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»u««rr i»7 SSchfifche Volkszettung i«. Juli i«r Wen-en-Wallfahrl nach Mariaschein Sine Wanderung über das Erzgebirge Durch die dunklen Kaimuwälder des östlichen Erzgebirges hatte unser Weg geführt, weit blickte man von hochgelegener Berg strafte zurück in sächsisches Land, und von der Höhe des Mücken-, berg es erschloss sich nun südwärts ein wundervolles Naturbild. Zur Linken grüßten Häusergruppen der gewerbfleiftigen! Industrie stadt Aussig herauf, tief unten die weite Fläche des böhmischen Brauukohlenbcckens und hinter ihr, jäh aufsteigend, die waldreiche Höhenkette des böhmischen Mittelgebirges mit ihrer höchsten Erhebung, dem Donnersberg, auch unter dem Na men M i l l e sch a u e r " bekannt. Weiter rechts ragt der seltsam geformte Boschen bei Bikini hervor. Noch einmal in die Ebene hlnabblickend, sehen wir die alte berühmte Thermenstadt Te plitz mit ihren Nachbargemeinden, den von hier oben etwas bescheiden anmutenden Schloftberg und die Städte Turn, Dux und Brüx, den ganzen gewaltigen Gebirgskessel aber in strahlender Maiensonne. Das ist wieder einmal die richtige Zeit zum Wandern, und leichten Fuftcs geht es aus prachtvoller, vielgewundeuer Strafte, oft eineu Abkürzungsweg benützend, hinab zur alten Bergstadt Graupen. Rückwärts schauend sehen wir noch an grünem Hange die verstreut liegenden Häuser dez freundlichen Dorfes O b e r g r a » p e n. Die Stadt, in die wir nach einer Weile ein marschieren, besteht eigentlich nur aus einer langen Häuserreihe, und selbst ihr als Markt bezeichnet« Teil hat mit dem anderwärts dafür geltenden Platze keine Aebnlichkeit. Die atte katholische Pfarrkirche verdient aber einen Besuch. Oberhalb einer „heiligen Stiege" sieht man lebensgroft in plastischer Darstellung Christus vor Pilatus. Das farbige Skulpturwerk ist von eindringlicher Wirkung. Weiter unten im Tal, unterhalb der Ruine Rosenburg, ein bescheidenes evange lisches Kirchlein. Endlich sind wir am Fuße der Berglehne — es handelte sich um einen Abstieg von über 500 Metern — und damit auch im Obstparadies angelaugt, dann biegt der Weg etwas nach links ab, und schon ragen hinter bunten Häusergruppen die Türme einer stattlichen Kirche heraus: Mariaschein. Der Fremdling betritt einen freundlichen MarktslÄen mit einem umfangreichen Kirchplatz. Das Gotteshaus selbst, ein schöner Barockbau, ist von einer massigen Ringmauer umgeben, in deren Innenseite sich der, wie Goethe einmal bei seinem Besuche gesagt hat. „mit großer Weisheit angelegte" Kreuzgang befindet. In ihm sind sieben Ka pellen, den Schmerzen der Mutter Gottes geweiht, eingebaut. Das Innere der Kirche zeigt keinen überladenen Prunk, aber doch eicke außergewöhnliche Ausstattung, lieber dem Hochaltar erbebt sich ein von vier Säulen getragener Ausbau, der dem Altar der Peterskirche in Rom Hochgebildet ist. Der Hauptanziehungspunkt der Kirche ist jedoch das über dem Tabernakel in eine», Glasbehältcr eingelassene Gnahen bild, dem seit etwa 500 Jahren die Wall fahrten nach Mariaschein gelte». Es ist eine kleine, nur 20 Zenti meter hohe Plastik. Sie stellt die trauernde Muttergottes dar, sitzend, und in ihrem Schoß den Leichnam ihres gekreuzigten Soh nes haltend. Etwa zu Anfang des 18. Jahrhunderts ist das Gna denbild In Gold eingefaßt, mit einer Diamantenkronc versehen und mit einem Strahlenkranz von Edelsteinen umgeben worden. Ge schichtlich nachgcwieseu ist, daß das Bildwerk bereits in der alten Wallfahrtskirche Iahchunderte hindurch Gegenstand der Verehrung gewesen war, und 1701 ist es dann in die neuerrichtete Kirche, die vom jetzigen Papste vor zwei Jahren zur Basilika erhoben wurde, übernommen worden. Dem Kreuzgang ist auf der Südseite ein um fangreicher Gebüudekompler angegliedert. Hier unterhält der Je suitenorden ein großes Knabengpinnasium mit Internat. Die weit aus größte Zahl der Schüler (über 800) widmet sich dem geistlichen Studium. Wie -asGna-enbtt- riachMariaschein kam Kehren wir noch einmal zum Gnade »bilde zurück, um das sich eine fromme Legende webt. Danach seien in den Hujsiten- stürmen Angustincr-Nonnen aus ihrem Kloster bet Biliu in diese Gegend geflüchtet und hätten als kostbaren Schatz das Gnadenbild mit sich geführt. Schließlich erlagen die Frauen den übermäßigen Anstrengungen und starben einsam im Walde, nachdem sie vorher das Bild in ein« hohlen Linde verbargen hatten. Lange Zeit mag Von Alfred Pröhl» Dresden es In diesem Versteck geblieben sein, als es endlich von einer Magd aus der nahen Stadt Graupen durch einen merkwürdigen Zufall ge funden wurde. Das Mädchen war im Begriff, das um eine Quelle wuchernde Gras mit der Sichel zu ernten, als sich plötzlich um ihren entblößten Arm eine Schlange wand. Die Magd schrie laut aus und nun bäumte sich das Repiil auf einmal zischend gegen die Linde, ließ von dem Mädchen ab und verschwand. Zu Hause er zählte die Erschreckte ihrem Dienstherr» das seltsame Erlebnis, und oieser begab sich mit seinem Nachbar nach der be,zeichneten Stelle, und beide fanden in jener Linde das in Ton geformte heutige Gna denbild. Hier spielt vielleicht der altverbreitete Volksglaube mit, daß Schlangen verborgene Sclchtze bewachen. In feierlichem Zuge ist dann der Fund zunächst »ach der Pfarrkirche in Graupen ge bracht worden, von wo er auf geheimnisvolle Weise dreimal wieder verschwand und immer wieder in die Linde zurückkehrte. Das sei ein Wink des Himmels gewesen, und demgemäß wurde daun an der Fundstelle eine Kapelle erbaut. Soweit die sromme Sage. Den Tatsachen näher kommt die Auffassung, daß flüchtende Nonnen u. das Muttergottesbild bei kirchenfrei,ndlich gesinnten Rittern auf der Rosenburg bei Graupen (heute eine Ruine) Zuflucht gefunden haben und daß sie das Bildslöckchen an die Stelle des heutige» Mariaschein brachten. Im Kreuzgang ist in großen Wandmalereien, die teilweise einer Erneuerung bedürften, die ganze umfangreiche Geschichte von Mariaschein veranschaulicht. Bis zur Gegenwart ist die Kirche das ganze Jahr hindurch das Ziel vieler Wallfahrer, wenngleich die Blütezeit des Ortes vor über ist. Such doch im Jahre 1720 hier zirka 100 000 Pilger ge zählt worden. Die Wenden - Wallfahrten Zu den regelmäßigen Besuchern von Mariaschsin zählen doch hcute die katholischen Wenden aus der sächsischen Lausitz. Sie kommen zweimal im Jahre, das erste Mal zu Pfing sten und das andere Mal im Frühherbst. Seit langen Zeiten ist eS in den wendischen Familien Sitte geworden, alljährlich nach Maria schein zu wallfahren und dieser sromme Brauch hat sich von Geschlecht zu Geschlecht vererbt. Am Freitag vor Pfingsten frühzeitig versam meln sich die Wallfahrer, Männer und Frauen, in dem alten Wen dendorfe Ostro bei Marienstern und treten nach einem Ausseg nungsgattesdienste in der Ortskirche ihre beschwerliche zweitägige Wanderung an. Sie hat mit einem Ausfluge nicht das mindeste gemein, die landschaftlichen Reize dez Wege? sind den Wallfahrern völlig gleichgültig. Während des Manderns werden unablässig ab wechselnd Gebete gesprochen oder fromme Lieder in wendischer Spra che gesungen. Das Reisegepäck ist recht bescheiden. Die Männer führe» in einem Rucksack ihre Wegzehrung mit, die Frauen diese in einem Bündel. Aus den Händen kommt nie das von fleißige» Ge brauch zeugende Gesangbuch und der Rosenkranz. Unter Glocken geläute verlassen die Wallfahrer Ostro und halten in Rammenau, dem Geburtsort Fichte», die erste Rast. Dann geht es weiter bis Helmsdorf bei Stolpen, wo Mittagspause stattfindct und von hier bis Pirna zur Kafseestation. Am späten Abend treffen die Wallfahrer in Berggießhübel ein, wo Masscnquartier bezogen wird. Der Schlaf währt nur wenige Stunden, denn schon gegen 8 Uhr morgens wird am folgenden Tage, dem Psingstsonnabend, anf- Jebrochen und zunächst bis Schön wald gewandert. Von hier kührt der Weg übers Etebirge und oberhalb der Ruine Geiersburg, etwa eine knappe Stunde von Mariaschein, gruppiert sich der Troß zum Einzug in den Gnadenort. Der Führer, ein alter Wende, der bereits über 50 Wallfahrten hierher leitete, hat einige Leute voraus- geschickt, die der Geistlichkeit das Herannahen dctz Zuges mitteilen. Sofort macht sich ein Priester mit Ministranten auf den Weg. den Pilgern, i» diesem Jahre waren es etwa 200, entgegenzuziehen. Ihr Eintreffen ist in Mariaschein stets ein Ereignis. Während das Ge läute aller Glocken einsetzt, hört man unten aus dem Marktplätze schon aus der Gegend des oberen Bahnhofs den kräftigen Gesang d« in langem Zuge hcrannahenden Wallfahrer. Melodisch ertönt ein altes Marienlied und seine Klänge brechen sich von den Wänden des KreuzgangeS, der dreimal umschritten wird. Am Hauptportal der Kirche spendet ein Geistlicher den Ankommenden de» Segen. Sin gend erfolgt der Einzug ins prächtige Gotteshaus, dessen Altar mit seinem Aufbau in wundervoller elektrischer Beleuc' tung erstrahlt. Aus allem heraus hebt sich aber in goldner Nmra »mng und überirdisch erhellt, das sagenhafte Gnadenbild. Eine ergreifende Pftrigstfeier Dieser Pilgereinzug mit allen Aeußerungen einer inbrünstigen Marienverehrung hat auch für den der katholischen Kirche Fernste henden etwas tief Ergreifendes und Bezwingendes. Manche der Wallfahrer habe» ihre Schuhe ausgezogen und be treten mit bloßen Füßen den heiligen Ort. Einzelne werfen sich nie der, um die Steinfliesen der Kirche zu küssen. Nach einer kurzen Begrüßung durch den Geistlichen verlassen die Wallfahrer die Kirch« und begeben sich in ihre Quartiere. Zum Hauptgottesdienst am erste» Psingstmorgen ist das Gotteshaus bis auf den letzten Platz gefüllt und im Vorderschiff leuchten die großen weißen und bunten Kopftücher der Wendinnen hervor. Das feierliche, unter großer Assistenz zelebrierte Leditenamt wird von einer leichtfaßlichen Pfingstpredigt eines Jesuiteupaters unterbrochen und nimmt aller Herzen und Sinne gefangen. Der Nachmittag gilt einer Wall fahrt zur Pfarrkirche nach Graupen und abends bietet sich noch ein Schauspiel besonderer Art. Es ist di» LichterPro zession. Alle Wallfahrer haben sich mit brennenden Kerzen ausgerüstet und ziehen nun. das Ave Maria singend, dreimal um den Kreuzgang von Mariaschein, damit der Muttergottes den Mschiedsgruß bietend. Außerhalb des Kirchenringes kann man zur gleichen Zeit die Eindrüche eines kleinstädtischen Jahrmarktes mit allem volkstümlichen Drum und Dran von einst genießen und sehr .zahlreich, wie an allen Wallfahrtsorten, ist natürlich di« Gildr der Bettler vertreten, die in richtiger Berechnung sich an mit fühlend gestimmte Seelen wenden, in aufdringlicher Art Leiden und Gebrechen zur Schau stellen und in der Regel eine gut« Ernte oerbuchen können. Mer auch die von früher her be kannten Pretznitzer Musikleute und Volkssänger fehlen nicht, die in den vielen Gastwirtschaften auftreten und nicht immer dir am liebsten gesehenen Gäste sind. Die Rückwanderung der Wallfahrer erfolgt wieder auf demselben Wege, nur mit dem Unterschied, daß das Reiseziel des ersten Tages Pirna (Nachtquartier) ist, von wo nach eine« Morgenandacht die Fußreise bis nach Ostro fortgesetzt und dort mit einer Gegenspendung in der Kirche die Wallfahrt be endet wird. So feierlich wie der Einzug in Mariascl>ein. ist auch der Ausbruch zum Heimweg. Bis zur Ortsgrenze gibt die Geist lichkeit den Pilgern das Geleite, dann verschwinden sie, fromme Wersen singend, im Walde. Der Zusckzauer aber erlebt hier einen Jahrhunderte alten religiösen Kultus und zieht dann, erfüllt von mancherlei Eindrücken, nachdenklich seine Straße- Ein katholisches KInokomite« hat sich in Paris uni«« dem Ehrenvorsitz des Kardinals Dubais gebildet. T» handelt sich hier um den Versuch französischer Katholiken, di« iveiten Möglichkeiten des Films auf ihre Beziehungen zum katholischen Gedanken zu untersuchen. Es sollen vor allen Dingen die viel- faltigen Schäden studiert werden, welckze heute das Kino auf die moralische Bolksgesundheit auübt. Da» katholische Kino- Komitee hat es sich zur besonderen Aufgabe gesetzt, die Film fabrikanten bei der .Herstellung von guten Filmen zu unter stützen. die an Stelle der heutigen so vielfach unsittlichen und für das Empfinden besonders der Jugend schädlichen Film» treten sollen. Vor allen Dingen aber soll in Wort und Schr.st das katholische Volk dazu erzogen werden, der Filmproduktton mit schärferer Kritik zu begegnen. Ferner soll dir Kinokritik in der katholischen Presse mehr aufgebaut werden. Das neu- gegründete Komitee wird von allen großen katholischen Organb sationen in Frankreich tatkräftig unterstützt werden. Jur Liturgie des Sonntags S. Sonntag nach Pfingsten. Epistel: 1. Petr. 3, 8—15. Ge liebteste! Seid alle einmütig im Gebete, mitleidig, brüder lich, barmherzig, bescheiden und demütig. Vergeltet nicht Böses mit Bösem, nicht Schmähworte mit Schmähworten; im Gegenteil, segnet einander, weil ihr dazu berufe» seid» den Segen zu erben. Denn wer das Leben liebhaben und gute Tage sehen will, der bewahre seine Zunge vor dem Bösen, und seine Lippen, dah sie nichts Trügerisches rede». Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes. Er suche den Frieden und jag ihm nach. Denn die Augen des Herrn sehen aus die Gerechten, und seine Ohren merken auf ihr Gebet; doch ist das Angesicht des Herrn wider die» die Böses tun. Wer kann euch schaden, wen» ihr dem Guten nacheifert? Wenn ihr aber auch etwas leide» müsset um der Gerechtigkeit willen» Heil euch! Ihre Schrecknisse fürch tet nicht und beunruhigt euch nicht. Haltet nur Thristus den Herrn heilig in euren Herzen. 5. Sonntag nach Pfingsten. Evangelium: Matth. 5, 2ü—21. In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn eure Gerechtigkeit nicht vollkommener sein wird als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen. Ihr habt gehört, dah zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber tötet, soll dem Gerichte verfallen. Ich aber sage euch: Ein jeder, der sei»»«-., Bruder zürnt» verfällt dem Gerichte. Wer aber zu seinem Bruder sagt: Rala! soll dem Hohen Rate ver fallen. Und wer sagt: Du Gottloser! wird dem höllischen Feuer verfallen. Wenn du deine Gabe zum Altäre bringst und dich daselbst erinnerst, dah dein Bruder etwas wider dich habe» so lah deine Gabe allda vor dem Altäre und geh zuvor hin und versöhne dich m-t deinem Bruder: davn komm und ovlere deine Gabe- Vom rechten Beten Bon He rin an n Platz, Durch das Gebet lösen wir uns aus Verschlungcnheit ins Ir dische und Persönliche los und treten in vollem Bewußtsein unserer Gotigcbnndenheit in lebendige Beziehung zu de,», der unser und der Welt Anfang und Ende, Sinn und Sein ist. Da fühlt sich unsere Inbrunst plötzlich daheim. Da erkennt sie den Sinn ihrer lodernden llnrast. Nicht jede Zeit belet gleich leicht und gleich gut, Es gab Zeiten, die, man möchte sage», ein Gebet waren, wie z. B. die urchristliche Zeit, die Kreuzzugszeii. Es gab mpstifche, romantische, pietistische, puritanische, chialistische und älnilicb orientierte Zeilströmungen, in denen mehr oder weniger starke, mehr oder weniger fruchtbare, wehr oder weniger gut orientierte Gebetsweisen galten, wo vielen edleren, tieferen Seelen die Lust cstbetsarmer Gottesfeine uner träglich geworden war. Und sie eilten heim, der süßen Freiheit gebetsfroher GottcSkindschast entgegen. Eine Zeit gebetsarmer Gottesserne war auch die unsrige. Je denfalls hatte es die Seele des modernen Menschen besonders schwer, die Pflicht- und ordnnngsgeinäßen Beziehungen zu Gott, nnserm Schöpfer und Endziel, gebet'smäßig herzustellen, Niemals ist vielleicht mehr Gelehrtes und Ungelehrtes über Gott geredet und geschrieben worden als in unserer „suchenden" Zeit. Aber niemals waren die Seelen auch weniger gebetssähig, weniger gebetsbereit und geveis- sroh. In dem Menschengeist überwogen und überwucherten die ver- staiideSgeinäß-kritischen und technisch-rechcnhasten Funktionen, Statt des Seelenideals der in Gott lebenden und webenden Freude trat das Verstandesideal der in Welt und Kultur ausgehenden Leisckna. Der Weltkrieg hat Seelenerschütternngen und Gebetscntladun- gcn von unerhörter Gewalt gebracht. Aber der JntcnfltätSgrad und der Ausdehiiungsradius dieser Erscheinung baben im Verlauf des Krieges nicht zugenommcii, son dern ahgsnommen. Und wenn ich mich nicht irre, stehen wir fast vor einer Verebb,,ng und Versandüng. Die weg- und ziellos im Dunkeln tappende GebetSsehnsucht der entkirchlichten Großstadtscclcn fand nur selten den steilen Pfad in die Schule einer Gebetsgemein schaft, Andererseits führte auch all die Kraft des wegc- und ziel sicheren Gebetes der Gläubigen »och nicht zu der so dringend nötigen Ncubclebiing der al t h e r g c b a ch te n liturgischen Ge be t s f o r m e i,, wodurch dem Neuen erst zu dauerndem Gewinn pcrholfcn würde, In dieser Lage muß nun versucht werden, die in den Erschütte rungen der Weltnot und Großstadteinsamkeit entstandenen Gebels- anlriebe, und Gcbctskeiine zu entwickeln, tönen Wege zu weisen. dir Hindernisse auszuräumeu, den Blick in die Höhe freizuinachen, das unsicher über die Landschaft gleitende Auge zu schärfen, damit es die neuen Antriebe und Ziele in dem Altgewohnten, aber Starr- gewordenen entdecken kann. Wie Carlhle einst die Gedanken unserer größten Geistes.hclden verarbeitet nick „in gangbar« Münze deS Zeitalters der Industrie umgesetzt hat", wie tausend andere daran arbeiten, dem modernen Mensche» aus irgendeiner Geistcswerkstatt, Lebensarbeit öder Gesinnnngsgemeinschast heraus die Werte und Wege z„ zeigen, die er braucht, um leben zu können, wie Verharre», I, V. Jensen u, a, dem Menschen von morgen aus Gärung un» Uebergang, aus Ahnung und Drang den neuen Mythos schassen möchten, so müssen wir alle, die wir grundsätzlich Bekenner des dreieckigen Gattes sind, aber infolge des oben geschilderten Umgestal- ckngsprozcsscs mehr oder weniger an der Not des Nichtbeten- könneiis leiden, Brücken und Wege suchen, die mitten aus dem Denb- und Stimniuiigsbcreich der modernen Seele heransführen in daS Hochland deS Gebetes. Wir müssen den romantisch überschwenglichen, ziellos tastenden Seelenhunger der Zeit verstehen, miterleidcn un- »ns mit all der verirrten, verworrenen, unsicher gewordenen Iw brunst zurücksiiiden zur Klassizität der seeleiigcsialteiiden Liturgie,* * Aus: Herrmann Platz, Großstadt und Menschenlum, Verlag Josef Kösel », Friedrich Pnslet, K.-G., München, Preis drosch. M, 5,00, Halbleinen M, 6,00, Lebensweisheiten des Thomas von Kempem Kein Frieds ist in einem Herzen, da? ... in äußerlichen Dingen Ruhe sucht: sondern nur in dem Mensche» ist Friede, der dem Gesetze des Geistes dient und das heilige Feuer ans seinem Herde nicht auSgehen läßt. Entzieh dich allem, was nur deine Neugier reizt. Lies immer und wieder in solchen Büchern, die, statt deine Gedanken nach allen vier Winden zu zerstreuen, vielmehr dein Herz in dir sammeln. Daß uns Dinge begegnen, die uns lästig und durchaus zuwider sind, das ist für uns selbst sehr gut. Denn sie treiben den Menschen, der aus seinem Innern entflohen sind, wieder in sein Herz zurück. Wie unser Herz gegen eine Sache gestimmt ist, so urteilt unser Verstand von derselben. Wie ein jeder in sich selbst beschaffen ist, so urteilt ei» jeder von den Dingen außer sich. Du kannst aus dir selbst nicht den Menschen schasse», den dn gern aus dir machen möchtest: Wie wirst du denn einen andern nach deinem Zinn und Gesallen umschasfen können? (Aus des Thomas von Kempen Vier Büchern von der Nach folge Christi, — Neuausgabe im Verlag der Deutschen Rnck- aemeinscbafl Berlin SW. 61 erschienen.)