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zu« Opfer auserrorei», — wir sollt« chm da ein winzige, Häus- chrn Trotz bieten, wen« er es vernichten wollt«? Dort, wo di« Straße vom Tal« heraufkam und aus dem Wald« auf di« Wiese trat, erhob sich eine Kapelle. Eine holz geschnitzt« Mutter Gottes stand freundlich lächelnd auf dem Altar, trug ihr Jesulein auf zärtlichen Armen und ihr blauer Mantel bauscht« sich in oielen Falten, in denen ein wenig Staub lag, um sie her. Der rauschten die Bäume ihre Sorge ins Ohr und dufteten die Blumen ihren Kummer vor. Inzwischen war der Wind, der sich in seinem Zorn zum Sturm ausgewachsen halt«, in den Weltenraum hinausgesaust, mitten hinein zwischen die Wolkenriesen, die sich träge am Him mel streckten. Ei, da k>am Leben und Bewegung in ihre Massen! „Natürlich helfen wir dir!" riefen sie voll Eifer, denn für solche Sachen waren sie immer zu haben. Und mit lautem Gelächter, das den Menschen wie Donnergrollen klang, machten sie sich auf den Weg. Sie zögerten aber, ihr Vorhaben auszufiihren, ehe es dunkelt«, denn Diebe und Mordbrenner sind keine Freunde der liehen Sonne. Dann ballten sie sich, vom Sturm geführt, über der Bergwiese zusammen. Die Sterne -flickerten und flackerten ängstlich, sie schossen aufgeregte Sternschnuppen ab, um di« Leut« im Nein«» Hause zu warnen. Di« aber hatten ein schweres und arbeitsreiches Tagewerk hinter sich und schliefen gut und fest. Bald waren di« Stern« hinter den Wolken ver schwunden, di« sich nun anschickten, ihre grellen Blitze herabzu schleudern nur erst ins Ungewisse hinein, als spaßhafte Ouver- lüre zu dem beabsichtigten Zerstörungswerk. Aber mit einmal hielten sie erschrocken inne, denn aus der Kapelle trat die Jung frau Maria und ging eiligen Schrittes über die Wiese. Mit beiden Händen raffte sie ihr langes Gewand, um schneller aus- schrciten zu können — ja, nun lief sie beinahe, und ihr blauer Vlanlcl umbauscht« sie und weht« hinter ihr her, wie ein Segel im Sturm. Bor dem gefährdeten HLuschen machte sie Halt. Sie hob den Mantel von den Schultern und er schwebte, leicht wie eine Feder, bis über das Schindeldach, über dem er sich schützend ausbrettet«. Unter dem verhängten Nachthimmel ein zweiter Seiner Himmel vom leuchtendsten Blau, an dem di« eingrsttcktrn Stern« funkelten. Was half es nun den W«tt«r- wolken, doh st« Blitz auf Blitz gegen das Hau» sandten, daß fi« ihr« Donner nur so krachen liehen! Bon dem -lauen Ge- -elt prallten Hr,c Geschoss« wirkungslos ab. Und so sehr auch der Sturm an dem Mantel ritz und zerrte, es gelang ihm nicht, ihn auch nur um eines Strohhalmes Breite zu verrücken, damit die Wolken ihre böse Tat ausführen konnten. Da heulte er vor Wut und Enttäuschung lartt auf, und di« Wolken vergossen Zornestränen, so dah ein recht arges Wetter über der armen Wiese niederging und die Tannen im Walde böse gezaust wurden. Doch mitten auf der Wiese stand die Madonna und lachte, daß es wie Lerchenzwitschern durch all den Graus trillierte! Endlich sahen Gewitter und Sturm das Aussichtslos« ihres Bemühens ein. Die Wolken steckten den Nest Ihrer Blitze wieder ein, hörten auf zu donnern und zu regnen und zogen davon. Der Sturm flaut« zum sanften Winde ab, und saß rittlings bei ihnen auf. Als das Unwetter sich ganz und gar verzogen hatte, und die kühl« Bergnacht das kleine Haus wieder friedevoll umgab, besten Bewohner ruhig schliefen und nicht ahnten, was sich zugetragen hatte, da erst senkt« sich der Mantel, leicht wie ein« Feder, von seinem Hüierplatz auf di« Schultern seiner Herrin nieder. Die rafft« ihr Gewand, und schritt wiegenden Ganges nach der Kapelle. Die Blumen, von dem Unwetter aus dem Schlafe ge- schreckt, dufteten ihr zu und der Wald rauschte Dank für die Hilfe in der Not. In der Kapelle nahm st« ihr Knäblein, das in einem der Lhorstühl« schlummert«, und stieg leichtfüßig auf den Altar zu rück. Da stand fi« nun wieder, lächelnd und holzgeschnitzt, hielt das Jesulein auf zärtlichen Armen und ihr blauer Mantel bauscht« sich in vielen Falten, in Lenen schon ein wenig Staub lag, um sie her. der Dinge, außer Gleichgültigkeit und Widerspruch, auch Zu stimmung für ihn ergeben hätte. Ehe diese sich aber noch äußern tonnt«, warf ein« Frau dem pathetischen Sprecher «nt^ gegen: „Drängen Sie lieber nicht so vor! Sie find später ge kommen als ich und stehen jetzt vor mir." Das patzte nicht recht in die Debatte. Das wirkt« sehr prosaisch in diesem Augenblick, in dem große Politik produziert worden war. Aber die Frau war sachlich im Recht. Es fiel auch mir jetzt auf, daß der hutzelig« Mann vorher hinter mir ge standen hatte, sich jetzt aber schrägrechts von mir befand. Da der Herr nicht gleich reagierte, wiederholte die Frau: „Sie sollen sich lieber nicht so vordrängen." Und wie sic dies sagte, ward es mir klar,' auf dieses .Iicber" kam alles an. Auf dieses „Lieber", das die Aufmerksamkeit von der Aufrollung über zeitlicher historischer Moralkomplexe auf die kleine Anständig keit des Augenblicks lenkte, das am Postschalter nicht di« Erörte rung politischer Thesen, sondern die Verwirklichung des Ee- rechtigkeitsprinzipes erwartete, nach dem früher daran kommt, wer früher da ist. Inder Schlang« hätte sich unter dem frischen Eindruck der ge quollenen Worte des Herrn, vorhin bei einigen Leuten vielleicht ein« gewisse Geneigtheit gezeigt, ihm beizupflichten. Jetzt wollte kein einziger mehr etwas von ihm misten. Er hatte eine ge schlossene Front gegen sich. Cs will mir scheinen, daß diese Tatsache wesentlicher für die Hoffnung auf spätere glücklichere Tage ist, als die, daß über die Schuld an der Briefmarken-verteuerung kein« Einigkeit erzielt werden konnte. . Hochspannungsmasten lm Westerwald. Ungeheuer kommen dunkel, stumm vom Lärm der Hellen Ebenen her durch den Fluß und sumpfige Schlucht die Buckel der Berge herauf. Schreiten, feierlich gereiht, durch Acker, Gras und Wald: graue Dämonen im schweren Schuh von Beton, mit eisernen Knochen, kantigem Drachenkopf, knisternd« Blitze in krallen Jsolatoraugen, stahlgesponnen die starr gespreizten Flügel. Drohen: Wir tragen Tod und Luzifers Flamme! Lächeln, watend im Kornmeer, wie Christophorus. Schleppen an glän zenden Drähten und Strängen die Wunder der Ferne her in Wiesenidyll und Wacholderspuk. Und wandern, vom Ruf der Horizonte gelockt, noch länderlangen Weg — im Nacken die Fracht der fließenden Feuer. Verschenken auf der ekstatischen Wallfahrt Atem und Kraft vom Sturz und Turbinenprall der Wasser an jedes schlagend« Dynamoherz und sprühn, willfährige Knechte, Sonnenstrom ins verknüpfte Geäder der Milliarden gläsernen Lichter bis in di« dumpfen Ställe der Dörfer. Und preisen im hohen Magnifikat und Orgelchor der Maschinen selig den ruhlos schaffenden Gott. * Eine Harfe hängt überm Land und sigt: zum Säerspruch, ins Sichelgezisch und zum Sensenschnitt und Rollen der vollen Wagen. Zum Furioso toller sommerlicher Donner und in die fromme Litanei der Glocken. Kinder staunen hinauf, legen Las Ohr an den Eisenturm, das Gedröhn der Ströme zu hören. Und in die Friedhofsstille klirrt der lebendige Psalm, daß die Toten an der dünnen Decke tasten, verwirrt vom brausenden Odem. Schwanke Dogen der kupfernen Taue im schwirrenden Wind find Schaukel den Vögeln. Königskerze und Fingerhut laufen mit dem Fremdling durch die Schneise im Wald um die Wette. Spielerischer Mond iurnt am Reck der geklafterten Arme. Im roten Abend stehen Verklärte, Sterne ziehn um dl« braven Giganten den glitzernden Heiligenschein. Aber im Dämmer der Nebel gespenstern llnholdschiffe vor bei, klagend« Raben im Takelwerk, vom Blau der Elmsfeuer magisch umzuckt, und führen dich fort in die Polnacht der Schrecken. Im fahlen November flügeln schwarze Todgerippe aus leeren Feldern gewaltig auf. Und im Sturm der Wodans nächt« horchst du schauernd hinaus, wenn die Harfe hoch auf dem Rücken der Riesen zum Hcimaisang der nahen Wälder braust und von der großen Ferne gottesdunkel tönt. Will^ krackt. ^ 1 A 6 / Hans Sauer Um das Organisattonsvermögen des Postamts in meiner Gegend ist es nicht gut bestellt. Auf den anschwell«nden Ver kehr in den Nachmittagsstunden ist es nicht eingerichtet. Regel mäßig kommt es iir diesem Zeitabschnitt vor den wenigen geöff neten Schaltern zur Schlaugenbtldung. Gestern hatten sich diese Schlangen gar zu Ungetümen aus gewachsen. Vor meinem Schalter zum Beispiel stauten sich weit über ein Dutzend Leut«. Line Weile hatte Ruhe geherrscht in unserer Formatton. Wir harrten und warteten und dröselten vor uns hin: jeder beschäftigt mit seinen privaten Gedanken. Als dann di« Abfertigung eines vor kurzem zu unserem Vorder mann avancierten Posttunden eine ungewöhnlich lang« Zeit in Anspruch nahm, machten sich zunächst einig« murrende Laut« in unserem Glied bemerkbar, die wenige Sekunden später in eine Kritik an dem Schalterbeamten übergingen, der, in ungehaltenen Worten beschuldigt wurde, seine Arbeit säumig abzuwickeln. Jemand opponiert«: Der Beamte erfülle schon seine Pflicht. Die Stockung käme vielmehr auf das Schuldkonto unseres augenbltck« lichen Vordermannes, der gewiß ausgerechnet jetzt, zur ungün» sttgsten Zeit, dem Beamten allzuwiel Arbeit aufgebürdet habe. Aus dieser Kontroverse entwickelt« sich nun rasch ein« allgemeine Würdigung der Zeitereignisse unter besonderer Berücksichtigung postalischer Maßnahmen. Lin Herr im Klemmer tat des unbe streitbaren Umstandes Erwähnung, daß di« Postdirektton ihr« Gebühren demnächst um fast 50 Prozent erhöhe — und es lag in seinem Tonfall eine herbe Kritik an dieser Postverteuerung, di« ganz offenbar an die Adresse ihrer unmittelbaren Verursacher gerichtet war. Ein verhutzeltes Männchen bog diese Kritik aber rasch ab und behauptete asthmatischen Organes, daß nicht der Postminister und seine Ratgeber für diese Ausstockung der Markenpreise verantwortlich zu machen wären, sondern, daß di« Auswirkung des Dawes-Planes sich hier offenbare, den Deutsch land auf keinen Fall hätte annehmen sollen. Aber leider seien wir von fremdrassigen Elementen zur Unterwerfung unter das Diktat verleitet worden. Ein schlicht gekleideter Mann lacht« auf: Was habe denn der Dawes-Plan mit der Postverteuerung zu tun! Man solle doch nicht immer allen Unfug, der im eigenen Lande angerichtet werde, auf fremde Regierungen oder auf die berühmten „fremd- rassigen Elemente" schieben. Man solle sich di« Einzelheiten der Portoverteuerung nur einmal durchlesen. Es käme alles darauf hinaus, daß der einfache Bürger und der kleine Geschäftsmann hochgenommen würden, während den Großen verhältnismäßig wenig geschehe. Er bemühte sich, diese Ausfichrungen mit ge nauen Angaben zu belegen und konnte die Zustimmung vieler Wartender für sich buchen. Der hutzelige Mann war peinlich berührt von dieser Gegner schaft gegen sein« Ansichten. Mit sich überstürzender Stimm« versucht« er, ein« Korrektur der öffentlichen Meinung zu seinen Gunsten durchzusetzen, aber er bedient« sich dazu nicht der Zer- pflückung der Ausführungen seines Widerparts, sondern er er weitert« das Thema ins Uferlose und begann, von deutscher Volksmoral und dem Krieg zu reden, den wir nicht hätten zu vertieren brauchen, wenn wir nicht vorzeitig die Waffen weg geworfen hätten. Schließlich richtete er geradezu einen Appell an die Umstehenden, ihm doch beizupflichten. Er hatte seine Sätze temperamentvoll vorg« tragen, und es war« wahrscheinlich gewesen, daß sich bei normaler Abwickelung Heidezauber. Don cnriett« Brey. Wenn draußen tm Lande die Natur ihr« Maienzeit längst überschritten hat und in hochsommerlichem Prangen still der Fruchtvollendung des Herbstes entgegonreist — dann koinmt auch für die arme verachtete Heide die Brautzeit. Und sie wird aus einer niedrigen Magd, aus einem bescheidenen Aschen brödel eine strahlend schöne Königin. Di« Heide blüht . . . Sie hat ihr purpurnes Festkleid angezogen. Die sanft ge wellte weite UnendliAeit ist blaurot im erblüht, schimmert und keuchtet von Rot und Rosenrot und Violett. Wie ein Blüten meer wogt und brandet das, so weit das Auge reicht. Ist gleich schimmernden Somtteppichen ausgebreitet. Ja. fi« ist schön in ihrem rotgoldenen diamantenüberriesel- ten Brautaowand! Ein Lberquellendes Leben scheint seine Wunder aufgeton zu haben, brennender und reicher und favben- iauchzender als im Frühling und Sommer. Es ist, als wollt« vie Natur, dir hier in der HeidewiLmis noch ganz in ihrer ursprünglichen Freiheit waltet, sott Jahrtausende.: unverändert, von keiner menschlichen Kultur berührt, zum Msthied noch ein mal mit lohendem Farbenzauber sich schmücken, ehe sie stirbt. Zn dom lilaschimmernden Teppich des Heidekrautes sind blaue Enzianen und Glockenblumen elngosttckt, uttd die fleisch farbenen Glöckchen der MoorLoide. Stolz« Könjgscerzen haben ihre Leuchter ausgesteckt. Blau- und Preiselbeeren lugen da zwischen. Aus dem lichten Grün der Ebereschengvupp« am Heide hügel glühen wie Korallen dieg länHendroten Vogelbeeren — ein köstliches Geschmeide. Goldgelb« Schwertlilie« reihen sich -um Kranz um die binscnbcstandenen Hcidekolke. Hoch oben zieht etn Königsweih sein« Kreise. „Eine traumkuß« Msion von Duft und Glanzgeriesel und Farbenstimmung!^ dacht« der junge Wanderer, der durch die wund erfülle Einsamkeit des blühenden Geländes streifte. Er dehnt« die Brust und atmete ttef. Oeffnete all« Tore und ließ seine Seele sich „aussonnen". Er nahm den Weg gegen das Totemnoor, das in seiner Düsterkeit und Oede so recht der Bannort der ,/unerlösten Seelen" schien, zu dem der Bolksmund es schuf. Jetzt aber war sein Umkreis umgrünt: von Blüten über sät. An den Sumpfstellen stand in üppiger Fülle der blühende samtne Sauerampfer, flüsterten die schlanken Seggen und Ried gräser mit dem rötlichen Sonnentau. Und darüber waren die weihen Flocken des Wollgrases gestreut, die gelben Tupfen des Hahnenfußes und die Rojaperlen des Moor-Rosmarins. All« Torfkohlen und Moortümpel hatten ihren Eoldschmuck angelegt: ein Halsband von flammendgelben. Schwertlilien, di« zwischen Röhricht und Binsen ihre stolzen Kronen wiegten. Auf dem Wassettpiegel der Weiher und Kolke huschten Käfer und Wasserfpinnen im Sonenschein hin und her. Und darübezc schwirrten die wunderschönen schillernden Lichtgeschöpfe: die schlanken blaugoldenen Libellen. Bon ferne grüßten dunkle Fichten und der herbstlich« Laub wald mit seinen satten Farbtönen, die die jung« Buntheit des Frühlings weit übertrafen. Mattgelb, grün, braun in allen Abschattungen bis zur lohenden Kupferfarbe schimmerte der Wald. Und über all der Pracht spannte sich ein wunderbar ge färbter Himmel. Leuchtende Luftschichten in gelben, blauen, rosigen und violetten Farbenabstufungen mit dazwischen vor- tretenLem tiefblauen Himmel. Ein halbverschlafener Vogelvuf aus dem Wacholderdickicht. Millionen Lebewesen summten und surrten und geigten und zirpten in der flimmernden Lust. Der einsam« Heidegänger setzi« sich auf einen mit Torf moosen und Flechten Werflwnenen Hünenstein »wischen üppig wucherndem Farnkraut. Sinnend saß er da, träumte und träumt«. Hörte das Herz der Heide schlagen, das heimlich kreisende Leben durch ihr« Adern pulsen. Der Atem der Unendlichkett wehte ihn an. Ern wunder samer Zauber hielt ihn umfangen und bedrängt« sein Herz so. daß die Freud« fast zur Traurigkeit wurde. „Seltsam," dacht« er. „adß tief« Freude nicht allein sein Mutter. Du lächelst noch» wenn alle Hagen, Wenn Stürme tosen, rauh «nd wild. Das Schwerste mußt du immer tragen Und bist doch immer gut und mild. Wenn uno die Kräfte ganz versiegen Und unser Blick wird trüb' und bang, Dann wehrt dein -erz dem Unterliege» Und spornt uns an zu neuem Ean^ So wirkst du rastlos durch das Leben Und bist ein Licht bei Tag und Nacht. Das Letzte willst du freudig geben, Wenn es dein Kind nur glücklich macht. Vror», vlagl». will! Leid sucht Einsamkett — Freude muß sich Mitteilen, sonst zersprengt sie das Herz . . . Solch ein« Weihestunde sollt« man nicht allein genießen! Ein lieber Mensch müßte neben mir über die weißen Sandwege schreiten, über den lila Brokatteppich wandern, Hand in Hand . . . schweigend und man fühlte alle Freude und alle Nervenschnnngungen von einem zum andern zittern . . . und sähe in des andern Augen dasselbe Entzücken über all die süße Schönheit . .. dieselbe wie penne ichs ... Hingegcbeicheit, Verlorenheit o, so schön — so schön ist Gottes Welt . . ." Er strich verwirrt mit der Hand über di« Stirn. Wohin taumelten seine Gedanken? . . . Hielt der Heidezauber ihn in Bann? Und er träumte, träumte wetter. Sah mit blicklosen Augen ins Weite. Und es log ein unbestimmtes Suchen darin, als müsse dort hinter den golden leuchtenden Birten eine schlanke Gestalt austauchen . . . „Erika . . " murmelte er. Ein unbewußtes Lächeln blühte um seinen ernsten Mund auf. Gedankenversunken ließ er die rötlichen Seggen durch sein« Finger gleiten. Dann atmete er ttef auf und warf sich länge- lang ins duftende Heidkraut — und träumte und träumt«. Und der Heidezanber umspann sein Herz mit traumseligen Zukunftsbildern, die farbenfchillernd hinüberglitten ins Un bewußte. Unwirkliche. . . . Und «rdrntbunden fühl ich mich verwehn In Duft und Blüten wie ein Heiderauch. S? Mein Vle-ä-vl». Auf irgendeiner Station hält unser Zug «nd auf dem Nachbargeleise hält ebenfalls einer. Nun will es der Zufall, daß in dem Nachbarzu« jemand am Fenster liegt, gerade mir gegenüber. Natürlich unterhalten wir uns in diesen zwei Minuten über alle Möglichkeiten, namentlich über Her. kunft und Ziel. Mein Nachbar findet es komisch, daß ich dahin fahre, wo er hcrkommt und umgekehrt. Dann meint er noch: „So kreuzen sich di« Lebensweg« und keiner von uns wird wohl den andern Wiedersehen." Er drückt mir die Hand, die Züge pfeifen ab. und jeder saust in seiner Richtung weiter. Eigentlich ein Ansinn, denke ich großes Aufsehen von solchem Zusammen treffen zu machen. Als ob nicht das ganze Leben ein« solche Reise sei, wo der ein« an dem andern vorbeifährt, tagtäglich auf der Straße, in der Elektrischen, im Theater, Kino, Wirtshaus und so weiter. Der ganze Unterschied ist der. daß dem durch da» Leben Reisenden im allgemeinen die Muse fehlt, solche Be trachtungen anzustellen. Erst beim Reisen entsteht dann dies« Eisenbahn-Philosophie, da» Nachgrübeln über das Woher. Wo- hig und Wozu, heroorgerufen durch den Wechsel des Orts, durch die Ueberwindung von Raum und Zeit, die an das Veränder liche, Vergänglich« mahnt- Mettarck Uagöll.