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! (krmnik, Lvicksu, ?Isurn Plauen o-er Zwickau? Ter Kamps um die südwestsächsische Frauenklinik. Dem Landtag ist so.bön auch eine Denkschrift über die neue Frauenklinik für Südwestsachsen zugeganaen, Dar in heisst «.'s über den Wettstreit der beiden Städte Zwickau und Plauen u. a.: Man wird davon ausgehen dürfen, daß nur die beiden Städte Plauen und Zwickau in Frage kommen können und daß der von einigen anderen Städten, wie Reichenbach, geäußerte Wunsch, auch sie mit in Betracht zu ziehen, un berücksichtigt bleiben kann. Wird die neue staatlich« Frauenklinik in Plauen er richtet, so wird diese den westlichen Teil des Zwickauer Gebietes auch nicht in stärkerem Maße versorgen können, als es die Chemnitzer Klinik hinsichtlich des östlichen Teiles zu tun vermag. Die beiden Kliniken würden also den nach oem statistischen Material besonders großen Bedürfnissen des Zwickauer Gebietes in keiner Weise zu genügen imstande sein. Eine neue Klinik in Zwickau würde ebenfalls nur einen Teil des Plauener Gebietes mit versorgen können; für einen anderen Teil, und zwar für den südöstlich, südlich und westlich der Stadt Plauen gelegenen, würde sie infolge der großen Entfernungen und der ungünstigen Verbindungen kaum in Betracht kommen. Die Nachteile, die sich bei Errichtung der Klinik in Plauen oder Zwickau jeweils für das andere Gebiet ergebe» würden, werden sich hier nach annähernd die Wage halten. In dem Abänderungs- und Ergänzungsvertrage mit der Stadt Zwickau hat sich der Staat verpflichtet, „wenn einmal dll: Errichtung einer staatlich?» Frauenklinik und einer Akademie für praktische Medizin im Südwesten Sach sens in Frage kommen sollte, in erster Linie in Erwägung zu ziehen, ob diese Einrichtung a» das Krankenstift Zwickau angegllledert werden können". Wenn dfese Zusage der Stadt Zwickau auch nicht einen Rechtsanspruch darauf gibt, daß dfe Frauenklinik in Zwickau errichtet wird, so wird der Staat sich doch insoweit für gebunden halten müssen, als er nicht ohne zwingende Gründe die Einlösung dieser Zusage wird verweigern kön nen. Es kommt ferner hinzu, das, das Krankenstift bei Er richtung der Klinik in Plauen auf absehbare Zeit ein Torso bleiben würde. Das Krankenstift Zwickau hat sich auch zu einem bedeutsamen Mittelpunkt der ärztlichen Fortbildung entwickelt. Die Einrichtungen des Patholo gischen Instituts, insbesondere die Sammlungen und der große Horsaal, tragen dieser Tatsache Rechnung. Es ist unbedingt notwendig, daß das Gebiet der Gynäkologie, wie es von jeher geplant war, im Zusammenhänge mit den Gebieten der Chirurgie und der inneren Krankheiten be handelt werden kann. Eine Zerreißung dieses Zusammen hanges, wie sie eintreten würde, wert» an das Kranken»-« stift nicht auch eine Frauenklinik angegliedert werden würde, würde «einen schweren Schaden für die ganze Einrichtung be deuten. Dies;» Gesichtspunkten gegenüber kommt auf seiten der Stadt Plauen nur di; Tatsache in Betracht, daß die Stadt Zwickau durch das Krankenstift auch in feinem heutigen umfange auf dem Gebiete der Krankenpflege bereits in außerordentlichem Maße entlastet ist, so daß der Wunsch der Stadt Plauen, nun auch «eine derartige Entlastung zu er fahren, verständlich erscheint. So kommt also die Denkschrift zu dem Ergebnis, daß die gewichtigere» .Gründe für eine Errichtung der Frauen klinik in Zwickau sprechen. Demgemäß ist ja auch bereits der Vorschlag der Regierung so ausgefallen, die bereits im Haushaltplan eingestellten 500 ONO Mark als ersten Teilbetrag zur Errichtung der staatlichen Frauenklinik in Verbindung mit d:m Krankenstift Zwickau zu verwenden. Die Aerufsverhan-limg im Prozeß Slresemann Plauen, 6. Juli. Gestern vormittag begann hier di« Berufsoerhondlnng im Prozeß G t r e se m a n n-M U l le r. Den Vorsitz führt Land- gerichtMrektor Schilde. Bon den Prozeßparteien sind er schienen der Rechtsanivalt Dr. Arthur Müller sowie seine Ver teidiger Iustizrat Schuricht, Plauen und Rechtsanwalt Nietsch, als Nebenkläger Iustizrat Schricht, Plauen, und Dr. Kunz, Berlin, als Zeugen David Litwin und Dr, Gumpertz aus Ber lin. Die Staotsamvaltschaft vertritt Dr. Schaufuß. Als Ver treter des sächsischen Justizministeriums wohnt der Verhand lung Oberstaatsanwalt Härtel aus Dresden bei. Als Sachver ständige fungieren Hauptmann Wolter und Major Seemann aus Berlin. Als neue Zeugen treten aus Oberst Abel, Kaufmann Heilung und Kaufmann Kranz. In der Nachiniltagsjitzung wurde zunächst eine vceiqe von Telegrammen und Schreiben verlesen, die sich auf die Beichlag- nahme der 29 Waggons Schrott in Eger und anderer Schrott sendungen beziehen. Nach einer protesttechnischen Auseinander setzung zwiscl-en den Verteidigern und dem Vorsitzenden über reichte Iustizrat Dr. Hah» den Originalürief der Reichstreu handgesellschaft an das Reichsschatzministerium, in dem die Ge sellschaft dem Ministerium die Auskunft über den Inhalt der Verträge verweigert und es unmittelbar an die Evaporator- Gesellschaft verweist. Darauf verlangt Rechtsanwalt Dr. Kunz Aufklärung, woher diese Aktenstücke stammen. Angeklagter Dr. Müller antwortet: „Aus den bewußten Akten!", während Iustizrat Dr, Hahn erklärt, „darüber veriveigern wir jede Aus kunft". Rechtsanwalt Dr. Kunz: „Das ist ja sehr interessant", daß nach der Aktenbeschlagnahme in Berlin immer noch freie Aktenstücke bestehen!". Iustizrat Dr. Hahn: „Ebenso interessant wie der Inhalt!" Sachverständiger Major Seemann erklärte die Unterschrift und das Aktenstück für echt . . . Darauf wurde die Verhandlung auf Mittwoch vertagt. tz Sich selbst gestellt. In der vorvergangene«, Nacht stellte sich in Plaue» ein 26 Jahre alter Landarbeiter aus Pausa, der früher in der Fremdenlegion gewesen war, der Polizei mit der Angabe, daß er vorgestern auf dem Felde bei Pausa eine 15 Jahre nltc Arbeiterin er würgt habe. Nach den Feststellungen treffen seine Angaben nur teilweise zu. Der Festgenommene war mit dem Mädchen mit Land arbeiten beschäftigt und scheint mit seinen Anträge» von dem Mäd chen abgewiescn worden zu sei». Darauf packte er die sich Wehrende an« Halse, würgte sie, bis sie leblos zusammenbrach, und ergriff die Flucht, um sich später freiwillig der Polizei zu stellen. Die Ueber- sallene hat sich wieder erholt und in ärztliche Behandlung begeben. h Besuch Dr. Kaisers im Erzgebirge. Der sächsische Volksbil- duugsminister Dr. Kaiser wohnte in Begleitung mehrerer Negierungs- Vertreter dem Unterricht an den Verbands-Berufsschulen in Marien berg, Forchbeim, Lengefeld, Olbernhau, Reitzenhain, Drehach und Wolkenstein bei. In Rübenau wurde die neuerrichtete Jugendherberge besichtigt. tz. Bestrafter Leichtsinn. In Siebenlehn hatte ein Dienst mädchen Bohnerwachs, uni es zu erwärmen und dadurch flüssi ger zu machen auf den Gaskocher gestellt; die sehr oelhaltige Masse lief über und fing an zu brennen. In ihrer Ratlosigkeit rief das Mädchen die im gleichen Hause bedienstete Stütze Ida Piukert zu Hilfe die nun mit nassen Lappen »ersuchte die Flammen zu löschen. Dabei fielen Teile der brennenden Flüssig keit auf ihre Kleidung und fetzten dies im Nu in Brand. Trotz dem hcrbeieilende Nachbarn die Flammen unterdrückten erlitt die Stütze doch derartig schwere Brandwunde», daß der Tod eintrat. . tz. Schweres Autounglück. Dienstag früh Uhr ver unglückte in Wilka», auf der Kirchberger Chaussee, ein Kleinkraftwagen der Firma Mar Walter aus Neukirchen (Pleiße). Der mit Südfrüchten und Fischen beladene Wagen geriet ins Schleudern und wurde so heftig gegen die Bäume gedrückt, daß «er nahezu zertrümmerte. Die ans dem Führer sitz neben ihrem Gatten sitzende Besitzerin wurde vom Wagen geschleudert und so erheblich verletzt (Schlüsselbem- bruch nsw.), daß sie sofort ins Zwickauer Krankenstist ge- schaft werden mußte. tz. Pom Auto zu Tode gequetscht. Am Sonntagabend ln der achten Stunde saßen vor dem Gasthof in Moßheim drei Einwohner beim Skatspiel. Der 21 Jahre alte Chauf feur Stockmann ans Nvederrossa» wollte um die gleiche Zeit mit dem Mietwagen seines Vaters vom Gasthof, wo er gehalten hatte, wcgfahren. Dabei glitt der Wagen rück- ' wärt» statt vorwärts und geriet an den Tisch der Skat spieler. Der Tisch wurde an die Hanswand gedrückt und der dazwischen sitzende Gutsbesitzer Seifert zu Tode ge quetscht. Der 53 Jahre alte Man» atmete nur noch Minuten. Stock»,«»» jun. hatte «erst am Tage vorher den Führer schein «erhalten. klu5 l_suÄ1r Oberlausitzer Festwoche Görlitz, den 6. Juli. Der zweite Tag der ISerlansihcr Festwoche brachte erstmalig einen großen Reklameumzug durch zahlreiche Straßen der Stadt. Den Höhepunkt des zweiten Festtages bildete das Abendfest, Sommernachtstraum an der Neiße, das vom Görlitzec Ausschuß für Leibesübungen unter Mitwirkung des LehrergesangvereinS und der Singgenieind« des Lausitzer Musikseininars veranstaltet wurde. Als Schauplatz war die Freilichtbühne am Weinlachebad auserseh«». Tän ze bei farbenprächtiger Beleuchtung und effektvolle Wasscrspiele durch setzten die Aufführung, dle eine vieltausendköpfige Menge an beiden Usern der Neiße beiwohnte. Ein Bootsreigen mit unzähligen Lam pions beschloß den stimmungsvollen Abend. Die katholische Presse iftdieZungedeskatho« lischen Bolkes. All unser Leid und Freud. Hah un> Liebe erstickt in der Brust, ungehört verklingen Jammer und Tränen, wenn wir sie nicht Hinausrufen können in die Oeffentlichkeit, und verzweifelt müssen wir mit an- sehen und erdulden Verleumdungen und Schmähungen, Mißhandlungen und Verfolgungen. Die katholische Presse ist das Signalhorn der katho lischen Völker, welche ohne sie nicht gesammelt, nicht ver einigt, nicht zu gemeinschaftlichem Borgeyen gerufen werden können. Ohne mächtige Presse blei ben wir vereinzelt und werden vereinzelt ae» schlagen. P. Victor Kolb S. I. l Die lebend« Feuersäule. I» A s ch füllte das 21 Jahre alte Mädchen Anna Haselbcck den brennenden Spirituskocher mit der Flasche nach; Die Flasche explodierte und das Mädchen stand im Nu in Hellen Flammen. Gleich einer Fcuersäule rannte die Unglückliche aus ihrer Wohnung. Ein Mann riß ihr die brennenden Kleider von« Leibe, doch hatte sie so schwere Brandwunden erlitten, daß sie bald darauf verstarb. l. Masernerkrankungen. Die Masernerkrankungen unter den Schulkindern in Zittau sind neuerdings in so großer Anzahl aufgetreten, daß sich die Schließung mehrerer Schul klassen in der 3. Volksschule und Pestalozzischule notwendig gemacht hatte. l. Feuerivehrverbandstag. Der Verband der Feuerwehren der Amtshauptmanusäzast Zittau, der 53 Wehren, die sich auf 40 Ortschaften verteilen, mit einer Kopfzahl von 120 836 Per sonen angehören, hielt am letzten Sonnabend und Sonntag in Leutersdorf seinen 37. Verbandstag alb. Der nächstjährige Berbandstag, der mit dem 50jährigen Bestehen verbunden ist. soll in Nieder-Oderwitz abgel)olten werden. l. Ein Lastauto in einen Bach gestürzt. Ein schweres Autounglück ereignete sich auf der Straße Arnau—Arnsdorf. Beim Ueberholen eines Lastautos riß das Lastauto des Auto unternehmers Novak aus Neupaba eine Straßensäule um und stürzte in den Seisenbach. Von den Mitfahrern konnte sich einer durch Abspringen retten, dagegen wurden der Führer Novak und ein 14 Jahre alter Knabe unter dein mit 50 Zentner Kalk beladenen Auto begraben. Der Knabe wurde als form lose Masse unter dem Wagen hervorgezogen, der Führer starb nach Einlieferung ins Krankenhaus. Mehrere Arbeiter, die an der Unfallstelle gearbeitet hatten, schwebten in Gefahr, eben falls mitgerissen zu werden, doch konnten sie durch einen Zuruf ihres Vorarbeiters noch rechtzeitig zur Seite springen Semrin<Ir- unä Vrrrinsv««» Psarrer-Einweisung in Sebnijz. Die katholische Gemeinde Sebnitz-Neustadt hat in dein hochw. Herrn Micl)ael Kettan, bisher Domvikar in Bautzen, einen neuen, jugendfrischen Pfarrer erhalten. Am vergangenen Sonntage wurde er durch den bischöflichen Konsistorialrat und Oberstudiendirelitor Paul Lob manu unter Assistenz «des Herrn Dechant Kunert aus Niedereinsiedel und im Beisein des Kirchenvorstandes in sein Amt ei »ge wiesen. Die Schulkinder und Vereine geleiteten ihren neuen Seelenhirten in die fest lich geschmückte Kirche, wo er durch feierliches Orgelspiel und eine zahlreich versammelte Gemeinde begrüßt wurde. Nach Der- lesung der Ernennungsurkunde und einer bischöfliclze» Kund gebung erhielt der neue Pfarrer den Schlüssel zum Heiligtums und flehte zum ersten Male Gottes Segen auf seine neue Ge- meinde herab. In der Festpredigt forderte der hockxw. Herr Installator den Pfarrer auf, durch Gebet, Predigt, Gnaden spendung und das hl. Meßopfer an der Heiligung der Seelen zu arbeiten. Die Gemeinde «aber soll ihn mit Liebe und Ver trauen aufnehmen, ihm mit gutem Willen eutgegenkommen, mit ihm — wie mit dem bisherigen Pfarrer — in guten und bösen Tagen Zusammenhalten, damit es auch einmal, wie von der ersten Christengemeinde, von dieser Gemeinde gelte: „Sie waren ein Herz und eine Seele!" Nun feierte der neue Pfarrer mit seiner Gemeinde zum ersten Male das hl. Opfer, das mit einem fredigen Tedeum schloß. Anschließend wurde der Pfarrer in der Schule im Namen der Kinder und Eltern von Herrn Schulleiter Hahn begrüßt. Wir wünschen nun unseren hochw. Herrn Pfarrer Kettan eine, lange und erfolgreiche Wirksamkeit in Kirrlze, Schule und Gemeinde. WitteNittgsaussichte»: Warm bis sehr warm. Zunächst noch Heiller, später von Westen her örtlich Gewitterstörungen, aber nur vorübergehend Witterungsbeeinträchtigung, wiegend schwache Luftbewegung. or» >' Rechtspflege in -er guten alten Fett In der Stadtchronik des ehemaligen Reichsstädtchens Biberach zur Wielandszeit find allerlei hübsche Gefchichtchcn zu lesen. Es heißt da: „Die Stadtjustiz zeichnete sich mitunter durch salomonische Originalität aus. Sie wurde von zwölf Personen ausgeübt; zwei Stadtamtmünner führten das Präsidium. Zivei Galgen, ein Bürger- und ein Soldatengalgen, standen nebst einer „Lastersaul" auf deni unteren dritten Teil des Marktplatzes. Die Strafen waren spartanisch streng und mannigfaltig. Ven Untaten und Verbrechen angepaßt nach dem Grundsatz' „Womit einer sündigt, damit wird er gestraft." Wer mordete, verfiel dem Strang, dem Schwert oder Rad. Raubmörder wurden in eine Kuhhaut genäht, aus Ser nur Kopf und Hände heroorragten. Ein Pferd, von einem Schindersknecht geführt, zog den Delinquenten vom Turm, wo er gefangen saß, über «das holperige Pflaster auf die Richtstätte, die von einer neugierigen Menschenmenge belagert ivar. Der Sck-arfrichter hatte die Kollegen der Naä)barsck>ast als Gäste ein geladen und bewirtete sie. Deren Töchter, zartfühlende Iung- fräuleins von besonderer Art. überreichten ihm zierliche Blu mensträuße als Ehrung fiir sein Meisterstück. Auf geringeren Vergehen standen Rutenstreiche. Solda ten gab man dabei den Haarzopf in die Hand, damit sie den Schmerz verbeißen konnten. Felddiebe steckte man in einen weidengeslochtenen Korb, der an einem «Seil am Ratl,ans hochgezogen wurde, da mit sich jedes den Dieb «betrachten könne. Die Verjasser von Schmähschriften und anonyme Briefschrei'ber stellte mau. wenn man sie erwischt«, an «den Pran- ger und ließ ihnen die inkriminierten «Schriften in der Hand durch den Scharfrichter verbrennen. — Zänkische Ehe- len t e, die Aergernis erregten, wurden in den Turm gesperrt, bekamen nur einen Stuhl, «inen Teller,' einen Löffel, einen Krug und ein Bett, bis sie sich wieder ausgesühnt hatten. Ueble Nachrede und Verleumdung mußte» ain Pranger, der beim großen Arminen gegen den Bach hin stund, gebüßt werden. Dem Delinquenten wurde «der sogenannte „Schnabel" angeschnallt, ein breiter Lappen, der den Mund bedeckt«, und über dem ein langer, aebogener eiserner Scknobel, der an seinem vordersten Teil ein Glöckäien trug, nach vorn ragte. So oft nun der Missetäter sich bewegte, bimmelte lustig das Glöckchen. Auch auf Unzucht stand der Pranger. Der Sünder bekam einen Strohkranz um den Kopf und einen ebenfalls aus Stroh geflochtenen Degen au die Seite; das Mädchen neben ihm den gleichen Kranz, Strohzüpfe und einen Strohgürtel. Wer Stadtverbot erhielt, de» paukte der Amtsknecht mit einem Kochlöffel auf einem Kupserkessel zum Tore hinaus." (Ans dem „Deutschen Hausschatz", Verlag E. Kösel u. Pustet, München, 5. Heft 1927.) ' Wendisches Volksleben Im Verein für Völkerkunde zu Dresden sprach Landesbiblio- thekar Dr. Iahwa u k ei» beruscner Vertreter über das wendische Volkstum in den beiden Lansitzen. Er gab zunächst einen ge schichtlichen Rückblick auf die Auseinandersetzungen zwischen Ger manen und Slawen, in denen die slawischen Völker, begünstigt durch Uneinigkeit und Verrat in ihren eigenen Reihen, im Bereiche des heu tigen Deutschlands den Genannten unterlagen. Das Wendcnvälk- che» in der Ober- und Niederlausitz hat allein »> der fremden Um gebung seinen besondere» Volkscharakter init eigenen wertvolle» Sit ten und Gebräuchen zu erhalten verstanden. Der Vortragende bot zunächst an Hand guter Lichtbilder einen Uebcrblick über die heu tigen wendischen Trachten, die wesentlich verschieden ist. Man kann eine wendische katholische Tracht unterscheiden zwischen Bautzen und Kamenz, ferner eine wendisch-evangelische in der Oberlausttz, eine solche um Schleifc-M u s k a u, und endlich die Sprcewälder Tracht. Be« den Männern ist die Tracht leider fast gänzlich ans dem Alltag verschwunden. Der Redner sprach dann wieder von dem wendischen Sinn für Musik von der Tarakawa, der dreisaitigen wendischen Geige und den Dudelsack, von den Spinnstuben und Spinnabenden, die leider säst nur noch im Spreewald zu finden seien. Dann wurden die herrlichen Gebräuche bei den wendischen Festen und ihr tiefer Sinn lebendig, die beispiellose Gastfreundschaft beim Kirchweihfest, und besonders die wendische Hochzeitsseier, über die wir ja im St. Bennokalender und in dieser Zeitung öfter geschrieben haben. Der Vortrag hat sicher neues Verständnis für die kulturellen Werte und das berecktiai« Eigenleben unserer'wendischen Volksge nosse» in der Lausitz geweckt unb dazu angeregt, sich näher mit diesem wendische» Volkstum zu befassen. Möchte auch der berechtigte Wunsch, mit dem der Vortragende schloß, iinmer mehr in Erfüllung gehen, daß diesem letzten Reste der Wenden jede kulturelle Frei heit zur Erhaltung seines Volkstumcs gegeben werde. Ja man darf den Wunsch aussprechen, daß es der Staat immer inehr als seine Aufgabe ansehe«? möge, die wendischen kulturellen Bestrebungen nicht nur zu dulden, sondern auch positiv »ach Möglichkeit zu fördern! Konzert vom „Sprechenden Turm" der Jahresschau. Donners tag, den 7. Juli, wird vom „Sprechenden Turm" der Jahresschau herab ein Konzert mit Werke» von Dr. Felix Gotthelf veran staltet. Anssührcnde: Opcrnsängerin von Langermann-Larisch, Kon- zeripianistin Johanna Thamm, Konzertsäiigcriiiiic»: Lydia Burger- Semmler, Erna Grabner, Hildegard Lnbberger, Klavierbegleitung:! Maja Gotthelf und Dr. Felix Gotthelf. Das große Militär Monster-Konzert nächsten Sonnabend, den 9. Juli, im Linckeschcn Bad, ausgcführt von den drei vereinigten Kapellen des 3. (Prcuß.) Infanterie-Regiments Osterode-Deutsch Eylau-Maricinverdcr bringt ein reichhaltiges Programm. Tie drei Musikmeister des Regiments dirigieren abwechselnd. Zum Schluß der große Zapfenstreich. — Das Konzert findet zum Beste«, des National- denknials Tannenberg statt. — Karten im Vorverkauf 1 Mk bei F. Ries, Seestraße 21, O. Reinecke, Hauptstraße 2. und im Linckeschev Bad. - An der Abendkasse 1.50 Mk. — Interessantes aus der Pariser Volkszählung. Ein, Volkszählung, die kürzlich in Paris stattfand, hat allerlei über rasck-ende Ergebnisse zutage gefördert. Zunächst fällt die groß, Zahl der Frauen gegenüber den Männern auf. Unter de, 2 781429 Seelen, die in Paris gezählt wurden, besindet sici ein Ueberschnß von 330 000 Frauen. Was man weiter kann vermutet, ist die Tatsache, daß es in Paris so viele alt« Leut« gibt. Unter den Bewohnern wurden nicht weniger als 16 871 Personen gezählt, die 81 Jahre und darüber waren. Da» Merkwürdigste aber ist wohl, dah di« bessergestellte Bevölke rung in Paris mehr Töchter als Sohne lnrsitzt, währen- bei den weniger mit GUicksgiiiern gesegneten Klassen das Berhältni- gerade umgekehrt ist. Je mehr die Frauen arbeiten, bemerkt „Paris Soir". um so größer ist die Aussicht, daß sie Jungen« zur Welt brinaen.