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Sie Belgier im Kongo-Gebiet. von Dr. Walter Hagemann. Loanda, im Juli. Die Vorländer haben uns gezeigt, daß auch ein kleines Volk zu kolonisieren vermag, wenn hinter den tropi schen Pionieren ein aufstrebender Staat mit wirtschaftlicher und völkischer Krastentfaltung steht. Das Experiment — an dem Bismarck einen so bedeutenden Anteil hatte —, Belgien den achtzigmal größeren Kongostaat anzuver trauen, brauchte daher nicht von vornherein als gewagt zu erscheinen, zumal die übrigen Kolonialmächte in jenen acht ziger Jahren durch die Entwicklung günstiger gelegener Kolonialgebiete völlig in Anspruch genommen wurden. Aber gerade dadurch, daß man den belgischen Kolonial erwerb durch Neutralisierung den übrigen Mächten schmack haft zu machen suchte, und ihn statt der unmittelbaren bel gischen Staatshoheit einem unabhängigen Wirtschaftstribu nal unterstellte, schuf man die Grundlage zu jenen Vor gängen, welche unter dem Namen der Kongogreuel jahre lang die europäische Oeffentlichkeit beschäftigt haben. Um den belgischen Kongo ist es heute still geworden. Teils wurde die Ausbeutungs-Wirtschaft der alten Kompagnien durch das Nachlassen der Naturprodukte stillgelegt, teils griff die belgische Regierung mit schützenden Maßnahmen ein, und heute ist der Kongo in jenes Stadium gleichmäßi ger landwirtschaftlicher, bergbaulicher und verkehrstechni scher Entwicklung getreten, welches den besseren unter den afrikanischen Kolonien gemeinsam ist, und das man mit dem knappen Prädikat „Gut" oder „Böse" nicht wohl um schreiben kann. Der Kongo staat mit seinen 2,3 Millionen Qua dratkilometer nimmt das Herz des äquatorialen Afrika ein und ist wie das benachbarte Rhodefia fast ein Vinnenstaat. Seine 3728 Meilen lange Grenzlinie reicht nur in einer Breite von 25 Meilen an das Meer, an jener Stelle, wo der gewaltigste Strom Afrikas, der Kongo, seine Fluten in den Atlantischen Ozean ergießt. Seit -1 Jahrhunderten bildet die Kongomündung das Eingangstor zum tropischen Afrika, und von hier aus ist auch der belgische Kongo er forscht und erschlossen worden. Hier startete 1877 Stanley zu seinem transafrikanischen Forschungszuge, von hier aus trieben die Belgier ihre große Derkehrsstraße nach Jnner- afrika vor. Freilich, dicht oberhalb Boma, der heutigen Hauptstadt des belgischen Kongo, wird bei Mataoi der Flußlauf durch Stromschnellen unterbrochen, und eine 400 Kilometer lange llmgehungsbahn mußte (in den neunziger Jahren durch General Thys) erbaut werden, um die Trägerstraß«, die berüchtigte „Route des caraoannes" durch mechanisch« Transportmittel abzulösen. Bei Leopold- ville jedoch öffnen sich 15 000 Kilometer offener Schif fahrtswege auf dem Kongo, Ubangi, Kasai und den zahl reichen Nebenflüssen, welche ein Vordringen in di« ent legensten Gebiete gestatten. Nur noch einmal in der Welt, im Amazonasgebiet, hat die Natur dem Menschen das Ein dringen in entlegene Gebiete ähnlich leicht gemacht wie am Kongo. Bis Stanleyville am nordöstlichen Kongo- bvgen — eine Strecke wie von Rotterdam nach Konstanz — gehen die Dampfer, dann muß eine Umgehungsbahn bis Ponthiersville (127 Kilometer) und eine zweite von Kindu bis Kongolo (365 Kilometer) den fehlenden Schiffahrtsweg ersetzen, um die südwestlichste, wichtigste Provinz des Kongo staates, Katanga, an die nationale Route anzuschließen. Das riesige Gebiet ist zu einem großen Teile, vor allem in den Flußniederungen, von tropischen Sumpfwäl dern bedeckt, besitzt aber in den Hochländern, vor allem des Eiidostens, offene Savannenlandschaft, die infolge Fehlens der Tsetsefliege sogar extensive Viehzucht ermöglicht. Die Zahl der eingeborenen Bevölkerung, welche sozial und wirt schaftlich im allgemeinen weit hinter der westafrikanischcn Küstenbevülkerung zurücksteht, wird auf 7,5 Millionen ge schützt, und zwar drängt sich der größere Teil der Bevölke rung im fruchtbaren, wohlbobauten nordöstlichen Grenz gebiet von Uganda und dem Edwardsee sowie im Südost zipfel des Minendistriktes von Katanga zusaminen. Die spärliche Besiedlung erklärt sich aus der mit dem Eindringen der Weißen überhandnehmenden Verbreitung der ende mischen Krankheiten, wie Typhus, Cholera, Schlafkrank heit sowie aus den rücksichtslosen Ausbeutungsmethoden, mit welchen die großen Konzessionsgcsellschasten die Neger unter Anwendung aller möglichen Grausamkeiten in den Dienst der Kautschuk- und Elfenbeingewinnung stellten. Viele Völkerschaften find völlig ausgestorben oder aus gewandert, so daß Gegenden, in welchen früher volkreiche Stämme saßen, heute verödet sind und von belgischer Seite selbst ein Rückgang der Bevölkerung um 50 Prozent an genommen wird. Diese Methoden haben bei der offiziellen Uebernahme des Kongostaates durch Belgien 1906 einer Politik der Schonung Platz gemacht, die in dem Bestreben, vergangen« Sünden gutzumachen, sogar über das Ziel hin ausgegangen zu sein scheint und den Negern Rechte gewährt hat, wie sie fortgeschrittenere Völkerschaften in den Küsten kolonien teilweise noch nicht besitzen. Die Schutzbestimmun gen gegen Mißhandlung und Enteignung sowie Arbeits- zwang der Schwarzen gehen so weit, daß sich teilweise di« Beamten auf den Außenposten zu einer Umgehung der Be stimmungen gezwungen sehen, um einen geregelten Vevwal- tungsbetrieb aufrechterhalten zu können. Die Wirtschaft des Kongo hat ein Menschenalter lang im Zeichen der wilden Gewinnung von Kautschuk, Elfenbein und Kopal gestanden, und eine gesunde Aus bildung der Landwirtschaft ist dadurch lange hinausge zögert worden. Zwar hatten die Regierung und einige Missionsgesellschaften Versuchsstationen geschaffen, um die Anbaumöglichkeiten für Plantagenprodukte wie Kaffee, Kakao, Baumwolle, Sisal zu studieren, aber den privaten Unternehmern fehlt es an Geduld und Erfahrung, viel leicht auch an Mitteln, um Unternehmungen auf so lange Sicht ins Werk zu setzen, während so viel leichtere Gewinne winken. Erst als der Kautschuk von 33,80 Fr. im Jahre 1910 auf 4,75 1914 und damit wenigstens für die großen Unternehmungen unter die Rentabilitätsgrenze siel, als die Elefantenjagd immer spärlichere Resultate ergab, und der Elsenbeinexport von 229 To. 1908 auf 182 To. 1917 sank, wurde der Uebcrgang vom Raubbau zur Produk tionswirtschaft zur gebieterischen Notwendigkeit. Neben Kopal, dessen Export lohnend blieb, waren es vor allem Oelpalmenprodukte, auf welche sich das Interesse konzen trierte, und die mit den Jahren steigende Erträge ab- ivarfen. Vor allem war es der englische Unternehmer Lever, welcher unter dem Namen der „Huileries du Congo belge" in der Aequatorprovinz riesig« Palmpslanzungen zur Oelgewinnung anlegte, eine eigene Oelindustrie und Konaolmiffabrt schuf, und beute neben 200 Weißen 12 000 veraliW Im Reichs,lagsavsschvtz Der Handelspolitische Ausschuß des Reichstags beriet gestern nach Erledigung kleinerer Vorlagen den deutsch französischen Handelsvertrag. Zunächst gab Ministerialdirektor Dr. Ritter vom Auswär tigen Amt hierzu eine umfassende Darstellung. Der Vertrag ist aufgebaut auf dem Grundsatz der gegenseitigen Meistbegün stigung, der nur in zwei Beziehungen Einschränkungen erleidet. Der Grundsatz der Meistbegünstigung wird sofort und uneingeschränkt verwirklicht, vor allem auf dem Gebiete des Aufenthalts- und Nicderlassunasrechts, des Betriebes von Han del und Gewerbe, des Erwerbes von beweglichem und unbe weglichem Vermöge», der Tätigkeit von Handelsgesellschaften, der Besteuerung und der inneren Abgaben, der Einfuhr, Aus fuhr und Durchfuhr, der Behandlung der Handlunasreisenden, Warenproben und Muster, des Verkehrs auf den Eisenbahnen und der See, Küsten- und Binnenschiffahrt sowie des Konsular- wesens. Auch auf zolltariflichem Gebiet haben sich beide Vertragsteile grundsätzlich die gegenseitige Meistbegünsti gung zugesagt: vom 15. Dezember 1928 ab gewährt Deutschland Frankreich die volle Meistbegünstigung a, jure, Frankreich Deutschland die volle Meistbegünstigung <ie iscto. Bis zum 15. Dezember 1928 haben sich beide Teile jedoch gewisse Dis kriminierungen Vorbehalten. Darin liegt die eine der oben erwähnten Einschränkungen der Meistbegünstigung. Deutschland wäre an sich bereit gewesen, Frankreich schon von Anfang an die volle Meistbegünstigung zu gewähren: Frankreich hat aber geglaubt, siir einzelne Warengevietc während einer Uebergangszeit die volle, tatsächliche Meistbegünstigung noch nicht gewähren zu können. Daraus hat sich für die deutsche Regierung natürlich — entgegen der grundsätzlichen Bereit willigkeit — die Notwendigkeit ergeben, auch entsprechende Dis kriminierungen gegen Frankreich für die gleiche Zeit cintrcien zu lassen. Es kann aber festgestellt werden, daß die Meistbegün stigung zugunsten Deutschlands für schätzungsweise-n e u n z i g vom Hundert des tatsächlichen deutschen Ausfuhrinteresses schon von Anfang an gilt. Von allgemeiner Bedeutung sind fer ner die Vereinbarungen über die Geltung der Meistbegünsti gung für die französischen Kolonien und Mandatsge biete. In dem französischen Kolonialreich ist Deutschland die volle Meistbegünstigung auf allen Gebieten, insbesondere hin sichtlich des Warenverkehrs, des Schiffsverkehrs und des Nieder lassungsrechts zugestanden worden, mit folgenden Ausnah me n, in denen die zweite der oben erwähnten Einschränkungen der Meistbegünstigung liegt: eine Ausnahme ist vorläufig für Fudschi na gemacht worden. Bezüglich Marokkos ist es nur gelungen, die deutschen Wünsche hinsichtlich des Warenver kehrs und der Schiffahrt durchzusctzen. Dagegen konnte es nicht erreicht werden, auch die Anerkennung des deutschen Nicder- lassungsrechts in Marokko zu erhalten. Wenn die deutsche Re gierung diese Differenzierung schließlich hingenommen hat, so hat sie dies nur getan, weil sie im letzten Augenblick den Ein druck gewonnen hatte, daß daran das Zustandekommen des Ver trages scheitern würde und weil auch die französische Regierung aus anderen Gebieten sichtbare Beweise des Verstan- diaungswillens gezeigt hat. Die deutsche Regierung kann aber diese Sck.lechtcrstellung deutscher Staatsangehöriger nicht hinnehmen, ohne Verwahrung gegen diese durch nichts gerechtfertigte Zurücksetzung Deutschlands zu erheben. Es ist für die deutsche Negierung eine Selbstverständlichkeit, daß sie. wenn in Zukunft wieder Verhandlungen über die deutsch-fran zösischen Wirtschaftsbeziehungen stattsinden sollten, die Be- seitigung dieser Schlechterstellung als erste und unverzicht bare Forderung erheben wird, und sic gibt der Erwartung Aus druck, daß die französische Regierung auch schon vorher bereit sein wird, diese jetzt ossciigebliebenen Angelegenheiten zu bereinigen. Von bffonderer Wichtigkeit sind die Bestimmungen über die zeitliche Geltung des Vertrages. Die ordentliche Kündigung kann erstmalig erfolgen am 1. April 1929 zum 39. Juni 1929. Da der Vertrag vom 0. September 27 ab vor läufig ailgewendet werden soll, ergibt sich daraus für den Regel fall eine Dauer von 22 Monaten. Daneben besteht für beide Teile die Möglichkeit der außerordentlichen Kün digung im Artikel 6 für den Fall des Inkrafttretens einer dlgnng >m Artikel v für französischen Zolltarifnooelle. In der Aussprache beton betonte Nbg. Dr. Reichert (Dnat.), die Deutfchnationalen träten auch dem neuen Abkommen kritisch aegenüber. Die Abmachungen bildeten für das deutsche Aus- fuhrgewerbe keinen Anlaß, damit zufrieden zu sein. Abg. Dr. Dessauer (Zll knüpfte an die Zustimmung zu dem Vertrag folgende drei Bemerkungen: Zunächst gelte die Zustimmung der Tatsache dieses Vertrages, die politisch und wirtschaftlich von sehr großer Bedeutung sei. Nicht in gleichem Grade erstrecke sich die Zustimmung auf den Inhalt des Ver trages, der in mehreren Beziehungen sehr viel zu wünschen übriglasse und als Anfang der Verständigung, nicht als Ende zu betrachten sei. Und schließlich wünschte er namens seiner Parteifreunde — und er glaube, daß andere Ausschußmitglieder sich dem anschließen werden —, der deutschen Delegation für chre zähe und bedeutende Arbeitsleistung bet der Verhandlung dieses mühevollen und wichtig«» Vertrages eines der größten Schritte in Richtung auf Len Frieden seit Versailles — auf richtigen Dank und Anerkennung auszusprechen. Abg. Dr. Hoff (DVp.) gab seinem Bedauern darüber Aus druck, daß der sofortig« Eintritt der Meistbegünstigung nicht für das Ecsamtgebiet des deutschen Ausfuhrinteresses erreicht wor den fei. Auch di« Einschränkungen, dt« Lei der Bildung der französischen Zölle hätten hingenommen werden müssen, entsprä chen nicht den Erfordernissen eines in seiner weiteren Entwick lung gesicherten Handelsverkehrs. Aog. Wissel (S«z.) war der Ansicht, daß vom Standpunkt der Entwicklung der deutschen Wirtschaft der deutsch-svanzöstsche Handelsvertrag eine Förderung bedeute. Dabei sehe Red ner die Zollbindungen, die Deutschland eingegangen fei, nicht als Nachteil für Deutschland an. Abg. v. Rlchthosen (Dem.) beglicht« den Abschluß des deutsch-französischen Handelsvertrags. Allerdings schmerze es, daß vom nationalen Standpunkt Verschiedenes nicht zu erreichen gewesen sei. Slbg Dr. Rauch (Bayr. Bolksp.) wies darauf hin, dcch wir aus gesämtpolitischen wie aus wirtschastspolitischen Erwä gungen heraus das größt» Interesse daran haben, mit einem so grossen Lande wie Frankreich wieder zu geregelten wirtschafts politischen Beziehungen zu kommen und aus der früheren kriege rischen Stimmung hemus wieder zur Stimmung wirtschaft licher Sachlichkeit zu gelangen. In der Abstimmung wurde schließlich der deuffch-fran- zöstsche Handelsvertrag mit allen Stimmen gegen die der Kommunisten angenommen. Hierauf vertagte sich der Ausschr ß. Eingeborene ln feinen Diensten hat. Die Umstellung der Raubbau- und Pflanzungsprodukte kommt in den Export ziffern von 1905 und 1925 deutlich zum Ausdruck: Wäh rend der Kautschuk von 5,3 Mill. To. auf 0,7 zurückging, stieg der Palmnuß-Export von 4,8 auf 54,2 und der Palm ölexport von 1,7 aus 12,9 Mill. To., ein sichtbares Zeichen für den grundlegenden Wandel in der belgischen Kolonial wirtschaft. Auch die lange vernachlässigten Eingeborenen kulturen werden heute zum Gegenstände staatlicher Fürsorge gemacht. Der „Mustergouverneur" der Ost provinz de Meulemeester war es, welcher 1904 den Einge- borenen-Neisbau im Bezirk von Stanleyville einführte und so große Erfvlge damit erzielte, daß heute mit dieser Produktion der ganze obere Kongo versorgt werden kann und geringere Mengen versuchsweise exportiert werden. Die BaumwollLsHöelche bereits eine hohe ackerbauliche Schulung vl>rq.Wetzs,L,wurde 1913 von der amerikanischen Mission in Luvbo ekstgefiihrt und 1916 zum erstenmal am oberen Lualaba von Eingeborenen angebaut: 1926 betrug die Ausfuhr ca. 2 Mill. To. Eine „Compagnie cotonniere congolaise" hat sich zur Propagierung der Vaumrvoll- produktion gebildet. Wenn man bedenkt, daß die belgische Textilindustrie noch den größten Teil ihrer Baumwolle aus fremden Kolonien bezieht, so versteht man den eminent nationalen Wert dieser Propaganda. Die Ausnutzung der riesigen Holzvorräte des Kongo steckt noch in den Anfängen. In der Nähe der Flußläufe hat der starke Verbrauch der holzfeuernden Dampfer schon bedenklich aufgeräumt. Aber einer gewinnbringenden Verschiffung nach den Industrie ländern stehen vorläufig noch die schwierigen Verkehrsver hältnisse und hohen Frachtsätze im Wege. Weiße Kleinsiedlung hat sich, dem Charakter der Kolonie entsprechend, nur im äußersten südlichen Hochland und auch hier nur im bescheidenen Maße entwickeln können: Nach 1911 sind um die aufblühenden Jndustrieplätze Llisabeth- ville und Kambove ca. 100 kleine Bauerngüter entstanden, welche den städtischen Markt mit frischem Gemüse, Früch ten, Maniok und Kartoffeln versorgten, aber 1919 war ihre Zahl bereits auf 35 zurückgegängen, und gegenüber der Eingeborenenproduktion spielen die Marktprodukte der Weißen kaum noch eine Rolle. Daran hat auch das 1923 mit großen Mitteln ausgestattete und eifrig werbende „Comitö special du Katanga" sowie die im April d. I. ge schaffene „Association belge d'Agronomie tropicale" nichts zu ändern vermocht, ein neuer Beweis, daß tropische Europäer-Siedlungen zum Scheitern verurteilt sind. So verheißungsvoll die landwirtschaftlichen Anfänge sind, und obgleich belgische. Kolonialpolitiker meinen, daß in der Plantagenwirtfchaft und Eingeborenenkultur die Zukunft des Kongo ruht, so ist doch die Kolonie vorläufig nichts ohne ihre Mine n. Jene Minen Katangas, die als unverhofftes Geschenk dem glücklichen Territorialherrn in den Schoß gefallen sind, und aus einer wertarmen Tropen kolonie eines der bevorzugten Bergballgebiete der Welt gemacht haben. 1911, zwei Jahre nach der Entdeckung, be trug der Kupferexport Katangas 997 Tonnen, 1926 : 88 889 Tonnen, die Zahl der Weißen daselbst stieg in der gleichen Zeit von 700 auf 7000 — 50 Prozent alle, Kongoeuropäer wohnen heute in Katanga! Die Industriezentren Elisabeth- ville und Kambove wurden über Nacht zu modernen Wohn» Plätzen mit vorzüglichen Lebens- und Verkehrsverhältnissen ähnlich wie Johannesburg oder Kimberlev. Katonn-,- Schicksal erinnert durchaus cur oen Aufstieg der südafrika nischen Minendistrikte. Wie dort das Gold, so zahlte hier das Kupfer den Bau moderner Städte, wertvoller Erschlie» ßungsbahnsn, die Ausgaben eines großen Landes, das bis her nicht ohne Zuschüsse leben konnte. Auch die Nachbar gebiete haben aus seinem Aufstieg Nutzen gezogen, vor allem Rhodefia, das keinen günstigeren Absatz für seine Kohl- und sein Vieh hätte finden können. Katangas Auf stieg wurde bis in die letzten Ausläufer des südäquatorialen Afrika hinein spürbar: Daressalam, Delagoa, Durban, Kapstadt, Lobito profitierten von ihm. Katangas Aufstieg warf den alten belgischen Kolonial- plan über den Haufen, der bereits seiner Verwirklichung ontgegenging, nämlich die Idee der nationalen Kongoroute, die darauf basierte, allen Verkehr des riesigen Gebietes auf den Stanleypool und damit auf die kleine von Belgien kontrollierte Küstenfront zu konzenirieren. Zwar ist Elisa» bethville von Boma aus auf der großen Kongoroute heute erreichbar: aber dieser Weg erfordert neben einer Zeit dauer von 3—4 Wochen achtmaliges Um laden der Güter und damit eine für den Handel untragbare Be lastung. Als daher die Rhodesiabahn über Broken Hill im Jahre 1909 nach Katanga vordrang, zog sie automatisch einen großem Teil des Güterverkehrs an sich und nach den südafrikanischen Häfen. Die 1912 begonnene und 1915 voll endete Lukugabahn von Kabalo nach Albertville öffnete über die Zentralbahn in Daressalam ein neues Tor für den Katangahandel. Die in 2—3 Jahren fertiggestellte Lobitobahn «Mich wird den Weg von Katanga nach dem nächsten atlantischen Hafen auf 1900 Kilometer verkürzen, und damit alle anderen Routen unterbieten. Ob unter diesen Umständen der alt« Plan, Katanga über Dukama und Jlebo an den Oberlauf des Kasai und damit an die „nationale Kongoroute" anzufchließen, noch zur Durchfüh rung gelangt, darf mehr als zweifähast erscheinen. Solche kostspieligen Experimente darf sich ein so kleines und finan ziell so schwaches Land wie Belgien kaum gestatten, zumal der strategische Sinn dieser Strecke bei der maritimen Schwäche des Mutterlandes mehr als zweifelhaft erscheint. Andererseits rückt durch diese Südorientierungen Katangas die Gefahr der Ueberfremdung immer näher. In Katanga steckt nicht allein viel englisches und amerikanisches Kapi tal, auch die Hälfte der Bevölkerung ist nichtbelgischer Her kunft, und die Nähe der südafrikanischen Union hat schon mehrfach Anlaß zu belgischen Besorgnissen gegeben: Vor allem 1923, als Rhodefia über seinen Anschluß an Süd afrika abstimmte und Smuts in öffentlicher Rede die Hoff nung ausfprach, daß Südafrika bald vom Kap bis zum Tanganyika reichen iverde. Denn der Kongo ist waffenlos, und das Herz der Kolonie, Katanga, ist ohne Sckmtz dem starken Nachbarn ausgeliefert. Die frühere «Göden" geyooen Konstanttnopel, 39. Augup. Der seinerzeit im Marmarameer auf Grund gelaufene und halb versackte türkische Kreuzer „Sultan Iawus Selem", der frühere deutsche Panzerkreuzer „Eoeben", ist jetzt gehoben wor den. Er wurde in einem v>m der Lübecker Werst ftrtiggestellten Schwimmdock rinaedockt.