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Sächsische Volkszeitung : 20.07.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192907209
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19290720
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19290720
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-07
- Tag 1929-07-20
-
Monat
1929-07
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 20.07.1929
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. . - -j I Vierden un6 Umgebung Das Thermometer klettert Die erste richtige und anl-aliende Sommerhitze Hot mir dem Beginn der grotzen Ferien eingesetzt. Die Lehrer und Kin der können sich also nicht beklagen und alle diejenigen, die aus der Großstadt gesluchtet sind, werden mit schadenfrohem Lächeln an die benzingeschwängerten Straßen und das heiße Pflaster denken, denen die Daheimgebliebenen nicht immer entfliehen können. Am gestrigen Donnerstag — im Schatten wurden am Nachmittag bis über 30 Grad gemessen — lechzte die unzufrie dene Menschheit bereits wieder nach Abkühlung: Gewitter wur den prophezeit, Wirbelstiirme angekündigt — doch auch der Freilag setzte sonnig und heiß ein. Die Jugend macht es sich bequem und nützt die Planschbecken der Stadt ausgiebig aus, der Große Garten ist das Ziel Tausender, die den Häuser fronten der Straßen aus dem Wege gehen. — Aber ein Stand wünscht nichts sehnlicher, als daß es bis in den September hin ein weiter so bleibt: die Eismänner, deren Erzeugnisse sich einer fabelhaften Nachfrage erfreuen. Mit neuzeitlichen motori schen Apparaten stellen sie in verblüffender Geschwindigkeit immer neue Mengen der Kühlen Labung her und erhoffen heim tückisch eine neue Hochflut von Hitzewellen. Selbstverständlich ist auch in den zahlreichen Badeanstalten Hochkonjunktur, Naturgemäß steigert sich der Wasserverbrauch während einer Neihe so warmer Tage ganz erheblich. Die städtischen Wasserwerke aber können auch den gesteigerten Anforderungen gerecht werden, so daß Dresden cs sich weiterhin ausgiebig lei sten kann, die Straßen und Plätze zu sprengen und auch die verschiedenen Brunnen in Tätigkeit zu holten. — Wie die Lon- deswetterwarte mittcilt, lagern Hoci)druckgebicte über Mittel europa, Südskandinavien und Nordengland. Bei uns ist das Hockdruckgebiet allerdings schon in einer gewissen Auflösung, doch wird diese kaum zu einer grundlegenden Aenderung des Metiers führen können: denn cs ist keine kräftige Depression vorhanden, und nur die Gewitterneigung wird in stärkerem Maße wahrscheinlich. Durch die uneingeschränkte Einstrahlung, di« durch den fast völligen Mangel an Bewölkung gegeben ist, wird cs weiterhin ziemlich heiß bleiben, ja, man kann mit einer Steigerung der Temperaturen rechnen. Die Ursache -es Medinger Grohseuers Dresden, 19. Juli. In der vorletzten Woche wütete, wie wir berichteten, in Medingen, Bezirk Dresden, ein Schadenfeuer, das als eins der größten dieser Art bezeichnet werden konnte, die in den letz ten Jahren in der Dresdner Umgebung stattgefunden haben. Die Ent st ehungs Ursache wird nach den ongestellten behörd lichen Erörterungen auf eine Mehlstaudexplosion zu- rückgesührt. Der durch dieses Großfeuer entstandene Schoden ist weil beträchtlicher, als anfänglich angenommen worden ist. .Co beträgt der Ge b ä u d e scha d e n nach der Brandkasse allein ,runü 32.', 090 Reichsmark. Der Wert der vom Feuer völlig zer- j störten Maschinen beziffert sich auf über 125 000 NM., während der sonstige Sachschaden an Inventar, Materialien usiv. gleich falls sehr erheblich ist, so daß ein Gesamtschaden von mindestens einer halben Million Reichsmark zu verzeichnen ist. .Der Neuaufbau und die Wicdereinrichtung des Betriebes, an dem die Gemeinde Medingen wie überhaupt die ganze dortige Gegend ein lebhaftes Interesse haben, würde unter den jetzigen Verhält nissen noch weit größere Summen verschlingen. Der Fabrika- tlonsbetrieb der chemischen Fabrik Gcbr. Haake, der auf eine Tochtergesellschaft übcrgcleitet worden ist, erleidet durch den Brandsall keine Unterbrechung. Zehn Jahre Verkehrsflugzeug Dresden 10. Juli. Die Deutsche Lufthansa feierte gestern das zehnjährige Jubiläum des ältesten Verkehrsflugzeuges Deutschlands. Am 18. Juli 1010 trat die erste, die Bezeichnung D 1 tragende Ma schine vom Typ Junker F13 den ersten Flug an und ist seitdem auf fast allen innerdeutschen und internationalen Strecken eingesetzt und von einem bekannten Flugkapitän gesteuert worben. Am Juküläums- tage flog die Maschine auf der planmäßigen Strecke Dresden- Verl i n - S t e t t i n und zurück. Zu Ehren des Flugzeugs wurde vor dem Start in Dresden und noch der Landung im Zentralflug hasen Tempelhof eine kleine Feier veranstaltet. »-Anlikriegskonferenz" für Oflsachsen Dresden, 19. Juli. Die Kommunistische Partei Deutschlands und einige ihr nahestehende Verbände berufen eine sogenannte „Antikricgskonferenz" für Ostsachsen zum 28. Juli nach Dresden ein. — Sie wird vielleicht Gelegenheit haben, gegen einen russischen Krieg mit China zu protestieren — oder sollten wir uns irren und die Konferenz in dieser Vezichung. Rußland zuliebe, «ine Pro- Kriegskonscrenz werden? Dresdens Slratzenbahnnetz wächst Eröffnung einer neuen flüdlifchen Linie nach Coswig Dresden» 22. Juni. Am Sonnabend, den 20. Juli wird nachmittags im Anschluß an die anrtliche Probefahrt di« neu erbrüte beziehungsweise in Stadt spur umgebaut« Strecke Kötzschen broda—Coswig in Betrieb genommen werden. Di« bish«rige Schmalspurstrecke Bahn- hosstraße Kötzschenbroda—Johannisbergstraß« ist in den letzten Wo chen in Stadtspur umgebaut worden. Die Neubaustrccke beginnt an der Johannisbergstraße. Sie kreuzt dort di« Meißner Landstraße, führt »veiter nördlich der Staatsstraße auf eigenem Bahnkörper nach Zitzschcwig und über sch neidet dort zweigleisig di« Gcrhart-Haupt- mann-Stroße. An der Eisenbahnbrücke nähert sich di« Strecke wieder der Meißner Landstraße uird führt jenseits dieser Brück« am Eifen- bohnkörper entlang durch die Eiärtnereien nach der Hauptstraße in Cosnng. Wenige hundert Meter jenseits der Hauptstraße liegt der n«»erbaute Stmßenbahnhof Coswig, wo di« Wagen in einem Schlei- senglcis umkehren. Die Strecke wird folgend« Haltestellen erhalten: Vahnhosstrahe Kötzschenbroda, Luisenstraße. Wackcrbarths Ruh«, Johannisbcrgstr., Gerhart-Haupimann-Straße, Zitzschcwig, Eisenbahnbrücke, Haupt straße Cosrvig. Die Wogen verkehren werktags in Abständen von 30 Minuten, Sonntag nachmittags in Abständen von 20 Minuten. Für diese Strecken werden Zwölserkarten zum Preise von 2, 2,50, 3 und 1 Reichsmark ausgcgcben. Das Ucbergangsheft Cos wig-Coschütz kostet 6 Mark. Die Monatskarten gelten ohne Preis erhöhung auch auf der neuen Strecke. Diese neue Strecke bringt nicht nur den Bewohnern von Zitzschcwig und Coswig eine bequem« Verbindung mit 'dein Stadtinnern, sondern auch für den Ausflügler vverkehr mit sich. Im Anschluß an die Inbetriebnahme der neuen Strecke wird sofort der weitere Umbau der Lößnthbahn in doppelte» Ar. beitsschichen fortgesührt werden. Es ist zu erwarten, daß die Um, bauarbeite» im lausenden Jahre bis zur Weintraube vorgetriebeu Die kügttchen Derkehrsunfälle Am Donnerstag trugen sich in Dresden wieder verschie dene Verl,chrsun,alle zu. Gegen 14 Uhr stießen in der Neustadt auf der Antonstratze ein Wagen der Linie 20 und ein Lastauto heftig zusammen, wodurch beträchtlicher Sachscha den verursacht wurde. Personen wurden dabei aber erfreulicher weise nicht verletzt. Durch den Zusammenstoß erlitt der Stra- ßenbahnverkehr der dortigen Linien eine Unterbrechung, bis die aneinander geratenen Fahrzeuge getrennt und wegtransportiert waren. Während dieser Zeit wurde die Linie 6 zwisckien Neu- stüdter Bahnhof und Postplatz über Albertplatz und Augustus- brücke geleitet. — Kurze Zeit darauf fuhr ein aus der Stadt kommendes Personenauto aus der Leisniger Gegen- im Stadtteil Obergorbitz unweit vom „Reichsschmied" gegen einen Baum. Ein im Auto sitzender siebenjähriger Knabe erlitt Schnitt- und Quetschwunden. In der 6. Nachmittagsstunde fuhr in der Neustadt aus dem Wilhelmplatze ein Leipziger Kraftwagen gegen ein großes mit Mehl beladenes Lastauto aus Bautzen, das von der Marienbrücke herab kam. Während der Sachsck>aden am letzt genannten Fahrzeug gering war, hatte das Personenauto be. trächtliche Beschädigungen aufzuweisen. Ein Mitfahrer dieses Wagens, der mit dem Kopfe gegen die starke Windschutzscheibe gestoßen war, erlitt im Gesicht heftig blutende Schnittwunden. Der Verletzte wurde im Sonitälsauto nach dem Krankenhaus gebracht. — Abends kurz nach 9 Uhr stieß Königsbrücker, Ecke Louisenstraße, eine Autodroschke, die die Königsbrücker Straße entlang fuhr, mit einem Motorradfahrer zusam men, der die Königsbrücker Straße dort kreuzen wollte. Der Eine Mchttge Familie Vater, Sohn und Schwiegertochter unter Anklage. Dresden, 19. Juli. Am Donnerstag verhandelt« bas Amts gericht Dresden gegen den 50 Jahre alten Kommissionär Friedrich Karl Herzog, dessen 21 Jahre allen Sohn, den Angestellten Fried rich Edmund Herzog und dessen Ehefrau Linda Herzog, die vor ihrer Verehelichung als Arbeiterin in der Dresdner Gardinen- u»d Spitzen-Manusaktur in Dresden-Dobritz beschäftigt war, wegen Hehlerei und Diebstahls. Die Ehefrau Herzog 'hatte während dev letzten Tätigkeit in genannter Firma nicht weniger als 46 Fenster Gardinen, 10 Stores und 6 Spitzenbettdecken gestohlen. Vier Fen ster Gardinen hatte der Schwiegervater als Geschenk erhalten, den Nest der Beut« sollte der jetzig« Ehemann der Angeklagten' Linda H. verkaufen. Sämtliche Angeklagten waren voll geständig. Linda H. entschuldigte ihr unglaubliches Verhalten damit, daß derartige Dieb stähle in der Firma üblich gewesen seinen. Der Ehemann H. will geglaubt haben, daß es sich um Kommissionsware gehandelt hatte (!), die seiner Frau zum Verkauf zur Verfügung überlassen worden. Der Vater Herzog wollt« überhaupt nichts von der Herkunft der Gar dinen wissen. Bemerkt werden muß allerdings, daß das gestohlen« Gut restlos wicdererlangt worden ist und größerer Schaden somit verhütet wurde. Das Gericht sprach den Pater H. mangels Be weises kostenlos frei, verurteilte hingegen die Eheleute Herzog wegen« Hehlerei beziehungsweise Diebstahls zu je 5 Monaten Gefängnis, der Ehefrau H, wurde eine dreijährige Bewährungsfrist zugebilligt. Auch der Ehemann Herzog soll Bewährungsfrist erhalten, falls er ein« Geldbuße von 50 Mark zahlt. Wie man sich einen Aukopark zulegl Dresden, 19. Juli. Nach langwierigen Erörterungen gelang es der Kriminal polizei am Dienstag, den Autodieb, der in letzter Zeit Dresdner Parkplätze unsicher gemacht hatte, zu ermitteln und festzuneh men. Die Beamten überraschten einen 24 Jahre alten Monteur in einer Garage beim Mmontieren gestohlener Kraftwagen. Der Dieb hatte ln der Garage mehrere Boxen gemietet. An Ort und Stelle fand man drei in letzter Zeit in Dresden gestohlene Kraft wagen. von denen zwei vollständig abmontiert waren. Der dritte erst vor einigen Tagen auf der Wallstraße gestohlene Wa gen befindet sich noch in fahrbarem Zustairde. Der Dieb erklärte, er habe sich mit den zum Teil gestohlenen, zum Teil gekauften Wagen nach und nach einen Auto park zulegen und sich dann selbständig machen wollen. Anlaß zu Bedenken gibt die Tat sack)«. daß es möglich war, die gestohlenen Wagen längere Zeit unbemerkt m einer Garage unterzubringen und an verschiede nen Tankstellen Betriebsstoff zu entnehmen. Der falsche Bestatt,»,qsbeamte. Am Dienstag ist eS bank der Aufmerksamkeit einer Offizierswitive gelungen, dem Schwindler, der mehrfach Vorschüsse ans Beerdigungskosten erlangt halt« und vor dem in den Zeitungen gewarnt wurde, das Handiverck zu legen. Der Schwindler Prack) am Vormiftag bei der Witwe eines in diesen Ta gen verstorbenen Offiziers vor und gab sich dabei fälschlicherweise als städtischer Fricdhofsverwaltcr ans. Durch Vermittlung der Witwe gelang im Lause des Tages die Verhaftung des Schwindlers. Bei seiner Festnahme erlitt der 39 Jahve alte T.ier, ein Lichtbild ner ans Zittau, einen Tobsuchtsansall und mußte in die Heil- und Pflcgonstalt übergeführt werden. In seinem Besitz fand man eine Liste von Personen, in deren Familien in letzter Zeit Todesfälle vorgekommen waren. Bisher liegen acht Vetrugsanzeigen vor. ; Grasbrände. Gestern geriet an der Bahnböschung an der Wiener Straße eine Grassläche infolge Funkensluges einer Lo komotive in Brand. — Auf dem Sportplatz am Westendriug in Vorstadt Plauen brannte ein Garten,zaun und eine Grasfläche des Straßenbahnkörpers. In beiden Fällen konnte die Gefahr von der Feuerwehr rasch beseitigt werden. s. Umbenennung des Hauptvcrsorgungs- amtes. Dag Hauptoersorgungsamt Dresden führt vom 1. Au gust 1929 ab die Bezeichnung Hauptversorgungsamt Sachsen. Sein Verwaltungsbereich erstreckt sich, wie bisher, über das Ge biet des Freistaates Sachsen. ji A: iß '8 - s lh > h iS »ltum« und Felsen'geschleudert. Nichts, als ein schlichtess von Anemonen und blauen Glockenblumen übersponnenes Kreuz bezeichnet die Unglücksstelle. Zehn, zwölf solcher turmhoch be ladener Schlitten sausen in kurzen Abständen hintereinander zu Tal. Weithin hörbar klingt das Knirschen der Kufen auf den Leitersprossen — ein langgedehnter, pfeifender, unvergeß licher Ton. als würde mit herabsatlenden Schwertern die Luft zerrissen. Den leeren Schlitten über dem Rücken, die Pfeife im Mund, steigen die Männer auf dem steilen Pfad wieder berg an. Aber die Atempause ist viel zu kurz. Di« übermäßige Anstrengung, die immer lauernde Gefahr bei ganz unge nügender Ernährung schwächen den stärksten Körper und geben vielfach diesen Wasgausöhnen das blasse, ausgemergelte Aus sehen der Arbeiter zwischen den rauchenden Fabrikschloten, Trotzdem hängen die Schlüter mit Leib und Seel« an ihrem Berus und würden ihn nie. auch nicht um vieler goldner Etern- taler willen, gegen ein bequemeres Leben «intauschen. Die Hütte, die den Schlittern viele Monate im Jahr als Obdach dient, ist aus dem Wald emporgewachsen und würde manchem dem Alltag entflohenen Städter als schönstes poesie- umwobenes Wochencnd-Tusculum erscheinen. Fest zusammen gefügte, mit Rindenabsällen gedichtete Baumstämme bilden die Wände und Eiebelfront dieses Miniaturheims. Aus dem mit Borken und Moos bedeckten Dach flattert ein Rauchfähnchen, das sich durch «in ausacschlagenes Loch, ohne Kamin, selber den Weg ins Freie sucht. Die Innenausstattung ist denkbar einfach und gcm^ auf di« heutige Raumausnützung zugeschnitten. Die niedrige Tür gibt nur einem tief gebückten Menschen Ein laß. Um di« Hiittenwände laufen Holzbretter, die den Schlittern am Tag als Bänke und nachts als Bettstelle dienen, auf denen sie, wie die Tiere in ihren Pelzen schlafen, ohne sich j« aus zuziehen. In einer Ecke steht der primitive Steinherd, den der weit praktischere, aber auch viel nüchternere eiserne Eußofen noch nicht verdrängt hat. Die Holzfäller lieben das offene Feuer, über dessen Glut die Suppe aus Speck, Kartoffeln und Brot im schwarzen, dreibeinigen Kessel brodelt. Köstlicher Harzduft füllt den engen Raum. Auf und ab tanzen die Flammen, un ruhvoll, wie die Seelen nnerlöst Verstorbener. Blutrote Licht- ltreifcn fallen gegen di« Wände, kleben an der Decke, hüllen die dunkeln Männergestalten in königliches Purpur. Im er löschenden Feuer werden nach alter Sitte unter der Asche die „Erumbeercn" geröstet, dies« köstlichen Kartoffeln, die trotz ihrer angesengten, ost pechschwarzen Schale lo wunderbar Tchmecren unv aucy in ver Trknnerung knr seven rrpmier Den ganzen Dust und Zauber der Heimat bewahren. Am Sonntag wird es auf den einsamen Bergkuppen leben dig. Aus allen umliegenden Tälern kommen die Frauen und Kinder, um die Schlüter zu besuchen und ihre Kiepen mit Waldbeeren zu füllen. Fröhliches Lachen und Rufen läßt das Singen der Säge, das Kreischen der Kufen verstummen. Bunt« ckt« Mieder flammen Haubenbänder wehen m flattern wie kleine, lustige Fahnen. Die Frauen"haben ihr« Körb« ausgepackt. Zur Feier des Tages gibt es Weißbrot, Butter und Schinken, und vor allem den heimatlichen Kirsch, der so voller Herbe, Würze und Milde ist. Jetzt ist ver Schlüter wunschlos zufrieden. Frau und Kind — «in Kirschwasser und eine qualmende Pfeif« — mehr be darf er zu seinem Glück nicht. Der alte Holzfäller, dessen poli tisches Her^ ich sezieren wollte, hatte recht: Arbeiten und rasten, Weib und Kind ernähren, „alles andre fin dummi Plan .. »l" llvlsns Scdsckv. Neue Bücher -es Paul-List-Verlags Diesmal hat der Paul-List-Verlag gegen seine Gepflogenheit auch für die Reisezeit gesorgt und eine Anzahl interessanter Bio graphien und Romane noch im Frühjahr erscheinen lasten. Am mei sten hat mich in den Tagen des Deutschland-Besuchs des obersten Indianerhäuptlings White Horse Eagle die Autobiographie Büffel lind Langspeers gefesselt. Daß dieser Häuptling, der die Ge schichte seiner Jugend erzählt, fast wehmütig des Abschlusses seiner Laufbahn wie überhaupt des romantischen Jndianerlebens gedenkt, ist verständlich. Durch die sehr lebendige und von Hans Rudolf Rieder in «in sehr lesenswertes Deutsch übertragene Schilderung wird die Jndianerschwärmerei unserer Jugend wieder wach, nur ist sie von einer höheren Warte betrachtet, denn der Autor ist ein ge bildeter Mann, der auch die Nöte seines Stammes kennt und seine immer noch währende Sehnsucht nach Befreiung von der Unkultur, die man ihm ausgedrungcn hat. Das Buch kann ruhig der reiferen Jugend in die Hand gegeben werden. (Preis geb. 10 RM) — Von Henri de Jouvcnel erschien eine Biographie „Graf Mlra- beau, der Volkstribun" <10 RM.) in der Manier der neueren sranzösiich«» Romanbiographien geschrieben. Er schont seinen Hel den nicht und die Schattenseiten dieses Lebens scheinen das Lichte fast zu verdunkeln, aber er hobt auch sckiarf den cigcullichcn Wert dieses abenteuerlichen Lebens heraus, der darin besteht, daß Mira- bca„ als erster und fast einziger Revolutionsmann die notwendige Entwickelung des Umsturzes kommen sah und sich politisch daraus einstellte. Der Autor hat nicht unrecht, wenn er meint, daß ein längeres Leben diesem Slbentcuercr erst Vollendung seiner Ideen lmtte bringen können. Sein Name würde dann heute einen besseren Klang haben, — Das entschieden wertvollste Werk aus dieser Reihe ist aber Fredcrick T- Hills „Lincoln, der Schöpfer einer Na tion" (10 RM ). Llbraham Lincoln, der es vom einfachsten Land arbeiter bis zum bedeutendsten Staatsmann der U. S, A. neben Washington brachte, ist leider viel zu wenig bekannt. Wir haben in unserer jungen Republik ganz ähnliche Kämpfe, wie sie Lincoln »ach den Freiheitskriegen vorfand, auch bei uns ist der Hader der Par teien zum Entsetzen aller normal Denkenden geworden und ohne Korruption geht es auch bei uns nicht. Gedankenlose rufen nach einem Mussolini. Sie sollten viel bester nach einem Lincoln rufen, der als das Idealbild eines Unparteiischen sein Volk einte und zu- sammenhlelt. Die Schilderung Hills erfolgt ohne jede Schönsärbuiig, ober mit reifstem Verständnis für das Lebcnswerk dieses genialen Menschen und Fiihrers. Ich möchte es allen denkenden und mit der Gegenwart fühlenden Menschen warm empfehlen. Zwei Romane recht unterschiedlicher Art seien noch kurz be sprochen, Da ist zunächst „Das Leben einer Prinzessin" von Axel Eggcb recht zu nennen. Ein menschliches Erleben, eine Lieb«, ein Sichbcsreicn von Tradition uua Pflicht und dicS hineingestcllt in die gärende Neuzeit mit dem Abschluß in unseren Tagen. Die Prinzessin entstammt dem Zarenhaus. Unter ihrer Füh rung erlebt man den Zusammenbruch einer Gesellschaft, die hoch in Geltung stand. Politik ist vermieden. Man leint den Autor nur als Referenten kennen. Und das ist eigentlich schade. — Eine ge wagt« Angelegenheit ist Rodcliffe Halls „Qnell der Ein- famkeit". Ein Roman um die lesbisch« Liebe, die schreckliche Er scheinung unserer Tage, von deren Zunahme Nervenärzte zu be richten wissen. Das Buch war in England verboten, obwohl es rein ideell geschrieben ist und auch nur Andeutungen obszöner Art ver meidet. Aber die Verteidigung dieses Quells der Einsamkeit nach dem biegsamen Grundsätze „Alles verstehen heißt alles verzeihen" ist denn doch ein starkes Stück. Die Handlung ist sehr langstielig ongepackt und künstlerisch nicht durchgearbeitct. Eine Notwendig keit, das Weil dem Deutschen zu „retten" ist deshalb nicht einzusehen. Franz Zlckler.
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