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Donnerstag, den 11. November 1926 Nr. 256; Seite 6 Das Paradies von Vellowskone Neiseüilder aus Wild-West — Männliche und weibliche Cowboys — Keihe Quellen und Geifer — Canyons und Wasserfälle Eine Reise nach dem Nellowstone-Gebiet gilt auch bei den Amerikanern als ein besonderes Erlebnis. Der Weg ist ziem lich weit — von Chikago noch über I.MI englische Meilen (zirka zweieinhalbmal soweit wie von Köln nach Königsberg) west wärts, erst über oas fruchtbare Flachland von Illinois nach Sa- vannah, wo der Mississippi erreicht wird, und diesen entlang bis nach St. Paul, ivelches hauptsächlich von Deutschen bevöl kert ist, während in dem gegenüber liegenden Minnesota das norn>egische Element vorherrscht. Der Mississippi hat mich in landschaftlicher Hinsicht stark enttäuscht. Die Strecke ihn entlang bis St. Paul wird als die „sccnic Line" bezeichnet. Aber wer dabei an unfern Rhein zwischen Mainz und Bonn denkt, ist auf dem Holzwege. Ganz Amerika von dem westlichen Alleghanian-Gcbirge bis zu den westlichen Felsengebirgen ist nämlich nur eine einzige ge- nmltige Ebene ohne grössere Verwerfung der Erdrinde. Die Flüsse, besonders der Mississippi im Osten und der Missouri im Westen, haben in diese Ebene ihr« Furchen gerissen, wie un sere Donau in der rauhen Alp. Dabei sind manche hübsche Hü gel und schroffe Felsruincn stehen geblieben, und wenn sie be waldet sind, bieten sie auch einen hübschen Anblick, aber eine größere Wirkung haben sie nicht, schon wegen ihrer geringen Höl)e. Die Täler der Flüsse selbst wirken deshalb ivenig, weil sic zu breit sind, das Mississippital ist oft mehr als eine Stunde breit, mitten darin nicht ein einheitlicher Fluh mit flottem Wel lengang und fröhlicher Schiffahrt, sondern ein ganges Gewirr von Inseln, zwischen denen sich uirzählige schmälere oder drei- -ter« Fluharme, ja oft ganze Seen hinziehen, bei denen eine Wasserbeivegung meistens nicht zu sehen ist. Hat doch der ganze geivaltige Strom auf 3500 Meilen Länge nur so ivenig Gefälle, wie der Rhein etwa von Mannheim bis zur See. Jenseits des Missouri wird die Gegend — „Prärie" — immer eintöniger, der Graswuchs immer geringer: zwischen ein zelnen graugrünen Büscheln haben die Ameisen ihre fuhhohen Hügel aus schnurrzem Grund aufgehäuft. Nur hier und da noch begegnen uns dünne Rinderherden oder Pferde auf der Weibe; letztere noch immer ihren alten indianischen Instinkten fol gend: scharf mn Rande oder hoch oben auf der obersten Spitze der Hügel stehend, trotz der glühenden Sonne, Wache haltend, ob nicht irgendwoher ein Feind drohe. Zwei Tage und zwei Nächte l-alten, wir in unserem „Pull- >mann"-Schlafivagen zugebracht, als wir'am Sonntag, 27. Juni, früh in Livingstone die eingeschlafenen Fühe auf festes Land aufsetzten und uns freuten, wieder einnral Kräftig auftreten zu können. Das Frühstück wurde am Bahnhof eingenommen, und dann schiveifte der Blick erstaunt in die Runde nach den eigen artigen Gebilden, welche den Horizont abschlossen: wahrhaftig, es ivaren keine Wolken, sondern steile Berggipfel und, wie das Fernglas bestätigte, solche mit blinkendem Schnee trotz der ge waltigen Hitze. Dann ging es mit einer Stichbahn nach Gardiner, der letz ten Station vor dem nördlichen Eingang zu dem Gebiet, welches zum Nationalpark erklärt ist, so groh wie Eifel und Huns rück zusammen, wo Kein Schuh fallen und kein Baum gefällt werden darf, außer zum Schutz und zur gröheren Bequemlichkeit der Besucher, und wo Staat und Volk wirklich auch alles tun, um ein altes paradiesisches Verhältnis zwischen Mensch und Natur festzuhalten oder wiederherzustellen. Von Garüincr aus ging es mit Automobil durch ein enges Dergtal hinauf durch den nördlichen Eingang des Nalionalpar- kes nach dem Mammoth-Hotcl, einem gewaltigen, ganz moder nen Hotelbau mit allen Bequemlichkeiten. Ich dachte unwill kürlich an isiartenkirchen oder ein anderes Eingangstor zu unse ren deutschen Alpe». Mit einigen Unterschieden. Blaue Leincn- joppen, kurze Lederhosen und nackte Knie waren keine zu sehen. Al>er unsere munteren amerikanischen Girls l>atten sich gründ lich verändert, fast alle in Hosen, Pluderhosen die wenigsten, mehr schinkenartige Bridgcs, und die schneidigsten ganz als Cowboys, mit grünbrauner Bluse, breitrandigem Filzhut, rotem oder grünem Halstuch und Reitstiefeln aus schwarzem Glanzleber bis an die Knie mit aufgenähtcn weihen und roten Blumen und gewaltigen silbernen Sporen, als sollten sie mit dem Lasso zum Wildpferdfaug ausrücken. Einmal habe ich auch zwei ganz junge Girls hintereinander auf einem Pferd in gutem Galopp vorbeisausen sehen. Sonst waren die Pferd«, welche den Gästen zur Bevfügung standen, so lammfromm, dah auch der sel tenste Sonntagsreiter kein Abenteuer zu fürchten brauchte. Die Pferdeführer dagegen, ivelche an allen Hauptplätzen des Parkes in besonderen Camps Hausen, ivährend ihre Tiere frei herum laufen, sind richtige Cowboys, wie wir sie im Zirkus und im Kino sehen, prächtige, sehnige Gestalten, oft mit den bekannten Schaffellen oder dicken Lederstllcken über den Hosen und dem Lasso im Arm oder am Hals ihrer prächtigen, gewandten und klugen Pferde. Noch etwas hatte sich geändert: das Verhalten der Tier welt: die Vögel — die Gelehrten haben deren 284 Arten in Jellowstone festgestellt —, besonders eine Art Bachstelze, doppelt so groh wie die deutsche, welche hier fast die Spatzen zu vertre ten scheint, gehen dem Menschen kaum aus dem Weg. Selbst wenn mit der Hand darnach gegriffen wird. Ein weihgesprenkel ter Hase, der mir wenige Schritte vom Hotel begegnete und den ich mit meinem Kinamo aufnehmen wollte, muhte erst mit Ru fen und Winken in Bewegung gesetzt werden, dah ich ihn in die richtige Entfernung brachte. Und ähnlich ivor es mit einem Reh, welches noch weniger Gemütserregung zeigte. Eine 1)4 Meter lange, mehr als armdicke Schlange rutschte ebenso un geniert über den breiten Fahrweg. Zwei Hamstcrarten, eine kleine mit breitem Schivanz wie unsere Eichhörnchen und eine von der Gröhe einer Katze mit handbreitem schleifenden Schivanz, scheinen sich in den Camps als eine besonders bevor rechtigte Klasse zu halten. Sie setzen sich auf die Hinterbeine und lassen sich von wildfremden Menschen direkt aus der .Hand füttern. Fast als Störung dieses paradiesischen Verhältnisses empfand ich es, dah einige Tierarten in umschlossenen Gehegen gehalten wurden, so Ottern, verschiedene Hirsche, ein Dutzend Büffel usw. und ein Bär, der an einer Kette lag. Schon wollte ich meinen, dah das ganze Renommieren mit den frei herum laufenden Bären, Büffeln, Antilopen, Bibern Nsw. auf allen Re klamearten nur amerikanischer Humbug sei. Bald überzeugte ich mich aber doch, dah alle diese Tiere und besonders die Bären wirklich noch in Freiheit hier zu Hause sind. Ansehnliclw Bi berbauten sind an vielen Stellen 'des Parkes zu sehen. Eine Herde von 900 Stück reinrassigen Büffeln findet sich im Norden des Parkes: die Antilopen, Elche, Bergschmc us v. sind i-n Som mer auf den hohen Bergtriften. Noch interessanter als die lebende Natur in Ve!lrw,-,ne schien mir jedoch das, ivas die tote darbot. Im vorigen Jahr hatte ich in Italien die Rätsel des Vesuvs bestaunt, weniger die des grohen Vesuvs, des vielbesuchten geivaltigen Aschenhaufens, aus dessen Mitte die feurige Rauchsäule aufsteigt, als vielmehr noch die des sog. „Kleinen Vesuvs", eines ölten erloschenen Kra ters, 25 bis 30 Kilometer westlich des erster«». In diesem „klei nen Vesuv", der offenbar mit dem Feuerherd des grohen in Ver bindung steht — wenn der eine stärker arbeitet, ist regeimühig der andere still —, sieht inan in knietiefen Löchern im Boden den sog. Fango kochen, den schwarzen, lavaähnlichen Schlamm, welcher als Heilmittel zu Bädern gegen Rheumatismus durch ganz Europa verschickt wird. Der Boden ist so heih, dah in klei nen, hutgrohen Löchern, die sich ständig verändern, in drei Mi nuten ein Ei gesotten ist. An anderen Stellen bringen kleine Krater ständig den weihen Sand zum Sprudeln und werfen ihn, mit Schwefel gemischt und von unerklärten elektrischen Span nungen getragen, an die Oberfläche — aber ivas ist das alles gegenüber dem, was ich in den 4)4 Tagen in Ncllowstone auf einem Gebiet wie etwa die Eifel gesehen IMe! Am Vesuv ist alles trocken, hier aber arbeitet die Natur noch mit Wasser und bringt Tag um Tag heute noch die Gebilde hervor, die mir sonst wo in tausendjähriger Verkrustung der Erde anstannen. Hier in Nelloivstone bauen die unzähligen Quelle» — man zählt über 4000 heiße Quellen, wobei die Tausende kleinen Sprudel nicht gerechnet sind — dicke weihe Gesteinsschichten auf. Die einen davon werden hart und bilden mit der Zeit gewaltige Säulen, Pyramiden und Hügel, ja ganze Berge, feste wie ausgehöhlte, denen die Reiseführer nach ihrer Gestaltung möglichst interessante .Namen geben (Mammuth, Palette, Teufeisküche usw. usw.); andere dagegen zerfallen bald wieder, weil das Wasser sich stän dig neue Wege sucht, und dann haben wir hier auf geivaltigen Flächen denselben weihen Sand wie im Ncuwieder Becken und im „Kleinen Vesuv". Es ist nicht möglich, auch nur die bedeutenderen Quellen einzeln aufzuzählen, ja nicht einmal alle einzelnen Arten. Da gibt es Kälte und Heihe dicht nebeneinander, solche, die ständig sprudeln, andere, welche von Zeit zu Zeit in gewaltiger Heftig keit 2 bis 400 Fuh hoch explodieren: solche, die regelmäßig i» gleicher Stärke und in bestimmter Höhe ausgehen, und ander«, die ganz unberecl-enbar sind. Der „Old Faithfull", der „alte Getreue", l-at z. B. seinen Namen davon, dah er sich alle 05 M. nuten zeigt und seine Besucher niemals im Stiche läht, während andere eine besondere Liebhaberei darin zu finden scheinen, recht unregelmäßig zu sein. Manche Quellen sind stark kohlen- säurehaltig und l>aben entsprechende Namen („Soda"), andere führe» Eisen, andere Schwefel und schmecken und riechen ent- sprechend. An einer einzigen Stelle beim Old Faithfull be merkte ich einmal zu gleicher Zeit etwa 12 Dampfsäulen von bedeutenderen heißen Quellen zum Himmel steigen. Am Nellowstone-Lake dagegen, der zirka 35 Kilometer da- von östlich liegt, frappierten mich die verschiedenen Schlamm- quellen, teils schneeweitz (Kreide), teils gelb oder rot (eisen haltig), teils tiefschwarz (wie der italienische Fango), welche un ter ständigem Aufspritzen ihren Inhalt durcheinander mischten, wie die Maurer ihren „Spies" zum Mauern. Was nebenhin flog, war in kürzester Zeit festes Gestein und gab den Grund zu dem Namen des ganzen Gebietes (yellow — gelb). Wenn die speienden Säulen und .Hügel so l>och geworden sind, dah die Seitcnwande den Druck nicht mehr ausl>alle», bricht das Wasser sich eine andere Bahn, und die alte Höhle bleibt trocken stehe». Gleich bei Mammuth-Springs ist in eine solche Höhle eine hölzerne Wendeltreppe 2 bis 3 Stock tief eingebaut und wird von den Besuchern mit Interesse besichtigt. Oft wird auch eine ganze Wand der Pyramide weggesprengt, und ux,-r stehen bleibt, bildet dann einen um so groteskeren Anblick. Ost stehen mehrere Quellen in direktem Zusammenhang: der Geiser fängt an zu springen, sobald in einen: beuachbarten Bassin das Wasser eine gewisse Höhe erreicht hat. Letzteres fällt wieder mit dem Steigen des Geisers. Oft wechseln auch die Geiser ihren Inhalt: solche, die lange klares Wasser gespien haben, bringen plötzlich schwarzen Schlamm und umgekehrt. Kurz, di- ganze Natur ist hier noch im Wandel und Wechsel begriffen. Fast ebenso interessant wie die Quellen war die Fahrt den Fluh entlang, wo dieser das bunte Kalksteingebirge durchbrochen und die wundcrbarislen Gesteinsbildungen bewirkt hat. „Grand Canyon", großer Kanal, heißt die Strecke, wo dev Einbruch am bedeutendsten ist, und an Dutzenden von Punkten Hai man einen geradezu feenl-aften Ausblick ans den stürzenden Fluh und die pittoreshen Felsen, die selbstverständlich alle wie der ihre besonderen Namen tragen. Drei gewaltige Wasserfälle ziehen besonders den Besucher an, der obere, Upperfall ist 109 Fuß, der mittlere, Lowerfall 318 Fuh, also nahezu 100 Meter, hoch, weiter unten folgt dann nach der Towcrfall mit 138 Fuß.' Am Lowerfall führt eine Holztreppe mit 49t Stufen dirökt hin unter in die enge Schlucht und bietet an verschiedenen Stellen ein immer wechselndes, unbeschreibliches Bild. Neben kompak ten grünen Wassermossen fallen schneeiveihe, zerstüribte Wolken die steile Höhe hinab, und nebenan entsteigen dem Strubel in der Tiefe wieder gewaltige Dampfwolken, in welchen die Sonne einen ewigen, glänzenden Regenbogen ansbaut. Die nassen Fel sen aber strahlen in wundervoller Pracht: gelb, rot, braun, blau bis zum tiefen Schwarz, und dazwischen wieder ein alabaster- helles Weih von silicinmhaltigem Gestein, welches in den Kaik eingesprengt ist. Auch an andern Stellen ist der dlbstieg bis zur Sohle des immer rauschenden und brausenden Flußbettes sehr lohnend und lockt immer neue Beschauung. Auch bei unserer Gesellschaft, iu der sich schnell ein fröhlich-freundliches Verhältnis entwickelt hatte, vergaß der eine und andere die Anstrengung des Rückweges, was sich dann am Abend bei dem üblichen Tänzchen und am folgenden Tag in beweglichen Klagen über Muskelreihen in Beinen und Rücken geltend machte, aber sonst der guten Stimmung keinen Eintrag tat. An anderen Stellen des Parkes sind neuerdings auch sp inal tige unterirdisch« Höhlen mit interessanten Trop- stcingebilden entdeckt worden — Höhlen von 300 Fuh Höhe und so weit, daß ganze .Häuserblücke darin Platz hätten. Unter interessanten Versteinerungen nehmen einzelne halse versteinerte Baumstämme und anderswo versteinerte Wälder einen besonderen Platz ein. Im ganzen rechnen die Gelehrten, daß, wenn nicht in dem ganzen Gebiet, so doch in den wichtig sten Teilen, etwa zwölfmäl eine Periöde starken Baumwuchses stattgefrmden habe und jedesmal wieder durch vulkanische Aus würfe vernichtet und überdeckt worden sei. Alle diese Schichten bilden eine Decke von zirka 2000 Fuh, und die Amerikaner reckp nen mil der Möglichkeit, daß auch die jetzige Periode noch nicht für immer dauernd sei, sondern ein neuer vulkanischer Ausbruch ihrem vornehmsten Nationalpark noch eine weitere Anziehungs kraft verleihen könne. 191000 Besucher hat Aellvivstoue im Jahre 1925 aufzuivei- sc» gehabt. Der Park ist nur drei Monate im Jahr offen — Mitte Juni bis Mitte September. Dann schließt er seine Tore wieder, und das Paradies lebt sein Traumleben neun Monat« lang nur für sich selber. Der Kerr -er Welk Roma« von Robert Hngh Ben so«. Amor zierte Uebersetzung aus dem Engl:>chen von H. M. von Lama. (102. Fortsetzung.) Ter Plan war, wenigstens soweit er England betraf kurz folgender: Das Flugichiff hatte sich Palästina vom Mittelländischen Meere her zu nähern und darauf zu achten, dah es in einer Entfernung von zehn Meilen vom Ostende Kretas zur Linken mit Frankreich und zur Rechten mit Spanien die Verbindung herslellte. Als ungefährer Zeit punkt war dreiundzwanzig Uhr nach orientalischer Zeit festgesetzt. Dort angelangt, hatte es ein Nachtsignal zu- führen, eine rote Linie auf weihem Felde. Im Falle es im nicht gelingen würde, seine Nachbarn zu bemerken^ sollte es an jener Stelle in einer Höhe von achthundert Fuh so lauge kreuzen, bis entweder die beiden gesichtet oder anderwcitige Befehle einlanfeu würden. Um für nn- vorhcrgcichciic Fälle gerüstet zu sein, begleitete des Präsi- sidente» Fahrzeug, welches als letztes vom Süden her ent laufen würde, ein „aide-de-cnmp", ein Hilfsboot, das eine sehr hohe Schnelligkeit zu entwickeln imstande sein würde und dessen Signale als Felsenburghs eigene anzusehen wären. Sobald der Kreis mit einem Radius von sünf- hundcrtvierzig Meilen nur Jezrael als Mittelpunkt ge schlossen wäre, halten die Schiffe voranzugehcn und dabei langsam bis auf eine Höhe von fünfhundert Fuh über den Meeresspiegel zu falle» und die Entfernung untereinander von fünfundzwanzig Meilen, oder soweit sie eben zuerst voneinander entfernt sein würden, auf das zur Manövricr- sichcrhe-it nötige Minimum zu verringern. Auf diese Weise würde ein Vorrücken von fünfzig Meilen in der Stunde, angesangen von dem Momente, da der Kreis -ich schloß, sie bringen. Während die vier, i» Stillschiveigen versunken, bei- sammc »standen, kam einer der Wärter herzu. „Wir send fertig, meine Herren", sagte er. „Was halten Sie vom Wetter?" fragte Snowford. Ter Mann warf die Lippen etwas auf. „Ein wenig Donner, glaube ich, Sir", erwiderte er. Oliver blickte ihn etwas eigentümlich an. „Und weiter nichts?" „Sagen wir. ein kleines Gewitter", versetzte der Mann kurz. — Snowford wandte sich dem Mittelgange zu. „Well, wir werden am besten gleich abfahren", meinte er; „wir können dann, wenn wir wollen, später etwas mehr Zeit verlieren." Noch zirka fünf Minuten, und alles war zur Abfahrt bereit. Vom Sterne des Bootes drang schwacher Küchen duft her, denn das Frühstück sollte sogleich serviert werden, und ein Koch mit Weiher Mütze streckte auf einen Augenblick den Kopf durch die Türspalte, um an den Wärter eine Frage zu richten. Die vier Herren ließen -ich in dem prachtvoll ausgcstättcten, im Buge untergebrachten Salon nieder, Oliver schweigend und getrennt von den andereiP während diese leise mitsammen sprachen. Nochmals kam der Beamte, der sich nach seiner Abteilung im Vorderteil des Buges begab, durch und überzeugte sich, ob alles sitze. Im nächsten Augenblicke erklang das Signal. Wenige Se kunden darauf machte ein Zittern — es war das schnellste iinil -MM! l-koke tiisvslil :: :: jsMts HeMHen Boot, daß England besah — sich durch dessen ganze Länge fühlbar, denn der Propeller begann zu arbeiten. Gleichzeitig sah Oliver, der seitwärts durch das runde Fenster starrte, das Netz hinabsmken und unter dem gelbgrauen Himmel die farblose, langgezogene Linie Londons auf steigen. Er bemerkte noch eine kleine Gruppe von heranfstar- renden Personen, doch auch sie versanken sofort wieder in einem großen Wirbel und verschwanden. Mit einem Auf leuchten schmutzigen Grünes trat nun auch das offene Land zurück, und ein Pflaster von Dächern begann unter ihm dahinzuströmen, und die langen Linien der Straßen dreh ten sich wie Speichen eines gigantischen Rades; dann begann auch dieses Pflaster sich zu verlieren und wie zwischen spär lich verstreuten Kieselsteinen wieder etwas Grltn zu erschei nen. Im Nu war auch dies dem Auge entschwunden und sie hatten wieder offenes Land unter sich. Snowsord, ein wenig taumelnd, erhob sich. „Ich kann ebensogut jetzt schon den Führer in alles cinweihcn," jagte er. „Wir brauchen dann später nicht mehr gestört werden." Sechstes Kapitel. 1. Der shrischc Priester erwachte in seiner Ecke auf dem Hausdache von einem Traume, daß eine Myriade von Ge sichtern, gierig, lauernd und furchtbar, in sein eigenes blickten, und in Schweiß gebadet und nach Atem ringend setzte er sich auf. Einen Augenblick dachte er wirklich, seine letzte Stunde habe geschlagen, und cs umgebe ihn bereits die geistige Welt. Dann, als er mit sich kämpfte, kehrten seine Sinne zurück und er erhob sich, in langen Zügen die Nc.chtluft cinsangend. Der Himmel über ihm war schwarz und leer; kein Schimmer von Licht war daran zu jehen, obwohl der Mond sicher bereits aufgegangen war. Er hatte ihn vor vier Stunden gesehen, eine rote Sichel, die sich über dem Tabor erhob, lieber der Ebene, die er vom Dache aus über blickte, sah man nichts. Auf wenige Meter Hill lag über dem brüchigen Boden die gekrümmte Linie eines" Licht strahles, der aus den hnlbgeschlossenen Läden drang: dar über hinaus — nichts. Gegen Norden — nichts; im Westen eilt bleicher, gelblicher Schimmer über den Hansdüchern Nazareths; nach Osten hin —- nichts. Er hätte, abgesehen voit jenem Lichtstreifen und dem grauen Schimmer, den das Auge nicht einmal klar zu fassen imstande war, ineinen mögen, Uch auf einer Turmspitze zu befinden. Aus dem Dache aber war es doch wenigstens möglich, Umrisse zu erkennen, denn die Falltüre über der Stiege war offen gelassen worden, und von irgendwo aus der Tiefe des Hauses stahl sich der schwache Widerschein von Licht herauf. Ein weißes Bündel lag dort in der Ecke; es mochte wohl das Kissen des Benediktinerabtes sein. Er hatte ihn sich dort hinlegen sehen vor — waren es vier Stunden oder vier Jahrhunderte? Ein grauer Schatten lag dort an der Mauer entlang hingestreckt — wohl der General der Minderbrüder; da und dort zu beiden Seiten noch einige andere unregelmäßige Umrisse, die das Grau der Umfas sungsmauer unterbrachen. (Fortsetzung folgt.)