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Tanger oder ein Ratssitz svr Spanien! Diplomatische Anmeldung -er spanischen Tanger-Forderung. — Die Genfer Schwierigkeilen. Der Autzenhan-ei wieder verstärkt passiv. — Neue große Auswendungen sür Amerikas Lustriistung. — Die Eupener Frage erledigt. Die Gefahren für Gens. London, 21. August. Der Forderung Primo de Niveras in der Presse, die internationale Tanger-Zone in das spanische Marokko-Protektorat etnzuverleiben, sind, wie der diploma tische Korrespondent des „Daily Telegraph" berichtet, Schritte bei der britische», der französischen und der italienischen Re gierung gefolgt, daß diese Regierungen ihre Zustimmung ent weder z« einer direkten Einverleibung oder einer Gewährung eines Völkerbundsmandats über Tanger geben sollten. Auf alle Fälle habe die Aktion Primo de Niveras in den Kanz leien Europas große Aufmerksamkeit gefunden. Der .Korre spondent meint, das, solche Geschäfte geeignet wären, die Genfer Verhandlungen im September zu gefähr den. Man sage bereits jetzt in Paris und in anderen kon tinentalen Hauptstädten, daß geheime diplomatische Verhand lungen sofort zwischen den Großmächten stattsinden sollten, um die Frage der Zuteilung ständiger und halbstündiger Sitze des Völlerbundsrats schon vorher zu erledigen. Das bedeute, bah entgegen dem, was man kürzlich in London c!agt habe, weder Spanien noch Polen dem Gedanken eines albstänbigcn Sitzes, wie er in Eecils Plan vorgesehen sei, -«stimmten. Klar lei indessen, daß Polen durch einen ge wissen und offenbar inspirierten Prcssefcldzuq ermutigt sei, seinen Anspruch aus einen solchen Sitz zu erneuern, selbst wenn Deutschlands Eintritt in Pen Völkerbund und auch Locarno dadurch gefährdet werden sollten. Es sei eine Tat sache, daß leitende französische Diplomaten den Enthusiasmus vriands sür Locarno nicht ganz teilten, ebensowenig wie Poincars und seine politischen Freunde. Ans der anderen Seite habe man mit dem Abschluß des sranzösisch-ser- b! scheu nnd des französisch-rumänischen Ber, träges einen Block geschaffen, der gegen jede« Versuch Deutschlands gerichtet sei, die territorialen Klauseln des Ver sailler Vertrags anch nur «m ein Fota zu ändern. lT.-U.) Tendenziöser Optimismus in Paris. Paris, 21. August. Heber die Aussassnng, die in den maß gebenden Pariser Regierungskreiscn über die schwebenden beutsch-französischen Probleme herrscht, wird mitgeteilt, daß Frankreich in Genf die Ausnahme Deutschlands in den Völkerbund und die Zuerteilung eines ständige« Natssitzes Aus Grund des französischen Einspruchs. Eine sranzösischc Darstellung. Paris, 21. August. Ter Brüsseler Korrespondent des «Echo de Paris" gibt eine Darstellung von der jetzt ge scheiterten Verhandlung über eine Rückgabe Eupen Mal- mcdys. Danach sollen mehrere Mitglieder des belgischen Kabinetts, wie Ontard und H y in ans, von Anfana an gegen einen solchen Vorschlag gewesen sein. Delacroix sei es aber gelungen, Franca», sür den Plan z» gewinne», so bah die Verhandlungen wieder in Fluh gekommen seien. Im Verlaufe der Besprechungen in dieser Woche habe aber der belgische Ministerrat in Uebercinstimmung mit König Albert beschlossen, die Priisnng der Frage abzulehncn. Dela croix sei ausgcfordcrt worden, die Unterredungen einzustellen, und Dr. Schacht z» erklären, dah sich die Negierung weigere, in dieser Frage mit ihm zu verhandeln. Die Weigerung der belgischen Negierung sei endgültig nnd unnmstöhlich. Der Korrespondent des Blattes gibt als Grund für die Ent scheidung der belgischen Negierung an. die Loyalität der Be völkerung von Eupc» »nd Malmedy sei so groß, dah sich der belgische Mtnisterrat habe entschlichen müssen, die Borschläge unverzüglich zurückznweisen. Ni Schließlich wird jedvch ein anderer Grund für die Haltung der Regierung angegeben, der zutreffender sein bürste. Danach soll die belgische Negierung zu ihrer Ent scheidung dnrch die Haltung der französischen und englischen Regierung sowie des amerikanischen Agenten sür die Re parationszahlungen gekommen sein. Die Angelegenheit sei »««mehr endgültig erledigt. lT.-U.) Kein Eingreifen Lhamberlatns ln der Eupen - Malmedy.Frage. Ein amtliches englisches Dementi. London, 21. August. Wie Ncuicr amtlich erfährt, ent behren die Andeutungen der französischen Presse jeder Be gründung. wonach Chamberlain in der Angelegenheit der Grenzgebiete von E u p e n° M a l m c d y eingegrisfc« habe, hinsichtlich deren behauptet worden war, dah Belgien über den Berkauf an Deutschland unterhandle, daß aber der Plan nicht weiter verfolgt werden dürfe, weil Chamberlain diese« Besprechungen ungünstig gegenüberstände'. (WTB.) an Deutschland nicht erschweren wird. Man betrachte In Paris diese beiden Fragen als endgültig erledigt und erwarte auch von den anderen Mitgliedern des Rates nach dem Rück zug Brasiliens keine Schwierigkeiten. Die Umbildung des Bölkerbundsrates durch Vermehrung der nichtstän digen Natssitze oder durch Schaffung halbstündiger Natssitze bleibe auf der Tagesordnung. Frankreich werde selbst keine Anträge stellen, behalte sich aber seine Stellungnahme zu etwaigen Anträgen von Mitgliedern der Kommission vor. Die angekündigte Verminderung der Vesatzungs- truppen im Rheinland um noch nicht KOM Mann soll nach einem dem Kabinett vorliegenden Plane des Kriegsminlsters bis Ende September dvrchgeführt sein. Weitere Verminderungen der Bcsatzungstruppcn seien vorläufig nicht beabsichtigt. Die französische Regierung habe im übrigen das Bestreben, die Vesatzungsfrage. wie überhaupt alle Fragen, in denen innerhalb des Kabinetts Meinuntzsverschiedenhciten nicht nur zwischen seinem Leiter Poincaxs und dem Außenminister Briand, sondern auch den anderen Mitgliedern bestehen, nach Möglichkeit hinauszuschieben. da sie glaube, nur lebensfähig zu sein, wenn sie sich auf die dringendsten Notmahnahmen zur Rettung der Finanzen beschränke. Der Fall von Ger mcrsheim werde in den französischen Ncgierungs- krcisen als eine abgeschlossene Angelegenheit betrachtet. Sulnones -e Leon bei Briand. Paris, 21. Aug. Nach dem «Matin" hat im Verlauf ber gestrigen Unterredung zwischen dem spanischen Botschafter Qninoncs de Leon nnd dem Außenminister Briand crstercr die Tangerfrage besprochen nnd diesesmal offiziell die Forderungen des Generals Primo de Rivera vorgelegt. Quinones de Leon habe dabei betont, daß seine Regierung, weit davon entfernt, die Souveränität des Sultans von Marokko über die internationale Zone zu beeinträchtigen, sich daraus be schränke, zwecks Erleichterung ihres Vorgehens im Rifgcbiet eine vorherrschende Stellung bei der Verwaltung des Hafens «nd der umliegenden Gebiete zu sorbcrn. Der spanische Bot schafter fügte hinzu, der Chef des Direktoriums beabsichtigte, im vollen Einverständnis mit der französischen und der eng lischen Regierung zu handeln. M a s h i n g t o n. 21. August. Wie der Leiter des Marinc- lustsahrtwcsens mittciltc, werden im lausenden Rechnungsjahr rund 12 Millionen Dollar sür den Ankauf neuer Marincslugzcngc auSgcworfcn werden. Die Lustrüstung der Bereinigten Staate» zur See soll um 282 Flugzeuge vermehrt werden, und zwar um Ivll Kampsflugzengc, 17 Beobachtungsflugzeuge, Kl Torpedoabwchr- und Auf klärungsflugzeuge und um 71 Schulflugzeuge. Die neuen Flngzengtypcn werden auf Grund eines Anoschcidnngswctt- bewcrbs festgesetzt werden. Militärischer Hilsswerl -er Zivilslugzeuge. Feststellungen deS Abrüstungs-UntcranSschnsies. Genf, 21. August. Der Unterausschuß für Luftfahrt der Abrüstungskvmmtssion beendete am Freitag die Beratung der Fragen 6» und 6d des Fragebogens. Die Franzosen hatten ursprünglich die völlige militärische Gleichsctznna der zivilen und der militärischen Fliegerei gefordert. Die Eng länder setzten jedoch zuerst den Beschluß durch, das; bei der Bewertung der zivilen Luftsahrtapparatc die einzelnen Typen in Betracht gezogen werden sollen. Dann erreichten die Angelsachsen den Zusatz, daß durch die militärische Bewertung die zivile Fliegerei nicht eingeschränkt werden dürfe. Schließ lich wurde der im wesentlichen englische Antrag dnrchgesctzt, daß die zivile Luftfahrt lediglich militärischen Hilsswert habe. Eine bemerkenswerte Einigung wurde am Freitag zwischen Deutschland und Frankreich in der Frage deS Fltcgerpcrsonals erzielt. Ursprünglich hatten die Franzosen das Zivilpersonal als dem militärischen gleich wertig bzw. sür wertvoller als das militärische Personal an gesehen wissen wollen. Der deutsche Antrag legt de» Zivil fliegern einen sehr geringen militärischen Wert bei. Am Freitag schlossen sich die Franzosen der deutschen Auffassung nahezu an. so daß den Zivilfltegcrn nur ein militärischer HUsswert zuerkannt wnrde. wenn sic keine militärische Aus bildung genossen haben. Wegen der Ersatzbestandteilc wurde erklärt. eS set zwar wünschenswert, auch sie cinznrcichcn. doch bestehe kaum die Möglichkeit, sie zu erfassen, und vor allem, sie besonders zu bewerten. (T.-U.) Eisenbahnsrevel. Seit einiger Zeit wird die Oeffentlichkeit bei uns in Deutschland durch fortgesetzte Meldungen über Eisenbahn- frevel in erheblichem Maße beunruhigt. Die Anschläge auf Eiscnbahnzüge haben zum Glück in den meisten Fällen keine schlimmen Folgen gehabt, weil man sie entweder rechtzeitig entdeckte oder weil Sie Hindernisse von den Räumern der schweren Lokomotiven erfaßt und aus dem Gleis geworfen wurden, so daß es bei geringen Schäden an der Maschine und bei dem Schreck, der die Fahrgäste erfaßte, sein Bewenden hatte. Wie mancher mag beim Lesen solcher Notizen mehr oder weniger gleichgültig darüber hingegangen sein und sich mit der Tatsache, daß nichts Ernstes passiert war, beruhigt haben, ohne sich besondere Gedanken darüber zu machen, eine wie ungeheuerliche Bedrohung der öffentlichen Sicherheit in solchen fluchwürdigen Verbrechen in Erscheinung tritt. Jetzt aber wird jeder aufgerüttelt durch die entsetzlich^ Katastrophe, die sich ans der Strecke Berlin—Hannover bei Lehrte ereignet hat. Dort ist die von verruchter Verbrecherhand bewirkte Lösung von Laschen an den Schienen von keinem forschenden Auge bemerkt worden. Sv kam es, daß der daherrasende D-Zug nicht gewarnt werden konnte, sondern mit voller Fahr geschwindigkeit auf freier ebener Strecke ins Verderben sauste. Angesichts der Größe des angerichteten Unheils wird es nun endlich Zeit, daß das allgemeine Interesse sich der Frage z-u- wcndct, auf welche Ursachen nnd Einflüsse derartige Ver brechen zurückzuftihren sind, und wie man ihnen in geeigneter Weile entgegcnwirkcn kann. Wenn sich solche Untaten in un erklärlicher Weise hänfen, so liegt es nahe, dahinter unheim- lichc Kräfte zu wittern, die von den sogenannten „Propagan disten der Tat" ausgchcn. Das sind Elemente anarchistischer Weltanschauung, die in dem Wahne leben, daß sie durch fort gesetzte Schreckenstaten die bürgerliche Gesellschaft in ihren Grundfesten erschüttern und dadurch den allgemeinen kom munistischen Umsturz herbciführen könnten. In größtem Maß stab hat sich dieser heillose Wahnsinn jüngst in Bulgarien offenbart, wo bei der Explosion in der Kathedrale in Sofia Hunderte harmloser Menschen ihr Leben lassen mußten, weil die Scndlinge Moskaus ans diesem W'cgc ihre Umsturzpläne in Bulgarien verwirklichen zu können glaubten. Die Prager Explosionskatastrophc wurde ebenfalls auf Propagandisten der Tat zurückgcführt, und ebenso werden als Vcrüber deS Cze- pcler Unheils Mitglieder einer aktivistischcn internationalen Organisation vermutet. Wieweit eine solche Annahme mit Be zug auf die gchüusten Bahnfrcvel bei uns zu Lande begründet erscheinen könnte, mag zuvörderst dahingestellt bleiben, so lange sich nicht greifbare Beweise dafür erbringen lasten. Eines aber ist sicher und muß mit allem Nachdruck betont werden, selbst wenn man den Verdacht sogenannter aktivisti- schcr Einflüsse auf deutschem Boden von der Hand weisen will: die andauernde, planmäßige und völlig hemmungslose Aufreizung, die tagaus tagcin von der Presse des äußersten Linksradikalismus unter Vorantritt der „Noten Fahne", deS Rckordvrgans für gepfefferte Vvlksverhctzung, getrieben wird, muß unvermeidlich in uiircifcn Köpfen eine derartige Ver wirrung aller sittlichen Begriffe erzeugen, daß auf einem so beackerten Boden schließlich der wilde Drang nach Zerstörung ich schrankenlos geltend macht. Wenn Menschen, die vielleicht schon nach ihrer natürlichen Veranlagung haltlos und minder wertig sind, iinanfhörlich mit den Erzeugnissen einer Presse gefüttert werden, die zum Vergießen von „Bürgerblnt" in alle» Tonarten ansrcizt, kann es schließlich nicht ausbletben, daß sich in einzelnen derartig bearbeiteten Köpfen herostratische Gedanke» entwickeln, die sich an der Vorstellung der Schrecken einer auf verbrecherischem Wege herbcigcführten Eiscnbahn- katastrophe weide» und deren praktische Auswirkung dann Un» taten bilden, wie wir sic jetzt in dem teuflischen Anschläge auf den Berlin—Hannpvcrschen D-Zug mit Entsetzen erleben. Zunächst gibt cs gegenüber diesem ungeheuerlichen Ver- brechen nur ein einziges Empfinden: Die Sicherheit deS Eisenbahnverkehrs gegen entmenschte Frevler mutz unter allen Umständen gewährleistet werden, und zu dem Zwecke ist es unbedingt erforderlich, daß gegen Vahnfrcvler jeder Art mit einem rücksichtslosen DrakoniSmuS vorgegangen wird, und daß auch der mißglückte Versuch mit einer Schärfe geahndet wird, die de» verbrecherischen Elementen begreiflich macht, daß die Eisenbahn unantastbar ist, und die so abschreckend wirkt, daß das Risiko selbst dem hartgesottensten Uebcltäter zu hoch Ne Eupen-Berhandlungen endgültig gescheitert. Amerikas riesige Luslrüstungen.