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Nummer 218 Sächsische Dolkszeitrrng 2V. September >»3v Reichsbahn gegen Sachsen Offener Vertragsbruch (N.) Wie bereits bekannt, hat die ReichÄiahnhauptner. Ivaltung die Absicht, den jetzt einheitlichen sächsischen Reichs. bahndirektionÄiezirk durch Mtrennung des Leipziger Gebietes u»o seine Zuteilung an Halle zu zerschlagen. Ein derartiges Vorgehen würde schwerwiegende Folgen für die sächsische rve- samtwirischaft haben und auch formell unberechtigt sein. Das Land Sachsen stellt ein geschlossenes und eiiiheitliches Wirtschaftsgebiet dar, dessen Interessen von der Direktion Dresden in vorbildlicher Weise auf allen in Frage kommen den Gebieten, insbesondere auf dein des Tarifwesens, jederzeit einheitlich und geschlossen vertreten worden sind. Gerade bei der Vielgestaltigkeit der Interessen der sächsischen Wirftchcift ist diese einheitliche Behandlung ein dringendes Erfordernis. Jetzt würde sich der Zustand ergeben, daß zwei Direktionen sächsische Wirlschaftswiinsche vertreten müssten. Die Regierung mühte also mit zwei Direktionen diese Angelegenheiten behau, dein und cs besteht nicht dis Sicherheit, dah das Ergebnis dann immer eine übereinstimmende Stellungnahme der beiden Direk tionen wäre. abgeselzen von der Mehrarbeit, die mit der Ver handlung zwischen Dresden und .Halle an sich verbunden ist. Auch ist bekannt, dah gerade auf dem Gebiete des Tarif wesens die Direktion Dresden wegen ihrer besonderen Lage an der Grenze und ihrer besonderen Erfahrungen auf dem Ge biete des Tarifwesens noch während des Bestehens der sächsischen Siaatebahnen in den Tarifvcrhandlungen ein besonderes An sehen genoh und sich dies« Sonderstellung auch glücklicherweise hat nach Uebergang der sächsischen Bahnen auf das Reich inner halb der Reichsbahnverwaltung erhalten hat. Auch diese Stel lung -würde durch eine Veschneidung des Direktionsgebietes einen schweren Stoß erleiden. Dah auch aus dem Gebiete des Fahrplanive s e n s die Ansätze, eine Besserstellung Leipzigs gegenüber der bisherigen Bevorzugung von Halle zu erreichen, durch eirm Unterstellung Leipzigs unter Halle schwer gefährdet sind, braucht Kanin erst betont zu iverden. Insbesondere aber würde der neue Zustand eine umwälzende Veränderung auf dem Gebiete des Bergebungs- wcsens zur Folge hoben. Die Reichsbahndirektion Halle würde natürlich für ihren gesamten Bezirk gemeinsam vergeben und vornehmlich dabei Firmen aus dem eigenen Bereich bedenken, während die bisher beteiligten sächsischen Firmen für die Belieferung dieser Gebiete ausscheiden würden. Diese Regelung würde die Vertretung der Rechte, die Sachsen aus dem 8 23 des Staatsvertrages, betreffend den Uebergang der Eisenbahnen aus das Reich zustehen, illusorisch und unmöglich machen. Es muh anerkannt werden, dah der jetzige Zustand in Leipzig unhaltbar ist. Theoretisch sind Zwei Lösun gen denkbar: Entweder man teilt die gesamten Leipziger An lage» der Direktion Halle zu. Das würde bedingen, dah auch ein grösserer Teil des nordwestsächsischen Netzes aus betrieb lichen Gründen mit von .Halle aus verwaltet werden mühte. Möglicherweise würde es sich um einen Teil handeln, der durch die Plätze Wurzen, Grimma und Altenburg begrenzt wird. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dah die Reichsbahn noch weitere Teile sächsischen Gebietes Halle unterstellen will. Die andere Lösung wäre die, dah die gesamten Leipziger Anlage», insbesondere auch der V e r sch i e b e b a h n h o f Wahren, noch der Direktion Dresden unterstellt werden. Die Reichsbahn-Hauptverwaltung hat dazu erklärt, daß diese Mög lichkeit deswegen ausgeschlossen sei. weil die Direktion Dresden dann zu groh würde. Dieser Einioand kann nicht als stich haltig angesehen werden. Es besteht Grund für die Annahme, doh auch die Reichsbahndirektion Dresden der Auffassung ist. dah sie diese Vergrößerung ihres Bezirks ohne weiteres noch mit übernehmen könnte. Außerdem geht aber das Bestreben der Reichsbahn ohnehin, wie vom Generaldirektor Dorp- mllller ausdrücklich ausgesprochen morden ist, dahin, die kleinen Direktionen zu beseitigen und das Reichsbahnnetz in wenig« große Direktionen aufzuteilen. Der Anfang damit ist bekanntlich durch Auflösung der Direktion Würzburg schon gemacht worden. Es wird nun weiter von der Reichsbahn ausgcführt, dah sich für die sächsische Wirtschaft und das Land Sachsen aus einer Zuteilung sächsischer Gebiete an die Direktion Halle keine Nach teile ergeben würden. Die Direktion Halle werde genau so bestrebt sein, die sächsischen Interessen zu vertreten und wahr zunehmen, wie dies jetzt von Dresden aus geschehe. Diese Auf fassung muh nachdrücklich bestritten werden. Halle ist der Mittelpunkt eines in stärkster und noch unabsehbarer Entwicklung befindlichen Industriebezirks. Es ist selbstverständ- lich dah sein Hauptinteresse sich auf die damit verbundenen um fangreichen und schwierigen Aufgaben erstrecken wird. Es ist dies ein Aufgabenkreis, der es unmöglich macht, gleichzeitig die Interessen einer Großstadt von dem Range Leipzigs zu ver treten, deren Industrie und Großhandel international sind, sich in so außergewöhnlicher Entwicklung befinden und die, wie sich dies auch aus der Güterverkchrsstatistik ergibt, wirtschaft lich ganz überwiegend nach Sachsen tendieren. Bei der auffallenden Förderung Hallescher Interessen, die sich die preußische Regierung namentlich in der letzten Zeit hat angelegen sein lassen, wird Leipzig bei entscheidenden Fragen, bei denen die Interessen Halles gegen Leipzig stehen, mit Wahrscheinlichkeit benach teiligt werden. Man braucht nur auf die Erfahrungen mit dem Flugplatz in Schkeuditz zu verweisen, bei denen sich das Reich zugunsten der preußischen Stellungnahme den Wünschen Sachsens und Leipzigs ebenfalls verschlossen hat, oder sich vorzustellen, wie die Haltung Preußens sein würde, wenn einer der wirtschaftlich wichtigsten Teile feines Gebietes einer außerhalb Preußens ge legenen Neichsbahndirektion zugeteilt werden sollte. Die Reichsbahn behauptet weiterhin, daß die von ihr ge plante Aenderung ihr erhebliche Ersparnisse bringe und deshalb schon aus Gründen der Verbesserung der Finanzlage notwendig sei. Diese Behauptung muß zunächst bestritten werden. Wenn der Direktion Dresden die genannten Gebiete mit übertragen werden, so wird dort kaum eine fühlbare Per- sonalvermehrung notwendig sein. Die Ersparnisse, die die Reichsbahn beabsichtigt, ergeben sich, soweit hier Ubersichen werden kann, nicht aus der Zuteilung der Leipziger Gebiete zu Halle, sondern aus Verwaltungsvereinfachungen, die mit der ge planten Aufhebung einer mitteldeutschen Direktion in Verbin dung stehen. Abgesehen von diesen sachliche» Gründen ist aber auch formell das Vorgehen der Reichsbahn als unerträglich zu be zeichnen. Das Land Sacbsen hat im Jahre 1924 in langwierige» Verhandlungen von dem damaligen Leiter der Deutschen Reichs bahn. des Ministers Oeser, Zugeständnisse erreicht, die zwar den Umfang nicht hatten, in dem Preußen und Bayern ihre Sonderansprüche durchzusetzen vermochten, die aber doch den besonderen Verhältnissen der sächsischen Wirtschaft und den besonderen Bedürfnissen, die durch die geographische Lage des Landes, seine dichte Besiedelung, die enge Verflochtenheit und Vielgestaltigkeit seines Wirtschaftslebens bedingt sind, sowie der Tatsache wenigstens einigermaßen Rechnung trugen, daß Sachsen Infolge seiner Verkehrsdichte einer der wesent lichsten Ueberschußbezirke der Reichsbahn war und noch ist. Darunter befindet sich die Bestimmung, in der Klipp und klar ausgesprochen ist. daß „bei der besonderen wirtschaftlichen Bedeutung und Geschlossenheit des sächsischen Wirtschaftsgebietes wesentliche Aenderungen der Grenzen des Direkttonsbezirks Dresden nur im Einvernehmen mit der säch sischen Regierung vorgenommcn werden" dürfen. Als im Vor jahre gerüchtweise bekannt wurde, daß Umorganisationen hin- sichtlich der Direktionsbezirke bei der Reichsbahn-Haupivenval- lung geplant würden, hat die sächsische Negierung sofort mit allem Nachdruck auf dieses Recht hingewiescn. Wenn nunmehr erklärt wird, daß die Maßnahme, die die sächsischen Interessen so schwer verletzt, sofort in Angriff genommen werden soll, so ist dies ein offensichtlicher Vertragsbruch, und es muh geradezu erschütternd auf das Verhältnis der Länder zum Reich und seinen Organen wirken, wenn feierlich abgeschlossene Verträge in dieser Weise mißachtet werden. Die sächsische Regierung wird die Wahrung der sächsischen Rechte niit allen Mitteln, also auch auf dem Rechtswege, betreiben. Bei den mündlichen Vorstellungen, die sofort bei dem Generaldirektor der Reichsbahn erhoben worden sind, hat er sich wenigstens bereit finden lassen, die endgültig« Regelung der Frage bis zum 1. April 1931 hinauszuschieben, damit die Rechtsfrage bis dahin geklärt werden könne. Be kanntlich hat die Reichsregierung selbst in dem zwischen ihr und dem Lande Sachsen anhängigen Rechtsstreite wegen Zutei lung eines Sitzes im Verwaltungsrat ähnlich gehandelt, indem sie diesem Sitz bis zum Ausgange des Rechtsstreites unbesetzt läßt. Bekanntlich erstreben ostsächsische Wirtschaftskreise seit langem den Bau der Bahnlinie Schwepnitz—Straßgräbchen. An gesichts der neuen Bewilligungen der Reichsbahn baten sie das Wirtscliaftsministerium, sich in Berlin für den endlichen Bau dieser Strecke einzusetzen. Die Hauptverwaltung der Reichs bahn hat aber auch hier wieder Sachsen die Schulter gezeigt und geantwortet, die ihr aus der Reparationsanleihe in den nächsten Jahren zugedachten Mittel- müßten für Bahnhofs umbauten und für Vollendung angefangener Bauausführungen verwendet werden, so daß für den Bau neuer Bahnen Keine Mittel übrig seien. Auch die Neichsbahndirektion Dresden hat unter Hinweis auf die Wirtschaftslage abgelehnt, so daß die Lausitz und der Dresdner Bezirk weiter — warten dürfen Führung oder WSHlerschaft? Wer hat im Bürgertum versagt? Es war zu erwarten, daß die Diskussion über den Zusammenschluß des liberalen Bürger tums nach der Neichstagswahl erneut aufleben würde. Die „DAZ"^ (Nr. 434) macht jetzt mit der Veröffentlichung einer längeren Zuschrift unter dem Motto „Das Gebot der Stunde" den Anfang. Restlose Klarheit über die entschei dende Frage, wie rveit denn der Zusammenschluß der Bür gerlichen Mitte reichen könne, gewinnt man aus diesen Ausführungen zwar nicht. Wohl aber wird darin scharfe Kritik an dem Versagen der Parteiführung (gemeint ist offensichtlich in erster Linie die der Deutschen Bolkspartei) geübt. Es wird gesagt, daß es das Gegenteil der Nutzanwen dung aus dem Wahlergebnis sei, wenn heute die kritische Sonde nicht zunächst an die Parteiführung, an die von ihr verfolgten Ziele und ihre organisatorischen Maßnahmen, sondern an den „unzuverlässigen und irregeleiteten Wäh lern" angelegt wird. Dann heißt es u. a. weiter: „Es war unverantwortlich, daß es der Leitung der Mittel parteien nicht gelungen war, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Welches sind denn die grundsätzlichen Gegensätze inner halb der Parteiprogramme, die eine gemeinsame Front unmög lich machen? Die Gegensätze liegen nicht bei der Atählerschast' sie würde sich unschwer über Grundfragen verständige»! eine aus die Wahrung vermeintlicher Conderintereffen bedachte Partei bürokratie hat die Einigung unmöglich gemacht. Welche Folgerungen werden die Parteileitungen ziehen? So kann cs doch unmöglich weiter gehen! Zuerst versuchte man vergeblich aus eine gemeinsame Partei abzukommen, dann fand man kein gemeinsames Programm, schließlich nicht einmal einen einheitlichen Wahlaufruf: — als wirklich eine Art ge meinsamer Wahlaufruf erschienen war. sprach man von Miß brauch der Parteiunterschrirten. Für solche Manöver hat die Wählerschaft kein Verständnis. Die Wähler haben den Partei leitungen einen argen Denkzettel erteilt, leider sich auch selbst damit gestraft. Die Zeit der großen Parteien ist schneller als gedacht über uns gekommen. Noch vor drei Wochen hat die Reichsregierung einen Wrhlrefornrplan bekannt gegeben, dessen Hauptziel die Parttikcmzentration war. lieber Nacht ist di.fcs Ziel bis auf die Splitter der Mitte verwirklicht. Der So.ial- dcmokratisthen Partei mit 143 folgen die Nationalsozialisten mit 107 — bei Einrcchnnng der Denftchnniionale» mit 1 m — Mandaten, und das Zentrum einschließlich der Bayerischen Volkspartei mit S7 Sitzen, die Kommunisten mit 70 Abgeorbne- leii. Der Nest verlohnt im Verhältnis zu diesen Zahlen die Aufzahlung im einzelnen nicht. Und doch ergeben die nenn Splitterbeträge zusammcngcfaßt die beachtliche Zahl von 122 Mandaten. Eine Zusammenfassung dieser Parteien vor den Wahlen hätte die Wählerschaft bei der Stange gehalten." Das Ziel, neun verschiedene Parteien zu einer Einheit zusammenznfasfcn. mag wohl auch über die Fähigkeiten einer belferen Fiihning Hinausgelzen, als sie diesen Par teien zur Lierfügung stand. Gleichwohl ist die Grund- Ein chinesisches Urteil In Dresden begann heute eine großangelegte CHina - Tagung, die vom Deutsch Chinesischen Kreis in Dres den veranstaltet wird und am 21. September schließt. Die Tagung steht unter dem Protektorat des chinesischen Ge sandten General Chang-Tso-pin und dient der Förderung geistiger und wirtschaftlicher Interessen zwischen Deutsch land und China. Im-Rahmen der Tagung wird auch ein Ausschnitt aus dem Expeditionsfilm des bekannten Dresd ner Asienforschers Walter Stötzner gezeigt, lieber diese Hei-lung-kiang-Expedition in die unerforschte Mandschu rei ist von Frithjof Melzer ein interessantes Werk heraus gegeben worden, das den Titel „M alaria, Gold und Opiu in" führt. Mit Genehmigung des Verlages A. Ha berland, Leipzig, entnehmen wir dein über 200 Seiten um fassenden Buch die folgenden Ausführungen: Eben noch eine wilde Steppe ohne jedes Zeichen von Nut zung: die bewaldete Hochebene haben wir verlassen und fahren am Rande des weiten Nitshü-ho-Tals zu Füßen der bis zu 500 Meter gehenden Reliquienberge der Bergsteppe, da tauchen im Schleier des Regens dunkel massierte Punkte auf, die in auf fälliger Ordnung stehen: die Blockhütten des Goldgräberiagers. Es ist nur ein Schritt aus der Wildnis in das Revier der Gold industrie. Die paar Arbeiter, die uns sehen, machen ein erstaun tes Gesicht und sprechen uns als Russen an, für uns nicht gerade sympathisch, weil der Chinese für den Russen nur Gefühle der Verachtung hat, von denen wir durchaus nicht zu profitieren ge willt sind. „Lao maudse", alte Haarige, ist das Schimpfwort für die Russen, das uns auch hier entgegentönt und von Stötzncr prompt mit einem derben chinesischen Schimpfwort beantwortet wird, um keinen Augenblick den Makel auf uns sitzen zu lassen. So etwa kann man die Gefühle der Chinesen ziemlich in allen Teilen der Provinz gegenüber den Ausländern in eine Skala bringen: Auf der untersten Stufe stehen die Russen. Jeder Chinese, ganz gleich, ob im Herzen kaiserlich oder Anhän ger der K u o m i n t a n g, verachtet die Russen. Das gilt ebenso gegenüber den Sowjetrufsen wie gegenüber den „weihen" Flücht lingen. Gewih, in der Propaganda war man eine Zeitlang be reit, von den Sowjets zu lernen: mehr aber auch nicht. Sobald die Sowjets glaubten, die chinesische Revolution nach ihrem Re zept treiben zu können, wurde der Lehrmeister zuin erbitterten Feind. Wenn >e eine Revolution nationalistisch gewesen ist, so ist es die chinesische. Einst waren die Russen die unumschränkten Herren der Nordmandschurei, die ja auch allein den Russen ihre außer- ordeniliche wirtschaftliche Entwicklung in der letzten Zeit ver dankt. Auch die heutige mandschurische Völkerwanderung ist in diesem Mahstab nur durch die wirtschaftliche Vorarbeit der Rus sen möglich geworden, die freilich dabei an ganz etwas anderes dachten. Durch den Russisch-japanischen Krieg hat die Achtung der Russen den ersten Stoß erlitten. Aber sie blieben weiter die Herren, wie sie es heute noch in der Mongolei sind. Ist die Man dschurei für die Weltwirtschaft das klassische Land der Sojabohne geworden, so ist das das Verdienst der Russen. Die Nordmandschurei steht und fällt wirtschaftlich mit der Chinesischen Ostbahn, deren Vau Leben in das Land gebracht hat, und die »ach heute der maßgebende Faktur ist. um den sich alles dreht. Die Bahn ist der Träger des Fortschritts, weil nur der Fortschritt den Verkehr hebt und die Frachten bringt, von denen die Bahn lebt. Die Bahn hat landwirtschaftliche Versuchsstatio nen eingerichtet, um dic^ Bahn ist aus dein Nichts die Millionen stadt Harbin seit den neunziger Jahren entstanden, die Bahn ha! Museen gebaut und unterhält wissenschaftliche Gesellschaften. Tie Bahn ist überall und nirgends. Die Bahn hat im Kriege uniec Abkürzung des Weges von Wladiwostock die amerikanische Mu nition verfrachtet und damit die französischen Eisenbahnanieihen bezahlt gemacht, niit denen sie erbaut war. — Der rechtlichen Form nach ist die Mandschurei immer ein Teil Chinas gewesen. Der Form nach war die Chinesische Ostbahn als gemeinsame chinesisch-russische Gesellschaft errichtet worden. Aber die Russe» hatten sich bei der Verwaltungspraxis von den Chinesen nie dreinreden lassen. Bis zur russischen Revolution. Die Russen hatten immer nur den Herrn gespielt, hinter ihnen stand die Macht. Nun war die Macht gebrochen, mit der Bolschewisierung Ostsibiriens kam der Flüchttingsstrom, der c^ich dem beschränk testen Chinesen die Augen öffnen muhte. Auf der nächsten Stufe der Ausländerskala stehen die Ja paner. Sie sind noch eine Macht. Ihnen gehört noch die Süd mandschurische Bahn. Sie konlrollieren noch die Häfen. Japa nische Soldaten stehen noch auf chinesischem Boden Sie sind der Erbfeind. Chinesen oder Japaner! Beide nebeneinander sind zuviel. Haß. blinder wütiger Haß regier! das Gesicht der Chine sen gegenüber den Japanern. Ein Haß. der sogar die angeborene Feigheit überwindet, wenn ein Japaner geschädigt oder beseitigt werden kann. Dann kommen die Exterritorialen, vor allem die Eng länder. Das sind die typischen Europäer für den Chinesen. Auch die Achtung ist im Schwinden, seitdem die englische Politik mit den früher unbekannten Grundsätzen der Nachgiebigkeit arbeitet. Geschäftlich mag die neue Politik England vorüber gehend nützen, diplomatische Verwickelungen mögen vermieden morden sein. Das Volk hat das aber als Schwäche, als Rückzug verstanden und reagiert entsprechend darauf. Soweit es sich ittcht vermeiden läßt, wird die Exterritorialität respektiert. Aber iva man den Exterritorialen Schwierigkeiten machen kann, werden sie geinacht. Sie mögen nach China Zivilisation und Technik im portieren. aber sie sind denn guteil Chinesen ein Greuel. Der Kampf der Kuomintang Regierung gegen die Vorrechre dieser Mächte ist schon im Volksempsinden tief verwurzelt. Dann kommen die Amerikaner. Der Chinese ist Ma terialist. Geld regiert sein Denken und Hände!». Amerika hat Geld und gibt Geld. Amerika bringt Autos. Moiorpftiige und alles mögliche andere voin Petroleum bis zur Tchncllzugsloko- inotive. Amerika hat es bei diplomatischen Schwierigkeiten im mer verstanden, in China andere vorzuschieben. Den Dollar kennt jeder und weiß jeder zu schützen, wenn er auch a!s Zah lungsmittel nicht einmal auf den Provinzbanken genommen wird. Loch man fühlt sich dem Amerikaner im Materialismus und im Geldbedürfnis, auch in der primitiven SelbstverstäiOüch- keit des Eigenlobs und der Seibslüberzogenheii verbunden. Frei lich fehlt jedes engere Verhältnis, jede wirkliche Achtung. Man schätzt den guten geschäftlichen Parlner, kan» sich aber nicht zum freundschaftlichen Privaioerkehr entschließen. Den Abschluß bilden die Deutsche ». „Deutsche und Chi nesen sind eigentlich dasselbe", hat Außenminister ?) ü gesagt. „Do huadi hao", die Deutschen sind gut. ist überall die Form der höflichen Anerkennung, wenn wir im Gespräch die Frage nach unserer Herkunft beantwortet haben: dabei wird der Daum««