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undV(^88en f-s.24y — 26. Oktober 1YZ0 ^ ^ H.ü.ii°i8<iie »oikv/.eiiunA Vas Arclüv der „8totterer" SelrutL vor ^brakIunzssclAHviinilern — ^uskünkle an, lankenäen Lanä — L^veie!nl,a1b kiliHionen Lerlrner sinrt rezistr!ert Da befindet sich runter vielen anderen Einrichtungen, die die neue Zeit bedingt, eine Auskunftsstelle in Berlin, die bald einen grosien und gewichtigen Namen haben wird. Die „Sck-utz- »cmeinschaft für Absatzsinanzierung und Kreditsicherung", kurz „Schusa" genannt. Der Sinn dieser Gesellschaft ist kurz gesagt: Schutz dem Verkäufer, Vorsichtsmaßnahme dem Käufer beim Kauf mittels Ratenzahlung. Wie war das doch vor dem Kriege verpönt, etwas auf .Stottern", auf Raten zu kaufen. Es gab zwar vereinzelt kleinere Geschäfte, die dieses zuließen, aber meist waren es ktagengeschäste, und auf der Ware war der Lieferant gestrichen. Usus war es außerdem, daß ein gewaltiger Ausschlag genom men wurde, und mit dem Drittel der Anzahlung war meist die Ware schon ganz bezahlt. Man schämte sich und hütete sich, dag sich dieses Geschäft herumsprach. Ja, so war es vor dem Kriege. Heute hat sich dieses Bild ganz gewaltig verändert. Es gibt fast keine Käufer mehr, die in ein Geschäft gehen und eine Ware, die einen gewissen Wert darstellt, sofort bezahlen. Man spricht von einer Ankurbelung der deutschen Wirtschaft und von einer Unlust des kaufenden Publikums, und hofft größere Kauflust durch größeres Entgegenkommen zu steigern. Der moderne Geschäftsmann ist zu der Einsicht gekommen, daß die Kauflust gesteigert wird durch entsprechende Krcditmaßnah- men. Man kommt eben dem Kunden entgegen. Eine Senkung der Preise ist vielfach nicht mehr möglich, aber man sagt seinem Kunden eben statt dessen: Du kannst ruhig in kleinen Raten bezahlen! Hat dieses System vielleicht auch dazu beigetragcn, daß wieder mehr gekauft wird, so haben doch auf der anderen Seite viele die günstige Gelegenheit benutzt, um reelle Gesckstiste zu machen. Eine gewisse Gefahr bringt das Ratenkaufvcrfahren immer mit sich. Eine Reihe von Käufern kauften wähl- und planlos meist iveit über ihren Etat hinaus; andere wieder kauften mit der Absicht, die Waren nie zu bezahlen. Da entschlossen sich viele Geschäfte, eine Art Sicherungsverband zu gründen, der alle Kunden ständig überwachen soll. So entstand die „Schusa", die unter strengster Wahrung des Geschäftsgeheimnisses alle Unterlagen über Kauf und Verkauf in einem Generalarchiv sammelte und ihren Kunden dann nutzbar machte. So nutzbar diese Stelle für den Kaufmann ist, so unauffällig ist ihre praktische Durchführung für das Publikum. Der Kunde merkt es nicht, wenn er für den Natcnzahlungsvcrtrag seinen Namen angegeben hat und dann sofort ein Verkäufer mit diesem Papier verschwindet, um per Telephon seine Auskünfte einzuholen. Vier Minuten später ist der Verkäufer über den Kunden orien tiert und kann dementsprechend seine Dispositionen tresscn. Der wirkliche Käufer, der immer seinen Verpflichtungen nackge- kommcn ist, erhält jeden Kredit; der faule Kunde, der »otoriscl-e Schwindler bekommt die Ware nur gegen Kasse. Interessant ist ein Blick in die Organisation der Schusa. Das Herz des Verbandes bildet die mustergültige Kartothek, die mit 2)4 Millionen Karten schon einen recht umfangreichen Auskunftsapparat besitzt. An langen Klapptischen sitzen un zählige junge Mädchen, die dauernd ordnen, neu registrieren und neu ausfüllen. Ucber ihnen befindet sich eine Art Förder maschine, die, ausgehend von der Telephonzentrale, jeden Platz bedient. Mehrere ständig laufende Bänder lasten die dauernd von der Telephonzentrale kommenden Fragebogen zu den passen den Kartothektisck)en laufen. Automatisch fallen die Bogen herunter und werden dann sofort ausgefüllt. Die ausgefüllten Bogen wandern dann sofort zur Telefonistin zurück, die dann dem am Telephon wartenden Kunden Auskunft geben kann. Das Archiv wird ständig ergänzt. Jeder bei einer der Schusa angeschlostenen Firma kaufende Abzahlungskunde erhält eine Karte, die sofort der Zentrale übermittelt wird. Außer der genauen Adresse des Kunden wird auch die Höhe des Kreditbetrages, Zahl und Dauer der Raten und der Fälligkeits termin der ersten Rate eingesetzt. Außer diesen Vermerken wird auch der Offenbarungseid, die fruchtlose Psändung, Unter schlagung usw. vermerkt. Jede Neuanmeldung wird verglichen, ob der betreffende Kunde nicht bereits vermerkt ist, denn es ist eine alte Erfahrung, daß der faule Kunde, der Abzahlungs schwindel treibt, ständig bemüht ist, seinen Wohnort zu wechseln. Ist der Kunde registriert und seinen bisherigen Ver pflichtungen nachgekommen, so wird ihm in allen Geschäften ohne weiteres ein Kredit bewilligt. Auf diese Art und Weise werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, denn der Verkäufer wird geschützt und der faule „Stotterer" wird ge warnt, denn die Schusa bildet eine feste Wand für seine un sauberen Gelüste. Allerdings darf man hierbei nicht vergessen, daß es noch eine besondere Abart von Ratenkunden gibt, die nicht kontrolliert rvcrden können. Das sind die Käufer, die in ihre Stammhäuser gehen und irgendeine Kleinigkeit kaufen mit der Bemerkung, daß sie morgen zahlen rverdcn. Diese selbst Kredit in Anspruch nehmenden Kunden sind natürlich sür den Verkäufer weit gefährlicher, da beim Verkauf kein Vertrag ge macht wird. Das Ziel ist natürlich unbestimmt. Die Schusa ist natürlich keine Konkurrenz für irgend welche Auskunfteien oder Detekteien, sondern eine Schutzgemcin- schaft, die nicht verdienen will. Ihre Auskünfte werden nur an Mitglieder gegeben, und zwar kann auch nur die Firma das Mitglicdsrecht erwerben, die, als Gegengabe gewisser maßen, ihre Ersahrungen der Schusa mittcilt. Die Auskünfte werden in Berlin mit 25 Pfennigen bezahlt, eine Summe, die so nicdriggehaltcn ist, daß nur die Unkosten gedeckt werden können. Ein Erwerbsunternehmen ist die Gemeinschaft nicht. An Auskünften werden täglich viele Tausende gegeben, und zwar per Post, Telephon und durch Voten. Um Weihnachten " wächst die Summe ganz gewaltig und ist mit fast 4000 A«>» künften pro Tag nicht zu l>«ch bemessen. Die Gemeinschaft arbeitet natürlich mit allen maßgebenden Kreisen der Industrie zusammen und wird auch von den Handelskammern wohlwollend unterstützt. Mit den Gerichten ist eine Vereinbarung getroffen, daß sämtliche Zwangsvollstreckungen, Osfenbarungseide usw, täglich der Schufa mitgetcilt werden. Im Augenblick arbeite«» über 200 größere Verbände und Gesellschaften mit der Schusa, und es sind Bestrebungen im Gange, da? Archi» de» „Stotterer" über ganz Deutschland auszudchnen Da- Teil zahlungssystem wird sicher in Deutschland immer festeren Fuß fassen, und der Kreditjchutz ist daher nichts weiter als ein Gebot der Stunde. Episode aus dem kurenkrie^e Hans Schomburgk der bekannte deutsche Afrikaforscher, begeht am 2b. Oktober seinen 50. Geburtstag. Er kann auf ein Lebe« reich an Abenteuern und Erfolgen zurückblicken. Die geographische, zoologische und völkerkund liche Forschung verdankt seinen Reisen wertvolle Ergebnisse. Seine kleinen Abenteuer auf großer Fahrt schildert Schomburgk in einem beim Ver lag von Nciinar Hobbing in Berlin SW. 61 er scheinenden Buche „Zelte in Afrikas Mit Zustimmung des Verlages geben wir au? diesem Werke den folgenden fesselnden Abschnitt w-eder. ...Eines Tages bekam ich aus Eshowe die Nachricht daß mich die Auserkorene meines Herzens sehen und sprechen wolle. Meinen Kameraden gegenüber schützte ich eine Meldung vor. die ich nach Eshowe bringen wollte, und befahl ihnen, der Platz nicht zu verlassen. Dann ritt ich los. Gegen Abend Kain ick nach Eshowe, meldete mich und bekam den Befehl sofort wieder zuriickzureiten. Aber erst am folgenden Morgen bevor die Sonne aufging, verließ ich Eshowe. Ick hatte dort einige schöne Stunden verbracht Am Mittag erreichte ich meinen Posten. Kein Mensch war zu sehen. Auch der Neger, der den Store betrieben hatte, war verschwunden. Ich rief. Vergeblich! Was mochte passiert s-'w? Alles schien so friedlich und still und doch unheimlich. Ich kam mir vor wie auf einem verlassenen Schisse — Dann Kain ei« Eingeborener. Ich fragte ihn, ob er nicht zwei Nonguai-Polizei» rciter gesehen hätte. „Ja", sagte er, „sie kampieren dort hinten, hinter dem großen Maisfeld." Ich stand vor einem Rätsel. War aber sroh, daß meinet» Kameraden nichts zugestoßen war. Ich ritt hinüber unk lietz erst mal ein Donnerwetter auf ihre Häupter heriiiederprasseln. Martin, der eigentlich The Honorable R. W. Martin hieß uni» der Sohn eines englischen Lords war und dabei beinahe ebenso frech wie ich, unterbrach mich und sagte: „Halte endlich deine große Schnauze und laß dir erzählen, was vorgefallen ist" Es stellte sich heraus, daß am Nachmittage vorher, als ich in Eshowe war, eine stärkere Burcnpatrouillc angerückt war. Nieine Kameraden hatten kein Gefecht begonnen, denn sie ver muteten hinter der Patrouille ein größeres Kommando Unsere Aufgabe war ja nicht, zu Kämpfen, sondern nur die Stärke einer anrückenden Truppe festzustellen und dies in Eshowe zu melden. der kH^en 8tadt kine plsuckerel (Von unserem römischen Vertreter) Hofwllrdenträger haben sich auch in früheren Zeiten selten einer besonderen Popularität erfreut. Die Abgeschlossenheit ihres Wirkungskreises und fast mehr noch reserviertes Wesen erschwerten ein Vcrtrautwerden mit dem Volke, das eben denn doch durch seinen Instinkt die letzte Entscheidung über die Volks tümlichkeit eines Mannes besitzt. Das schloß aber nicht aus, daß sehr ehrenwerte Männer unter den hohen Hofchargcn an deutschen Fürstenhöfen zu finden waren. Man braucht nur an den Fürsten Solms unter Wilhelm II., an Gras Perponcher unter Wilhelm I., an den Grafen Andlaw unter Großherzog Friedrich von Baden u. a. zu denken. Immerhin war Bismarck ge legentlich rebellisch gegen die Hofwürdenträgcr und sein sarkasti sches Wort an einen derselben, der in Schloß Stolzenfels bei einer Verstimmung der Kaiserin Augusta gegen Bismarck diesen nicht beachtete: „Wißen Eie nicht, daß ich in den Häusern, in denen ich verkehre, von den Bedienten gegrüßt werde?" hat eine gewiß« Berühmtheit erlangt. Der unglückliche Krieg und der Umsturz in Deutschland haben mit einem Schlage die Be amten» und Gesellschaftsschicht der männliä>cn und weiblichen Hofchargen beseitigt, und viele einem bescheidenen Dasein und manche der Not überliefert. Diese Veränderung und der große Ilmwandlungsprozeß gesellschaftlicher und sozialer Begriffe in Deutschland darf aber nicht darüber hinwegtäusck>en, dag in anderen Ländern und naturgemäß in den Siegcrstaaten die Ge sellschaft in ihrer Erschütterung und Durchrüttelung nicht den gleichen Grad erreichte. Italien, in dem der Faschismus mit seinen Aufstiegsmög lichkeiten von den einfachsten bis zu den höchsten Posten neben der Monarchie und einer exklusiven Gesellschaft besteht, wird für viele Deutsche zu den Unbegreiflichkeiten gehören, wenn man nicht gewisse unveränderliche psychologische Eigenarten der italienischen Volksseele in Betracht zieht. Dem Bestände der Aristokratie kommt außer dem wirtschaftlichen Moment Italiens als eines überwiegenden Agrarlandes ein Werturteil im Volke zustatten, das bei allen kleineren Veränderungen durch die Jahrhunderte hindurch konstant geblieben ist. Der Italiener hat eine tiefeingewurzelte Freude an der äußeren Form und ihrer Verwirklichung, nicht nur im Kunstwerk, sondern auch am Menschen selbst. Daher haben immer Uniformen, Trachten und sichtbare Auszeichnungen hoch im Kurs gestanden, und man hat sich mit diesen Aeußerlichkeiten sogar über das Fehlen manckzer lcbens- und kulturwichtigeren Dinge gelegentlich getröstet. An wie vielen Ladenschiloern kleinerer Kaufleute und Gewerbe treibenden prangt neben dem Namen die Abkürzung Cav. (Cavaliere), die besagt daß ihr Inhaber Ritter eines Ordens «stk Der Volkswitz will sogar wissen, daß immer ein Teil dieser Ordensritter im römischen Zcntralgesängnis Regina Eoeli sich unfreiwillig aufhält. Die Vorliebe für Orden und Medaillen zeigt sich schon bei den Knaben, denn wenn man die Zahl der Medaillen bei einzelnen Angehörigen der faschistischen Jugend organisation der Balilla zählt, so müßte man meinen, daß es sich um verdiente Kriegsteilnehmer handele. Auch in den Schulen werden Medaillen als Prämien für gute Leistungen verteilt. Wo so die Freude an der Auszeichnung in der breiten Dolksmasse verankert ist, da bildet eben die Aristokratie, rein gesellschaftlich gesehen, nicht die Pyramide, deren Spitze im Nebel der Entrücktheit liegt, sondern eher eine Anhöhe, an deren Fuß schon allerhand Zierblumcn zur Freude und zum Schmuck des Volkes wachsen. Dadurch hat das gesellschaftliche Lebe,, etwas Entspanntes und weit weniger Zerklüftetes als besonders in einigen östlichen Teilen Deutschlands in der Vor kriegszeit. Auch darin besteht ein volkspsychologischer Unter schied. daß der Deutsä>e im Gespräche die Titulatur stets genau wählt, während der Italiener dazu neigt, durch absichtliche Ver wendung eines höheren Grades den Gesprächspartner bei seiner Eitelkeit zu fassen. Natürlich geschieht dies nie in plumper Form, sondern mit einer köstlich zur Schau gestellten Verbind lichkeit. So gibt cs neben den wirklichen Exzellenzen und Grafen in diesem Lande eine ebenso große Schar solcl-er, die es werden wollen und die man auf dem Wege dahin weiß und komplimentiert. Das Dichterwort „Am farbigen Abglanz haben wir das Leben" ist vielleicht dem italienischen Volksleben abgelauscht. Zum Sein gehört hier der Schein, und in der Inszenierung eines eindrucksvollen Scheins sind die Italiener Meister. Auch der einfache Mann hat einen Sinn sür Aesiheiik. Der Volstrackten- zug bei der Hochzeit des Kronprinzen in diesem Jahre enthüllte eine Mannigfaltigkeit und einen Schmuck an Kostümen, den mitteleuropäische Länder wohl kaum in der Blüte ihres Trachtenwesens besessen haben. Es ist eine Art Selbstdarstellung des Volkes in seinen Gewohnheiten und Sitten, in denen es auf dem Lande ruht und sein Genüg« findet. In der schmucken Volkstracht ist der Bauer ja sellßt wie ein kleiner König, ist er ja vielleicht sogar kostbarer gekleidet als der König, der die nüchterne feldgrau« Uniform tragen muß. Ebenso glücklich wie selbstverständlich hatte man sich bei diesem Festzuge von allem Parademäßigen ferngehalten. So sehr der Italiener buntes Gepränge liebt, so leicht mischen sich andererseits wieder die höchsten Persönlichkeiten von Hof. Regierung und Wehrmacht im einfachen Biirgcrrock unter das Volk. Auch das macht sie populär, ohne daß man ihrer Stellung zu nahe tritt. Es ist Empfang beim Nuntius am Ouirinal Borgongini Duca. Einige Uniformen der Armee und Marine sind vertreten, aber die Mehrzahl der Gäste trägt den abgeschnittcncn schwarzen Nock. Hier und dort sieht man die Rosette einer italienischen oder päpstlichen Auszeichnung oder das Faschistenabzeichcn im Knopf loch. Es bilden sich Gruppen, bei denen das Taubenblau der Flicgerofsiziere und das Violett der Prälaten das Einerlei des schwär,z«n Gesellschaftsanzuges der Zivilisten angenehm unter brechen. In lebhaftem Gespräch schreitet rin alter Herr mit Spitzbart im schwarzen Rock einher. Er konnte nach seinen: frischen Farben ein Siebziger sein. Erst an dem achtungsvollen Zurückweichen einiger Besucher bemerkt man. daß es etwas Be sonderes um diesen Greis sein muß. Ein East flüstert mir zu: „Es ist der Herz-og Bor ca D'Olmo. der oberste Zere- monicnmeister des italienischen Königshofes. Für wie alt halten Sie ihn?" »Vielleicht Mitte der Siebzig", war mein« Antwort. „Nein", lächelte der bester unterrichtete Besucher, „er ist bald 100 Jahre alt!" Vorgestern ist nun wirklich D»ccr Giovanni Vattista Vorca D'Olmo in sein 10 9. Lebensjahr eingetretcn . . . und ist noch im Dienst! Das allein ist eine Kuriosität. Seit 6t Jahren ist dieser genuesisch, Adlige Hofbeamter der savoyschcn Könige. 180> wurde er von Viktor Emanucl Il„ dcm Großvater des jetzigen Königs, zum Zcrc» monienmcister ernannt. Unter dem Urgroßvater Viktor Ema- nuels III.. Karl Albert, war er von 1811 bis 1618 Page Er. der die Hochzeit des jetzigen Kronprinzen Umberto mit der Prinzessin Marie Jose von Belgien in diesem Jahre mit all ihren über eine Woche dauernden Festlichkeiten leitete, trug als Knabe die Königin Marghcrita, die Großmutter Umbertos, als kleines Kind auf den Armen. Es gibt kein Menschenleben in Rom. das an bevorzugter Stelle eine solche Spann« der Ge schichte Italiens überschaut hätte. Borea D'Olmo trat zunächst unter Eavour in den diplomatischen Dienst des piemonte- sischen Königshauses und wurde von dcm Begründer der ita lienischen Staatseinheit zu diplomatischen Missionen verwendet. Bis zum Jahre 1892 gehörte Borea D'Olmo sowohl dem Mini sterium des Aenßcrcn als Generaldirektor der Personalabtei lung wie als Hoflviirdenträger dcm Ministerium des könig lichen Hauses an. Mit 91 Jahren wurde er noch zum Senator ernannt. Die italienische Presse brachte gestern das Bild des Jubilars und feierte den Mann in Artikeln, der in >>rei Menschcnaltcrn wohl alle Staatoberhäuptcr Europas kennen» gelernt habe. Borea D'Olmo entstammt einer streng katholischen Adelsfamilie und war selbst als Knabe Zögling der Genossen schaft der Schulbrüder. Zeitlebens hat er diese religiöse Rich tung bcibehalten und mehr als ein halbes Jahrhundert ani die Aussöhnung zwischen dcm Vatikan und Ouirinal gehofft. Neben Kardinal Vannutelli auf seiten des Vatikans war er im Ouirinal der letzte der Männer, die schon in Amt und Würden waren, als 1870 die gewaltsame Annektion des Kirchenstaates «rfolgte. Beide Männer haben noch in voller geistiger und körperlicher Rüstigkeit die Lösung des großen Konfliktes zwischen Staat und Kirche in Italien sich vollziehen sehen. Von der Wucht der gewaltigen geschichtlichen Ereignisse fiel so ein ver klärender Schimmerauf die Häupter zweier Greise, die den Zeitgenossen ehrwürdig erschienen, weil sie eben alles, den Frie den, die Irrung, den Unfrieden und schließlich den ivicder- gewonncnen Frieden durchkostet hatten. Bei ihnen aber war der Friede der Seele wirklich ein Etillescin des Herzens, weil das zur Neige gehende Leben auch die großen geschichtlichen Zu sammenhänge in eine goldene aber janjt verklingende Dämme rung tauchte. L. k. v. k.