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zu ihrer Deckung in aller Welt eine Propaganda gegen den imperialistischen Krieg. Rußland, das den Bruch herbeigeführt hat. wird in dieser Propaganda als der Ueberfallene hingestellt, dem die chinesische Armee im Aufträge der kapitalistischen Länder auf den Hais ge schickt wird. Man sieht in den Zeitungen Macdonald als den Vorführer eines Kasperle-Theaters.der mit der Puppe Tschiangkaischek die mandschurische Bahn wegnimmt. — In Wahrheit ist das russisch Vorgehen gegen China be stimmt von machtpolitischen Erwägungen. Ausschaltung des russischen Einflusses von der chinesischen Ostbahn bedeutet das Ende des russischen Einflusses in der Mandschurei, bedeutet eine Bedrohung des Ansehens der russischen Maäst in Asien. Eine solche Schwächung der außenpolitischen Geltung der Sowjetunion aber könnte innerpolitische Wirkungen haben, die den Bestand des jetzigen Regierungssystems überhaupt In Frage stel len könnte. Auch auf den Verlust des russisch-japanischen Krieges 1904 ist ja eine innerpolitisci)e Revolution ge folgt ... Im Hintergründe aber stehen die Großmächte, alle „strikt neutral", aber wirtschaftlich aufs stärkste an dieser Auseinandersetzung interessiert. England und Ja pan, vor allem aber Amerika, sehen es gewiß gern, wenn der wirtschaftliche Einfluß des russischen Konkurrenten in China ausgeschaltet wird. Auf der anderen Seite fürch ten sie, daß ihre eigenen Vorrechte durch die Nanking- Regierung ebenso beseitigt werden könnten wie die Ruß lands. Besonders Japan fürchtet für seine Vorrechte auf die sUdmandschurisäie Bahn. — Wahrhaft neutral ist von den europäischen Mächten in diesem Konflikt nur Deutschland. Das haben auch beide streitenden Par teien anerkannt, indem sie gleichzeitig Deutschland mit -er Wahrnehmung ihrer Interessen betrauten. Aber auch Deutschland kann es nicht gleichgültig sein, ob ein neuer kriegerischer Konflikt im Osten für Europa fchädliche Rückwirkungen auslöst: die deutsche Regierung sollte also erwägen, ob ihr die von beiden Parteien anvertraute Stellung als Treuhänder es ihr nicht ermöglicht, vermit telnd einzugreisen und damit den Ausbruch eines be waffneten Konfliktes zu verhüten. v^k. Revolver gegen Skreeruwitz Wien. 18. Juli. Am Donnerstag um die Mittagszeit durcheilten Gerüchte von einem Mordanschlag aus den Bundcspräsidenten Miklas die Stadt. Es stellte sich aber bald heraus, daß der Anschlag nicht zur Ausführung gekommen war. Vor dem Gebäude am Ballhaus-Platz, in dem sowohl Vundespriifi- dent Miklas als auch Bundeskanzler Steeruwitz ihre Amtsräume haben, erschien ein Mann und zog einen Revolver gerade in dem Augenblick, als Bundeskanzler Dr. Steeruwitz in seinem Auto das Gebäude verlieh. Glücklicherweise versagte der Revolver und ein vor dem Gebäude diensttuender Wachbeamter sprang aus den Mann zu und nahm ihn sest, wo- dei dieser dem Beamten den Revolver an den Kopf warf. Der Mann u»irde verhaftet und erklärte der Polizei während des Verhörs, er sei Schmiedegehilse und habe den Bundespriifidenten durch den Anschlag ans seine traurige wirtschaftliche Lage aus- tnerksam machen wollen. Der Mann machte den Eindruck eines Geistesgestörten. Wenn der geplante Anschlag zur Aus führung gekommen wäre, der, wie der Verhastete zngab, dem Bundespräsidenten galt, der sich gar nicht in Wien befindet, wäre Bundeskanzler Steeruwitz das Opfer seines Planes ge worden. Litauens Hole In Genf Genf, 18. Juli. Die Note der litauischen Regierung an den Generalsekretär des Völkerbundes ist in Genf eingetroffen, wird jedoch vom Se kretariat des Völkerbundes bisher nicht veröffentlicht. Die Note trägt ausgesprochen den Charakter einer Protesterklärung und weist in längeren Ausführungen darauf hin, daß die pol nische Regierung mit außerordentlicher Aktivität auf einer Ab änderung der gegenwärtigen politischen Verhältnisse in Litauen hinarbeitet. In diesem Zusammenhang wird auch das auf den Ministerpräsidenten Woldemaras verübte Attentat erwähnt. ' Die Note der litauischen Regierung wird dem Dölkerbunds- rat in seiner nächsten Tagung vorliegen. Hierdurch ist jedoch die gesamte Frage der politischen Beziehungen zwischen Polen und Litauenvon neuem aufaerollt worden. Die bisherigen langwierigen Bemühungen zwischen Polen und Litauen find hierdurch als e rg e b n i s lo s in den Hintergrund gerückt. Der Völkerbundsrat wird jedenfalls in seiner nächsten Tagung von neuem vor der grundsätzlichen Frage stehen, durch« welche Maßnahmen der bisherige für die gesamte Lage in Ost europa bedrohliche Zustand der Beziehungen zwischen Polen und Lstauen abgeändert werden kann. Untersuchung gegen die kommuntstische Partei Frankreichs Paris, 19. Juli. Der „Matin* berichtet: Die gegen die „Humanste* cingeleitete polizeilich« und gerichtliche Untersuchung, die zu Haussuchungen ge führt Hot, bei denen belastendes Material gesunden wurde, Nnvd rnöglicherweise auf die kommunistische Partei ausgedehnt werden. Dies« hat nämlich neuerdings eine besondere Kolontalabteilnng orga- isiert, di« offenbar keine andere Ausgabe hat, als Unruhen in den französischen Klonten zu stiften und di« Eingeborenen gegen Frank reich auszuhctzen. Das Propagandamatcrial dieser Abteilung ist in die Hände der Polizei gefalle». Seine Sichtung wird beweisen, daß dir meisten der ernsten Zwisclnmsälle in de» französischen Kolonien von der kommunistischen Partei organisiert und finanziert worden sind. Dir bei der Durchsuchung der Räume der „Humanste* sestge- nonunenen Ausländer, ein Italiener und ein Pole, sinh noch dem „Petit Parifien* ansgewiesen und unter Bedeckung über die bel gische Grenze abgeschoben worden. Englands Zurückhaltung Paris, 19. Juli. „Malin* «rkl.rt: In gewissen französischen Kreisen ist man erstaunt, daß das Foreign Office di« letzte Note des Qtiai d'Orsay über die Wahl des Tagungsortes der Reparationskonfereuz noch nicht beantwortet hat. Tatsächlich hat der englische Botschafter in Paris, Tyrell, von seiner Regierung bereits di« erforderlichen An- Weisungen erlgilten und wartet offenbar nur das Ende der Kam merdebatte über die Ratifizierung der Schulden abkommen Frankreichs ab. um mit Potncare über alle schwebenden Fragen und besonders über die Wahl des Tagungsortes zu konfe rieren. Vom Vertreter des WTB. in Poris wird dazu bemerkt, nach der Lag« der Ratisizterungsdebattc sei eine Beendigung der Ans sprache vermutlich nicht vor Mittwoch oder Donnerstag nächster Woche zu erwarten, es sei denn, daß etwa 20 Redner ans das Wort verzichteten. Wenn übrigens der „Matin* unter Hinweis darauf, daß die französische Regierung an den Gedanken der Abhaltung der Konferenz in einem neutralen Lande, etwa der Schweiz festholte, von einein neuen englischen Vorschlag« für die Zusammenkunft in einem Orte Hollands oder Belgiens wissen wolle, so müsse diese Nachricht mit der größten Vorsicht ausgenommen werden. Die geplante Amerikarelse Mae-onal-s London. 19. Juli. „Times* meldet ans Washington: Im Staatsdepartement nimmt man an, daß es Maedonalds Wunsch sei, den von ihm ge planten Besuch in den Bereinigten Staaten nicht abzustatten, solange es nickt feststeht, daß diese Reise eine «rfolgverheißende Förderung der allgemeinen Bemühungen um daS Zustandekommen eine Verein barung über die Abrüstung zur See verspricht. Volncars ulchl ernstlich erkranN Paris, 18. Juli. , Das Befinden des Ministerpräsidenten Poincarä, der am Mittwoch das Zimmer hüten mußte, bietet nach dem erste«? Befunde vom Donnerstag früh keine Anzeichen einer ernst lichen Erkrankung. Immerhin wurde ihm trotz merklicher Besser rung der Rat erteilt, auch am Donnerstag das Zimmer zu hüten) Vertretertagung der Kommission für geistig« Zusammenarbeit in Eens. Die britisch-russischen Beziehungen London, IS. Juli. „Morningpost" will von einer Zurückweisung wissen, die die britische Negierung in ihren Bemühungen, die diplomati schen Beziehungen mit der Sowjetregierung wiederaufzuneh» men, von seiten Rußlands erfahren habe. Hendersons Note, in der er darum ersuchte, daß ein Vertreter der Sowjet regierung nach London kommen solle, um alle für die Wieder aufnahme der Beziehungen in Betracht kommenden Fragenj wie antibritische Propaganda und die Regelung der russisches Schulen zu erörtern, sei in Moskau ungünstig aufge- nommen worden. Moskau sei, wie es heiße, nicht bereitz diese Borbedingung für eine Anerkennung zu erörtern. Die Sowjetregierung bestehe darauf, daß Verhandlungen über dies^ Punkte aus dem regelrechten diplomatischen Wege nach der Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen den beiden Regie- rungen geführt würden. Die Antwort der Sowjetregierung werde in der Kabinettssitzung der nächsten Woche erwöge» werden. — „Times" dagegen berichtet, die Antwort der Sowjeä regierung sei noch nicht beim Foreign Office eingetroffen. l^SKWU !. KjMÄ,-d «-««»«. 17. z-ir , j Auf dem Stuttgarter Marktplatz fand am Mittwoch abend eine von der Kommunistischen Partei einberufene Versammlung statt. Es handelte sich um eine Kundgebung gegen die „Kriegs. Treibereien im Osten". > Als Hauptredner trat der Landtags- abgeordnete Scheck auf. Vor der Wersaminlung gab es einen Zusammenstoß mit der Polizei. - Mehrere der Versammlungs teilnehmer waren in der Uniform des verbotenen Rotfront kämpferbundes erschienen. Als die Polizei einen Rotsront» kämpfer festnahm und absiihrte, drängte eine große Meng« hinterdrein und versuchte den Festgenominenen zu befreien. Der Schutzmann kam so ins Gedränge, daß er von der Waste Ge brauch machen mußte, wobei einer der Demonstranten an scheinend ziemlich schwer verletzt wurde. Ein ungeheurer Lärm erhob sich, doch konnte die auf die Schutzpolizei eindrängende Menge von den sofort herbeigeeilten Polizeiverstärkungen auf den Marktplatz zurückgedrängt werden, wo dann die ange- kündigte Protestkundgebung mit starker Verspätung beginnen konnte. '' Tagunli für geistige Zulaurtuenarbell Genf. 18. Juli. Die Vertreter von 28 nationalen Kommissionen für die gei stige Zusammenarbeit sind am heutigen Donnerstag hier zum ersten Male unter Vorsitz des Präsidenten der internationalen Kommission sür geistige Zusammenarbeit. Prof. Gilbert Murray (England) zusammengetreten. Die deutsche natio nale Kommission für geistige Zusammenarbeit ist erst im vorigen Jahre gegründet worden und steht unter dem Vorsitz von Prof. Harnack. An den Verhandlungen nimmt als Vertreter des Völkerbundes der deutsche Untergeneralsekretär Dnfour» Fsronce teil, unter dessen Leitung das Sekretariat des internationalen Instituts für geistige Zusammenarbeit steht. Auf mg st' gleit ver einzelner »ankenaustausch über die Stellung Missionen auf nationalem und internationalem Gebiet, Organi sation und Zusammensetzung der einzelnen Kommissionen im Sinne einer möglichst engen Zusammenarbeit, ferner eine Ge neralaussprache über die Zusammenarbeit zwischen dem Institut für geistige Zusammenarbeit der internationalen Kommission für grillige Zusammenarbeit. Die Tagung wurde durch eine Ansprache des Vorsitzenden erössnet, der darauf hinwies, daß verschiedene Abgeordnete ans weit entfernten Gebieten zu der Tagung nach Genf gekom men seien. Er betonte, daß die Verhandlungen durchaus im Sinne völliger Freizügigkeit und freiester Kritik verlau fen müßten, um für die Zukunft eine bessere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Kommissionen und der internationalen Äomisfion zu sichern. Als Generalberichterstatter wurde der Vertreter von Deutschland. Dr. Morsbach. ernannt. An der Tagung nimmt auch der Vertreter des akademisch-ukrainischen Kommitees und der katholischen Kommission für geistig« Zu sammenarbeit teil- Mae Mondrakele und ihre M<rea New York, 18. Juli. ^ Aus Worcester (Massachusetts) wird gemeldet: Universitäts- Professor Eoddard versuchte am Mittwoch au» einem eigen» dazu erbauten 40 Fuß hohen Turm eine Mondrakete abzuschießen) nachdem er 17 Jahre daran gearbeitet hatte, eine solche herzu-l stellen. Die Rakete ging etwa 1000 Fuß in die Höhe und explo dierte dann mit einem meilenweit hörbaren Knall, wodurch dsii! Fensterscheiben der Universität in Trümmer gingen. Die Reste der Rakete fielen teilweise brennend zur Erde, richteten aber keinen Schaden an. Die Stadt geriet in große Aufregung, die Polizei und Feuerwehr eilten zur Stelle, fanden jedoch nur de« Professor und seine Assistenten bei den Trümmerresten. Die Ra kete war S Fuß lang und hatte einen Durchmesser von 28 Zoll) Sie enthielt Gas«, deren Beschaffenheit geheimgehalten wird, di^ durch die Serienrxplofion eine «ngehenre Geschwindigkeit de» Rakctengefchoßes erziele« sollten. Skaalsral am 2Z. Zull Der Preußische Staatsrat ist auf Dienstag nächster Wochj zu einer Sitzung einberufen, um die Frage zu entscheiden, oo gegen das westliche Umgemeindungsgesetz Einspruch eingelegt werden soll. Es soll zugleich die Frage behandelt werden, ob de» Etaatsrat gegen das Polizeikostengesetz, in der die Frage bet Volksschullehrerdiensteinkommengeseh, in der die Frage dei Schullasten neu geregelt ist, gleichfalls Einspruch eim legen will. Am Dienstag vormittag werden die Fraktionen unii im Anschluß daran die zuständigen Ausschüße sitzen. Die Plenar( sttzung soll um 1 Uhr beginnen, um den Bericht der Ausschüße entgegenzunehmen und einen endgültigen Beschluß zu saßen. . Sle neue Vapperstadr Larmen-Elberfeld Barmen, 17. Juli. Eine in Düsseldorf abgehaltene Besprechung zwischen Ver tretern der Stadtverordneten und Stadtverordneten-Fraktions- führern von Elberfeld und Barmen einerseits und der Regie rung Düsseldorf andererseits ergab, daß Oberbürgermeister Dr. Hartmann-Barmen die kommißarische Verwaltung der neuen Wupperstadt Barmen-Elberfeld übernimmt. Gleichberech tigter Stadtverordneter ist Dr. Kirschbaum (Elberfeld). Beiden wird ein Ausschuß beigegeben, der die Stelle des bis herigen Stadtrats einnehmen wird. Die Überschwemmungen in Klelnasien London, 19. Juli. Einer Agcnturmeldung aus Konstantinopel zufolge nehmen die Ucbrrschtvcmmnngen in Kleinasien katastrophalen Umfang an. Infolge der Wolkenbriichc und Erdrutsche sind viele Dörfer an der Küste in den Wellen verschwunden. Mehr als 1000 Personen (?) sind ertrunken. An« schlimmsten sind die Ucbcrschweminungen immer noch in der türkischen Provinz Trapczunt. Zahlreiche Einwohner haben sich in die Berge geflüchtet- * 10 000 Polizeioerordnungen aufgehoben. Der vom preu ßischen Innenministerium zu Beginn des Jahres herousgekom- mene Erlaß, durch den die preußischen Regierungsstellen an gewiesen worden sind, die vor dem 1. Januar 1890 erlassenen Polizeiverordnungen außer Kraft zu setzen, hat, wie der De mokratische Zeitungsdienst mitteilt, zur Folge gehabt, daß bis jetzt insgesamt 10 000 preußische Polizeiverordnungen aufge hoben sind. * Die deutsche Himalaja-Expedition. „Daily Telegraph*! meldet aus Kalkutta: Die deutsci-e Himalaja-Expedition unter! der Führung Paul Bauers ist auf dem Wege nach Darjeeling, das als Standort sür die wissenschaftliche Forschungsarbeit der nächsten drei Monate vorgesehen ist. Die deutschen Gelehrten werden ihre Tätigkeit auf den Kanchanjonga konzentrieren und wahrscheinlich auch die Besteigung des Gipfels (etwa 8800 Meter) versuchen, obgleich dies nicht der Hauptzweck der Ex pedition ist - Folgen einer Schlägermensur. Wie gemeldet, war kürz lich in Je na bei einer Bestimmungsmensur zwischen zwei Stu dierenden der Student Echernikau tödlich verletzt worden, da ihm die gegnerische Wofsfe in die Mundhöhle eindrang. Vor dem Schöffengericht hatte sich jetzt der Student der Medizi!? Schilling aus Eibenstock wegen Zweikampfes mit tödlichen Waffen zu verantworten. Das Urteil lautete aus sechs Monate Festungshaft. Wetterbericht der Dresdner Wetterwarte Witterungsaussichten: Fortbestand des heiteren bis schwach wolkigen, sehr warmen, teilweise schwülen Wetters. Dabei ver einzelt örtlich weitere Gewitterbildungen nicht ausgeschlossen. Schwache Luftbewegung veränderlicher Richtung.