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Ein knappes Vertrauensvotum Die Mitzirauensarikräge gegen die neue sächsische Regierung mit einer Stimme Mehrheit abgetehnt Dresden. 7. Juli. Di>: irerle sächsische Negierung wurde gestern im Land- rugc mit Mißtrau len sa „träge n der Linkspar tei'-'» empsange,,. Der beste Beweis dafür, das; «ins ^ogrcimmaiische Erklärung der Regierung tatsächlich über flüssig ist, denn d>«: Mißtrauensanträge waren ja scheinbar schon früher fertig als die Negierung. Aber auch die Oesscnt- lichkeit legte diesen Anträgen der Linken keine Bedeutung bei. Den» die Tribünen waren gähnend leer. Bei dem Sommersonivenscheiu auch nicht zu verwundern. Zuerst schoß der Abg. Bütt eher (Komm.) seine Platz patronen ab. Keine Regierungserklärung! Deutschnatio- naler Stahlh'lmblvck! Erpresserrevolver der Deutschnatio nalen. Verlogene Demagogen. Das waren seine Lieblings- kraftauSdrücke. Und das C-eterum cepteo: Diese Regierung müsse gestürzt und der Landtag aufgelüst werden! Die sozialistisch«: Stimmung offerierte in wür diger Meise der Abg. Arzt. Er redete von der unüberbrück- baren Kluft, durch dle seine Partei von der Regierung ge trennt werde. (Offenbar meinte er damit die Vier-Männer- Jraktion der ASP., über die die Sozialisten nicht hinweg- lommen!) Wenn er behauptete, daß die Regierung von der Furcht vor der Sozialdemokrat!« und vor der Landtagsauf lösung zusammcng.'halten werde, so hat er nicht so ganz Unrecht. Nur vergißt Herr Arzt dabei, daß es immer noch besser ist, durch äußere Stützen zusamincngehalten zu wer den, als mangels solcher Stützen in seine Einzelteile aus einanderzufallen. Auch ist die Zeit, wo eine sozialistiische Re gierung nur „nt Hilft des Herrn Böttcher und seinen Kräf ten sehr notdürftig zusammengehalten würde, noch nicht ganz vergessen. Scharfe Angriffe richtete Arzt gegen die Person dis neuen Justizministers (der Ton dabei trug ihm einen Ordnungsruf ein!). Offenbar haben die Sozialisten ihre Bemühungen anfgegcben, die Anhänger der Volksrechts- partei für ihre Bestrebungen einzufangen. Der Abg. Eb'erle (Dnat.), der stets eine sehr beacht liche Klinge in den Debatten führt, blieb den Borrednerir die Antwort nicht schuldig. Die wütenden Angriffe der Linksparteien, so sagt er, bewiesen nur, daß die Deutsch- nationalen klüger gewesen seien, als man zuaebe. Sie hätten ernst gemacht mit dem Fachmanne und auf den politischen Minister verzichtet. Und dann ein Geständnis: „Wenn wir die fttzige Verfassung anerkennen, so unterscheiden wir uns von den Herren der Linken davurch, daß wir Zeit haben, zu warten, bis die Mehrheit des deutschen Volkes sich darüber einig ist, daß unsere Ideale (d. h. in diesen Falle die Monarchie!) die richtigen sind." Er hoffe, daß es der Reegierung gelingen werde, zu beweisen, daß man nicht auf dem Wege des Klassenhasses, sondern auf dem des Dienens dem Volk und Staat helfen könne. In besonderen Gewissensängsten belauben sich wieder einmal di>: Abgeordneten Müller und Tittmann, die so genannten Nationalsozialisten. Sic sind sich noch nicht ganz klar geworden, ob sie zum „Kapitalismus" oder zum Marxismus halten sollen. Abg. Mücke erklärte daher: Er und sein» Parteigenossen würden für den MißtrauenS- antrag stimmen. Das solle aber kein Vertrauensvotum für die Marxisten sein. Demgemäß war das Abstimmungsergebnis «In äußerst knappes. Mit 47 gegen 46 Stimmen wurden die Misp- tMnensanträge ab ge lehnt. Zwei Demokraten fehlten bei der Abstimmung, Fran Dr. Nlich-Beil und Abg. Clans ! „Wir kommen nun zum nächsten Punkt der Tages ordnung — Theater!" bemerkte Präsident Schwarz unter dem Gelächter des Hauses. Immerhin, auch das Kapitel „ZtaatStheatei" gab Gelegenheit zu ernster Aussprache. Abg. Sieger«, Dnat.) nahm das Wort: Der geforderte, um 294 780 Mark erhöht: Zuschuß (1 299 520) Mark müßte eigentlich be gründet und «erläutert werden durch erhöhte künstle rische L«:istnn gen der Staatstheater. Das Bewilli gungsrecht des Landtages für diesen erhöhten Zuschnfz schließt auch das Recht und die Pflicht in sich, ihn ab zulehnen, wenn der Nachweis der Leistungssteigerung einmal nicht erbracht werden könnte. Eine solche ist auch bedingt durch eine klar«, durchsichtige, möglichst einfache, straffe Verfassung und Verwaltung; klar: in bezug auf die Kom petenzen und Pflichten, durchsichtig: so daß Nebenregi- rungen ausgeschaltet sind, einfach: ohne den Ballast des bürokratischen Apparates, straff und gerecht: so daß die Leitung in den Händen eines wirklichen Führers, lischt Geführten, liegt, dann können Reibungen, Störungen und Schwankungen beseitigt werden. Die von der Regierung zugesagte Denkschrift über die Verwaltung und Ver fassung der Staatstlftater wird den Abgeordneten einen übersichtlichen Einblick in das Verwaltungsgefüge geben und damit die Möglichkeit des Urteils, wo gebessert werden kann. Sie wird aber auch für alle Glieder des Organismus von Nutzen sein im Sinne einer Erinnerung, sich dienend in ihn cinzufügm. Leistungserhöhung ist möglich, wenn die Staatstheater, getreu ihrem „vornehmen Charakter und großen Tradi tionen", sich nicht in erster Linie als „gewerbliches Unter nehmen, sondern als K u n st i n st i t u t bewähren, die un abhängig von dem wechselnden Geschmack des Publikums zu leiten sind". (Verfassung von 1813.) Also ihre Aufgabe ist, das Publikum zu einem geläuterten Kunstgeschmack und reifen Kunstverständnis zu erziehen, nicht aber es zu ver ziehen durch sensationelle Rekordleistungen. Diese ver brauchen dte Kräfte zum Schaden einer systematischen Pflege des Gesamlkunstwerkes. Das Star sh stein ist verhängnis voll, besonders und erst recht, wenn es zu einer Bevor zugung ausländischer Werke und Kräfte verleitet. Ihm zu Lieb: darf nicht die früher traditionell eimgehaltenS hohe Lini«: der Staatstheater verlassen werden. Die führend: Persönlichkeiten in Oper und Schauspiel müssen sich ihrer ganzen Verantwortung un dihrer hohen Aufgabe geg.wüber der deutschen Kunst und dem Gesamtkunstwerk bewußt sein, um den hohen Ruf der sächsischen Staatstheaetr zu erhalten und zu mehren. Abg. Dr. Kästner <D:m.): Im ganzen genommen verdienten beide Staatsthcater die vollste Anerkennung für ihre Leistungen. Auch das Schauspiel sei eine der ersten Sprechbtthnen der Welt. Ein Staatstheater könne und dürfe sich nicht auf ein: besondere Weltidee einstellen. Dagegpw müsse manchmal «etwas gewagt werden, was über den Rahmen des Durchschnittsgeschmackes des Publikums hinaus geh.:. Die Ausstattung dürfe nie das Uebergewicht bekom men über den snneren Gehalt der Stücke. Redner erörtert dann die Frage der Besetzung, der Gagen und der Aushilfen, und erklärt, daß alle Kritik warmen Herzens geübt toerde und in der Besorgnis, daß der Ruhm unserer sächsische» Theater auch weiterhin erhalten bleibe. Abg. Böttche r (Komm.) vertritt di« Anträge seiner Partei auf Ausschreibung und Ankauf hervorragender Bühnenwerke zeitgenössischer Künstler, Neubesetzung ^ Stelle eines Generalintendanten, Einsetzung eines Beirates usw. -- Die Vorlage der Regierung über ^lc Frauenklinik für den Sndivesten Sachsens, die vorschlägt, dte als ersten Teilbetrag bereits eingestellten 500 000 Mark zur Errichtung einer staatlichen Frauen klinik in Verbindung mit dem Krankenstift Zwickau zu verwenden, findet nach kurzer Aussprache, in der besonders Wunsch auf baldige Errichtung «einer Frauenklinik auch tu Planen zum Ausdruck kommt, Annahme. Annahme findet auch ein Antrag der Deutschen Voirs- vartei, der sich mit einem solchen der Sozialdemokraten deckt, in den nächsten Haushaltplan den Teilbetrag für die Errichtung einer Frauenklinik in Plauen eüuzu- stellen. — Der Gesetzentwurf auf Erlangung der GMuugs- daue-r der Verordnung über die Aufbringung des Geld bedarfes der Handels- und Gewerbekammern wird in Schluß- beratung angenommen. — Schließlich werden drei Mit glieder des Landtages in den Verwaltungsrat der Sächsischen L<dndes-Piandbri«:f-Anstalt gewählt. Dogil. lSeztrkskatholtkentag und goldenes Gcmeindejubiläum am 14. August 192? ln Rrichcnbach i. V. Wer soll kommen? Alle, denen der Reichs-Katholikentag in Dortmund zu west ist, und die ein erhebendes Fest katholischer GlanbenSsrcnde In einer Diasporagemeinde, um den Oberhirten geschart, mst- sciern möchten! Di'esdcn folgend wurde der Plan in Aussicht genommen, im Herbst dieses Jahres einen Ob st mar kt in Dresden zu veranstalten. Zur weiteren Bearbeitung wurde die Angelegenheit dem Markt nusschuß überwiesen. Um de,, Mitgliedern der im Landesverband zusummengcschlosseiien Bczirksobstbauvcreinc Gelegenheit zu geben, geeignetes Pockmaterial zur Obstverpackuug preiswert einzukaufeu, wurden entsprechende Maßnahmen getroffen. Der ErwerbSobstzüch- terverband, Gruppe Westsachsen, wurde als körperschaftliches Mit glied in den Landesverband ausgenommen. Von einer Beschickung der ini Rahmen der Frankfurter Messe stattsindcndcn Ausstellung „Blu men und Früchte" wurde Abstand genommen, weil in Sachsen neben anderen zwei große Ausstellungen in Leipzig und Zwickau stattsindeu. Zum Schluß wurde ein Bericht über den Stand der Werbung für den Obstgcnuß in Lichtspielhäusern entgcgcngcnommcn. Zwei große Erfolge Durch Einsatz aller Kräfte kann nunmehr der Verband für Deutsche Jugendherbergen in Gemeinschaft mit dem Landesausschuß Sachsen derDeutschcn In g c n d v e r b ä n d e, die im Mai ver anstaltete Werbewoche als einen großen Erfolg buchen. Die Hauk- und Straßensammlung, an der sich leider sehr wenig Jugendliche der Verbände beteiligten, erbrachte allein in Dresden fast 15 000, während die Gesamteinnahme von ganz Sachsen über 100 000 Mk. betrügt. Wesentlichen Anteil daran haben die Bezirksfürsorgevcrbände der Amtshauplmaunschnstcn. Die große Geldlotterie von 600 000 Lose» wurde am 5. Juli, wie anfänglich festgesetzt, gezogen. Trotz der RiescnloSznhl war der Absatz glänzend, sodaß hier »nt einem Reingewinn von 100 000 Mk zu rechnen ist. Nachstehend die Hauptgewinne, die auf folgende Nummern entfielen: 1. Hauptgewinn 7 500 Mk. Los Nr. 375 673, 2. Hauptgewinn 3 000 Mk. Los Nr. 243 253, 3. Hauptge winn 1500 Mk. Los Nr. 553 653, 4. Hauptgewinn 1 000 Mk. Los Nr. 313327. 5. Hauptgewinn 1000 Mk. Los Nr. 385 990, Prämie 2 500 Mk. Los Nr. 571 782 mit 3 Mk. 60 000 Gewinne z» 1 Mt. entfallen auf die Endnummern 6. Weitere 3037 Gewinne sind durch die (Gewinnlisten zu ersehen, die bei vielen Organisationen und Kol lekteuren sowie in der Lotteriebaupfttclle, Dresden-A., WaiscuhauS- straßc 28, für 10 Psg. ab 10. Juli zu haben ist. Für Posiversanb gesetzliches Porto beifügen. : Die heutige öffentliche Stadtverordnetensitzung verspricht sehr heiß zu werden. Es stehen nicht weniger als 85 Punkte auf der Tagesordnung. Darunter die Wahl des zweiten Bür- germeisters sowie di« Bauplatzangelegenheit für das Deut siche Hygiene-Museum. : Beschlüße des Rates. Der Rat zu Dresden beschloß in der Gesamtsitzung, den städtischen Beamten und Angestellten, Stellcnan- wärtcrn und Lehrkräften an den höheren Unterrichlsanstaltcn sowie den Empfängern von VcrsorgungSgebührnissen einmalige Unterstüt zungen in der gleichen Höhe zu zahle», wie sie den sächsische» Staats beamte» und Behördenaugcstclltcu, Wartegeld- und Nuhegehalts- empsänger» sowie den Bcamtcnhinterbliebene» von der Staatsrcgie- rung bewilligt wurde». — Es wnrdc ferner die Versetzung des so genannte» C h o l e r a b r n n n e n s ans dem Postplah nach der Klei nen Vrüdergasse nördlich der Sophienkirche wegen Erweiterung der SIraßcnbahnwarlchalle und Verlegung der Gleise beschlossen, deren Kosten die Straßenbahn tragen werde. Der Postplatz soll also weiter eiitromantisicrt werden. : Tödlicher Berkehrsunsall. In der vergangenen Nacht wurde in der Schloßstraße der 63 Jahre alte Salzstangenhänd- ler Robert Conradi von einem Personenkraftwagen tödlich überfahren. Conradi hatte in der Nähe der Kleine» Brü dergasse die Schloßstraße überqueren wollen, war ober hierbei von dem Kraftwagen ersaht und unter die Räder zu liegen ge- kommen. Der Tod trat ans der Stelle ein. Mit der Klärung der Schuldsrage ist dir Kriminalpolizei noch beschäftigt. : 50 Prozent Kohlenersparnis. Seit einiger Zeit tritt in ver schiedenen Stadtteilen rin Unbekannter auf, der ein FeuerungSmlt- !cl, das angeblich 50 Prozent KohlencrsparntS erzielen soll, zum Kaufe anbiclct. Die mitgcführtcn Probcpakete kosten 0,80 Mark. In Wirk lichkeit handelt cS sich um ein gänzlich unbrauchbares Nüttel, daß den Anpreisungen in keiner Weise entspricht. — In den letzten Wochen haben die nächtlichen EinbruchSdicbstählc in den Neubauten außer ordentlich zugcnommen. Die Einbrecher haben cs besonders auf Klei dungsstücke, Werkzeuge, Metallslücke und Bleirohre abgesehen. Es ist bisher nicht gelungen, der Täter habhaft zu werden. : Berussschulkursus. Das Ministerium für Volksbildung beabsichtigt, in Gemeinsäiaft mit dem Sääxsischen Verussschnl- vercin in der Zeit vom 26.—30. September d. I. in Chemnitz eine bcrusspüdagogische Woche „Neuzeitliches aus dem Melall- und Textilgewerbe für Berussschnllehrkräste. die in Klassen dieser beiden Fachrichtungen unterrichten, zu veranstalten. Es wird eine Teilnehmergebühr von 10 Mark erhoben. : KOjähriges Jubiläum der Landwirtschaftlichen Schulst Freiberg. Wie die Pressestelle der Landwirkschaftskammer mit teilt. begeht die Landwirtschaftliche Schule Freibcrg am 23. und 24. September d. I. ihr 50jähriges Jubiläum. Alle ehemaligen Schüler der Landwirtschaftlichen Schule werden gebeten, ihre Anschriften der Schule bekanntzugeben. Für die Iubiläums- feierlichkeitcn sind für Freitag, den 23. September, ein Be- Au-olf Dellinger Zum 70. Geburtstage des Meisters. Von Franz Zickl er. „Komm' bcrab, o Madonna Theresa", wer hätte die graziöse Melodie des ehemals jahrzehntelang zum eisernen Bestand aller Opcrcttenbühncn gehörigen, in alle Kultursprachc» übersetzten „Don Cesar" vergessen! Daß sic sich wie noch manche andere Perle (so zum Beispiel auch das berühmte „Maikäferlied" auS „Jadwiga") bis in die Zeit der wüstesten Negcrmusik und der Assentänze jung erhalten haben, ist gewiß das beste Zeichen für ihre Qualität. Aber wie wenige von der jungen Generation wißen noch, daß Meister Dellinger lange Jahre als musikalischer Leiter des Residenz- theaters in Dresden tätig war, daß unter seiner Aegide — wenn man so sagen darf — dieses Theater zu den führenden Opcrctten bühncn Deutschlands gehörte und die Dellinger-Uraufsührungen stets einen Stab von Direktoren und Intendanten nach Dresden gelockt habe». Unsere Zeit ist sehr kurzlebig, und ihre Erinnerung an daS Große und Gute ist schwach. Dabei gebührt dem Komponisten Ru dolf Dellinger der Jmmortellenkranz, den sich so mancher andere Opercttcnschreibcr mit frecher Grandezza mnS Haupt schlingt, mit weit größerer Berechtigung. Denn Rudolf Dellinger war ein Begna deter. Sein Name hat sich einen Platz in der Musikgeschichte ge sichert. Und wenn der Meister 1910 nicht einem unheilbaren Leiden (man bedenke: als Dreiundfünfzigjähriger!) erlegen wäre, dann hätten wir in ihm einen Reformator der modernen Operette gehabt. Wer weiß, ob er nicht seinen großen Einfluß geltend gemacht hätte, der Entwicklung der Operette einen anderen Verlauf zu geben als drn, den sie leider genommen hat. Dellinger (geboren am 8. Juli 1857 zu GraSlih) gehört der Richtung seiner Schreibweise nach zu den Millöcker-Jüngern, indirekt also zu den Nachfolgern des großen Johann Strauß. Trotzdem kann man nicht sagen, daß sein Werk in den Fängen des sogenannten „Epigonentums" sich befunden habe. Er hatte seinen streng persön lichen Stil, zu dem ihn Veranlagung und auch ein gewisses Selsmade- lum gedrängt haben. Banales und Triviales verabscheut diese Mu- ik, zarte Lyrik und GemütSempfindung zeichnen sic auS. DaS ist chlicßlich bei der klassischen Wiener Operette auch der Fall gewesen, dellinger setzte aber Emvsindnna und Rhythmus gemeinsam w I de» Vordergrund seines Schaffens, ist also ein Vorfahre der m o d c r- I neu Operette, soweit man »ach den znm große» Teil verunglückten I Versuchen von einer solchen reden hin». Das vcranlaßte mich auch, von ihm als dem geborenen Reformator zu sprechen, denn TellingerS letzte SchasfcuSkrast stand am Wendepunkte zwischen alt und modern. Bezeichnend für sein Schassen ist die geradezu vorbildliche. Instru mentierung gewesen, die er seinen Melodie» zuteil werden ließ. Nicht durch „Dicke" (zu Ansang des 20. 'Jahrhunderts eine übliche Krank heit), nicht durch Trommel- und Schlagzeug schuf er seine pracht vollen Orchesterwirkungcn, sondern die gefällige Modulation und vor allem eine — sage» wir ruhig im Mozartschen Sinne — fnlncäde Stellung des StreichkörpcrS verhaft ihm zu so beocuiendcn Erfolgen. Die Entwicklung Dellingcrs ist um so bewundernswerter, als seine Jugend-Ausbildung in der heimatlichen Musikschule ziemlich maugelhast und mehr auf banale Mustkantenbelang,: gerichtet war. Auch seine loriservatorische Ausbildung znm Orchcstermniiker :n Prag konnte ihm kaum den nötigen Grund für seine spätere Laufbahn ver mitteln. Diesen schuf er sich selbst, indem er schon als junger Kom ponist die Sommerzeiten dazu benützte, in kleineren Badeorten sich als Kurmusikleiter zu betätigen. Sehr bald gelang cs ihm. das große Kurorchester in Baden-Baden zu erhalten, und hier schuf er sich als Konzertdirigcnt eine» klangvollen Namen. Er veranstaltete auch Sinfomekonzerte mit großem Erfolg. Und als Kapellmeister ist Del- lingcr vollkommener Autodidakt gewesen. Noch immer erinnere ich mich seiner ebenso schwungvollen wie exakten Stabführung im Rcsi- dciizthcater, noch immer sehe ich seinen in Dresden damals geradezu berühmten Charakterkopf vor mir. Von seinen Werken waren „Don Cesar" und „Jad wiga" der Nummernzahl ihrer Aufsührung nach die größten Er folge. Aber es gibt noch mehrere Werke von der gleichen Musikalität, so zum Beispiel „Saint Cyr", „Capitän Fracassa". Auch Opern- bühnen, unter anderen Wien, haben wiederholt Dellingcrs Operetten aufgeführt. Warum di« Dresdner Oper das bisher nicht tat, da doch Dellinger seine halbe Künstl«rlausbahn Dresden, das seine zweite Heimat wurde, gewidmet hat, ist mir ein Rätsel. Schauspielhaus. Die zweite Premiere der Bürgt heater- gäste war die Komödie „Im Wirtshaus zum Pechvogel" von Ashley Dukes, die Felix Salten in. ein kultiviertes Deutsch übertraaen hat Die Dresdner Premiere war zugleich die reichS- dc.utlckic Ilrausfübruna. Sei pL drum! Viel ist nämlich nicht dran au dem dieinktigeu Gerede um die Liebe — notabene die Erotik — als Hcrrciirccht, an der-Philosopbic der Frau über diese Liebe und ihrer Einstellung dazu und an der „moralischen" Phrasierung von der einzigen, echten, großen und wahren Liebe, die Berge versetz: und die Kurtisane znr Dienerin des Mannes macht, sie zur freiwilligen De mut bekehrt. Ich weiß nicht, ob im Repertoire des Burgthcatcrs gleich drei englische Komödien zweiter Autoren nebeneinander be stehen können (Shaw und Galsworthy haben sie uns leider nicht mit« gebracht, die Gäste). Ist das der Fall, dann vermöchte ich dem iw Bnrgthcatcr herrschende» Geschmack kein günstige? Zeugnis auszir stellen. Bei uns wäre das — Gott sei Dank — nicht möglich. Es scheint mir aber eher, daß das UtilitäiSprinzip, also die Zusammen setzung des Ggstspiel-Enscmblcs. diese Wahl für ratsam gehalten hak. Immerhin: wenn eine? der deutschesten Schauspiclthcatcr tu einer deutschen Thcaterstadt von Weltruf mit 6 Komödien ga stiert und 3 davon sind englische ohne überragende Bedeutung . . . Die Konsequenz denke sich die Burglhcatcrleitung selbst auS! . . . Das hält uns nicht ab, der Aufsührung unsere Anerkennung, ja unsere Bewunderung zu zollen. Die schon letzthin gepriesene Ensemble- knnst feierte auch hier wieder Triumphe. Allen voran stehen dies mal die Träger der Jiilriguc H. Romberg, der einen schurken- hasten Edelmann smartester Sorte darstcllte, P. Hartmann, dessen mit starkem Profil gezeichneter Edclkommnnist aus der Erstar rung, die ihm der Dramatiker Dukes zu verleihen für recht besaut«, zu wirklichem Leben erwachte und last not least Else Wohl- gemulh, die die Wandlung von d«r Kurtisane zur liebenden Frau mit Ilebcrzcugung durchzusührcn versteht. Diese drei Künstler bilden die Grundvcsten der Ausführung und ihnen ist der laute, ja begeisterte Beifall, der sich trotz der Juliglut ausschwang, zu gönnen. Die ande ren Rollen, der kuriose Wirt zum Pechvogel (Albert Heine), seine keifende Gattin (Frau Godeck) und die dem Hcrrciirccht erliegende Zose (Anna Salten) haben nur kleine Episoden zu er füllen, waS sie freilich mit Glück tun. Zck Ehrendoktor der Bergakademie. Rektor und Senat bei Bergakademie Frciberg haben aus einstimmigen Beschluß des Profcssorenkolleguims Sen Generaldirektor -er Bäurischen Braunkohleuindstric, A.-G, in Schwandorf, Geh. Kommerzienrat Oskar Kösters wegen seiner großen Verdienste um den bayrischen Bergbau insbesondere der Braunkohlenimrtsckatt. die Würde eines Doktor-Ingenieurs ckrcnkalber verlieken.