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vlL VLK Süvksttivllo VoUl»rvt1uug ^abrgsug 1927 looooooooo »oo» vooe s»o^o <r»r»»» OOOO »»»o »ooo I Nach Wahrheit forschen, » Das Schöne lieben, » Gutes wollen und Das Beste tu»! Fmuen — ängsttich bemüht, nicht .Mrückzustechen" und dringen dafür große Opfer. Wäre es daher nicht angezeigt, einmal an diese Sache objektiv heranzutreten? Dort, wo keine Sympathien oder gemeinsame Interessen vorhanden sind, soll man natürlich nichts annohmen. Wo jedoch diese da sind, wo Liebe und Interesse gibt, wo man selbst stets gerne bereit wäre, im gegebenen Falle dasselbe zu tun, sollte man sich — beson ders wir Frauen untereinander — nicht mit dem Revanche gedanken das Leben erschweren »<rxK4>»HOO«> o »ooo »<r»r><r> »ooo o »»»» <r><^<rxr> <x><>» » 2er Revanchegedanke im Alltags leben. Von Malvy Fuchs, Budapest. Während das Wort „Revanche" in allen Sprachen als Wiedervergeltung in bösem Sinne überseht wird und auch als solche im Völkerlebe gilt (nur die deutsche Sprache kennt den Segenswunsch „Vergelts Gott") verwenden wir das Wort im Alltagsleben auch im guten Sinne. Man revanchiert sich für Geschenke, für gebotene Gastfreund schaft, für Gefälligkeiten. Jedes Geschenk, jede Gastfreund schaft und jede Gefälligkeit legt uns die Bürde der Re vanche auf. Man mutz sich revanchieren. Und wenn auch „niemand mutz müssen", hier wird es zum Must, dem sich kein Mensch entziehen kann. Es gibt keine größere Freude als schenken, liebe Gäste bei sich bewirten oder jemandem eine Gefälligkeit erweisen. Ob es jedoch immer Freude bereitet, diese anzunehmen oder zu genießen? Ob wir die Dinge ohne jeden Nebengedanken annehmen? Oder ob sie uns die Last des Nevanchegedan- kens aufbUrden? Kinder nehmen von Eltern, Dienstleute von Arbeit gebern, Arme von Reichen, alles — Geschenke, Gastfreund schaft, Gefälligkeiten, ja sogar Opfer ohne Revanchegedan- ken an. Erwarten hier die Gebenden Revanche oder zumin dest Dankbarkeit oder Anerkennung, so werden sie in hun dert Füllen achtundneunzigmal enttäuscht werden. Geben ist immer ein schlechtes Geschäft, wenn man dabei auf Dank barkeit rechnet. Denn nur der Gebende, der auf nichts hofft und nichts rechnet, kommt auf seine Kosten. Er hat die Freude des Gebenden gehabt. Diese ist ein sicheres „Haben", während die Hoffnung auf Dank nicht einmal ein „voll" ist, sondern gleich aufs Konto „Dubios'^ gestellt wer den kann. Uebrigens möchte ich sogar — so burschikos es auch klingt — sagen, daß wer auf Dankbarkeit hofft, dem geschieht es recht, wenn er enttäuscht wird. Denn es gibt sehr wenig Menschen, die dankbar sein können. Ich meine damit nicht,daß die meisten im Augenblick, da ihnen eine Freude bereitet oder eine Gefälligkeit erwiesen wird, dies nicht dankbar genießen können, sonder», daß die meisten Leute an Gabe und Güte sehr schnell vergessen. Dies er führt man, wenn man Kindern, Armen, Schülern oder sogst wem unzähligemal Gefälligkeiten erwiesen hat, einmal eine Bitte oder einen Wunsch nicht erfüllt, oder wenn sie einen nicht mehr benötigen. Das ist auch die Ursache, wes halb Leute, die einen mit ihrem Leid aufgesucht haben, dann, wenn es ihnen gut geht, dem, der sie im Leid gekannt, getröstet oder ihnen geholfen hat, sogar ausweichen. Sie wollen nicht an die traurige Zeit ihres Lebens erinnert werden, und. daß sie gar dankbar sein sollten, haben sie längst vergessen. Wer sich darüber ärgert, beweist, daß er im gegebenen Falle ebenso handeln würde. Denn Undankbarkeit ent springt dem Selbsterhaltungs- und Selbsteinschähungstrieb. Um nicht vergessen zu können an gebotene Hilfe, an ge noffene Freude und Güte, um nicht vergessen zu können, was man von dem Erreichten den anderen zu verdanken habe, mutz der Selbsterhaltungs- und Selbstbewertungstrieb nur so groß sein, damit er genüge, die Selbstnernichtung zu ver hindern. Und dessen sind nur sehr wenig Menschen fähig. Der Revanchegedanke im Alltagsleben hat jedoch mit jenen Gefühlen nichts zu tun. Man revanchiert sich wohl mit dankbarem Gefühle. Man hat Freude genoffen und will Freude schenken. Es wurde einem Ehre erwiesen und man will Ehre erweisen. Man will, weil man will und man will, weil . . . man mutz. Daß hierbei Hemmungen ent stehen, wissen die wenigsten. Die Sache spielt sich nämlich im Unterbewutztsein ab und ist uns so gewohnt, daß wir sie nicht beachten. Leute, die nur mit — in materieller und geistiger Beziehung — ihresgleichen verkehren, achten strenge darauf, daß sie sich für Bewirtung, Geschenke usw. in gleicher Weise revanchieren. Es sind „gesellschaftliche Pflichten", über die alle klagen, doch um keinen Preis auf geben möchten. Dagegen soll auch nichts gesagt werden. Erstens, weil es nichts nützen würde, zweitens, weil die Menschen Fesseln benötigen, um nicht umzufallen und schließlich, weil der Mensch des Menschen Bedürfnis ist. Es gibt jedoch unter diesen Leuten auch solch«, die gerne auch mit solchen Leuten verkehren, deren materielle oder sonstige Verhältnisse es nicht gestatten, sich für gebotene Gastfreundschaft oder Geschenke in gleicher Weise zu revan chieren. Jene fragen auch nicht danach, ja sie freuen sich sogar darüber, weil sie die Gebenden sind. Diese »vollen jedoch nicht immer die Beschenkten sein. Sie bedrückt bei jeder Taffe Tee, jeder Blume, jeder Gefälligkeit der Re vanchsgedanke. Sie ziehen sich zurück oder sie revanchieren sich unter großen Opfern. Daß uns hierdurch große Werte verlorengehen, weil durch die Verschiedenheit der Menschen, die miteinander verkehren, sich der Gesichtskreis erweitert und neue Erkenntnisse und Erfahrungen gewonnen werden, der Reoanchegodanke jedoch diese Gelegenheiten hierzu er schwert, ist den wenigsten klar. Es gibt allerdings auch Leute, die nur, um sich nicht revanchieren zu muffen, trotz dem sie es könnten, von niemandem etwas annehmen, wie es auch Leute gibt, die ohne auch nur an Revanche zu denken oder sich nur zu Dank verpflichtet fühlen, unbeküm mert Gastfreundschaft, Gefälligkeiten usw. annehmen. Von diesen letzteren Typen abgesehen, leiden jedoch die meisten Leute unter dem Revanchegedanken, sind — besonders die Die Frau auf Reisen. Von Elfriede Jessen. Weih man eigentlich noch von der aufgestörten Aengstlich- keit der Frau, wenn sie früher eine Reise antreten sollte? Bon der Umständlichkeit der Vorbereitungen, die wochenlang vorher in allen Ecken und Winkeln der Wohnung spürbar war? Die Selbständigkeit unserer heutigen Weiblichkeit, die sich in dem letzten Jahrzehnt überraschenderweise ganz ungeahnt heraus kristallisierte, hat sich auch der Haltung der Frau auf Reisen angenommen. Man sieht auf den Bahnhöfen immer mehr den bewußten Schritt der alleinreisenden Dam«. Sie fragt, was ste nicht weiß, ist nicht mehr wie einst auf den Better Oskar, auf Onkel Theodor, auf den großen Bruder und die Uberbesorgie Mutter angewiesen, ohne deren Begleitung es fast unmöglich war. auch die kleinste Reise anzutretcn. Das weibliche Wesen von heute hat in einem halben Tag seinen Koffer gepackt, versteht — o Wunder — manchmal sogar schon mit dem Kursbuch umzugehen, setzt sich nicht mehr so ohne weiteres ins kinderreiche Frauenabteil, behauptet seinen Fen ster- oder Eckplatz mit frischer Grazie, läßt sich auch in eine vorübergehende Unterhaltung einspinnen und weiß durchaus eine Haltung zu vermeiden, die sich für das Tempo eines dahin brausenden D-Zuges nicht recht eignet. Hilflosigkeit und verwirrte Befangenheit trifft man auf der Reise eigentlich sehr wenig an. Die Frau, gleich welchen Stan des. hat doch die Augen ganz anders auf, als zur Zeit unserer Großmütter und Mütter. Beobachte, mit welcher Ruhe sie ihr Gepäck verstaut, mit welcher Gelassenheit sie sich einrichtet für die Dauer ihrer Fahrt, mit welcher harmonischen Sicherheit sie Schaffner und Führer um Auskunft fragt Sie weiß mit er staunlicher Kenntnis von Knotenpunkten. Kopfstationcn, Eisen bahnnetzen zu berichten, und wenn sie schon öfters gereist ist. mit Prägnanz von Anschlüssen. Kleinbahnen und dergleichen mehr „männlichem" Wissen zu erzählen. Sie ist schon ein äußerst anmutiges Bild ihrer Zeit, wenn sie so durch die Land schaft fährt. Auch die Art, sich für die Reise anzuziehen, weiß ste in ganz anderer Form zu betonen. Es gab eine Zeit, da galt cs für leichtsinnig, sich die besten Sachen, die man besaß, aus der Reise anzuziehcn. Die Angst, übermäßig verstaubt, verrußt, verwelkt ans Ziel zu kommen, schrieb gewisse dunkle, mehr „praktische" Kleidung vor. Die gefälligen, so kleidsamen weißen Blusen wurden in den Koffer gesperrt, Helle Strümpfe und der bessere Schuh ebenfalls, der gute Handschuh wandert« dazu, und so saß man denn graubraun oder lodensarben-griinlich aus seinem Platz. Heute, wo die Bahnen infolge fortschreitender Technik weniger Ruß verpuffen oder gar schon elektrisiert sind, kann inan getrost wagen, sich nett und sogar hell anzuziehen. Gewiß, ein Reisekleid ist kein Promenadekleid, aber sich deswegen auf eine Eisenfarbe festzulegen, auf den Reiz Heller Stümpfe und hübscher Schuhe zu verzichten, sich womöglich den ältesten Hut aufzu setzen, das ist auch keine richtige Lösung. Die knappe schlanke Linie des Reisekostüms mit Heller Sporlbluse, feschen» Gürtel und einem absolut nicht luxuriösen Drum und Dran kann in der einfachsten Ausführung immer noch eine sachliche und ge fällige Wirkung haben. Und der Hut? Erinnerst du dich noch der Zeit, wo man es häufig zu sehen bekam, daß in eine mitgebrachte Papierdllte der federgeschmückte Hut verstaut wurde? Eine kleine kleidsame Kappe oder ein Hütchen aus Leder, Burbury, Gabardine usw. — fertig; eine einfache fesche Lösung. Ein fester Handschuh, der nicht in allen Nähten kracht und stöhnt, wird die Erscheinung einer nettgekleideten Dame heben. Das Gepäck? Wozu eigentlich das riesige Aufgebot dick- gefüllter Futterale, überflüssiger Schirme, wozu drei bis vier Hutschachteln oder Pappkartons mit trübseligem Strick? Die Sachlichkeit des Reiseanzugs muß sich auch im Gepäck wieder holen. Der flache Koffer — nicht jeder kann sich einen teuren Schrankkoffer leisten — hat vereinfachtere Wüsche, knapp ge arbeitete Kleider und weniger Platz raubendes Schuhzeug auf- zunehmcn. Gestärkte Unterröcke, weitbauschige Toiletten von einst hat man Eottseidank nicht mehr. Die Kunst des Packens — übrigens ein Kapitel für sich — balanciert die Kofserzahl ge schickt aus. Es macht wirklich keinen guten Eindruck, mit tausend und einem Stück in den Zug zu steigen. Die Gesamterscheinung der reisenden oder allein reisenden Dame von heute hat eben eine viel herbere Linie und ist in Haltung und Kleidung ein sympathisches Bild aus Bahnhof und Bahnsteig Schellende Armen. Den Hausfrauen. Gattinnen und Müttern wird häufig in Scherz und Ernst der Borwurf der Zanksucht, des Scheltens und Keifens zur Last gelegt. Zugegeben, daß vereinzelte Frauen in besonders ausgeprägtem Maße zur Tanthippe neigen mögen, der Hausfrau des griechischen Weisen Sokrates vergleichbar, deren Launen und Zänkereien sprichwörtlich wurden im Laufe der Jahrhunderte. Jedoch zur Ehrenrettung der Weibwesen sei an erkannt, daß im allgemeinen die Männer ebensogut zum Nör geln, zur Launenhaftigkeit, zum Schelten und Brummen neigen, häufiger sogar cholerisch veranlagt sind als die zumeist sanguinisch abgestimmten Frauen. Früher rechnete man dem Manne als Haushaltungsvorstand seinen Existenzkampf als Entschuldigungsgrund hoch an: Der Mann muß Geld verdienen, von früh bis spät arbeiten, er hat ein Recht auf Nerven, hieß cs immer wieder. Heutzutage steht auch die Frau im Erwerbsleben und nimmt teil an Arbeit, Sor gen und Kampf des Familienvaters um Wohnung, Nahrung und Kleidung. Oder sie trägt wenigstens ohne joden Beistand die Lasten der Hauswirtschaft auf ihren oft recht zarten Schultern, sie sorgt für Kinder, Mann und Haushalt, ohne je an ihre eigene Erholung denken zu können.' Wer wollte da der Frau unserer heutigen Epoche das Recht auf — Nerven absprechen? Wer wollte ihr nicht zugestehen, einmal die Geduld zu verlieren und ihrem Mißmut die Zügel schießen zu lassen, wo selbstverständlich Satter Sommer. Jetzt sind die Tage so voll und satt. So wunderreich, so wonnematt. Die Halme stehen im Feld wie Sperre, Sie neigen sich in Reifensschwcre. Dahinter blaut, ein Riese, der Wald, Von Märchen raunt er ururalt. Von Rätseln irrt und sprüht es rings, An den Wegen träumt die bleich« Sphinx, Schemen geistern durchs gelb« Feld, Eine Glocke rust, ein Hofhund bellt. Die reife Beere fällt im Forst, Der Geier fliegt aus seinem Horst, König der Lüfte, von Gottes Gnaden, Die Fittiche in Sonne zu baden. Da schwebt er, da steht er, o schwindelnde Schau, Ein winziger Punkt, hoch, hoch im Blau. Und weit, weit draußen am fernsten Rain Blitzt eine Scherbe wie Demantstein. r. S«lurdaglu»w«-S^wckal. Güte, Sanftmut und Milde die geeigneteren und edleren Waffen im Kampf mit dem Alltag sein würden? Dieser Kampf mit dem Alltag ist meistens ein Kampf um und mit Kleinigkeiten, und bekanntlich verwunden Hunderl Nadelstiche ebenso schmerzhaft wie ein einziger Schwerthieb, und viele Mückenstiche kosten das gleiche Blut, das ans einer tiefen Wunde fließen kann. Warum sollten da die Frauen, die im Er tragen körperlicher Leiden, im Opfcrbringen und Standhalten fast immer größere Helden sind als der Mann, nicht anch einmal das Gleichgewicht verlieren nnd ihre Schmerzen leidvoll fühlen? Ich will weder der Launenhaftigkeit noch dem Schelten das Wort reden. Es gibt nichts Schlimmeres als eine hysterische Frau, nichts Häßlicheres als häuslichen Unfrieden, nichts Zweck loseres als ein alltäglich gewordenes Keifen, wogegen Jederman schließlich abgestumpft sein wird. Aber ohne Schelten ist keine Erziehung möglich, ohne Energie keine Haushalt- oder Geschäfts führung, ohne zielbewusstes Vorgehen auch kein erfolgreiches, zweckdienliches Miteinanderleben von Eheleuten, die es ernst meinen mit ihren Aufgaben. Hand aufs Herz, liebe Mitstreiterinnen des Lebens: Möchtet ihr nicht viel, viel lieber vergnügt, sorglos und ein ganz klein wenig leichtlebig eure Erdenwallfahrt absolvieren, anstatt stetig erziehen, kritisieren, nörgeln und keife» zu müssen? Versucht es einmal, mit Lachen und Freundlichkeit die Steine und Nesseln aus dem Weg zu räumen, die immer wieder die Alltagsstraße mit Schutt, Scherben und Unkraut bedecken wollen! Versucht es, die Sonne scheinen zu lassen, wenn draußen der Himmel dicht vor, Wolkcngrau und Sturmfetzen verhangen ist! Ob nicht solch ein Sonnenstrahl, solch ein gutes Wort oft größere Wunder wirkt als di« längste Gardinenpredigt? Wenn aber die Güte nicht am Platze sein sollte, dann fest zu gepackt, den Stolz und die Würde gewahrt, und schließlich anch einmal mit Energie restlos durchgcfahren! Es gibt ja leider Männer, Kronen der Schöpfung, die schwierig zu behandttn sind, und bei denen, wie bei großen und kleinen Kindern, die Erzie hung niemals aufhören darf. Gute Worte, Lächeln und Freund lichkeit lösen bei ihnen nur das Gegenteil der ersehnten Wirkung aus. Man wird für schwach, für gutmütig, sogar für dumm ein geschätzt, und das gespendete Vertrauen schlecht belohnt. Mit einem Achselzucken geht der arme Sünder über die gewährte Ver zeihung zur Tagesordnung über, um das nächstemal — im Hin blick auf ewig vorhandene Güte — abermals und mit noch grö ßerem Mut zu sündigen! — In solchen Fällen nutzt einzig die unnachsichtige Strenge, in des armen Sünders eigenem Interesse. Dem Geschick und Instinkt der in Erziehungsdingc» meistens gutbegabten Frau bleibt es Vorbehalten, den rechten Weg zu finden, ob Güte oder Strenge am rechten Platz. Ein Maßhalten hat jedenfalls noch niemals geschadet, weder im Guten noch im Bösen. Und wer mit rechter, inniger Liebe schelten kann, — der sei ob dieses Scheltens gewißlich nicht ge scholten! Lmva> Ittcu'-