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Leite LS8« Belletristische Lonntags-BrUage zu den »Dresdner Nachrichten''. Belletristische LountagS-Beilage zu de»» »Dresdner Nachrichten". Leite L»S. „Du bist sehr neugierig, mein Freund. Die Wette ist abgeschlossen und meine gerühmte Vorsicht muh ihren Anfang nehmen, deshalb dars ich Dir nichts über das van mir in Aussicht genommene Verbrechen ausplandcrn." „WaS? Meinst Dn etwa, ich würde Dich verratheii? Ich gebe Tir mein Ehrenwort, daß ich das nicht thun werde, und will mich verpflichten, dr diesem Falle den fünffachen Betrag der Wette zu zahlen.' „Ich ziehe es vor, daß Du volle Freiheit des Handelns habest und denke mir, die Sache wird etwa io zugehen: Jetzt glaubst Tu innerlich nicht daran, daß ich meine Absicht aussühren werde, und Deine Freundschaft für mich ist unvermindert. Ferner rechnest Du darauf, daß. wenn ich trotzdem ein Ver brechen begehe, es nur eine Kleinigkeit iein wird, die zu verzeihen Tu inii Deinem Gewissen vereinigen könntest. Gesetztenfalls aber, es wüte innerhalb der verabredeten Zeit ein wirklich großes Verbrechen bekannt werden, dann würdest Tu sofort zu mir gerannt kommen und mich auf den Kopf fragen, ob ich es begangen hätte. Natürlich verweigere ich die Mtwort. Tas würdest Du firr em Schuldbekenntniß halten, und aus Furcht, als Mitwisser angesehen zu werden, und um Dein Gewissen zu wahren, die ganze Gcschichic ver rücken." „Jetzt fange ich aber wirklich an, mich beleidigt zu fühlen. Bob. Ich hätte nicht geglaubt, daß Du mir so wenig trautest.' „Nun. werd' nur nicht böse, alter Freund. Vergiß nicht, daß Tu mich «ft vor einigen Minuten gewarnt hast. Du würdest mich nach nieinem Ver brechen schneiden. Wir Verbrechenskünstler müssen auf jede Wendung gefaßt sein." „Ich habe unüberlegt gesprochen und habe es nicht ernst gemeint.^ ' „Doch. doch. Tu hast rn vollem Ernst gesprochen, aber ich nehme Tir das nicht übel. Tu sollst also berechtigt sein, über untere Weite zu sprechen, wenn Du Gewissensbisse fühlst. Es ist am besten, wenn ich mich auch daraus vor bereite. Aber es giebt noch eine andere Möglichkeit der Entdeckung. Kannst Du nicht errathen. welche?" „Nein, es sei denn, daß Du Dem eigenes Geständniß meinst." „Rein, obgleich auch das in Bewacht kommen könnte. Hast Tu nicht bemerkt, daß da Jemand schnarcht?" ' „Nein." „Horch! Hörst Tu es jetzt? Es ist kein eigentliches Schnarchen, sondern mehr ein erschwertes Athmen. Der Mensch befindet sich in der dritten Ab teilung von uns. Siehst Du. woraus ich hinaus will?" „Ich muß gestehen, daß ich keine Anlage zum Detektiv habe." „Aber, lieber Freund, wenn wir den Memchcn hören, warum kann dann nicht eben so gut Jemand in der nächsten Abteilung umer Gcwräch belauscht haben?" Barnes konnte nicht umhin, diesen Mann, der jede Möglichkeit in Be tracht zog. zu bewundern. „Ach was! Alles liegt im twisten Schlafe." „Der gewöhnliche Verbrecher verläßt sich vielleicht aus solche Annahmen, ich thne das aber nicht. Eine Möglichkeit, wenn auch eine entfernte, ist vor handen, daß uns Jemand in Nr. 10 belauscht hat: es kann sogar ein Detektiv sein, und. schlimmer noch, es kann Barnes sein." „Na. das muß ich wirklich sagen, wenn Du.mit so entfernten Möglich keiten rechnest, dann verdienst Tu. zu entrinnen." „Entrinnen werde ich auch, aber die Möglichkeit ist doch nicht >o entfernt, als Du annimmst. Ich habe in der Zeitung gelesen, daß Barnes heute Abend nach Newyork zurückkehren will. Nehmen wir 'mal an. diese Mittheilung wäre begründet, dann ständen ihm drei Züge zur Verfügung: einer um Lieben, der zweite um Elf und dieser. Eine ans dreien ist keine so entsinne Mög lichkeit." „Aber unser Zug besieht ans zehn Wagen." - „Wieder ein Trugschluß. Nach seinen Anstrengungen nimmt er sicher einen Schlafwagen. Du wirst Dich entsinnen, daß ich mich erst in der letzten Minute entschlossen habe, heute Abend nach Newyork zurückznkebrcu, und ats wir aus dem Bahnhos ankameu, war der Schlafwaacn so beseht, daß dieser noch aiigedängt werden mußte. Wenn sich Barnes 'eine Fahrkarte nicht -chou in« Lause des Tages besorgt hat, muß auch er in diesim Wagen sein." ' „Hattest Tu einen besonderen Grund, an Nr. 10 zu denken?" .. „Ja, ich weiß, daß Nr. 6 unbesetzt ist. aber gerade, als der Zug sich in Bewegung setzte, kam noch Jemand herein, und ich glaube, er nahm Nr. 10." i Barnes sing an. zu denken, dag er große Schwierigkeiten haben werde, dieses Mannes Verbrechen zu entdecken, wenn er wirklich eins begehen sollte, trotz des günstigen Umstandes, daß er schon so viel wußte. „Du siehst also, daß es zwei Wege giebt. auf denen meine Absicht bekannt werden kann, und das ist sehr ernst, wenn sie außer Acht gelassen werden. Da ich aber diese Möglichkeiten kenne, im Voraus kenne," fuhr der Sprecher fort, „werden sich keine Schwierigkeiten daraus ergeben, und die Mitwissen- schast wird für den Detektiv von gar keinem Werthc sein, selbst wenn cs Barnes sein sollte." „Wie willst Tu diese Gefahr vermeiden?" „Lieber Junge, bildest Du Dir auch nur einen Augenblick ein, ich würde dreie ,;rage beantworten, nachdem ich eben daraus ausnrerksi.nl gemacht habe, daß uns möglicher Weiie ein Detektiv belauscht? Eine Andeutung will ich Dir indessen geben. Dir hast gesagt. Pettingill habe irur einen .Knopf ver loren und warst der Ansicht. Barnes sei ungeheuer geschickt gewesen, ihn durch dieiciiKiiopf auszuspürcn. Wenn ich einen Knopf meiner Weste verlöre, würde mich Barnes in noch weniger als zehn Tagen gefaßt haben, denn meine Knöpsi sind die einzigen ihrer Art in der Welt." „Wie kommt das ? Ich habe imnicr geglaubt, daß Knovsi zu Tausenden m gleicher Art hergestellt würden." „Nicht alle. Ans Gründen, die der möglicher Weise horchende Detektiv nicht zu wissen braucht, hat eine Freundin von mir ans einer Reise nach Europa eine Garnitur besonders nnsirtigen lassen und mir mitgcbracht. Es sind sein geschnittene Kameen, von denen die Halste de» Profilkops der Julia, die andere den des Romeo trägt." „Aba. ein Roman " „Tas gehört nicht hierher. Nimm einmal an, ich vcrsiclc auf einen Ein bruch, um die Wette zum Austrag zu bringen. Ta ich weder in Hinsicht der Zeit, noch des Ortes m einer Zwangslage bin, würde ich mir meine Gelege» heit sorgfältig wählen, zum Beispiel, wenn nur ein Einziger den Schatz bewacht. Diesen würde ich chlorosormiren und fesseln und mich dann meiner Beute bemächtigen. In» Augenblick, wo sch mich entfernen will, erwacht ein Schooßhund, von dem ich nichts gewußt habe, und bellt mich wüthend an. Endlich gelingt es mir. ihn zu fassen, aber dabei beißt mich der Köter in die Hand, und während ich ihn erdroßle, reißt er mir im Todcskamps einen Knopf von der Weste, der zu Boden fallt und sortrollt. Ein gewöhnlicher Einbrecher würde durch Alles dies den Kops so sehr verlieren, daß er sich eiligst aus- und davonmachtc, ohne gewahr zu werden, daß er gebissen worden, daß Blut geflossen wäre und daß er einen Knops verloren hätte. Am nächsten Tage wirdBarncS gerufen. Die Dame hat ihren Kutscher in Verdacht und Barnes stimmt dessen Verhaftung zu, nicht weil er. sondern weil seine Herrin ihn mr 'chnldig hält, und besonders, wer! seine Verhaftung den wahren Schuldigen sicher macht. Barnes bemerkt Blut aus dem Fußboden und am Maule des todten Hundes und sindet den Knovß Durch den Knaps kommt er ans die Svur des Diebes mit der gebissenen Hand und die Geschichte ist zu Ende." „Aber wie wurdest Du Alles das vermeiden?" ..Wenn ich verständig wäre, würde ich bei einer solchen Gelegenheit keine vcrrärherischen Knöpfe an mir tragen. Aber laß uns sinnt annehmen, ich wäre bei der Wahl des Zeitpunktes zur Ausführung der That nicht ganz unabhängig gewesen, dann könnte es sein, daß ich die Knöpfe trüge. Sicher, wie ich wäre, daß die einzige im Harne anwesende Person gefesselt und chloroformirr sei, würde ich den Kops nicht verlieren, ebensowenig ließe ich mich beißen, und wenn dies dennoch geschähe, würde ich niir die Zeit nehmen, die Blutflecken vom Teppich und vom Maule des Hundes abzuwaschcn. Ich winde den Per lust des Knopfes entdecken, ihn suchen und finden, meines Opfers Fesseln lösen, die Fenster öffnen, damit der Geruch des Chloroforms in der Nach: abzichen könnte, und am nächsten Morgen wären die einzigen Spuren des Verbrechens der erdrosselte Hund und das Fehlen des gestohlenen Gutes." „Tein Verfahren unter zurecht gelegten Umständen zu erklären, ist sehr leicht, aber ich bezweifle sehr, daß Tu an Pettingill's Stelle im Stande ge wesen wärest, Deine volle Geistesgegenwart zu bewahren und den verlorenen Knops, der zu seiner Entlarvung führte, wieder zu finden." „Ta kannst Tn Recht haben, denn wenn ich Pettingill gewesen wäre, dann hätte ich eben, wie er, in einer Zwangslage gehandelt. Ich glaube aber doch nicht, daß ich den Knopf an mir getragen haben würde, wenn ich den Einbruch geplant und die Zeit nach eigenem Belieben gewählt hätte, wie er das gethan hat. Ter Knovi war nämlich aus einer alten seltenen Münze gefertigt. Barnes ging zu allen Antiquitätenhändlern und »and den Man», der Pettingill den Knopf verkauft hatte. Alles Uebrigc ergab sich von selbst." „Nun, ich muß sagen, Tu bist sehr von Tir überzeugt, aber cs soll mir nicht darauf ankommcn. durch Deine Eitelkeit tausend Dollars zu ge winnen. Jetzt bin ich aber müde und will schlafen: also gute Nacht." „Gute 'Nacht, alter Freund. Traum', wie Tu tausend Dollars verdienen kannst, die ich von Dir gewinnen werde." Für Barnes war nicht mehr an Schlas zu denken. Ter neue Fall, denn dafür hielt er Las Gehörte, zog ihn ungemein an. Entschlossen, den Memchcn, der eine Wette gegen seinen Scharfsinn Angegangen war. abzu- iasscn — und was er gehört hatte, war ein großer Schritt aus dem Wege zum ichließlichen Erfolge — nahm er sich vor, seinen Mann während des festgesetzten Monats nicht ans den Augen zu verlieren, aber ganz besonderes Vergnügen bereitete ihm der Gedanke, chm zu gestatten, 'ein Verbrechen aus zuführen, und ihn dann aus irischer That zu ertappen. Leise verließ er seine Abiheilung, schlich in eine gegenüberliegende, von wo aus er Nr. 8 im Auge behalten konnte, und richtete sich hier aus eine Nachtwache ein. „Es sollte mich gar nicht wundem, wenn der schlaue Satan seine Absicht noch diese Nacht ausführtc. Ich will es honen, denn ehe er es gethan hat. ist an Schlas nicht für mich zu denken." Ein 2. Kapitel. kühner und gelungener Dicbstahl im Eisenbahnwagen. Ter Zug näherte sich Ztamford, als Barnes den Schaffner kommen hörte. Der Mann machte gehcininißvollc Zeichen, woraus der Detektiv ent nahm. daß er verlangt werde. „Haben Sie sich nicht gestern Abend, als Sie aus den Zug sprangen. Barnes genannt?" fragte der Mann. „Ja, und was werter?" „Lind Sie der Detektiv Barnes?" „Warum fragen Sie?" „Weil der Zngsührcr Sie sprechen will, wenn Sie der Tetekriv sind. EL ist wahrend der Nacht ein großer Diebstahl im Zuge begangen worden." „Den Teufel auch!" „Ja. eine verfluchte Geschichte. Aber wollen Sie so gut sein und mit mir in den nächsten Wagen kommen?" „Bitte, eine Minute." Barnes schlich nach Nr 8 zurück, theilte vorsichtig den Vorhang und spähte lange und ansmerlsam hinein. Er iah zwei un zweifelhaft in tiefem schlafe liegende Herren, und beruhigt, daß er seinen Posten einen Augenblick verlassen könne, folgte er dem Schaffner in den nächsten Wagen, wo der Zugführer aus ihn wartete. „Ich möchte in meiner amtlichen Eigenschaft einen sehr räthselhasten Fall in Ihre Hände legen," sprach dieser, nachdem sich Barnes zu erkennen gegeben hatte „Gestern Abend ist in Boston eine Dame niit einer Fahrkarte nach sourh Norwalk eingcstiegen. Nachdem sie vom schaffner benachrichtigt worden war, daß wir uns dieser Station näherten, stand sie ans und Neidete sich an. Ein paar Minuten 'pater wurde ich eilig gerufen, und die Dame theilte mir unter krampfhaftem Schluchzen mit, sie sei bestohlen worden. Sie behauptet, eine Handtasche zu vermissen, die Juwelen im Werthc von hunderttausend Dollars enthalten haben soll." „Sie haben sich sehr richtig ausgedrückt: sie behauptet zu vermissen. Welchen Beweis haben Sic. daß sie überhaupt bestohlen worden ist?" „Von den Juwelen weiß ich natürlich nichts, aber eine Handtasche hatte sie wirklich bei sich, die setzt kehlt. Ter Schaffner erinnert sich ihr-r auch, und cs ist Alles vergeblich durchsucht worden." „Wir haben in New-Haven und Bridgeport augehalten. Wie viele Per sonen hoben den Zug da verlassen?" „Ans de» schlaiwagen keine." „Tas heißt, Sic haben Niemand bemerkt." „Nein, es ist io, wie ich tage. Ich habe die Wagen von den Schaffnern nacksehen lassen, und sie haben mir berichtet, daß alle Reisenden in ihren Abtherlnugen sind. Aber das bringt mich auf eine Frage: Wenn Niemand den Zug verlassen hat. dann muß der Dieb noch darin sein, nicht wahr?" ./Unzweifelhaft." „Nachdem die Tame ihren Verlust entdeckt hat, hat sic sich entschlossen, nach Newyork weiter zu fahren. Alle anderen Reisenden haben ebenfalls Karten bis nach 'Newyork, mit Ausnahme eines Herrn, der sich setzt ankleidet, denn er will nach Ztamford. Wenn er ausstcigt, nimmt er vielleicht die Juwelen mit, aber was kann ich machen ?" „Stellen Sic ihm die Sache vor, und wenn er sich unschuldig kühlt, wird er sich einer Durchsuchung nicht widerietzen, weigert er sich aber — nun, dann wird sich das Weitere finden." Gleich darauf trat ein entschieden französisch anssehendcr Herr von vor nehmer Erscheinung ein, und der Zugführer erklärte ihm verlegen, worum es sich handelte. „Sehen Sic. mein Herr, cs ist eine dumme Geschichte, aber wir sind so sicher, das; sich der Dieb noch im Zuge befindet," sprach er, „daß —" „Daß Sic 'Anstand nehmen, mir das Aussteigen zu gestatten, nicht wahr, Monsieur, so ist es? Aber warum machen Tie denn soviel Umstände? Ter Fall ist so einfach, daß ein ehrlicher Mensch^ keine Schwierigkeiten machen wird. Er wird einfach lagen: Durchsuchen sie mich! Sic thun es. und zuletzt kommt Einer dran, der sagt: sie beleidigen mich! Das ist natürlich der Svitzbubc, nicht wahr, »rein Herr, sind Sic nicht auch dieser Ansicht?'' Die letzten Worte waren an Barnes gerichtet, und dieser sah dem Sprecher einen 'Augenblick unverwandt in die Auge», wie es scme Gewohnheit war. wenn er sich ein Gesicht fest einprägcn wollte. Der Franzose hielt den Blick vollkommen gelassen aus. „Ich habe dem Zugführer dasselbe getagt, che Sie cintraten," erwiderte Barnes. ,. sehen Sic? 'Nun. dann will ich mich mit Ihrer Erlaubniß auskleiden, und bitte, sehen Tie ja recht gründlich nach, denn es handelt sich um meine Ehre. Je sorgfältiger sic Nachsehen, um so weniger Verdacht kann später ans mich fallen." Obgleich er nichts zu finden erwartete, ging der Zugführer doch mit peinlicher Genauigkeit zu Werke, aber das Ergcbniß entsprach der Erwartung, und der Franzose kleidete sich wieder an. „An Gepäck habe ich nur zwei kleine Handtaschen, keinen Koffer, da ich nur aus einen Tag in Boston gewesen bin." Tie Taschen wurden hcrbcigeschafft, durchsucht und nichts gefunden. ru „Sie sind sehr scharssinnig. Allerdings habe ich Gründe. Familien- cksichten. weshalb ich wünsche, daß die Sache nicht in die Oeffcntlichkeit dringe. Wenn Sie es unternehmen . wollen, die Edelsteine wioier hechei- zuichaffen, ohne daß etwas in die Zeitung kommt, weide ich Sie reichlich entschädigen." „Gut. ich übernehme die Sache, aber Sie müssen mir einige Fraget! beantworten. Zuerst 'Name und Adresse." „Ich he^e Rose Mitchcl und wohne einstweilen East dreißigste Straße Nr. „Run, meine Herren, kann ich la wohl gehen, da wir an meinem Be stimmungsorte aiigekommen sind. Ich werde nur ein paar Stunden hier bleiben und dann nach Newyork fahren. Tort steige ich im Hotel Hoffman» ab. im Falle nach mir gefragt werden wllte. Hier ist meine Karte." Barnes nahm die Karte und betrachtete sic genau. ..Was denken sie?" fragte der Zugführer. „Von dem ? Um den brauchen Sie sich nicht weiter zu kümmern, nicht ein Schimmer von Verdacht gegen ihn — bis letzt. Autzerdem können wir ihn ja imnicr wiedersinden, wenn wir ihn brauchen sollten. Hier steht sein Name: Alphonse Thauret. Wir können min unsere Aufmerksamkeit den anderen Reisenden znwenden. Meinen sie. daß ich eine Unterredung mit der Dame habe» könnte?" „Tie sollen Sie haben, wenn sic cs wünschen, sie mag wollen oder nicht. Die Sache ist denn doch zu ernst." „Gut. dann schicken sic sie hierher und lassen sie mich ein paar Worte allein mit ihr ivrcchcii. sagen sic ihr nicht. Laß ich Detektiv bin; du könne» sie mir überlassen." Gleich darauf trat eine große Dame von etwa 45 Jahren ein. Als sie Platz nahm, sah sie Barnes scharf, aber in einer verstohlenen Weise an, allein anscheinend bemerkte er das nicht. „Ter Zugführer schickt mich zu Ihnen," begann sie die Unterredung „Was haben sie mit der Sache zu thun?" „Nichts." „Nichts?, Warum —" „ .Wenn ich sage, ich Härte nichts mit der Lache zu thun. dann meine ich einfach, daß es nur au, sie ankommt, ob ich versuchen soll. Ihnen den Schmuck wieder zu verschaffen oder nicht. Ich besorge derartige Angelegen heiten für diese Bahn, aber wenn der Verlierer nicht gegen die Bahn Vor gehen will, dann lassen wir die Sache aus sich beruhen. Wünschen Sie also, daß ich Nachforschungen nach den gestohlenen Sachen anstelle?" „Ich wünsche gewiß, meine Edelsteine wieder zu erlangen, denn sic sind sehr werthvoll, aber ich weiß doch nicht, ob ich die Sache in die Hände eines Detektivs legen soll." „Wer sagt Ihnen, das ich Detektiv bin?" Sind sie es nicht?" „und da ich ohne Aus- .. . .. ^ . . ..... , - . . - weshalb Sie zögerten, die sache in meine Hände zn legen." >ach, an- . bi» erst vor Kurzem von Ncw-Orleans, meiner gekommen und suche noch nach einer passenden Wohnung." Barnes zog sein Taschenbuch hervor und schrieb sich Name und Wohn ung auf. „Verheirathet?" „Gewesen: mein Mann ist schon seit einigen Jahren todt." „Nun also zu den Juwelen. Wie kommt es, daß Sie mit einer solchen Menge von Schmucksachen reisen?" „Ich habe keine Schmucksachen verloren, sondern ungefaßte Edelsteine von »»gewöhnlicher Schönheit — Diamanten, Rubinen. Perlen und andere Edelsteine. Nach dem Tode mciiies Mannes ging sein beträchtliches Ver möge» durch Bezahlung seiner Schulden drauf, bis aus eine Forderung an einen vornehmcir Italiener, der kurz nach meinem Manne starb. Die Testa mentsvollstrecker des Italieners schlossen einen Vergleich mit mir und über ließen »lic die Edelsteine als Deckung für die Schuld. Erst gestern Hab« ich rc in Boston erhalten und heute sind sie schon verloren. Es ist zu grausam. §u grausam!" Sic rang krampfhaft die Hände, und ein paar ThrSnen liefen hr über die Wangen. Scheinbar ohne sie zu beobachten, dachte Barnes einige Minuten nach. „Was war denn der Werth dieser Edelsteine?" „Hunderttausend Dollars." „Aus welchem Wege sind sie Ihnen übersandt worden?" Die Frage war sehr einfach, und Barnes stellte sic ganz arglos. Ec war deshalb sehr erstaunt über die Wirkung, die sic hervorbrachtc. Tie Dame sprang auf, und ihr ganzes Benehmen war verändert. „Darauf kann es doch nicht ankommcn," antwortete sie mit zusammcn- gcpreßten Lippen. „Vielleicht habe ich einem Fremden schon zu viel erzählt. Kommen Sie hcnie 'Abend nach meiner Wohnung, und ich werde Ihnen alle Einzelheiten mitthcilc» -- wenn ich mich entschließe, die Sache in Ihren Hände» zn lassen. Wenn nicht, werde ich Sie für die gehabte Mühe cnt- chädigen. Ich empfehle mich Ihnen." Barnes' Blicke folgten ihr nachdenklich, ohne daß er sich von seinem Sitze erhob. „Ich glaube, das Frauenzimmer lügt," sprach er endlich für sich und kehrte in seinen eigenen Wagen zurück, wo gerade zwei Herren untersucht wurden, die die Sache als einen unbezahlbaren Spaß anzusehen schlenen. Auch die übrigen 'stellende» unterwarfen stch willig der Untersuchung, während Barnes inzwischen in seiner Abthcilnng wartete. Endlich wurde seine Geduld belohnt. Ein hübscher junger Man» von etwa iechsundzwanzig Jahren trat ans Nr. 8 und ging in den Ankleidcraum. Barnes folgte und trat in die Rnncher-Abtheilimg. Kaum hatte er dort Platz genonimen, als ein Herr erschien, augenscheinlich der andere Reisende aus Nr. 8. Während dieser sich wusch, erzählte der Zugführer dem ersten von dem Diebstahl und erbat sich die Erlaubniß. ihn zn durchsuchen. Es fehlten nur noch wenige Minuten bis zur Ankunft in Newyork, scimmttiche Reisende bis aus diese zwei waren schon durchsucht worden. Diese sahen vornehmer aus als alle anderen. Um so erstaunter war der Zugführer, als er bemerkte, daß der junge Herr, den er angeredet hatte, sehr unruhig wurde. Er staminclte und stotterte und suchte nach Worten. „Bob. hörst Tn? Es ist ein Diebstahl begangen worden," sprach er endlich mit heiserer Stimme zu seinem Gefährten. Seines Freundes Bob Gesicht war mit Seifenschaum bedeckt, und ehe er antworten konnte, mußte er diesen erst abwischcn. „Nu», was weiter?" fragte er ganz unbefangen, als dies geschehen war. „Aber - aber — der Znafülirer will mich durchsuchen." „Natürlich. Wovor fürchtest Du Dich denn? Du bist doch nicht der Dieb?" „Nein — aber —" „Hier giebt » kein Aber. Wenn Du unschuldig bist, laß Dich durchsuchen." Dann wandte er sich lachend dem Spiegel zn und begann mit großer Sorg falt seine Halsbinde zu knüpfen. Sei» Freund sah ihn einen Augenblick mit einem Ausdruck an, den mir Barnes veritand. denn er wußte natürlich, daß Bob Derjenige war, welcher eine Wette gemacht hatte, daß er ein Verbrechen begehen wolle, und cs lag ans der Hand, daß sein Freund ihn schon im Ver dacht hatte. -- ..Herr Zugführer," sprach dieser endlich, „mein Benehmen muß Ihnen verdächtig Vorkommen, ich kann es auch nicht erklären, bin aber vollkommen bereit, mich durchsuchen zn lassen, ja, es liegt mir daran, daß diese Durchsuch ung recht gründlich vorgcnommcn werde." Die Untersuchung fand nun statt, aber ohne Ergcbniß. „Hier ist meine Karte, ich bin Arthur Randolpb von der Bankfirma I. Q. Rcmdolph u. Sohn, und dies ist mein Freund, Robert Leroy Mitchel; ich verbürge mich für ihn." Beim Namen Mitchel horchte Barnes überrascht aus. denn cs war derselbe Name, den die bestohlene Dame angegeben hatte. „Danke, Arthur," wars Mitchel ci». „ich kann schon selbst für mich einstchen." Der Zugführer zögerte einen Augenblick und wandte sich dann an Mitchel. „Es thut mir leid, daß ich genöthigt bin. auch sic zu bitten, sich durch suche» zu lassen, allein es ist meine Pflicht." „Mein lieber Herr, daß es Ihre Pflicht ist. begreife ich vollkommen und grolle Ihnen deshalb auch nicht persönlich, aber nichtsdestoweniger weigere rch mich cms's Allcrciitschiedcnste." eArts.'tzulig DienKag >