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Brüning komm! am 1. November Dresden, 25. Oktober. DI« Staatskanzlei teilt uns mit: Der Besuch des Reichs kanzlers und Neichssinanzministers bei der sächsischen Negie rung ist nunmehr endgültig aus Sonnabend, den 1. No vember. festgesetzt worden. für den Dissidenten Lobe begründete: „Den Atheismus finden wir auch sehr stark vertreten in den besitzenden, politisch rechtsstehenden Kreisen." Es ließen sich unzüh- liche Beweise für dieses doppelbödige Christentum der Rechtsparteien anführen, sei es der Hugenberg der „Ber liner Nachtausgabe" und des Ufa-Filmkonzerns, seien es die Fälle von Bochum, Hindenburg und Oppeln, wo die Rechte mit der SPD. gegen den katholischen Bürger- mcisterkandidaten stimmte, sei es die Ablehnung der katholischen Schule für 280 Kinder in Osterode, sei cs die Mlehnung des preußischen Konkordates, seien es die .zahllosen Fälle niedrigster Gehässigkeit, mit der die natio- nalfozialistisci)en Zeitungen gerade die katholische Kirche, aber auch das Christentum überhaupt dauernd bedenken. Darum ist ja auch der bekannte Erlaßües Bischofs von Mainz über die Unvereinbarkeit von Katholizis mus und Nationalsozialismus duräzaus erklärlich. — Sehen wir auf der Linken das Freidenkertum, das wir verwerfen und bekämpfen, wo es sich vorzudrängcn sucht, so sehen wir auf der politischen Rechten ein „Christentum" der Staatsvergottung, das die Reli gion zur Dienerin des Staates herabwürdigen will, das z. T. aus völkischen Plsantastereien heraus sogar mit den: alten Wotanskult liebäugelt und „Rom und Juda" als den Feind des Vaterlandes bezeichnet, das eben darum nicht weniger bekämpft werden muß wie der Kultur bolschewismus von links. Erst in den letzten Jahren ist, eben aus dieser Verwässerung des echten Christentums heraus, im protestantiscizen Lager der Christlich soziale Volksdien st entstanden, eine evangelische Bewegung, wie er selbst sich nennt, die mit den Lehren des Evangeliums auch im politischen Leben Ernst machen will. Und was müssen wir erleben? Gerade diese neue politische Gruppe' findet ihre schärfsten Gegner ausgerech net in den Rechtsparteien, wo man doch, so man ehrlich gesinnt wäre, über diese wahrhaft christlich Bewegung sich freuen müßte! Nur ein Beweis mehr, daß die sog. Rechtsparteien uns nicht einen Deut mehr an christlichem Aktivismus in der Politik versprechen als die zur Linken. Ein weiterer Grund für die verschiedenen Koalitio nen des Zentrums mit Linksgruppen lag in der Stel lung der Parteien zur Weimarer Verfas sung. Diese fand rechts vom Zentrum zunächst überall nur Ablehnung, ja vielfach Hohn und Haß. Die Deutsche Volkspartei fand unter Führung Stresemanns, der selbst umgelernt hatte, zuerst den Weg zu positiver Stellungnahme dem Staate von Weimar gegenüber. Die anderen großen Rechtsgruppen sind bis heute mehr oder minder auf ihrem ablehnenden, ja feindseligen Stand punkte stehengeblieben. Und doch darf kein objektiver Beurteiler leugnen, daß ohne die Weimarer Ver fassung Deutschland im Chaos versunken wäre und damit auch außenpolitisch noch weniger er reicht haben würde, als es tatsächlich erreicht hat. Dabei soll die Verbesserungsbedürftigkeit dieser Verfassung, auch von unserem Standpunkte aus, keines wegs bestritten werden. Wenn aber im Staate regiert werden soll, dann logischerweise doch nur von solci)en Wrteien, die diesen Staat bejahen, die ihr poli tisches Amt nicht zur inneren Aushöhlung die ses Staates mißbrauchen! So lag es in der Natur der Stellung der einzelnen Parteien zur deutschen Repu blik. mit welchen Gruppen das Zentrum überhaupt regie re - konnte. Denn es kann auch keine christlichen Erfolge ge "n auf Kosten des inneren Friedens und der Staats- , rg. Ein Deutschland der Revolution, o- gleich ob unter Sowjet- sr n oder Hakenkreuz, wird niemals die t i s für eine gesunde christliche Entwick lung dar st eilen können! Und soviel Ehrlichkeit müssen auch die politischen Gegner der Sozialdemokratie Berlin, 24. Oktober In der heutigen Sitzung des Preußischen Staatsministe riums wurde Innenminister Cevering vor Eintritt in die Tagesordnung durch den Ministerpräsidenten Braun vereidigt. Minister Scvering ist gleichzeitig zum Bevollmächtigten Preu ßens im Rcichsrat ernannt worden. Entgegen anderslautenden Mitteilungen ist der früher« preußische Jnnnenminister Erezesinski noch nicht zum Polizeipräsidenten von Berlin ernannt worden. Mit dieser Frage hat das preußische Kabinett sich heute überhaupt nicht befaßt. Das Kabinett hat dann in seiner heutigen Sitzung die Er richtung einiger Pädagogischer Akademien beschlossen. Es han delt sich um die katholische Pädagogische Akademie in Spandau, die evangelische Pädagogische Akademie in K o- nigsbcrg, und um eine Pädagogische Akademie in Cöpcnick, die für Veoölkcrungstcile bestimmt ist, die „an einer konfessio nell nicht gebundenen Schulerziehung interessiert sind". Die Wahl der Stadt Königsberg für die evangelische Akademie er folgt« mit Rücksicht auf die Interessen des deutschen Ostens und seine kulturelle Festigung und Förderung. Spandau ist als Sitz der katholischen Akademie gewählt worden, um auch den weile« entgegenbringen. baß sie in Ebert. Nos Ke und man chen anderen Politikern der deutschen Republik wirk liche Führer zum Besten des Reiches geschenkt hat. Es kann weiter nicht bestritten werden, daß von dieser Seite das SpielmitderrohenGewalt nicht so gepflegt worden ist wie von den Rechts- und Linksradikalen. Kann man mit einer Partei zusammenarbeiten, die er klärt, diesem Staate gegenüber keine irgendwie geartete Bindung anzuerkennen, die sogar den Bruch des Ehren worts als ein politisch zulässiges Mittel erklärt? Gebt uns eine große wahrhaft christliche Rechts partei,diepositiv zum StaatevonWeimar steht, die nicht demagogisch mit „rollenden Köpfen" spielt und die Machtmittel des Staates von innen heraus zu untergraben sucht. — und das Zentrum wird jederzeit gern bereit sein, mit dieser Partei Koalitionen einzu gehen. Weit über den Nahmen der Zentrumspartei hinaus hat der parlamentarische Sieg des Reichs kanzlers Brüning am 18. Oktober ihm Anerken nung und schmeichelhafte Urteile im In- und Ausland ein getragen. Es wäre völlig verfehlt, diesen Sieg etwa aus politische Schachergeschäfte hinter den parlamentarischen Kulissen zurückführen zu wollen, auf irgendwelche poli tische Zusagen mit dem Ziele, dafür bestimmte Parteien ins Regierungslager herüberzuziehen. Insbesondere gilt dies in keiner Weise gegenüber der Sozialdemokratie, die in ihrer Abstimmung indirekt der Regierung das Ver trauen aussprach, die sie im Wahlkampfe zuvor heftig be kämpft hatte. Geändert hat sich nichtsauf sei- Milikärdiklalur errichkek Rio de Janeiro, 25. Oktober. Die Regierung der Republik Brasilien ist gestürzt worden, Präsident Washington Luiz ist von aufständische,, Truppen ge- sangengenommcn und auf das Fort Capacabanca gebracht worden. Der Sturz der Regierung ist herbcigeführt worden durch eine Meuterei der Truppen in der Hauptstadt selbst. Den meuternden Truppen schloß sich auch die Flotte an. Die Garni son stellte dem Präsidenten ein Ultimatum, vor dessen Ablauf auf dein Regierungspalast die weiße Fahne aufgezogen wurde. Außer dein Präsidenten wurden der Kricgsministcr. Gene ral De Passos, sowie der Vizepräsident des Senats, Azcredo und der Senator Irinö Machado verhaftet. Die Bevölkerung hat die politischen Gefangenen befreit. Zahlreiche Gruppe» von Bewohnern durcheilten die Straßen und jubelten den Sol daten zu. Zivilisten und Militärpersonen hätten rote Blumen und Mzeichen angesteckt. Die provisorische Regierung hat den Kongreß und das Oberste Gericht aufgelöst. Ernste Zwischen fälle sind bisher nicht gemeldet worden. Paris, 23. Oktober. Havas meldet aus Rio de Janeiro: Das Programm der revolutionären Militärjunta (bestehend aus den Generalen Mcnna Barreto. Tasso Fragoso, Admiral Isaias Noronha und Pandia Cologeras) sehe u. a. die Auflösung des Bundeskon- gresscs und der Landesparlamente vor. ferner die Ein berufung einer verfassunggebenden Versammlung, die Prüfung der religiösen Frage, die Einschränkung und Festsetzung der Einfuhr und Ausfuhr von Landescrzeugnissen, die Vereinheit lichung der Gesetze und des Steucrwesens, die Prüfung und Regelung der Veräußerung von Landbesitz, der Ausländern gehöre, die Einberufung eines Nationalkongresses, gebildet aus 12 Vertretern eines jede» Staates einschließlich des Acre- Gebiets und dem Bundesdistrikt, die Ctaatsrcchte erhalte» sollen. Neuqork, 23. Oktober. An d«r Börse wurde der Umschwung in Brasilien allge mein ruhig ausgenommen. Sämtliche brasilianischen Anleihen verzeichnet«« Kursgewinne. Gebieten der katholischen Diaspora die Möglichkeit der Lehrer bildung zu geben. Die genannten drei Akademie» werden im Etotsjahre 1931 errichtet. Für das Etatsjahr 1932 ist eine wei tere evangelische Pädagogische Akademie in Potsdam vor gesehen. Preußens Vorschläge (Fortsetzung von Seite 1) Gleichzeitig ist an den Reichskanzler ein umfangreiches Meliorationsprogramm des preußischen Landwirt- schaslsministers Dr. Steiger überreicht worden. An Hand eines umfangreichen Zahlenmaterials weist der Minister auf den er heblichen Prozentsatz der Aecker, Wiesen und Weiden hin, der noch immer wegen nicht ausreichender Entwässerung keine ge nügende wirtschaftliche Ausbeute zulasse. Ferner verweist er aus die der landwirtschaftlichen Kultur noch nicht erschlossenen 3,3 Millionen Hektar Hoch- und Niederungsmoore, deren Erschlie ßung den jährlichen landwirtschaftlichen Ertrag Deutschlands um gewaltige Werte erhöhen könne. In der 30 Prozent der ge samten landwirtschasttichen Fläche ausmachenden Gründland- wirtschaft seien 2 Millionen Hektar ungenügend ertragsfähig. Jede Steigerung der Leistungen der deutschen Vieh- und Milch wirtschaft sei von einer Verbesserung des Grünlands abhängig. — Das von Dr. Steiger zur Ausnutzung dieser Möglichheiten vorgesehene Programm erfordert jährlich 135 Millionen Mack und gibt 78 000 Arbeitern Beschäftigung. ten der Negierung, wohl ober erfreulicher, weise manches auf seiten der Parteien; die Regierung steht ihnen allen genau so unabhängig gegen über wie zuvor, ja ihre Stellung ist nach der Ab stimmung vam 18. Oktober, die für das Regierungspro- gramm 82 Stimmen Mehrheit und die Vertagung des Reichstages bis zum 3. Dezember brachte, stärker als je zuvor! Der Sieg Brünings ist allein der Wucht der Tatsachen (Finanzlage. Arbeitslosigkeit. Anwachsen eines hemmungslosen und unverantwortlichen Radikalismus rechts und links) und seiner unerschüt. terlichen, überlegenen Ruhe und sach. lichen Arbeitsleistung, an der alle Klärscreicis der Radikalen abprallten, zu danken. Wenn sich für die ses niemandem zuliebe und niemandem zuleide darge botene Negierungsprogramm die Sozialdemokratie jetzt einsetzen und praktisch Mitarbeiten will, während die be trübten Lohgerber rechts ihre Felle demagogischer Aus. putschung und gieriger Nurmachtpolitik fortschwimmen sehen, so ist an dieser Entwicklung nicht Brüning und nicht das Zentrum schuld, sondern ganz allein diejenigen, die Parteiinteresse über Valkswobl stellten. Das Zen trum wird auch weiterhin zu jeder Mitarbeit bereit sei», die geeignet ist, unser seelisch und wirtscbaftlich am Ab grund taumelndes Volk wieder auf gesichertes Land zu.« riickzusühren. Es wird, wie bisher, keine sc!« ner weltanschaulichen Grundsätze dabei verleugnen, wird sich aberauch seine Weg. genossen von niemandem vorschreiben lassen! L. K. Pv-.-, 2-1. Oktober. HervL veröffentlicht im ..Nictoire" einige Aniwor.äh,eiben, die er von deutschen Persönlichkeiten auf seine Vorschläge hin sichtlich einer Revision des Versailler Vertrages erhalten hat. An erster Steile steht Arnold Rechberg, der Herue im Namen des Berliner Hcrrenklubs und seines Vorsitzenden, Heinrich von Gleichen, miitcilt, daß dieser Klub, der in maßgebenden deutschen Kreisen großen Einfluß ausübe, bereit sei, eine deutsch-französische Verständigung auf der von HernL vorgeschlagenen Grundlage hcrbeizusühren. General Georg von der Lippe begrüßt ebenfalls die Vorschläge Hervös und drückt di« Hoffnung aus, daß seine Bemühungen von Erfolg gekrönt sein möchten. Das Bundesamt des Stahlhelms veröffentlicht eine kurze Antwort an Herr»'-, in der es heißt: „Ob Herr Gustave Herrn-, der Herausgeber der Zeitung Wctorie, als bevoll mächtigter Vertreter französischer Vorschläge anzusehen ist, erscheint uns nicht erwiesen, zumal die französische Front- kämpfervercinignng Croix de Feu die Vorschläge des Herrn Hervo öffentlich rechtlos abgelehnt hat. Mit Interesse sieht der Stahlhelm, wie die Erkenntnis von der Notivend gln-st eines Ausgleichs des Deutschland widerfahrenen Unrechtes, dessen Grundlage die Kriegsschuldliige ist. auch >n Frankreich anscheinend Boden gewinnt. Ter Stahlhelm hofft, daß diese Erkenntnis weitere Fortschritte mackien wird." Kugenbera korrigier! sich Stettin, 25. Oktober. Auf dem deutschnatlmuilen Partei tag in Stettin erklärte Gcheimrat Hugenberg in einer „..-de: '„Alle Augenblicksfragen heißt es setzt den Hauptzielen unter ordnen: Beseitigung der doppelten Fremdherrschaft, die aus uns lastet, des voiksfremden Marxismus und des Netzes unm-'i- d'g.-r und unmenschlicher Ve-rtragsfesscln. Dickes Machtsystein in Deutschland nicht zusammenbrechen zu lassen, halten große Teile des Auslandes für ihr wesentliches Interesse Schon zeich net sich deshalb folgende Möglichkeit am Horizonte der Zukunft ab: Das offizielle Deutschland begehrt keine Revision, sondern sitzt fein stille, aber das Ausland bietet ihm die Revision an. Das ist dann zwar ein Ergebnis unseres Kampfes gegen den Aoungplan, unseres Volksbegehrens und der Wahl vom 14. Sep tember. (!) Aber man wird es anders zu frisieren suchen A-'s-er- dem wird cs kein eb-lickes Anae'wt lein wird in Da'-rhelt der dritte Tributplan werden. Schon jetzt sucht mnn nach bewährtem Muster die großen Faktoren des nationalen Willens in Deutschland mitschuldig zu machen. Schon heute fragt man sie. ob sie nicht unter bestimmten mit allerlei Fuß angeln ausgestatteten Bedingungen zur Teilnahme an einem neuen Pakt bereit seien." Hugenberg und seine Freunde haben im Kampf um den Boungpian. bei Volksbegehren und Volksentscheid dem deut schen Volke immer wieder erzählt, der Aoungplan sei ..endoiil- tig", wenn man unterschreibe, werde niemals mehr eine Revi sion möglich sein — Jetzt erklärt er, das Ausland werde uns selbst eine Revision anbieten, und das sei dann seinem. Hugcn- bergs, Kampfe gegen den Pmmgplan zu verdanken. Die Regie rung aber „sitze fein stitie" dabei — Nein, Herr Hugenberg. die Regierung sitzt nicht stille. Sie arbeitet, um die Voraussetzun gen für eine Revision dieses Tributvlanes zu schassen. Nutzt Herrn Hugenberg und dem ganzen Geschrei der Rechtsradikalen wird Deutschland die künftige Revision verdanken, sondern die ser stillen Arbeit der Regierung und der Logik der wirtschaft lichen Tatsachen, die §serr -Nugenberg so schmätzlich verkannt hat, als er vor Jahresfrist von der Unabänderlichkeit des Aoungplans sprach * Sachsens Schulden steigen stark. Im September sind die sächsischen Staatsschulden von 238.11 auf 207.88 MNI. RM. gestiegen. Haupt sächlich insoiae Au->zabe von Schatzanwcisunaen. Die Schulden der vier sächsischen Mroßstäd!« haben sich im Au gust von 312.31 aus 311.31 Mill. RM. erhöht. Weikerbericht der Dresdner Ms"-r»««<»rls WItterungsaussichtcn: Etwas zur Unbeständigkeit neigend. Teils aushciternd, teils aber zeitweise auch noch stark bewölk tes Wetter. Dabei vereinzelte, vorwiegend tin Gebirge Nieder schlagsschauer (höchste Kammlagen als Schnees, tz''- ' '-d kühl, Gebirge rauh und in den höchsten Lagen Frost vorherrschend. Winde aus westlichen Richtungen, mäßig bis zeitweise auffri schend Nächste beiden Nächte Nachtfrost bis Flachland herab * möglich. Pädagogische Akademie Spandau Für die katholische Lehrerbildung in -er preußischen Diaspora Severing im Aml Umsturz in Brasilien Die revolutionäre Bewegung siegreich — Der Präsiden! gegangen Antworten an Heroe