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Tödliches Pad-elboolnnglück Dresden, 9. Iuur. Gestern nachmittng ereignete sich air der Sn toppe ein töd liches Paddelbootunglück. Ein von zwei Personen be setztes Paddelboot geriet in der sechsten Stande mit einem auswärts fahrenden Schlcppzug zusammen. Da das Boot, das ein Segel gesetzt hatte, von dem Radschlepper ersaht zu werden drohte, sprangen die beiden Insassen in das Wasser. Während es dein eine» gelang, das attstädter User zu erreichen, verschwand der 29j brige Me chaniker Herbert Dicrig in den Fluten. Man nimmt an, daß er tinem Herzschlag erlegen ist, da er des Schwimmens kundig war. Du? Uoot wurde vo» de», Schlepper leicht beschndiot : Der Deutsche Philologentag tritt vom 9. bis 11. Juni in Dresden zusammen. Heute nachmittag findet ein Empfang im Kultusministerium patt, dein ein Begriihuugsubenü folgt. Die Arbeitstagung nimmt am Freitagvormittag ihren Anfang. : Noch kein „Locarno" zwischen deutschen und tschechischen Ton ristc». Da dein tschechoslowakischen Touristenklub seinerzeit das Vor recht zur Markierung aus sämtlichen staatlichen Gründen, demnach auch an der Grenze, ciugeräuml wurde und die tschechischen Markie rungen im Grenzgebiete beschädigt wurden, hat der Berwaltungsans- schuf; des Klubs mit dem Hauptvcrbande deutscher Gebirgs- und Wandervcreinc einen Markiernngsvertrag abgeschlossen, wonach sämt liche Markierungen im Grenzgebiete zweisprachig, nämlich tschechisch- deutsch zu sein haben. Der Klub zeigte sich bereit, sein Markierungs recht in Orten, wo er keine Sektionen nusweist, de» Mitgliedern des Hauptverbandes zu überlassen. Während dieser Vertrag im Jahre 1927 bei der Gcncralvcrsammluug des deutschen Hauptvcrbaudes durch eine geringe Stimmenmehrheit genehmigt wurde, hat Ihn die Generalversammlung des tschechische» Klubs in Mährisch-Ostrau unter den, Einfluß der slowakische» und Vcskidensektion abgclelmt und einige Aenderungcn beantragt. Da der Hauptvcrband auf diese neuen Vorschläge nicht erwidert hat. ist cs bisher zwischen den zwei wichtigsten Touristenorganisatioucn in dieser Frage zu keinem Ein vernehmen gekommen. : Das Heimatkundliche Schulmuseum des Dresdner Lehrer Vereins, Sedanstraße 19. Hgb. 3 Tr., gestaltet seine Ausstellungs gruppen nach neuzeitlichen Gesichtspunkten um und bietet nun mehr zwei davon: „Das Bergbau- und das Industriegebiet des Plauenschen Grundes" und die „Ackerbaugebiete in Dresdens Umgebung" wieder der Oeffcntlichkeit. Es nimmt damit auch seine öffentliche Werbetätigkeit für de» Heimatgedanken arg, den es seit über 20 Jahren pflegt, init Führungen und Vorträgen wieder auf und veranstaltet Mittwoch, den 15. Juni, X-5 Uhr. in seinen Räumen einen Lichtbildervorträg. der zu Wil helm Müllers „Frühlingskrauz aus dem Plauenschen Grunde" sDie Fenster auf, die Herzen auf! — Wer hat die rveißen Tücher nstv.) und den allen Schönheiten des Plauenschen Grundes führen wird. Fräulein Käte Prcval wird die Gedichte prechen. Die Teilnahme ist, den gemeinnützigen Zielen des Mu- eums entsprechend, ebenso wie der Eintritt zu den öffentlichen Besuchsstunden des Museums Mittwochs und Sonnabends, 4 bis ß Uhr, unentgeltlich. : BerkelnSerweiternng im obersten Müglitztal. Aus Antrag des kerkchrSousschusses des Dresdner VcrkehrSvcreins läßt die Rcichs- »ost auf der Kraslwagenlinie L a u c n st c i n — Z o l l h a u s Säch- s i s ch - M ü g l! tz (Ausgangspunkt der Tour »ach Voitsdorf-Mücken- lürmcbeu-Graupcn-Teplitz) die Fahrt Nr. 4 (Abfahrt Laucnstcm »bcnds 0.05, i» Müglitz 6.40), die nach den Kursbüchern nur an Sonnabenden und Sonntagen verkehren fast, an allen Tagen lausen. Hierdurch wird eine günstige Verbindung oou Dresden (ab Haupt- tnchnhof nachmittags 9.13, in Laucnstcm nachmittags 5 56) nach dem Ostcrzgcbirge hergcstcllt. : Elbbäder. Sonnabend, den 11. und Sonntag, den 12. Juni 19297 werden aus Anlaß der au diesen Tagen stattsindenden Ruder- Regatta die beiden städtischen Elbbädcr im Ortstcil Vlascwitz Vene mittags 1 Uhr ab für den öffentlichen Badcvcrkchr geschloffen. : Neue Innung. Zur Wahrung der Handwerklichen Interessen und insbesondere zur Heranbildung eines sachmännischcn Nachwuch ses ist eine Freie Kreis-Innung für das Kraftwagen- und Motorsahr- zcug-Rcparnturgcwerbc in der Kreishauptmanuschaft Dresden gebil det worden. Die neue Innung fordert geprüfte Meister für die Lei tung von Werkstätten und weiterhin eine Kontrolle über die Ausbil dung der Lehrkräfte und deS Nachwuchses. Sämtliche führende Fir- inen des Dresdner Bezirkes sind genannter Innung nngescblosscn. Zum Obermeister ist bestellt: Direktor Eiseuschmidl. i. Fa. Garagcn- Aktiengescllschast, TrcSdcn-A. 1. Lindengassc 8—12. Dem Vorstand gehören weiter an: Oswald Richter, Ioh. Linke. Marondc, Eurt Mählcr, Schmidt, Götz, Arthur Engeman» und 'Arthur Liebscher. Für Garagen- und Tankstellcn-Betriebe hat die Innung besondere Gruppen eingerichtet. : Bei der Sparkasse der Stadt Dresden wurden im Atonal Mai rund 2 259 000 Mark eingezahlt und rund 921 000 Mark zuriickgezahlt: demnach betrugen also die Mehreinzahlungei, rund 1 338 000 Mark. AmMelie Vek»nn1m»ekung«i» R. Besichtigung der GrundstUekeentwässerungoanlagen. Am 13. Juni 1927 wird auf Grund von si 0 Abs. 4 des Orts- gesetzes über die Entwässerung der Grundstücke vom 18. Januar. 1924 mit der Besichtigung der Grnndstiicksentwüssernngsanlagen auf ihren bauliche» Zustand und ihre ordnungsgemäße Unter haltung in den westlich der Torgauer Straße zwischen Elbe und Reichsbahn gelegenen Straßen und Plätzen der Stadtteile Pie schen, Trachau und Kaditz begonnen. Die Durchführung wird etiva 4 Wochen beanspruchen. Die Besichtigung erfolgt durch fachkundige Beauftragte des Rates, die mit amtlichen Ausweisen versehen sind. Die vom Grundstückseigentümer für die Besich tigung zu entrichtende Gebühr beträgt je nach der dadurch ver nrsachten Mühe 1—10 Mark. N. Straßenbahnnachrichten. In der Nacht zum Freitag, de» 10. Juni 1927, von 23 bis 5 Uhr früh Linie 7, 9, 11 und 13 über Carolobriicke und Linie 15 über Marienbrücke nmgeleitct. I_«iprig unri Umgebung Die gefährliche Preisschraube Leipzig, 9, Juni. Die Leipziger Straßenbahn, längst eines der teuersten Verkehrsunternehinungen Deutschlands, will schon wieder Preiserhöhungen vornehmen. Hauptsächlich ist es nach dem Vorschlag des Rates an -1e Stadtverordneten darauf ab gesehen, die Nabattsätze abz «bauen. Eine Knipskarte für sechs Fahrten, die jetzt 1 Mark kostet, soll in Zukunft mit 1,10 Mark bezahlt iverden, eine Arbeiterwocizenkarte, die mit der Berechtigung zu 12 Fahrten bisher 1,40 Mark kostete, soll mit 1,50 Mark bezahlt werden, und ein Monatsabonnement lsür das man in Berlin bei weit größerer Ausdehnung der Fahrberech- tigung 26 Mark zahlt) und das in Leipzig jetzt schon 30 Mark kostet, soll nach dem Natsoorschlag 33 Mark einbrlngcn. Be gründet werden die Forderungen mit notwendig gewordenen Lohnerhöhungen. Es ist Samil zu rechnen, daß dieser Plan der Preiserhöhung auf erbitterten Widerstand im Stodtverordneten- Kollegium stoßen wird, zumal doch die Straßenbahn zurzeit allerorts kostspielige und durchaus nicht unumgängliche Er- neneruiigsarbeitcn durchführt. Der Fall Leipzig zeigt, wie das gute Beispiel der Deutschen Reichspost bei anderen öffentlichen Institutionen Nachahmung wecken kann und wird. Man sollte diese sonderbaren Entwicklungen mitten in der Zeit einer durch aus aufsteigendeu Wirtfchaftskonjunktur doch von obenherab unterbinden. Doch freilich, wenn das am grüne» Holze des Reiches geschieht (vergt. Reichspost), was soll dann am dürren Holze der Städte geschehen. Ein langwieriger Schulftrerk K n a «t» a « u d o r s, 9. Juni. Seit Ostern dieses Jahres ist in Knautnaundorf ein Sckulstrcik iui Gauge. Durch Verfügung deS Ministeriums für Volksbildung ist die bisher selbständige Schule i» Knautnaundorf mit dem Schul bezirk Bösdors vereinigt worden, weil die Knautoienmdorfer Schule nur noch von 29 Kindern besticht war. Weil aber der Weg vo» Küautnaundors nach Bösdorf weit und sehr schlecht ist, buben die Knautnaundorser Eltern ihre Kinder seit Ostern uoui Schulbesuch zu- rückgebaltcn. Das Ministerium für Volksbildung bat das Bczirks- schulamt Leipzig nunmehr angewiesen, gegen die Knautnaundorfcr Eitern Strafen zu verhänge» und den Besuch der Bvsdorscr Schule durch die Kinder aus Knauiiunmdorf zu erzwingen. Man kann cs schon verstehen, daß sich die Eltern van Knaut naundorf mit der Verschlechterung der Schntvcrhältniffc nicht gern abfiudcii. Bedenklich aber ist es, zur Durchsetzung rein venvallungs- technischcr Wünsche das Mittel des Schuistretks zu gcbruuchcu, der doch nur in ganz ernsten Fällen von Gewissenskonflikten als ultima ratio der Elter» in Frage kommen kann. ) Zmn Lcichensunv in Wiederitzsch, Das Knmiualamt Leipzig ieiil mit: Nach dein Sektionsbesnnde haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die ans ein Verbrechen schließen lassen, Vielmcbr scheint ein Unglücksfall des Hcmpel vorzuliegen. Wie sestgestellt werden kanuie, ist Hempek ain Psmgstsonnabcnd gegen >9 Uhr aus dem Kö nigsplatz gestürzt und bat sich dabei Kopfverletzungen zugczogcn. Im Krankenhaus St, Georg ist ihm ein Lenkoplastpslasler angelegt wor den. Er ist auf eigenen Wunsch gegen 19.30 Ubr dort wieder ent lassen worden, Die Sektion der Leiche ergab als Todesursache Er trinken. Außerdem wurde ein rechtsseitiger Schädelbrnch und eine ältere Gchirncrkrnnkung sestgestellt. Es ist anznnehmen, daß Hcmpel in Wiederitzsch die Nacht möglicherweise bis zum Souuiagmurgcn uiichcrgcirrt, au de» Baggerteich geraten und dort ertrunken ist, ) Goldenes Toktorjubilämn. Das goldene Toktorjubiläum feiert morgen der in Leipzig im Ruhestand lebende frühere Lcbrer an dem Leipziger Nikolaigtzuniasinm Siudicnrat Professor Dr. plnl. Banneick, Der Jubilar wnrdc am 9, Juni 1877 von der pbiiasopbischen Fakultät der Universität Leipzig zum Doktor der Philosophie pro moviert. Sächsischer Zentrumspaneltag Am Sonntag, den 12. Auni, hält die Sächsische Aentrumspartei ihren diesjährige» ordentliche» Par teitag ab. Tie Pevatungen beginnen I I Uhr vormittags im Spcisesaal des Bahnhofes Di'rsden-Nenktndt. Tagesordnung: 1. Die Politische Lage im « ich 2. Parte, und Presse, 3. Kassenbericht, 4. Neuwahl des Landcsvorstandes, 3. Bcrschiedenes. Mit Stiictsicht dat'anf, daß Beratungsgegenstände von höchster Wichtigkeit ans »er Tagesordnung stehen, wird dar aus grrrchnet, daß alle Bezirke zahlreich vertreten s»n» i Wegen schwerer Beleidigung hatte sich der Redakteur Wal ter Fritz Klobig, verantwortlicher Schriftleiter der Sächsischen Arbeiterzeitung, vor dem gemeinsamen Schöffengericht in Leip zig zu verantworten. Klobig hatte einen Artikel veröffentlicht, in dem er der Chemnitzer Polizei Brutalität vorgeworfen, indem sie bei Erwcrbslosenunruhen auf wehrlose Frauen und Männer eingcfchlagen habe. Das Gericht verurteilte Klobig wegen Be leidigung zu 200 Mark Geldstrafe oder 20 Tagen Gefängnis. ) Eine Skaudalgeschichte. Ter hiesige Dekorationsmaler Gustav Hermann Schöuseld ist kurz vor Psiugsten sestgenommeu und dem Untersuchungsrichter i» Halle zugesührt worden Schönfcld hat Ma lerarbeiten im Leunawcrk ausgcführt und im Verlauf eines Zivil- Prozesses, den er gegen das Werk angestrengt hatte, ist gegen ihn der Verdacht entstanden, er habe Rechnungen «»gereicht für Arbeiten, die überbaupt nicht geleistet worden sind. Ob das Leunawerk durch ihn geschädigt worden ist oder ob der Versuch zur Schädigung Ur sache des angestecngtcn Ziviiprozesscs war, konnte noch nicht festgestellt werden, ) Selbstmord eines Künstlers. Mittwoch vormittag l>at fick der 40 Jahre alte Kunstmaler und Graphiker Erich Eisbein, eine in Leipziger Kunstkreiscn bekannte Persönlichkeit, erschossen Das Motiv zur Tat ist »och nicht geklärt. ^stemnilr, Ivicksu, ?Isuen Grohseuer durch Brandstiftung? Plaue», 9. Juni. In dar Miltwocknackt gegen 11 Ubr brannte in dem etiva zwei Stunden von hier gelegenen Dorse Fröbersgrün Scheune »nd Stallung der Besitzung von Rost nieder, nachdem vor etiva 14 Tagen das Wohnhaus des Gutes den Flammen zu», Opfer gefalle» war. Das Vieh konnte gerettet werden. Der 40 Jahr« alte Mitbesitzer des GuicS Hermann Rost, der in dc>e Scheune ge schlafen hatte, trug so schwere Brandwunden davon, daß er ins Krankenhaus nach Graz eingclicsert werden mußte. Er hat Verbrennungen an Händen »nd Oberkörper erlitten, die so schwerer Natur sind, daß an seinem Aufkommen gczwcisclt wird. Das Gut gekörte nach dem Tode des Besitzers Rost den drei Geschwistern Her mann, Gustav und Klara Rost, Alle drei bewirtschafteten das Gut gemeinschaftlich. Im Lause des heutigen Tages wurden Kla'ea Rost und ihr 23 Jahre alter unehelicher Sohn unter dem Verdacht der B r a n d st i s! n u g verhaftet und ins Amtsgericht Greiz cingcliescrt. tz, Ehemnitzcr Falp und Reitturnier. Ter dritte Schauiag des Eheumitzer Fahr- und Reitturniers konnte bei leidlich gnicui Weiter zu Ende geführt iverden, Frau v. d. Decken, Rittergut Raitzen cr- biett de» ersten Preis der Eignungsprüftmg für Gespanne. Mit ihren dunkelbraunen Stuten Gloria und Norina. In der Reitprü- sttng sü'e Damenpserdc um den Preis der Stadt Chenmitz siegte Frau von Gottberg aus Dr, Lampe-Fischers „Indier". Das Jagdsprin gen gewann gl.nzcnd ohne Fehler auf „Zielen" Hauptmaini Bussar (Dresden), tz Goldenes Ardettsjubiläum. Der Former Ernst Lorenz feierte bei der Firnra Ernst Geßner, A.-G., in Aue sein 50jährige; Arbeitsjubiläum. Saatenstand im Freistaat Sachsen Anfang Juni. Für den Freistaat Saäffcn wurden vom Statistischen Landesamt folgende Dnrchschnitisnoten des Saatenstandes errechnet (dabei bezeichnet 1 einen sehr guten, 2 einen guten. 3 einen mittleren. 4 einen geringen und 5 einen sehr geringen Stand: Winterweizen 2,5 l2,6). Sommerweizcn 2,6 (2,8), Winterroggen 2,9 (2.7), Sommer roggen 2,9 (2,8), Wintergeste 2,4 (2,6), Sommergerste 2,7 (2,0), Hafer 2,7 (2,7), Raps und Rübsen 2,4 >2.8), Runkelrüben 2,9 (2,9), Zuckerrüben 2,9 <2,8), Klee 2,7 (3,2), Luzerne 2,0 (2,7), Be- <Eni-)wässerungswiesen 2,7 (2,6), andere Wiesen 2,8 (2,9). Lu pine» 2,9 (3,1), Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf Anfang Juni 1926. ^ Das Erlebnis. Von F. M. Reisferschcidt. Es ist etn Erlebnis besonderer Art, keines zu haben. Um dessen fähig zu sein, um den Zustand der Erlcbmslosigkeit aus die Dauer zu ertragen, ist unter tlmstiinden mehr vonnöten, als etwa die Eigenschaften sind, die bei jeder besseren Gelegenheit »ur Exklamation verleiten, man habe ja eines gehabt. Es ge hört vor allem Mut und Aufrichtigkeit dazu, und wie es die beste und verläßlichste Illusion ist, zu glauben, man sei gegen jedes gewöhnlicher Art gefeit, so macht es, ich wiederhol«, icnes besondere Erlebnis aus, wenn einer es fertig bringt, ein« Zeit lang bewußt erlebnislos zu verweilen. In einer Zeit, da gute Euba-Zigarren bereits den erforder lichen Erlebniswert in sich tragen, dürste das ja gewiß zu den schwierigeren Obliegenheiten des Di'ldungsperiöken zu zählen sein. Ich kann mir denken, daß ein Mensch soviel List und Standhaftigkeit an diese Aufgabe wendet, wie wiederum hin- rcichte, um bei offenkundiger Ungunst der Situation, also dann, wenn beim besten Willen auch nicht die unbedeutendste Empfin dungschance sich bietet, doch ein Erlebnis zn haben. Dar ist nun freilich in der Regel nutzlos erfolgte Energievcrschwendung, und wenn der Zritungsdruck noch hnizutrltt, erweist es sich, daß diese Art, zu erleben, doch für die Mehrzahl aller Fälle verant wortlich ist. Es erweist sich, daß ein professioneller Blindgänger mit ausgesprochncr Papiergesinnung nur eine zeitweilige Trü bung seines Bewußtseins erleiden muß. ein« Arbeit spann'« des Hirns, die etwa von mangelhafter Verdauung herrührt, um un verzüglich und wie als läge das in der Natur des Erlebens ein Erlebnis zu haben. Aber selbst wenn all« Voraussetzungen des zum Erlebnis gesteigerten Lebens gegeben sind und gerade dann bleibt jenes mitunter aus. An diesem Punkt« unserer Erwägung recht fertigt sich jeder Argwohn gegen die Endsilbe „nis", die ihrer Idee nach die Gedachtniskonserve einmaligen und nur zur Hälfte erfaßten Geschehens ist, Permanenzerklärung und Ent leib» ng, unnütze Vergeistigung und Entsachtlichuno ungenützt entschwindenden Lebens. Dieses nämlich, das wirklich«, große, unsentimentale und gefährliche Leben ist allemal schon gelobet ««,»> »»«üderruflick dabi«. wenn es von unteren orimitioen Organen erfaßt werden soll, wenn wir uns ctnfallen taffen, ihm die Kopfsteuer unserer Phraseusreude absordern zu wollen. Wir werden niemals dazu kommen, es zu bewältige», und selbst im eclsten Künstler muß. wenn er echt ist, stets das ganze Dasein hindurch ein Rest von llnlnst und Trauer lebendig bleiben, eben jener Tribut an das tathaste Leben, das ihm seine Geheimnisse in der Sprachsorm anvcrlraut hat, und das Urbewußtsein, daß Leben in schöner Leibhastigkeit der bessere und gescheitere Bru der aller durch Knnstbemühuug geschwächten Erlebnisse ist. Nun fehlen aber tatsächlich einmal versuchsweise sämtliche Vorbedingungen dessen, was da die Seele erregt zu haben an geklagt oder glücklich gepriesen wird. Der Held ist nicht von der Art, daß er eine voll« Brieftasche oder eine Lebensgefährtin findet, daß ihm der Antomobilkömg Mister Parker begegnet oder daß er nächtens in seinem Speisezimmer Visionen hat, die durch Zugluft hcrvorgerufen werden. Was dann? Entweder er begnügt sich nunmehr mit Mindrem als Anlaß und behaup tet. daß er mit einer Königin Freundschaft gehalten habe, wenn ihm ein Dienstmädchen über die Straße lies, oder aber er ver mauert seine Türe nach außen, gegen das Oedland der uns zugeteilten Banalität, und entschließt sich dazu, anscheinend «r- levnislos. das Denken wie ein nie betretenes Wunderland M erforschen und aus den Nachtgedanken zu schöpfen, was ihm die Taggeschehniffc weigerten, — immerhin ein wahres Er lebnis. VermkcstkL Bischof Dr. Sproll, der neugcwählte Bischof von Rotten bur a. hatte alsbald nach seiner Wahl eine Erholungsreise zur Kräftigung seiner geschwächten Gesundheit nach Lugano ange treten Am Montag wurde der Bischof bei seiner Rückkehr von der Bischofsstadt festlich empfangen. Der Meineid des Separatisten. Das Schwurgericht in Lim burg verurteilte den früheren Separatisten sichrer Karl Kafgine wegen Meineids in zwei Fällen zu zwei Iahen Zuchthaus. Kaf gine. der aus Bad Ems stammt, hatte zur Zeit der Separatistcn- unruhen im Lahnaebiet eine Rolle gespielt. Abgelehntr Ehrenbürger-Ernennung. In einer stürmisch verlaufenen Sitzung des Ecmeinderats und der Gemeindever tretung von Siämaringen wurde die Ernennung des Fürsten Wilbelm von Hobenzollern zum Ebrenbiiraer der Stadt ab- gelchnr, well das derzeitige gespannte Verhältnis zwisil-en Fürst und Regierung zu Mißdeutungen sichren müsse, daraufhin haben ein Stadtrat und zwei Stadtverordnete (drei sürstlnt>e Beamt«) ihren Rücktritt aus den Bürgerlichen Kollegien erklärt. Die Säbelhiebe des Polizisten und ihre Sühne. Das große Schöffengericht Kassel verurteilte den PoUzciassistentcn Seid zu einem Jahr Zuchthaus, weil er am 1. Dezember 1926 einen 16jährigen Jungen, der des Diebstahls wichtiger Papiere ver- diichtigt worden war. aber anfänglich leugnete, zur Erpressung des Geständnisses mit einem Säbel so über den Kopf schlug, daß der Jung« znsainmenbrach. Im Laufe der Verhandlung stellte sich heraus, daß der Beamt« noch in weiteren Fällen sehr rigoros vorging und daß er mit Schlägen und Scheltwörter, sehr schnell zur Hand war. Das Drama in der Pension. Der in München lebend« »1 Jahre alte Schriftsteller Gallus Thomann ermordete seine 57 Jahre alte Ehefrau und verübte dann Selbstmord. Finan zielle Sorgen lagen nicht vor; cs fand sich genügend Geld und Schmuck vor. Die Tat kann nur in einer plötzlichen geistigen Störung erfolgt sein. Ein 1N4jähriger. Der über Bayern hinaus bekannte früher, Nagelschmied Ruckdaschl in Wursicdcl feierte seinen 104. Ge burtstag. Er erfreut sich noch vollständiger körperlicher und geistiger Frische. Bettlersrechheit. Ein Kaufmann in Gerthe bei Bochum hatte einen Bettler abgcwielen und, da er frech im Laden blieb, durch die Polizei ans dem Laden wersen lassen. Einige Tage später erhielt er aus Bochum eine Postkarte folgenden Inhalts: ,Sie unverschämter Mensch! Wie können Sic es »vagen, den 2. Vor sitzenden unserer Dettlcrvereinigung abzuweiscn und sogar ihm mit der Polizei zu kommen! Wir werden demnächst in Gerthe Flugblätter verteile», daß kein Einwohner mehr bei Ihnen 'Ware kauft. Das Sekretariat der Bcttleroercinigung." Im Disziplinarverfahren ans dem Schuldienst entlassen. Lehrer Tilmann Blum von der freien Schule in Gelsenkir- ch e n -- Ro t thaus en ist s. Zt. wegen Gotteslästerung zu 200 M. Geldstrafe verurteilt worden. Das Urteil wurde in der Beru fungsinstanz vom Landgericht in Essen bestätigt. Blum hatte in einer Stabtverordnetensitzung Aeußcrungen getan, wie „Der liebe Gott ist ein Hampelmann", „Die Religion ist ein Misthaufen". Die strafrechtliche Verurteilung hat nun das Disziplinarverfahren nach sich gezogen. In diesem wurde dahin en1scki<-den. daß Lehrer Blum aus dem Schuldienst enttassen wirb