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Demokralie und Katholizismus Gin Dorlrag Dtschvf Vr. EhrMlan Schreibers Im Rahmen der Katholischen Volkshochschule Berlin sprach Bischof Dr. Christian Schreiber kürzlich Uber das Thema: „De mokratie im Lichte der katholischen Weltanschauung". Er führt« folgendes aus: Die Kirche und die Demokratie treten heut« abend vor da» Blickfeld unseres Geistes. Wir stellen zugleich durchgreifende Unterschied« zwischen beiden fest. Es sind Unterschiede beiderseits im Ursprung, im Wesen, in Zweck und Ziel, in der Wirkungsweise. Dies« Unterschiede hat man zu Gegensätzlich» feiten erweitert. Sowohl von seiten der Anhänger der Demo» kratie, als auch von seiten der Gegner der Demokratie. Di« «rsteren sagen, die Kirche passe wegen ihrer Eigenart gar nicht hinein in unser demokratischer Zeitalter; sie sei ein Fremdköroer in der demokratischen Staatssorm, sie hemm« den Fortschritt der modernen Zeit, sie sei direkt demokratiefeindlich. Di« anderen erklärten, die Kirche müsse wegen ihres aristokratischen Charak» trrs die moderne Demokratie aolehnen, und tatsächlich verurteil« fit die demokratische Staatssorm. Gehen wir auf beide Behauptungen etwas näher ein. Die Kirche verdankt ihren Ursprung dem Willen de» Gottes» söhne» Jesu» Christus. Gr hat sie ins Leben gerufen, er hat ihr die ihr eigentümlich« Gestalt und Form gegeben, er hat ihr die Zwecke und Ziele vor gesteckt, er hat ihr die Mittel zur Erreichung dieser Ziele zur Verfügung gestellt, er hat ihr die Betätigung in der Anwendung dieser Mittel vorgezeichnet. Hierdurch ist tue kirchliche Gemein schaft aus der Sphäre des rein Weltlichen und rein Irdischen herausgerückt, und in die Höhen des Übernatürlichen und Ueberirdischen emporgehoben worden. Zwar ist sie in der Welt und für die Welt tätig, aber sie stammt nicht von der Welt, und ihre letzten Ziele und Zwecke liegen nicht in der Weit, sondern tm Ewigen, im Göttlichen, im Jenseitigen. Das sind die Grund« zlige des kirchlichen Gemeinwesens. Ganz anders verhält es sich mit sener Gemeinschaft, die wir Staat nennen, mag die Staatssorm im übrigen monarchisch oder republikanisch, demokratisch ober aristokratisch oder irgend wie anders geartet sein. Der Staat, auch der demokratische, hat feinen Ursprung im sozialen Trieb, den Gott, der Schöpfer der Natur, in jede menschliche Seel« hineingelegt hat. Dieser Eesellschaftstrieb treibt die Menschen zum Zusam menschluß in der Familie, in der Gesellschaft, im Staat. Ohne die Erfüllung dieses Triebes ist das Werden und Gedeihen, die Entstehung und Fortentwicklung und Vollendung des Menschen aus Erden unmöglich. In diesen sozialen Trieb sind die Eigenart, der Zweck und die Auswirkung der staatlichen Gemeinschaft, auch der demokratischen, wie im Keime grundgelegt. Das Ganze ist in seiner Grundlage, in seinen keimhasten Uranlagcn, in seiner Ausgestaltung, in seinem Endzweck und in seinen Mitteln ein natürliches Gebilde, dessen naturhaften Charakter auch der Gottesleugner anerkennen muß^ dessen Hinaufleitung auf Gott den Schöpfer der Natur, dem Gottgläubigen geläufig ist. Hin gegen ist die Kirche in ihrem Ursprung, in ihrem Wesen, in ihren Aufgaben und in den Mitteln zur Erfüllung ihres Zweckes über« natü'lich. Man hat diese Unterschiede zwischen Kirche und Demokratie zu Gsgensätzlichkcilen gestempelt. Man hat gesagt: In der gan zen Entstehung, Gestaltung, Zwecksetzung, Auswirkung sehen wir hier: Weltwirklichkeit und Weltnähe dort: Weltentrückheit und Weltferne; in der Leitung hier: Volksherrschast, dort: Priester regiment; in dem Aufgebot der Mittel hier: festes Zupacken im Bereich des Gegebenen, in der Ausnützung aller Schätze und Kräfte der Natur, aller menschlichen Fähigkeiten und Energien, dort: ein unverständlicher Mystizismus, der da arbeitet mit geoffenbarten Eeheimnislehren, mit märchenhaften Wirkungen, z. B. bei der Taufe und beim Abendmahl, mit verstiegene» Ienscitshofsnungen; hier elastische Anpassung an die wechselnden Verhältnisse und Bedürfnisse des wechselnden Lebens, dort: starres Festhalten an unveränderlich vorgetragenen Dogmen und Sittennormen, die dem modernen Geist nicht mehr ein- leuchten und der modernen Entwicklung Hemmschuhe anlegen, starres Festhalten an einer als unabänderlich ausgegebenen Kirchenversassung, die nicht, verspürt von dem frischen Hauch der modernen Demokratie. Dies« Formulierungen sind uns bekannt. Sie beruhe« auf einer Urbeeschätzung der Demokratie. «nd auf der Mihkennung des göttlichen Charakters der Kirche. Uns sind die Evangelien Wahrheitsquellen. Aus ihnen wissen wir. daß die zweite Person der göttlichen Drei» «inlgkeit der Sohn Gottes, vor mehr denn 1900 Jahren aus der Erd« erschienen ist, um ein« menschliche Natur mit seiner gött lichen Person zur Einheit des Eottmenschen zu verbinden, um tn menschlicher Gestalt di« Menschen zu erlösen, in den Heils wahrheiten und Heilswegen Gottes zu unterrichten, ihnen der Weg. die Wahrheit und das Leben zu sein. Aus den Evangelien wissen wir auch, daß Christus zur Erhaltung und Fortpflanzung seiner Glaubens, und Sittenlehren, sowie zur Fortsetzung seines Erlosungswerkes an den Menschen bis zum Ende der Weltzeid «ine Kirche gestiftet hat. an deren Spitze er den Petrus stellte und seinen Nachfolger und, in Unterordnung unter Petrus, die Apostel und deren Nachfolger bis zum Ende der Weltzeit. So wissen wir Katholiken also, daß jenes Kirchenregiment,, das aus dem Papst als dem Nachfolger des Petrues, und aus den mit ihm verbundenen Bischöfen als den Nachfolgern der Apostel und aus den von den Bischöfen zur Mithilse geweihten Priester» besteht, eine Anordnung Christi ist. die unveränderlich bis zum 1 Ende der Weltzeit bestehen soll. Wir sind auf Grund der Evan gelien überzeugt, daß Glaubenslehren und Sittenvorschriste» und Sakramente, wie sie in den Evangelien und den Apostel» lchriften niedergelegt sind, und In der Ueberlieserung und Praxis der Kirche sortleben, Christi Wahrheiten, Christi Sitten normen, Christi Gnadenmittel sino, die nach dem ausdrücklichen Willen Christi unabänderlich bleiben sollen im Inhalt, in der Geltung und in der Anwendung. Und nun kommt das Entscheidend«: Wer der Ueberzeugung lebt, daß Christus Gott ist, der kann auch nicht daran zweifeln,, daß die von Christus als unabänderlich angeordnet« und in ihrer Reinheit durch seinen und de» Heiligen Geistes Beistand ge schützte Glaubens, und Sittenlehre. Kirchenverfassung und Sakramentenspendung den berechtigten menschlick-en Belange» lhier auf Erden keinen Abtrag tut. die gesund« menschliche Ent wicklung nicht hemmt, die Mensclzen nicht weltfremd und welt- untauglich macht, noch mit trllaerisck>en Jenseitshoffnungen und Diesseitsversprechungen umgaukelt. Für uns Katholiken wäre» das Ungereimtheiten, die an unserem starken Bekenntnis zur Gottheit Christi zerschellen Das Zeugnis der Jahrhunderte und die eigene Erfahrung bestärkt uns immerfort in dieser Ein stellung. Die Armseligkeiten, di« in der Kirche im Laufe der Jahr hunderte vorgekommen sind, manchmal in sehr betrübendem Ausmaße, haben dies« durch Christus geschützten Güter der Glau bens- und Sittenlehre, der Kirchenversassung und Sakramenten spendung nicht anzulasten vermocht. Darum gibt es für uns zwischen Kirche und Staat, auch ln der demokratischen Staatssorm, soweit sie ordnungsmäßig zu Recht besteht, keinerlei Gegensätzlichkeit. Wir sehen in der Kirche und im Staat, wobei wir den recht mäßig bestehenden demokratischen Staat nicht aus- schließen, zwei gottgewollte Gemeinschastssormen, von denen die eine aus dem von Gott der menschlichen Seele naturhast eingeprägten Gesellschaststrieb und aus der von Gott stammenden Autorität, die andere aus der direkten und unmittelbaren Einsetzung und Ausgestaltung durch Christus beruht. Jedes geordnete Staatswcsen ist ein Vorteil siir die Kirche, ist «in Vorteil für den Staat. Mit großer Klarheit hat Papst Leo Xlll. in seiner Staats enzyklika vom 1. November 1885 diesen Sachverhalt dargelegt. Er schreibt: „So hat also Gott die Verwaltung des Menschengeschlechts auf zwei Gewalten verteilt, aus di« kirchlich« und di« welt lich«, die ein« für göttliche Angelegenheiten bestimmt, die andere siir di« menschlichen. Jede ist in ihrer Art die höchste: jede hat ihre bestimmten Grenzen, innerhalb deren sie sich be wegen muß, und diese Grenzen ergeben sicb eben aus dem Wesen und dem nächsten Zweck jeder der beiden Gewalten: es hat so jede gleichsam einen Kreis umschrieben, innerhalb dessen jede zu eigenem Recht ihre Handlungsfreiheit bat. Allerdina» erstreckt lick, beider Herrschaft aus dieselbe» Men« Ienkrumsarbeil in Sachsen Bischofswerda: 16 November (Pfarrer Kirsch. Reichenbach). Löbau: 17. November (Pfarrer Kirsch, Reichenbach) Aue t. E.: 24 November (Pfarrer Kirsch. Reichenbach) Leipzig. Dienstag, den 25. November, abends 8 Uhr im Saale des BirnentiusMtes. Friedrich-Wilhelm-Straße 20. Redner: Pkarrer Kirk-H. N-ichensiach Nartentkal. Dienstag. 25 November. 20 Uhr. Parteiversamm lung bei Glansch. — Redner: Lehrer Hübner. Ostritz. Chemnitz. Sonntag, 80. November, 19.80 Uhr, Versammlung im Preußischen Hof. Redner: Reichsiagsabgeordner Dk Dockel, Berlin. Adors I. V: 80 November (Ob-Ing Liell. Plauen) Alle Ortsgruppen melden dl« Termin« ikrer Versammlun gen stet, sofort nach Festlegung an das Sekretariat der Sächsi schen Zentrumspartei. Dresden. Vollerstraß« 17k Alle Orts gruppen wrrden gebeten, ihre Winterprogramme baldigst festzulegen! fchen und «s'Iann Vorkommen, dag «in« unv viezeioe An gelegenheit, allerdings in verschiedener Beziehung. Recht und Urteil beider berührt, und daher muß Gott, der beide aegrllndc» hat, in seiner Vorsehung beider Wege in klagloser Ordnung gerichtet haben." Damit ist Antwort gegeben auf die Beschuldigungen mancher Anhänger der Demokratie gegen die Kirche, als ob sie der Auswirkung der Demokratie hemmend im Wege stehe. Ebenso abwegig ist aber auch di« Meinunq mancher Gegner der Demokratie, die behaupten, die Kirche lehne die demokratische Staatssorm ab. Das Gegenteil ist der Fall. Schon in seiner Enzyklika über den Staat vom 1. No vember 1885 hat Leo XUl. den lapidaren Satz niedcrgeschrieben: „Das Bcsehlsrecht (im Staate) ist an sich mit keiner Staats- form notwendig verbunden. Die staatlicb« Gesellschaft ist frei, die Form zu wählen, soserne sie nur geeignet ist. den gemein samen Nutzen und das gemeinsame Wohl zu fördern." Deshalb hat Leo XlU. den französischen Katholiken auch den rückhaltlosen Anschluß an di« französische Re publik mit ihrer demokratischen Staatsform in einem eigenen Schreiben anempfohlen. Das Ergebnis unserer bisherigen Erörterungen war die Feststellung, daß zwischen der Kirche »nd der rechtmäßig be stehenden Demokratie keine Gegensätzlichkeit vorhanden ist. Es erhebt sich sofort die Frage: was hat man unter recht mäßig bestehender Demokratie zu verstehen? Die Beantwortung dieser Frage führt »ns w!e von selbst hinüber zur Beurteilung der Demokralie. Maßstab für diese Wertung ist uns wiederum di« katholische Welt anschauung. Tie Frage der Demokratie ist weitverzweigt und viel ver schlungen. Um Licht in sie hineinzubringen, muß man schon etwas weiter ausholen. Es gilt, ein« Uebersicht zu gewinnen über die verichiedenen Formen, unter denen die Demokratie im Laufe der Menschheitsgeschichte ausgetreten ist. Es gclt die Licht- und Schattenseiten abzuwägen. mit denen die Demokratie in ibren verschiedenen geschichtlichen nungsformen behaftet war, es gilt, zu unserer Heuligen d . ' i demokratischen Versassung Stellung zu nehmen. Die Demokratie ist allgemein gesprochen jene Staatssorin« in der die regierende Macht bei der Gesamtheit der Staatsange hörigen bzw. der stimmberechtigten Bürger oder wenigstens bei einer bestimmten an Kopszahl stärksten politischen Partei liegt. Geschichtlich ist die Demokratie ausgetreten in den Formen der unbeschränkten und beschränkten Demokratie, der unmittel baren und mittelbaren Demokratie, der radikalen und orga- niscl-en, der Staatsdemokratie, der Wirtschaftsdemokratie und der Sozialdemokratie. (Schluß folgt.) Lord d'Abernon und die Psychotcchnik. — Als Nachfolger Balsours ist der srühere englische Botschafter in Berlin, Lord d'Abernon, zum Präsidenten des Londoner National,nstituts für industrielle Psychologie ernannt worden. D'Abernon hat sich eit langem für die Anwendung der Psychologie und Physiologie rn Industrie und Handel, namentlich bei der Berufsberatung und Berufsbildung, eingesetzt. In einem Diplomalenhause (Von unserem römischen Vertreter.) Rom, 10. November. Einer bewährten und gerade durch die Notwendigkeiten der Nachkriegszeit bestärkten Tradition entspricht es, daß die Missionschefs der diplomatischen Vertretungen beim Hl. Stuhl in der Hand feingebildeter Männer liegen, die nicht nur i» der Kunst der Diplomatie bewandert sind, sondern einen regsamen bin« für sittliche und soziale Bewegungen im Völkerlcben haben. Es ist eben nimt immer die Intensität von Tages- aeschäften das Entscheidende, was eine diplomatische Sendung im Ausland fruchtbar macht. Darüber hinaus gibt es Aufgaben und Ziele kultureller Art, die in verständnisvoller und ge duldiger diplomatischer Arbeit und Repräsentation reifen und sich entfalten. Man kann sogar sagen, daß das alte Preußen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, das einen Wilhelm von Humboldt, einen Niebuhr und Bunsen als Gesandte an den Vatikan schickte, für diese Werte mehr Verständnis zeigte, als man ihm gelegentlich zutraute. Auch späterhin bewies die vreußische Regierung eine geschickte Hand in der Besetzung ihrer diplomatischen Mission bei der Kurie, wenn man z. B. an Kurd von Schloezer denkt, der von 1864—1869 Lcgcitions« lekretär hier war, um von 1882 bis 1894 die preußische Gesandt schaft in einer seinen Staat und den Heiligen Stuhl so befriedi genden Weise zu fuhren, daß Leo XIII. für ihn das Wort prägte: „Vir kiclelis ot pruclens multum laucinstituv." Mit und nach dem Sveltkriege ist die Bedeutung des diplomatischen Korps beim Heiligen Stuhl gestiegen, weil durch die Entstehung neuer Staaten in Europa und durch gewaltige Erenzoerschicbungen. die zum großen Teile dem Nationalitätsprinzip widersprachen. Fragenkomplexe auktauchtcn, die den Heiligen Stuhl unmittel bar anaingen, wir die Neuregelung der kirchlichen Verhältnisse durch Konkordate einen -4c>du, vivendi oder durch Einzelvcr- «inbarungen zwilchen der Kurie und den Regierungen. Wich tigste Interessen der katholisck>en Kirche in den Missionsgebieten wurden durch de» Verlust der deutschen Kolonien in Mitleiden schaft gezogen. Dir höchste moralische Autorität der Welt konnte »nter keinen Umständen der sittlichen und religiösen Seite des »ölkischen Minderheit« »Problems srrnbleibew das «tn« verlünlchtkrit von der internationalen Geltung de, Er». fen Albert Apponyk eine oslene rvunoe am pecyen Körper Zentraleuropas nannte. Bahnbrechend stieß Dr. Theo dor Grentrup 8 V. v. (Berlin), Prälat Prof. Dr. Georg Schreiber, Prof. Franz Sladoczek 8. ck. (Köln) u. a. mit Bücher, und Einzelaussätzen in das Fragengebiet natio nale MtAdertzetten und katholische, Naturrecht der nationalen . Minderheiten and moderne Volkstumsbewegung vor. Die Va. titanisch« Diplomatie mußte sich mit neuen Konflikten und Forderungen bekannt machen, die um so schwieriger waren, als die Sieger sich auf ihr Vertragsrecht beriefen, die Besiegten aber die große kirchlich« Lehre und Tradition des Naturrechtes für ihre bedrohten Volksgüter geltend macben. Einer späteren , Geschichtsschreibung wird her Nachweis Vorbehalten bleiben, wie ^ gut das Reich daran tat, die preußisch« Gesandtschaft am Vatikan ! zu einer Reichsbotschast zu erweitern und ihre Leitung einem , Diplomaten von alter römischer Erfahrung, Dr. Diego ! ».Bergen, anzuvertrauen. Als Frankreich im Mai 1921 seine Botschaft beim Heiligen Stuhl nach dem durch die kirchenfeindlicl»« Politik von Combes erfolgte» Abdruck der diplomatischen Beziedungen wiederherstellte, war die Wahl seines ersten Botschafters in der Person von Ionnart nicht übermäßig glücklich. Ionnart suchte zu schnell greifbare Früchte der Wiederaussöhnnng einzu heimsen und faßte seine Sendung vielfach dahin auf. daß in i den neu hinzuerworbenen, ehemals deutschen Kolonien »"be dingt französische Missionare Schrittmacher des französiiclxm Kulturgedankens werden müßten. Bei solckem Ansinnen stieß der Botschafter dort an die übernationale moralische Macht der katholischen Weltkirche an, die zwar im religiös kirchlichen Be reich der Eigenart jeder Nation mütterlich Rechnung trägt, aber nicht gewillt ist. den Schrittmacher für einen Nationalismus zu bilden der aus religionspsnchologi'chen Gründen gerade in den Heidenländern der Ausbreitung des Christentums hinder lich ist. — Aus Ionnart folgte der stille und mildere Doulcet als Botschafter. Er arbeitete geräuschloser als sein Vorgänger und legte Gewicht darauf, auch in seinem Lebensstil als guter Katholik zu erscheinen. Außer bei den großen kirchlichen Fest lichkeiten in St. Peter konnte man den kleinen, blassen, etwas eintönigen Mann bei lokalen religiösen Feierlichkeiten beobach ten. auf den römischen Fastenstationen und bei der Gedenkfeier der römischen Stadtpatronin Francesca Romana. in deren , Hauke, einer Wallfahrtsstätte des römischen Volke», er besinn- kich dke Erinnerungen unv Reliquien dieser römischen Muirer und Patrizierin musterte. In dem wenig ansehnlichen Mann« hätte niemand so leicht den Botschafter Frankreich, vermutet, waren doch gleichzeitig andere Mächte, wie z. B. Spanien, durch den Admiral Marquis Maqaz und Polen durch Skrzynski vertreten, zwei ausgesprochene Grandseigneurs des alten Typs. Als Doulcet unerwartet starb, war der Quai d'Orsay daraus bedacht, nunmehr einen Diplomaten von mög lichst hober Klage mit dem Posten am Vatikan zu betrauen. Die Wahl entfiel auf den Vicomte de Fontenay der zuletzt Botschafter in Madrid gewesen war. Eine ungewöhnlich glänzende Laufbahn hatte Fontenay im Dienste seines Staates zurückgelegt. Er war Gesandter in Kopenhagen gewesen unl» war schon vor dem Kriege in Belgrad und nachher in Buda"e>t s tätig. Eine Persönlichkeit, der jede Enge des aetstigen Hori. zonres fernliegt und die für ihr Amt eine glückliche Mugnt mitbrachte, die der französischen Aristokratie vielleicht mehr alz dem Adel anderer Länder eigen ist: eine Ausgeschloiienheit für neue Ideen und eine Bejahung derselben, die der französischen Diplomatie in der Vergangenheit oft die entn>,o<:i?w V'echs- länge voraus im diplomatischen Rennen sicherte. Bicomte de Fontenan. obwohl Sproß einer alten Adelsf-nv'ie bat dennoch von früher Jugend an weniger agrarische Beharrung in sein Weien ausgenommen, als den bewegten Lu't'-ug einer einer seits feinaeistigen. anderseits aristokratisch mondänen Um. l gebuna. Seine Eltern lebten in seiner IuaenS jabrelang in Düsseldorf, wo sie am Hose des Fürsten Karl Anton ran Hohenzollern und in der ersten Gesellschaft verkehrten und be liebt waren. Schon als Knabe lernte Fontenan den setziaen Reichsminister von Guörarü kennen und wußte dem S^n-iper dieier Zeilen noch Straße und Haus seiner Verwandten -u nennen, wo er als Kind eingcladen war. Sväler erwarb er in Leipzig den Doktorhut. Es ist klar daß einem fran-ösiickx'n Diplomaten, der Deutschland durch Erziehung kennt der Blick für die Zusammenhänge in Mitteleuropa weiter und unbefange ner geöffnet ist als einem französischen Diplomaten und St-'t-» mann. dem diese Anschauungen seblen. und der manches Vor urteil auch bei gutem Willen nicht ohne weiteres berichtigen kann. j Vicomte de Fontenay hat im Weltkricae seine beiden Sühne, die Hoffnung seiner Familie, verloren' We'cher . deutsche Vater in gleicher oder ähnlicher Lage wüßte n-chi d», § Sckmerz vieles Vaters, unv welche Mutter ncchc da» Lei» »>n^