawerke haben der Belegschaft ein« Lohnzulag« in der gewünschten Höhe gemährt. 80 bis SO Prozent der Arbeiter stehen im Streik. Di« Zahl der Streikenden am ersten Streiktag ist über Erunuten groh. Da von den Arbeitgebern ein unerhörter Druck auf die Arbeiter ausgeiibt. und auch noch am Freitag Einigungsverhandlunge» in Berlin stattfanden, muhte mit einer geringeren Anzahl von Streikenden gerechnet werden. Wenn trotzdem schon am ersten Tag die Arbeitsniderlegung in diesem Umsang erfolgte, so ist das rin Beweis für die grosse Erbitterung, die sich der Bergarbeiterschast bemächtigt hat. Wir habe» schon wiederholt ausgeführt, dast die tariflichen Durchschnittslohne dieser Arbei ter zwischen 4.10 und 5.2« liegt. Selbst wenn die Angaben der Arbeitgeber richtig find, datz der tatsächlich gezahlte Lohn auf K.54 M. einschl. aller Zulagen, wie «Nordverdienste. Prämien. Aeberstundenzuschläg«. Versicherungsbeiträge usw.. richtig find, so ist dieser Lohn recht gering im Vergleich zu den Löhnen be nachbarter Industrien. Dabei must di« Schwere der Arbeit, die LV)4-b1»11stündia«SibiS>t»«tt. berücksichtigt werde«. , Es ist bestimmt mit einer weiteren Ausbreitung I des Streiks zu rechnen. Tc«or wird nicht ausgeübt. Die Notstandsarbeiten werden verrichtet Eine Be drohung Berlins durch Abschnürung der Kraftzusuhr ist vor läufig nicht zu befürchte». Die von einigen Blättern gebrachte Mitteilung, wonach das N e i ch s a r b e i t s m i n i st e r i u in bei den Eiingnngsve-Hand- lunge» am Freitag nicht ganz korrekt vorgcgangen sei, hat sich im Lause des gestrigen Tages aufgeklärt. Ob in den nächsten Tagen ein neuer Einigungsversuch durch das NeichsarLeiir- ministerium erfolgt, ist noch nicht zu sage». Ein weiteres Um sichgreifen des Streiks wird zweifellos eine Festigung des Standpunktes der Gewerlschaste» herbeisührsn. Den darbenden Bergarbeitern ist' eine Ausbesserung ihrer trostlosen Lage schon zu gönnen. Im Bitterfelder Revier sind stillgelegt die Eruben Leopold, Frisdrich, Luise Richard, seiner di« Deutsche Grube und Greppin. Die Grube Theodor ist weiterhin in Betrieb, da ein Teil der Belegschaft erschienen ist. Ebenso läuft die Grube Hennin«. Auf den srillgelegten Gruben haben sich Gruppen ge bildet, di« di« Arbeitswilligen am Zutritt zur Arbeitsstätte hindern. Im Zeitz er Revier stellt sich di« Streiklage als sehr gespannt dar, zu Zwischenfällen ist es aber noch nicht ge kommen. Die Aeusterunqen der Werksleitungen find sehr vor sichtig gehalten. Etwa 50 Prozent aller Belegschaften haben der Streikparole Folge geleistet, tvtan rechnet für Dienstag mit einer weiteren Verschärfung der Streiklage. Die Elektrizitätsversorgung des Zelter Reviers ist gesichert. Nach Mitteilung von der Streikleitung sollen 16 bis 17 OVO Mann tn den Streik getreten sein. Im Revier Oberröblingen ist die Streikparole nahe zu restlos Folge geleistet worden. Der (Lredner-Schacht ist gänzlich stillgelegt worden, während auf der Grube Kupfer hammer nur di« Handwerker erschienen sind. Auf etwa 10 bis 15 Werken hat ein Teil der alten Leute der Streikparole nicht Folge geleistet, sondern ist heute früh zur Arbeit erschienen. Von den A. Riebeckschen Montanwerken wird gemeldet, dast ein Teil des Betriebes vollständig stillgelegt ist, während ein anderer Teil weiterläust. Die Hauptverwaltung hasst noch im Laufe des hc-utigen Tages einen Teil der stillgelegten Gruben wieder in Gang zu setzen. Auf den Michel werken (Grube Leonhard, Vesta, Michel. Gute Hoffnung) wird gearbeitet. Aus dem Geisel- tal wird gemeldet, dast di« Demnaer Kohlenwerk« in Betrieb sind, da nur ein ganz geringer Teil der Belegschaft streikt. Da gegen sind die Gruben im oberen Geiseltal, u. a. Grube Tä- cili«, vollkommen stillgelogt worden. Grub« Ilse, di« Werke der Dubiag und Eintracht, arbei ten voll. Im Magdeburger Bezirk liegen sämtliche Braun kohlenbergwerke still. Die Salz- und Kaliwerke werden von dem Streik nicht betroffen. Die Notstandsarbeiten werden verrichtet. Man hofft, dast mit Hilfe der Arbeitswilligen die Notstandsarbeilen dauernd verrichtet werden können. Auch wird vielleicht ein Betrieb in mäßigem Umsaug auftechverhallen wer den können. Teilstreik bei den SitchsischEN Werken Leipzig, 18. Oktober. Die Direktion der Sächsischen Werke in Böhlen teilt mit, daß etwa 60 Prozent der Arbeiter die Arbeit nieder gelegt haben. Sie hofft, mit den Angestellten und dem Rest der Arbeiter die Landstromversorgung im bisherigen Umfange durchführen zu können. Drei Turbinen laufen wie bisher ungestört. Die Amtshauptmannschast hat die Gendarmerie- posten verstärkt. » Rach anderen Meldungen ist es gerade in der Gegend von Bohlen zu A u s s ch r e i t u ng e n gekommen. Doch werden diese Ausschreitungen fremden Elementen zugeschrieben, die versuchen, der Streikleitung Schwierigkeiten zu machen und die Leitung des Streikes an sich zu reißen. Die offizielle Streikleitung bemüht sich auch im Böhlener Bezirk, für einen ruhigen Verlauf des Streikes zu sorge» Wenn man gewiss^ Artikel der demokratischen »ttv sozialdemokratischen Presse liest, mit denen der Beginn der parlamentarischen Saison eingeleitet wird, dann möchte man zitieren: „Ach, was haben die Herren doch für ein kurzes Gedärm!" Wie war es denn, als der Reichstag im Sommer auseinander ging? Der Beginn der eigent lichen Winlerarbeit wurde auf den von der Verfassung vor geschriebenen Zeitpunkt, in den November verlegt, und zur Erledigung zweier besonders dringlicher Vorlagen, des Neichsschulgcsetzes und der Besold« ngs- resorm, wurde eine Sondertagung für Ende September in Aussicht genommen. Nun ist aus'der Sepie,»bering»,ig, sehr gegen den Wunsch des Zentrums, eine Oktobertngung geworden, aber abgesehen von dieser Aendecung wird nur der Plan dnrchge'führt, auf den sich )ie Parteien im Sonner widerspruchslos geeinigt hatten. Nun aber hebt in der Linkspresse ein unzu friedenes Gemurmel an, ausklingend in der Anklage, die Regierung und dis Negierungsparleien Hütten cs darauf abgesehen, das Parlament mundtot zu machen und jeder Aussprartze über die allgemeine Politik auszuweichen. Die schöne Harmonie, mit der da zusammengespielt wird, macht den Eindruck, dast es sich um ein Stück aus einem ge meinsam ausgesonnenen Agitationsplan handelt. Die Herren täten aber besser, sich nicht so aufgeregt zu gebär den. denn es fällt wirklich schwer, an die Echtheit ihrer Aufregung zu glauben. Glaubt denn ein Mensch, dast die Opposition um ihr Fest kommen, datz es möglich sein wird, die Aussprache über die politische Lage um mehr als höch stens einige Wochen zu verschieben? Was hätte die Re gierung mit einer, taktischen Erwägungen entspringenden Verschiebung gewonnen? Was hätte di« Oposition dabei verloren? Die „Abrechnung" (im Sinne der Opposition) könnte dann doch nur noch „fürchterlicher" werden, will uns scheinen. Nein, die Frage, ob schon jetzt bei der ur sprünglich nur für zwei bestimmte Themata reservierten Sondertagung auch die allgemeine Politik in den Kreis der Reichstagsdebatten gezogen werden soll, wird nach reinen Zweckmästigkeitsgründen zu prüfen sein. Auf das törichte Ausschaltungsgerede aber möge man verzichten. Es ist immer so, dast die politischen Arbeiten im letzten Abschnitt einer Legislaturperiode von dem am Ende stehen den Wahlkampf überschattet werden. Diesmal ist es nicht anders. Es wird schon stark in Wahlpolitik und ent fernter Wahlvorbereitung gemacht. Der sachlichen Arbeit ist das nicht gerade zuträglich. Das wahlpolitische Moment macht sich um so stärker geltend, als niemand weist, ob das deutsche Volk nicht schon vor dem natürlichen Ablauf der Legislaturperiode zu Wahlen aufgerufen werden wird. Sieht man von dem schliestlich die Entscheidung bringenden politischen Gesichtspunkt ab. so spricht das Interesse an der Erledigung dringlicher sachlicher Aufgaben gegen eine ver frühte Wahl, bzw. gegen die Entwicklung einer Krisis, di« sie Auflösung des Reichstages im Gefolge haben müßte. Das Reichsschulgesetz, die Besoldungsreform und die mit ihr zusanmienhängenden anderen finanzpolitischen Fragen, schließlich der neue Etat, das alles sind Aufgaben, die verantwortungsbewußte Politiker ungern infolge einer Reichstagsauflösuna zunächst unter den Tisch fallen sahen. Aber die Frage aller Fragen ist und bleibt schliestlich doch die Politik. Wie soll regiert werden, und wer soll regie ren? Leider sind diese Fragen in diesem Augenblick, wo der Reichstag zusammenkommt, nicht so eindeutig beant wortet, wie man es vernünftigerweise wünschen muß. Die derzeitige Regierungskoalition hat im Frühjahr und Sommer verhältnismäßig reibungslos zusammen gear beitet. Sogar ein Gesetz wie die Verlängerung des Nepublikschutzge setze» hat sie zum Erstaunen der ganzen politischen Umwelt zustande gebracht. Aber es scheint fast so, als ob die Deutschnationalen „des trockenen Tones nun satt" wären, als ob sie meinten, sie hätten nun genug Opfer gebracht, jetzt seien ..die anderen" an der Reih«. Was wir in den letzten Monate» an monarchisti- chen Bekenntnissen maßgebender deutschnationaler In tanzen erlebt haben, und zwar nicht mit theoretischem andern stark realpolitischem Einschlag, das steht fast so aus, als wäre es den Deutschnationalen darum zu tun, den — guten oder schlechten Eindruck — zu verwischen, den ihre Zustimmung zum Republikschutzgesetz gemacht hat. Als man die Verpflichtung zum Schutz der Verfassung in dis Regierunasrichtlinien aufnahm, hat im Zentrum bestimmt niemand daran gedacht, dast daneben auch noch ein Recht zum Kampf gegen eben diese Verfassung, wenn auch mit den bekannten geistigen Waffen, eingeräumt werden solle. Diese Ding« drängen zu einer Klärung in der einen oder anderen Weise. Das Zentrum ist es sich und seinen Wählern schuldig, auch nicht den Schatten eines Zweifels daran aufkommen zu lassen, wie es über sie denkt. Im Vordergrund de» politischen Interesses steht detm Zusammentritt de» Reichstage» daZ Reichsschul' aesetz, womit der großen Tragweite der mit der Be- soldungsreform zusammenhängenden Finanzfragen kein Abbruch geschehen soll. Wir setzen bet allen in der Re« Mi««-«-» —-rSuae»«»»«. Partei«, den «Kritiken Will«» voran»