Volltext Seite (XML)
Rückgang -es Vor wenig«« Wochen ist di« Behauptung durch die Presse gegangen, die Kriminalität in D«utschländseiim , Rückgang begriffen. Zum Beweis wurde statistisches Ma terial herangezogen. Wie so manches andere werden bei uns bekanntlich auch die Strafsachen gezählt, die zur Aburteilung kommen. Man hat nun das Strafregister der vorletzten Jahre mit dem des letzten verglichen und ist zu dem Ergebnis gekom men, daß unsere Strafgerichte tatsächlich bedeutend weniger be schäftigt worden sind. Die Berichte aus den Strafanstalten lauten entsprechend. Wir haben mehrere alte Gefängnisse schlichen können und hören, das; die andern zum ersten Male nach dem Kriege eine „normale Belegung", d. h. nicht mehr Bewohner haben, als räumlich vorgesehen ist. Einige Anstalten melden sogar, daß nur die Hälfte der Zellen besetzt sei. Ein un- itrüglicheres Zeichen und einen schlagenderen Beweis für die Ver minderung des Verbrccherwcsens kann man kaum verlangen. Als Ursachen dieser höchst erefreulichen Erscheinung kön nen folgend« Tatsachen fcstgestcllt werden: Erstens ist den Ge richten durch neuer« Reformen des Strafrechts (Iugendgerechts- gesetz, Haftprüfungs-verfahren u. a.) eine größere Vorsicht und eine gewisse Beschränkung in der Erhebung der An klage auferlegt. Zweitens ist einer Hauptwurzel der Krimina lität, dem Pauperismus, durch die Erwcrbslosenfür- >orge in gewissem Grade der Boden entzogen. Nicht nur wird ier Erwerbslose durch die regelmäßige Unterstützung vor der »ringcirdsten Not bewahrt und zum Angriff auf Fremdes weniger gezwungen, sondern — und das ist eine Begleiterscheinung der Lrwerbslosenfiirsorgc, di« man nicht hoch genug werten kann — >ie weniger arbeitswilligen, zum Müßiggang neigenden Ele nente unterstehen dauerud einer Kontrolle, die sie zwingt, Arbeit rnzunehmen, wann und wo sic sich auch findet. Eine ander« Er- ilärung für den zahlenmäßigen Rückgang der Kriminalität trotz ver herrschenden Arbeitslosigkeit wird schwerlich zu finden sein, es sei denn, daß man die stille und zähe Erziehungsarbeit hinter ibefängnismauern und die selbstlose Eesangenenfürsorge als dritte Ursache gelten läßt. Das skeptische Lächeln gegenüber den angeblichen Erfolgen der Gefangenenerzichung hat allerdings seine Berechtigung, nachdem die Besserung durch den Strafvollzug ein Jahrhundert hindurch nur auf dem Papier gestanden hat und «erst nach dem Kriege durch das Vordringen der Psychologie in das Gebiet des Gefüngniswesens aufs treue ernstlich erwogen worden ist. Ob die ins Werk gesetzte Strafvollzugsresorm »aucrnd den erhofften Erfolg haben wird, kann m. E. erst liach einem Mcnschenalter sestgestellt werden. Immerhin ist die Verminderung der Eefangenenzahl eine ausfallende Erscheinung, wenn man bedenkt, daß „die Sträflinge es heutzutage so gut haben". Trotz dieser Erwägungen und trotz aller zahlenmäßigen Be lege gibt es für tiefer Blickende Zweifel am Rückgang des Der- Verbrechens? brechens. Daß Staltstiten mancherlei Lesarten gestatten, sei hier nicht in Betracht gezogen, di« zahlenmäßige, quantitative Besse- rung der öffentlichen Moral sei anerkann. Wie aber steht cs mit der qualitativen? Bedeutet das Sinken der Ver brechensquote eine Hebung der allgemeinen Mora l? Statt einer Antwort auf diese Frage sei aus die erschreckende Zunahme der Verbrechen gegen die Sittlichkeit hingewiese». Ein findiger Kopf hat einmal die Behauptung aufgestellt, die Kurve der Kriminalität laufe parallel mit der Entwicklung der Getreidepreise. Das ist in Zeiten starker Schwankungen der Marktverhältuissc nicht unrichtig. Heute muß man den W o h n u n g s m a r k t zur Kriminalität in Beziehung setzen, denn die Zunahme der Sittlichkeitsverbrechen, der Blut schande (Ineestus) insebsondere ist unstreitig eine Folge des Wohnungselcndes. Schon die Persönlichkeit der Sittlichkeits- Verbrecher, sonst Greife, deren Alter nicht vor Torheit schützt und deren Verbrechen an unreifen Kindern von der Psychiatrie auf ein bestimmtes Krankheitsbild (clovaentia senilis) zurückgeführt wird, jetzt vielfach Männer in den besten Lebensjahren, verlangt eine besondere Deutung dieser Kriminalität. Di« Trennung der Geschlechter kann wegen der herrschenden Wohnungsnot nicht durchgestihrt werden. Dadurch werden die natürlichen Hemmun gen gegen unsittlich« Verirrungen aufgehoben. Der Erwerb einer Wohnung ist im Kampf »ms Dasein heute so in den Vorder grund geschoben, daß Lebensgemeinschaften nur deshalb zustande kommen, weil sie die Möglichkeit bieten, unter Dach und Fach zu kommen. Heiraten mit verwitweten oder geschiedenen Ehe gatten werden bevorzugt, weil bei einer solchen Heirat die Wohnungsfrage gelöst ist. Man heiratet die Wohnung, nicht den Lebensgefährten. Kommen durch di« neue Ehe Kinder aus verschiedenen Ehen zusammen, so ist di« Versuchung groß, sowohl für die Stiefgeschwister unter sich als auch für den einen Ehe gatten zu den Kindern des andern. Heiraten aus Wohnungsnot sind fast immer die Vorgeschichten zu Sittlichleitsverbrechen. Es wäre sinnlos, zur Beweisführung hier mit Zahlen zu operieren,- denn so erklärlich Strafanzeigen bei Eigentumsschädigung durch Diebstahl, Betrug usw. ist, so verständlich ist di« Verheimlichung von Sittlichkeitsverbrechen, sei es aus Pietät gegen den unnatiir- lichen Vater oder aus Angst vor der Züchtigung des elterlichen Blutschänders oder schließlich aus Scham und Gewissensnot. Wenn die Anzeigen über Sittlichkeitsverbrechen sich trotzdem von Tag zu Tag mehren, so mag der Einsichtige sich daraus ein Urteil Uber den tatsächlichen Stand des moralischen Zusammenlebens bilden. Bedenkt man noch, daß ein Sittlichkeitsverbrechen wegen seiner inneren Struktur und wegen seiner oft nicht mehr gut zu machenden Folgen ungleich komplizierter ist, als etwa ein Dieb stahl oder ein Betrug, so wird man sich hüten, vorerst von einem wirklichen Rückgang der Kriminalität zu sprechen. lli'. KsuleiK, ^lünüter yltkstrfe» kemvimm benmerl. Heute morgen stand vor einer Strafkammer des La»d- stencht» I di« Berufungsverhandlung in dem Verfahren gegen den früheren Redakteur des „Deutschen Tageblattes", Dr. Julius Lippert wegen der bekannten Verleumdung des preußi schen Wohlfahrtsmiiristers Dr. Hirtsiefer an. In der «rsten Instanz am 2S. Januar 1927 war ein Gesinnungsfreund Dr. Lipperts, ein gewisser Rudolph zu vier Monaten Gefängnis, Dr. Ltppert zu .3000 Mark Geldstrafe verurteilt wor den. Rudolph, der außer Landes lebt, hat sich beim Urteil be ruhigt, Dr. Lippert hatte Berufung eingelegt. Aber cs scheint, als ob ihm, in rascher Folge zu hohen Geldstrafen und monatc- langen Gefängnisstrafen verurteilt, während seiner eigentlichen Strafhaft ein Talglicht aufgcgaugcn ist. daß er sich doch eigentlich von seinen „Führern" — deren Herold sein zu müssen er noch in der ersten Verhandlung stolz als feine Pflicht hinstellt« — hat nasführen lassen, daß er von diesen Führern gewissermaßen ge swungen worden ist, Verleumdungen und falsche Behauptungen, die sie vom sichern Port der Immunität in die Welt gesetzt hatte», weiter zu verbreiten und sich strafbar zu machen. Also schickte Dr. Lippert am 4. Juli dem Minister eine Er klärung und diese Erklärung gab er heut« früh noch einmal zu Protokoll. Diese Erklärung, die sowohl für Minist«! Hirtsiefer eine volle Genugtuung, als auch noch nachträglich die schärfste Verurteilung jenes Verleumdungsfcldznges bedeutet, lautet: „Die im „Deutschen Tageblatt" über de» Herrn Minister Dr. Hirtsiefer verbreiteten Gerüchte, die der Abgeordnete Giesrler seinerzeit im Landtage der Oefsentlichkett »ber gab, habe ichals unwahr erkannt. > Ich habe sie nur deshalb weiterverbreitet, weit ich in meiner damaligen Eigenschaft als Parteiredatteur gezwungen war, die Aussiihrungcn eines Abgeordneten i» entsprechender Ausmachung z» bringen. Ich erkläre nunmehr, mich von der Haltlosigkeit der Be schuldigungen gegen den Herrn Minister überzeugt zu haben und bedauere, zu ihrer Weiterverbrcituug dir Hand geboten zu haben." Aus diese Erklärung hin, die — wenn auch spät — das Be mühen erkennen läßt, angerichtetes Unheil wieder gut zu machen, verzichtet« Dr. Pindar als Vertreter des Ministers auf die von ihm hinsichtlich des Strafmaßes eingeleitet« Berufung. Auch der Staatsanwalt schloß sich nicht aus »nd die Verhandlung war zu Ende. So viel aber darf man wohl vermuten, daß Dr. Lip pert über jene „Führer", die ihn schuldig werden ließen, an „einem untadeligen Manne" (wie das erstinstanzlich« Urteil fest stellte) und ihn dann, als die Sache schief ging, einfach im Stich ließen, heute anders denkt als damals, da er sich stolz als den „journalistischen Schildknappen der bedeutenden Führer Eiescler usw." bezeichnctc. li. EisentniWunM in Amerika. Nyack fStaat Ncuyork), 5. Juli. Ein Person« nzug, der in voller Geschwindigkeit aus iver Ncuyork—Ontario-Wcsteisenbahu fuhr, stieß bei Jones Moint mit einem Güterzug zusammen. Sech- Güterwagen wurden zertrümmert, vier Personen fanden den Tod und zehn andere wurden erheblich verletzt. Bei dem Zugzusammcnstoß bei Nyack wurden außer den vier tödlich Verunglückten entgegen den ursprünglich zu niedrigen Schätzungen etwa 8V Personen verletzt, darunter zahl reiche schwer. Das Unglück ereignete sich in der Nähe der Station Jona Island im Tal des Hudson River, un gefähr 50 Meilen von Ncuyork entfernt. Die Ursache zu dem Zusammenstoß ist noch nicht völlig geklärt. Entweder ist ein Signal mißverstanden worden, oder ein Weich en de se kt hat das Unglück veranlaßt. Der Zusammenstoß zwischen dem Personen- und dem vollbcladonen Eiiterzug war von solcher Gewalt, daß di« ersten zwei Wagen des Personcnzuges sich voll ständig incinanderschoben. Die Katastrophe war von Szenen wilder Panik begleitet. Raubübersall in einem Pariser Solei. Paris, 6. Juli. In einem Pariser Hotel wurde die Gattin eines Im presario von einem junge» Mann in Begleitung einer Frau überfalle» und beraubt. Als sich die Ueberfallcnc zur Wehr zu setzen versuchte, verprügelte sie der Wicht und fesselte sic schließ lich an das Bett. Sie wurde aus ihrer peinlichen Lage nach einer halben Stunde von einem Stubenmädchen befreit. Zusammeustob zwischen Auls und Molorrad. Mainz, 6. Juni. Aus der Straße von Ehausseehaus nach Georgenborn stießen gestern ein Motorrad mit Beiwagen und einem mit füus Per sonen besetzten Auto zusammen. Der Motorradführcr erlitt schwere Verletzungen an Kopf, Händen und Beinen, während der Insasse des Beiwagens sofort t o t war. Die In sassen des Autos blieben unverletzt. -ver organisierte Winzer. Anfangs der Mer Jahre schuf Kaplan Dasbach, der groß« Genossenschaftler, an Mosel, Saar. Ruwer und Nahe zahlreiche Winzergenossenschaften und als deren Zentrale vor nunmehr 39 Jahren den Trierischen Winzer verein. Hier und dort sind diese Genossenschaften cingegangen, weil die energische Persönlichkeit fehlte, sie in schwierigen Zei ten zusammenzuhalten, aber das leitende Prinzip hat sich voll bewährt. Wo die Winzergenossenschaften richtig geführt wer den, blüht auch heute noch der Weinbau. Während der kleine Winzer, der alleinsteht, seine ganze Ernte in einem Faß zujam- mcnschiitten muß, sortiert die Genossenschaft die TrauMn nach Lage und Mostgowicht und erzielt so auch gutbezahlte Spitzcn- meine. Der Trierrsche Winzervcrein hatte im vorigen Jahre den höchsten Absatz seit seinem Bestehen, was angesichts des Tiefstandes der deutschen WirtsäM viel heißen will. Obwohl er drn Kunden bis drei Monate Kredit gewährt, blieb er von größeren Verlusten verschont. Sein Umsatz im letzten Jahre be trug 350 OM Mark, und er verteilte bei einem Aktienkapital von 250 MO Mürk 12 500 Mark an Dividenden. Die letzte General versammlung beschloß, die Bildung von immer mehr Winzer- genossenschaftcn mit ganzer Kraft zu betreiben. Volk ohne Golk. Von Ella Mensch l20. Fortsetzung.) Dieser erzählte mit großer Lebhaftigkeit, wie man jetzt an vielen deutschen Orten wieder auf das farbige Stadt bild zurückgriffe, wie das eintönige Erau und Weiß der Häuser wieder reicher leuchtendem Farbenspiel zu weichen begönne. Der Amerikaner meinte, das sei ja ganz hübsch. Aber die bauliche Hauptfrage der nächsten Zukunft sähe ganz anders aus. Der Forderung, den Verkehr in den Großstädten in Stockwerken sich vollziehen zu lassen, würde man sich kaum lange verschließen können. Unterirdisch würden die Lastwagen gehen, im zweiten Stockwerk die Autos, elektrischen und leichteren Fuhrwerke. Im dritten Stockwerk könnten sich die Fußgänger bewegen, die nach und nach immer weniger Raum wegnehmen wür den, sobald erst jeder zehnte Mensch sein eigenes Auto hätte. „Luft und Licht wird in diesen Straßenzügen dann noch kaum zu finden sein", bemerkte Helm. „Dafür sind dann die Vororte mit ihren Anlagen und Rasenplätzen da," stellte John Ebers fest. „Für unsere deutschen Verhältnisse paßt diese Unifor mierung der Straßenzüge schlecht. Ihr Amerikaner habt in Eurem Landschaftsbilde keine Wege, die dem SLanderer Vorbehalten sind. Alles sind Autostraßen," nahm Helm wieder das Wort. „Die Hauptsache ist dock, daß man Zeit spart und daß man schnell ans Ziel kommt!" sagte John Ebers mit großer Gemütsruhe. „Immer wollen wir Zeit sparen, und doch haben wir noch nie so wenig Zeit gehabt wie heute, bei all unseren großen technischen Errungenschaften. Unser Tempo ist ein imgesundes," entgegnete Helm. „Ich bitte Sie," lachte Ebers. „Ihre gemächliche Ean-art! Eie haben Ha Dar kein« Ahnung vom „«meri- kanNLeu Dmpo . Es gibt eine Art von Fortschritt, die schon wieder zum Rückschritt neigt," fuhr Helm fort. „Das verstehe ich nicht!" erklärte der Amerikaner. „Das glaube ich Ihnen, Mister Ebers," rief Kalisch, der sich bisher nicht am Gespräch beteiligt hatte, denn er war beschäftigt, den Kostenanschlag für einen neuen Auto typ auszurechnen, den der Amerikaner eventuell in Deutsch land einführen wollte. „Mein lieber Kollege Helm gehört zur Klasse der Dich ter und Denker, die bei uns noch immer nicht ausgestorben ist." „Sagen Sie, lieber Kalisch, die eine Wiedergeburt er leben wird!" rief Helm mir leuchtenden Augen. „Haben Sie vielleicht vorhin meine Primaner gesehen?!, die hauen alle in diese Kerbe!" „Sie sind Professor an einer College?" erkundigte sich Ebers. „Sagen Sie getrost: Schulmeister, das Wort klingt meinem Ohre gut!" „O Himmel!" entrüstete sich Thea, „das klingt ja nach Dachstube und Hungerbrot!" „Nach Lebensbrot!" verbesserte Helm. Der Amerikaner lächelte. Der frische junge Main, ge fiel ihm, er hätte ihn gerne für sich und seine Pläne ge wonnen. „Und Sie würden sich nicht entschließen können. Ihr jetziges Lehramt gegen größere Verhältnisse, Ihre Schule gegen die Welt zu vertauschen?" forschte er vorsichtig. „Meine Schule umsaht eine Welt: ganze Geschlechter bereitet sie für das Leben!" beharrte Helm. „Ihr sträubt Euch so gegen den anhebenden und um sich greifenden sogenannten Amerkanisierungsprozeß, aber da die Menschheit nun von Jahr zu Jahr realistischer wird, könnt ihr doch nicht gegen den Strom schwimmen," hielt Ebers dem jungen Enthusiasten entgegen. „Warum wollt ihr diesen Prozeß zu einem Ver- hängnis werden lassen!" rief Helm, „ihr selber habt ja Augenblick«, wo ihr eure Hände und Herzen nach dem Leben «msstreckt, das abseits vom Geschäft, Reklame, Wet ten »«d Höchstrekotden lisgt, nach dem der Seel«. Dann licht ch, «nie« SLn«e, uad Dichter «uch komme» »nd erfrischt euch auf Stunden am Ursprünglichen und Un mechanischen!" Sinnend blickte der Amerikaner vor sich hin: „Ja, ja, Deutschland ist immer noch das Traumland! Halb und halb, von der Mutter her, zähle ich ja auch zu euch!" „Ja, aber sehr halb," dachte Helm bei sich- Er beobachtet-« den Eindruck, den das Wortgefecht auk Thea v. Vorn gemacht hatte. Mit sehr zwiespältigem Empfindungen war sie ihm gefolgt. Daß Richard sich vor dem Dollarmann nicht duckte, daß er kraftvoll seinen Standpunkt vertrat, imponierte ihr einerseits, aber diesen Standpunkt selbst hielt sie für einen verlorenen Posten. Der geschäftstluge Kalisch brachte sein Schifflcin in günstigeres Fahrwasser Nun fehlte nur noch vr. Ernst Friesen, Albert Schönholz, und die Schutztruppe der deutschen Mondscheinschwärmerei war fertig! Wenn sie an Friesen dachte, überkam sie ärger liche Stimmung. Sie war ihm, allerdings dirigiert vom Wunsche der Eltern, ausgesucht freundlich entgegen gekom men, und er war der Eisblock geblieben, der unter ihrem Lächeln nicht auftrauen wollte. Ob es wahr sein mochte, das ihr neulich der Lruoer Joachim, der neugierig überall herumschnüffelte, zuge tragen hatte, daß der Doktor Friesen eine unerwiderte Liebe für Senta Stahl, ihre einstige Lehrerin hege? Als sie damals das Lind sang, hatte er so eigen, man konnte säst sagen, schmerzlich nach ihr hingeschaut. Sie aber, die Ma lerin, hatte nur Augen für Berk Kalisch gehabt. Aus diesem Grunde war Thea doppelt beflissen gewesen, diesen mit Beschlag zu belegen. Denn es langweilte sie. daß man ihr so oft — die Mama tat es mit Vorliebe — diese Senta Stahl als vorbildliches Tugendmuster ausstellt-.. Darüber wußte die nun besser Bescheid. Else, das Kind, hatte in aller Harmlosigkeit etwas aus geplaudert. das. wenn es weitergcgeben wurde, die gesell schaftliche Stellung der Malerin nicht befestigen konnte. Mit Klatsch würde Thea sich nicht befaßen, aber es war immer gnt, wenn man mitunter hinter die Kulissen sab, wo die Leutchen die Masken adlegten. die iie in der Oefsent- 'ickckeit tr»a«n. 'Forftetz»»«