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1093 Numm»» 3V1 — 29. Jahrgang Erscheint 6 mal wüchil. mit Mustr. SraliSkelsagen.Heimat und keU' und der KinderbeUage .Frohmut'. sowie den Tertbcilagen »St. Bcnno-Biatt'. »Unterbaltung und Wissen'. »Die Weit der grau". »Aerztlicher Raigeber". »Da« gute Buch'. .Aiimrund- schau'. Monatlicher Br»ugSpre1S » einschl. Bestellgeld. Utn-elnummer 10 z. Sonnadend. u. Sonntagnummer »0 4 Hauptlchrtstieiler: De. «. Lesczyk, Dresden. Mittwoch. den Al. Dezember 1930 Vertagsorti Dresds» Anzeigenpreis«: Dle «gespaltene petitzelle SO 4 FamitiriO anzetgen ».Stellengesuche SO 4. Dle Petttretlamezelle, 8S MI» breit. 1 ^r. Für Anzeigen auherhalb des BerbrettungSgebtetek «o 1. dte pctitrekiam ezeile I.SO^r. Br1-lgeb.»1»4. Im Fall, büherer Gewalt erttscht jede Berpsltchtung aus Lieferung sotvl» Lrsüllung v. Anzeigen - Austrügen u. Leistung v. Schadenersatz «elchültlicher Teil: grau, B,ng«r». Dresden. Oz«iiiiäit-stell«. Drnikn.Berlag.' Mermaina A.-z». sür Bering und Druckerei. Filiale Dresden. Dresden.»!. >. Poitersiratze 17. FemrmSllllS. Boltschecktonio Dresden r7oz. Bnnllonto Etadtbanl Dresbe» "in-, Für christliche Politik und Nullur AedakNon de« rs»its»e« Volks,ettong Dresd-n.Mist-dt I. Potterstrasze >7. Fernrnl MI' und,1012. Die Oflreise -es Kanzlers Dom 4. bis 11. Januar Reichskanzler Dr. Brüning befindet sich gegenwärtig aus einem kurzen Weihnachtourlaub im Schwarzwald. Zu Beginn des neuen Jahres wird der Kanzler wieder in Berlin zurück- rrwartet. Er wird dann — wir haben darüber schon srüher berichtet — sofort seine Absicht aussllhren, die östlichen Grenz gebiete des Reiches persönlich zu besuchen und sich Uber die Lage im Osten persönlich zu informieren. Dabei ist vor allem der Gesichtspunkt der wirtschastlichen Not der Landwirtschaft in den Ostgebieten massgebend. Die Reise wird gemeinsam mit den beiden Ostkommissaren, dem preußischen Wohlsahrtsmi.iister Hirtsieser und dem Minister ohne Porteseuille Treoiranus statt- sinden. Schon aus der Tatsache, dag diese beiden Herren den Reichskanzler begleiten werden, geht hervor, bah es sich, wie schon gesagt, um das Studium der wirtschastlichen Lage in den Ostprovinzen handelt. Bei dieser Reise wird der Kanzler sicher lich aber auch Gelegenheit haben, die Ostvcrhältnisse auch, so weit sie von der Außenpolitik berührt werden, kenncuzulerncn. Das genaue Programm der Reise steht noch nicht fest. An der Festlegung der Reiseroute wird gegenwärtig noch gearbeitet. Wie wir hören, soll morgen das offizielle Programm veröffentlicht werden. Es scheint aber, als ob die Reise zunächst Uber Pommern geht und in der ersten Etappe in die Grenz mark nach Schneide m Uhl führt. Von da aus würde sie Po«» d«rch den Korridor nach Ostpreußen und zwar nach Königsberg weiterlaufen. Von Königsberg soll sie nach Ma rienburg zurück und durch den Korridor unmittelbar nach Schlesien fuhren. Die Hauptbrcnnpunkte für Schlesien sind Oppeln» Eleiwitz und Breslau. Am 11. Januar erfolgt dann die Rückkehr nach Berlin. Der Kanzler und seine Begleiter, die Minister Hirtsieser und Treviranus. werden in den einzelnen Gebietsteilen von dem zuständigen Oberpräsidenten, Regierungs präsidenten und Landräten gesUhrt werden. Man darf annehmen, daß diese Reise den Austakt für die Maßnahmen bildet, die die Negierung für die industriellen und landwirtschastlichen Gebiete des Ostens im nächsten Jahre plant. Man wird dieser Reise des Reichskanzlers deshalb eine ganz besonders politische Bedeutung beizumessen haben. „Krankreich muß enigegenkommen" Paris, 30. Dezember. Jacques Kayscr, Redakteur der radikalen Zeitung „La Republique", des Organs Daladiers. hat sich einige Wochen in Deutschland aufgehalten und berichtet seht über seine Eindrücke. In seinem heutigen Artikel führt er «ns. daß er in Deutschland In der Frage der deutsch- französischen Einigung den guten Willen sesl- gestellt habe, der bei den echen vom Gefühl, bei den anderen von ihren Interessen diktiert sei. und den man in Frankreich nicht entmutigen dürfe. Ucberall in Deutschland erkläre man, das; man zur Annäherung bereit sei. aber Frankreich sei es, das sie nicht wolle. Deutschland könne sich die Annäherung nur in Form gewisser Abänderungen am gegenwärtigen Stand der Dinge vorstclleu, und die Deutschen seien der Ansicht, daß das offizielle Frankreich lediglich bereit sei, di« Annäherung unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung und Festigung des status quo z» betrachten Deutschland sei der fordernde, Frankreich der ablehnende Teil. Ein Ausgleich, so schließt Kayser, Könne also nur erfolgen, wenn Frankreich sich bereit finde, seine negative Haltung aufzugeben und Deutschland eine,, Schritt enlgegen- zukommen. Ist eine RechkskoalMon möglich? Di« Nationalsozialisten lehnen jede Koalition im jetzigen Reichstag ah! Belehrung für die „bürgerliche" Presse Berlin, 30. Dezember. Zu der kürzlich von der „DAZ." angeschnittenen Frage einer etwaigen Regierungsbeleiligung der Nationalsozialisten äußert sich nunmehr der „Völkische Beobachter" grund sätzlich. Das Blatt schreibt hierzu: „In verschwiegenen Ge mächern herrscht eine immer heftigere Aufregung, da man die kommende unvermeidliche Abrechnung deutlich herannahen sieht. Daher jetzt verschiedene Bemühungen, die „Hitlerparte!" „einzufügen" etwa in die sogenannte „nationale Front" sso als zweitletzte) oder „sie vernunftgemäß zu leiten" und was der gleichen Ausdrücke für die Bemühungen, uns unschädlich zu machen, mehr sind. Da wir unbefangen sind, das Wohl der deutschen Gesamtheit im Auge zu haben, so werden mir jeden Ratschlag prüfen, jeden guten Rat beherzigen, gleich von wel cher deutschen Persönlichkeit er stammt. Aber mit dem „Ein fügen" und mit dem „Beteiligen" ist es vorüber. Geivisse Le ite und Gruppen meinen noch immer, sie müßten regieren, wenn es mit rechts nicht ginge, so eben mit links. Diesen sagen wir, Druckfehler zu korrigieren ist nnt eine Sendung der NSDAP., denn diese Herren müssen gar nicht regieren, vielmehr sind sie schon lange abbaureif, ja mehr als das. Es steht für die Zukunft nicht zur Debatte, ob man Hitler sich mit beteiligen lassen, sondern mit wem Hitler einst regieren wird. Also genau mit umgekehrt verteilten Rollen. Deshalb kommt auch eilt« Koalition auf Grund des fetzigen Reichstages nicht mehr in Frage. Die Herren woll ten im Herbst nicht in der Hoffnung, die „nationalsozialistische Fieberkurve" würde wieder zurückgehen. Das Gegenteil ist der Fall. Die nationalsozialistische „Gesundungskurve" ist weiter im Ansteigen. Wir fordern deslzalb als erste Tat des Jahres 1V31 die Auslösung des Reichstages und des Preußischen Land tages." » Diese Ausführungen des „Völkischen Beobachters" sind wirklich dankenswert. Sie geben die klare Antwort auf die weinerlichen Fragen, die immer wieder von sächsischen Rechts blättern gestellt werden, warum denn nur das Zentrum sich der „nationalen Front" nicht anschließen wolle. Sehr einfach: Weil diese nationale Front gar nicht vorhanden ist! Die National sozialistische Partei bestätigt hier schwarz auf weiß, daß sie gar nicht gewillt ist, in dem vor einem Vierteljahr gewählten Reichs tag überhaupt in eine Koalition hineinzugehen! Dainitwird die von Brüning in den letzten Monaten einge haltene Linie als durchaus richtig bestätigt. - Die „Leipziger Neuesten Nachrichten" haben zu jenen Zeitungen gehört, die in den letzten Tagen sich über die Haltung des Zentrums beschwert haben. Zwar hatte vor etwa 11 Tagen Graf Westarp in dieser gl' che» Zeitung fest gestellt, daß der Kanzler bei Erlaß der Notverordnung den Wünschen der Se üdcmokratie in keinem wesentlichen Punkte nachgegeben hat. Dann aber mußte dieses charaktervolle Blalt doch auch die andere Seite beruhigen, schrieb einen giftigen Leitartikel „Warum roter Zentrumskurs?" <Nr. 355) und druckte die Antworten ans der DAZ. ab, die die Re- gierungsbeteiligung der Nationalsozialisten als notwendig be- zeichneten. Daraus erhalten sie jetzt von der nationalsozialisti schen Tageszeitung „Der Freihcitskompf" <Nr. IN) die Quit tung. Das Blatt schreibt: „Wir müssen sagen, daß allein die Fragestellung der L. 9!. N.. was der Leser von einer Regie- rungsbetciligung Hitlers hält, eine Ueberhcblichkeit ist. Die L. N. N. werden doch im Ernst nicht glauben, daß etwa eine Hitlersche Regierungsbeteiligung so entscheidend von der Meinung Seeckts, Schachts usm. abhängig ist! Man sei sich doch endlich auch im Lager des liberalistischcn Zeitalters darüber klar, daß eine dementsprechende Regiernngsbeteiligung ein zig und allein von Adolf Hitler abhängig ist! Diese Feststellung ist um so notwendiger, als auch die L. N. N. sich der Bedeutung des Nationalsozialismus endlich klar wer den sollten! Wir sind uns heute unserer Stärke vollauf bewußt und nicht mehr gewillt, mit uns Schindluder treiben zu lassen! Die Zeiten sind endgültig vorbei, wo man uns mitleidig über die Achsel angesehen hat! Besonders in Sachsen sollte inan mit einer derartigen Politik Schluß machen, die nur geeignet ist, eine Fata Morgana vorzugaukeln, wenn man annimmt, daß das Bürgertum heute noch politische Entscheidungen zu fällen habe! Die Zeiten sind längst vorbei!" Wir beglückwünschen den „Freiheitskamps" und uns zu dieser unmißverständlichen Sprache. Wollen die rechtsliberale» Blätter in Sachsen sich nun noch weiter um die Ehre streiten, Wegbereiter für eine Regierung zu sein, die „einzig und allein von Adolf Hitler abhängig" ist? Eigentlich zweifeln wir nicht daran, daß diese sogenannte» bürgerlichen Blätter ihre — höf lich ausgedrückt: Selbstentäußerung bis zum logischen Ende füh ren werden. Oder sollte den Herren von der gemäßigten Rech ten doch allmählich die Erkenntnis dämmern, daß das. was sie bisher bis „roten Zentrumskurs" zu bezeichne» belieb ten, eine sachliche Notwendigkeit war? Neujahfswünsche des Papstes an Deutschland Rom, 30. Dezember. Gelegentlich des bereits gemeldeten Neujahrsempfanges des deutschen Botschafters beim Batikan hat der Papst in warmen Worten seinen Wünschen für dieglückllche Zukunft Deutschlands und für das Wohlergehen des Reichspräsidenten Ausdruck gegeben. Europa und der Anschluß Gedanken an die Jahreswende 1930/31 Ein führendes Mitglied der jungen Generation im heutigen christlichen Oesterreich spricht hier über «in Pro blem. das uns allen am Herren liegt und darum kein« mindere Bedeutung hat, weil es gegenwärtig nicht in aller Munde ist. Der deutsch-österreichische Zusammen schluß darf nicht zur stereotypen rhetorischen Wendung werden, er ist vielmehr ein geistiges Problem schlechthin» das der ständigen Vertiefung bedarf. Es ist in der letzten Zeit mit dem Wort Zusammen« schluß nicht mehr so häufig wie vor einigen Jahren zu Markte gegangen worden. Es wurde daraus vielfach der Schluß abgeleitet, die Anschlußbewegung fei ins Stocken ge« raten, ja sie sei von Anfang mehr Wunsch gewisser Kreise als Willen des gesamten Volkes gewesen. Diese Folge rung aber ist grundfalsch. Besonders von Oesterreich aus gesehen. Der Zusammenschlutzgedanke ist nun so sehr ins Bewußtsein des ganzen Volkes übergegangen, daß mit ihm das geschehe» ist, was in Oesterreich mit allem geschieht, was fest Wurzel gefaßt hat, er ist aus dem Wortschatz in die nicht immer in Worten kund getane, sondern stets be wußte und allen Handlungen zugrunde liegende Fülle des Volkswillens gelangt. Wenn der Oesterreicher von etwas viel spricht, so ist es ihm entweder problematisch oder er glaubt halt doch nicht ganz dran, wenn er aber an irgendetwas still fe st hält, dann ist es wirk lichlebendig und dauerhaft. » ' Die mitteleuropäische Frage kann nn» proßdeutsch und aus stark katholischer Geistigkeit heraus gelöst werden, da eine groß- deutsche Regelung allein — sie bedeutet auch eine Fort setzung des alten heiligen römischen Reiches deutscher Nation, welche Idee in Oesterreich am stärksten lebendig blieb — nicht eine bloß nationalistische, sondern schon eine mittel« europäische sein kann. Die Notwendigkeit wenigstens einer Milderung der Lage in Mitteleuropa erkennt man heut« schon allgemein an und die immer häufigeren Wirtschasts- konferenzen der kleinen Entente unter Beiziehung Ungarns sind ein deutlicher Beweis für die Unhaltbarkeit der gegen» wärtigen Situation in Südostinitteleuropa. Die Wirtschafts. Verkrampfung wird immer unerträglicher, auch wenn sich schließlich doch eine Einigung der Agrarstaaten, die wesent lich aus Teilen des einstigen Habsburgerreiches bestehen, ergibt. Es zeigt sich immer deutlicher, daß nur im Zu sammenleben, nicht aber gegeneinander und durch Chauvi nismus der germanisch-magyarisch-slawische Südostraum Befriedung und gesunde Entwicklung findet. Nicht über sehen werden darf, daß siroßdcutsch nicht in alldeutsch ver fälscht werden darf. Oesterreich und Ungarn, die zwischen die Nachfolgestaaten geradezu eingeschoben liegen, werden zunächst für diese Staaten, dann aber, weil sie schließlich ja nicht bloß schwäche, alleinstehende Gebilde sind, im ge samteuropäischen Krästespiel bedeutsam Die Aufgabe, di« sich aus der Tatsache der steigenden Bedeutsamkeit, vor allem in volkspolitischer Hinsicht, ergibt, ist, daß die Be deutung Oesterreichs trotz politisch-staatlicher Schwäche nicht u einem Mißbrauch führt. Die Schlüsselstellung esterreichs darf nicht dazu entarten, daß Oesterreich zwar die Sperrlage hat, aber der Schlüssel von unerwünschten Händen oder zu unerwünschten Dingen mißbraucht wird. Das gegenwärtige Oesterreich ist ein Torso. Besonders die für ganz andere Verhältnisse berechnete und unter ande ren Umständen erwachsene Hauptstadt Wien, darin nahezu ein Drittel der gesamten Bevölkerung Oesterreichs wohnt, gleicht geradezu einem Relikt aus größerer Zeit. Der heu tige Staat droht zu ersticken in aufgezwungener Enge, geistig und biologisch enger Versumpfung anheimzufallen. Es ist daher die Aufgabe gesunder Bolkspolitik, das deutsche Volk Oesterreieizs an seiner gegenwärtigen Lage nicht Ge- nüge finden zu lassen, sondern ihm als Aufgabe vorzu zeichnen: aus Kleinösterreich herausholen, was nur möglich ist, und das Bewußtsein zu wecken, daß man zwar im kleinen Oe st erreich steht und solcherart nicht immer vom Zu welt darüberhinausreichen muß. Die Resignation, die der Zusammenbruch zeitigte, muß überwunden werden, mehr noch als bisher schon. Aber nicht bloß dadurch, daß man den Fremdenverkehr nun als Allheilmittel ansieht und als die neue österreichische Sendung. Wesentlich ist die Erkenntnis, daß der am besten den Weg ins kommende Deutschland be reitet, der am festesten im gegenwärtigen Oe st erreich steht und solcheradt nicht immer vom Zu sammenschluß redet, sondern ihn vorbereitet. Trotz aller Einengung und Zurücksetzung hat Oesterreich noch immer den Kernraum Mitteleuropas. Oesterreich und vor allem Wien ist immer noch der anziehende mitteleuropäische Staat, die grofk-' deutsche Stadt des Südostens. Freilich übt Wien und Oesterreich seine Anziehungskraft und seinen kulturellen Berus nicht mehr so von selbst aus wie ehedem, es muß ibn beute bewußt anstreben, als bewußtes Werk