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EMall und AnMr. Amtsötatt in König!. AmiShauptmannschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts imd de» StadttsthS z» Mss. Druck und Berlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich : T. Langer in Riesa. Z 71. Dienstag, dm 18. Juni I88S. 42. Jahr«. scheint in Riesa wöchentlich dreimal: DienStag, Donnerstag und Sonnabend- — Abonnemenspreis vierteljährlich i Mark 2b Pig. — Bestellungen nehmen alle Kaiser!. Poftanstollen Postboten, die Erveditionen in Riesa und Strehla (E. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welche bei dem ausgebreiteten Leserkreise eine wirksame Veröffentlichung finde« erbitten wir uns bis Montag, resp. Mittwoch oder Freitag, vormittag» v Vbr. JnsertionSprei« die dreigespaltene TorpuSzeile oder deren Raum 10 Psg. » » —s -—..—Mm Dienstag, de« »5. dies. Monats, Mittags 1 Uhr soll die auf der Feldparzelle Nr. 344 u für Nünchritz erbaute hölzerne Bock windmühle mit gehendem und treibendem Zeug und sonstigem Zubehör, sowie 1 Dccimalwaage mit Gewichten u. A. m. gegen sofortige Bezahlung an Ort und Stelle versteigert werden. ** Riesa, den 12. Juni 1889. Der Ger.-Vollz. des König!. AmtSger. das. Eidam. Ortskrankenkasse Uiesa. Am heutigen Tage wurde in außerordentlicher Generalversammlung be schlossen: Vom 1. Juli dss. Ihrs, ab — die Genehmigung der K. Kreishaupt mannschaft vorausgesetzt — die Wöchnerinnenunterstützung für die Frauen der Mitglieder und das Sterbegeld der Kinder unter einem Jahre in Wegfall zu bringen. Riesa, den 16. Juni 1889. Der Vorstand der Ortskrankenkasse. Frz. Heinrich, Vorsitzender. Bekanntmachung. Wegen grundhafter Herstellung ist der Cummunicationsweg von Mehltheuer nach Prausitz-Bahnhof vom 17. Juni bis S. Inti d. I. für den Fähr verkehr gesperrt und wird letzterer inzwischen auf den Meltheuer-Prausitzer Corpmunicationsweg, die fiskalische Straße und auf den Lommatzsch-Riesaer Cummunicationsweg verwiesen. Mehltheuer, am 12. Juni 1889. Der Gemeiudevorftand. Tagesijeschichte. Unverkennbar sind in der letzten Zeit manche dunkle Punkte am politischen Horizont aufgetaucht. Die Dinge in Serbien nehmen einen Gang, dem gegen über man in Wien nur scheinbar ruhig bleiben kann: die Regenten haben ihr Versprechen nicht gehalten, sie haben vielmehr den russischen Einflüssen Thor und Thür geöffnet. Der Metropolit Michael, ein aner kannter Ruffenfreund und Gegner Milans, ist wieder in sein Amt eingesetzt w^den und die offiziellen Be ziehungen zu Bulgarien sind durch Rückberufung des Geschäftsträgers in Sofia auf das bescheidenste Maß zurückgeführt worden — beides offenbar Rußland zu Liebe. Auch in Rumänien regiert gegenwärtig ein russenfreundliches Ministerium, das zwar stets die Unabhängigkeit des Landes betont, damit aber wohl mehr die Unabhängigkeit vom Friedensbunde als die jenige von Rußland meint. — Der Trinkspruch des Zaren auf den Fürsten von Montenegro als „den einzigen aufrichtigen Freund Rußlands", die Ber- heirathung eines nahen Verwandten des russischen Kaisers mit der Tochter des bisher kaum als voll- bürtig anerkannten Fürsten der Hammeldiebe aus den Schwarzen Bergen, — das sind jedenfalls auch be deutungsvolle Anzeichen, wenngleich man nicht den kühnen Ideenflug einiger Berichterstatter auswärtiger Zeitungen mitzumachen braucht, welche in dem Fürsten Nikita schon einen großserbischen König sehen, dem außer Serbien und Montenegro auch noch Bulgarien und Ostrumelien, womöglich auch Rumänien unter- than sind. — Mehrere Wiener und die offiziösen Budapester Zeitungen zeigen sich abermals erregt wegen der fortgesetzten Kriegscüstungen Rußlands gegen seine Westgrenzen hin; die Wiener Börse war sogar in voriger Woche auf die ziemlich beglaubigte Nachricht hin „flau", daß der russische Kriegsminister 4 Millionen Paar Stiefel bestellt habe. Jene Zeitungen richten nach Deutschland herüber die Mahnung, man solle doch ja die russischen Finanzoperationen (die Zins herabsetzungen früherer Anleihen) nicht mit deutschem Gelde unterstützen, denn dieses deutsche Geld werde doch nur zu Rüstungen verwandt. — Es muß aner kannt werden, daß die aufgetretenen Befürchtungen nicht völlig unbegründet sind. Wenn man als unumstößliche Thatsache aaoimmt, daß weder Deutschland noch Oesterreich-Ungarn feindliche Absichten gegen Rußland hegen, gegen welche sich dieses Reich durch Truppen vorschiebungen nach seinen Grenzen hin schützen müßte, so kann man die russische Truppenschübe nicht anders, denn als eine gegen Deutschland und Oesterreich ge richtete Drohung auffaffen. — Aber — und das ist das Gute — eS wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Deutschlands Gewißen ist rein, sein Schwert geschärft, seine Bündnisse sind gesichert. Allerdings leben wir heute in einer anderen Zeit, als damals, da die „Post" ihren Krieg-in-Sicht-Artikel und später, als sie ihren Mahnruf „Auf des Messer- Schneide" veröffentlichte. Damals saß auf dem deutschen Kaiserthroa ein sieggekröater Held, aber — neunzig Jahre alt, ein Monarch, der sich schwer und ungern von seinen alten Heerführern trennte. Heute hat diesen Kaiserthron ein thatkräftiger, verhältniß- mäßig junger Monarch eingenommen, der das Heer an Haupt und Gliedern verjüngt hat, der cs zwar als niederträchtige Verleumdung weit von sich gewiesen, daß man ihm kriegerische Gelüste unterschiebt, der aber — dess' darf man gewiß sein — wenn eS einmal zum äußersten kommt — wenn Deutschland, ohne sein Ansehen einzubüßen, kein Opfer an Entgegen kommen mehr bringen kann — voll und ganz seines hohen kaiserlichen Amtes walten wird. — Für die nächste Zeit liegt zu Befürchtungen kein Anlaß vor; der Reichskanzler ist auf seiner Sommerfrische in Varzin; sein Sohn und Stellvertreter nimmt einen vierwöchigen Sommcrurlaub; der Zarenbesuch (wahr scheinlich in Kiel) steht bevor und so wenig sich von den Eindrücken einer solchen persönlichen Begegnung der Herrscher für die Dauer etwas Bestimmtes er hoffen läßt, so darf man ihre Wirkung doch auch nicht ganz unterschätzen. — Stärker aber noch als persön liche Freundschaftsbande der Regierenden sind die Ver hältnisse: Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Italien vereint, denen sich sogar aller Wahrscheinlichkeit nach England mindestens durch eine „wohlwollende Neu tralität" anschließt, — da wird wohl für Rußland vorläufig nichts zu machen sein, selbst wenn Frankreich auch in einem neuen Abenteuer seine politische Existenz aufs Spiel setzen wollte. Deutsches Reich. Der Sterbetag Kaiser Friedrichs wurde von der kaiserlichen Familie m stillster Zurückgezogenheit verlebt. In der Seitencapelle der Potsdamer Friedenskirche, wo einstweilen die sterbliche Hülle des edlen Dulders Aufnahme gefunden hat, fand am Vormittage ein Gottesdienst statt, zu welchem auch Kaiserin Friedrich und die Prinzessinnen-Töchter aus Wiesbaden gekommen waren. Zahllose Lorbeerkränze und sonstige Blumenspenden aaS allen Theilen Deutsch lands wurden am Sarge niedergelegt. Der „Schles. Ztg." wird aus Berlin von „weist gut unterrichteter Seite" geschrieben: Der Kaiser wird vor seiner Reise nach England einen mehrwöchigen Aufenthalt an der norwegischen Küste nehmen. Hierzu sollen ganz besonders seine Leibärzte gerathen haben, auch soll Dr. Güßfeldt, der die Küste ganz genau kennt, schon Vorschläge über die Wahl deS Aufenthalts ortes gemacht haben. Zur Feier seine« fünfundzwanzigjährigen Re gierungsjubiläums hatte der König Karl von Württem berg die Mitglieder der Ständekammer nach Schloß Rosenstein eingeladen. Bei der Tafel brachte der König folgenden Trinkspruch aus: „Ich wünsche mit meinen Gästen diesen Tag recht herzlich zu begehen. Furchtlos und Neu haben wir zusammen, in diesen 25 Jahren, Frzeud und Leid getheilt. Gott erhalte unserer Heimath auch ferner seinen Segen. DaS edle Wort meines Ahnen Eberhard im Bart bewährt sich heute noch, daß der Landesvater sein Haupt in den Schoß jedes seiner Unterthanen legen kann. Heil und Segen der Heimath!" Staatssekretär Graf Herbert Bismarck tritt in deu nächsten Tagen einen vierwöchigen Urlaub an. Zwischen Varzin und Berlin ist seit der Anwesen heit des Fürsten Bismarck in Varzin ein regelmäßiger Kurierdienst eingerichtet. Täglich reist ein Bote mit Schriftstücken von Berlin nach Varzin, um sie bald darauf mit den Bemerkungen oder Aenderungen des Reichskanzlers zurückzubringen. Von Tausenden erwartet, traf am Sonntag der Dampfer „Habsönrg" mit Offizieren und Mannschaften S. M. Kreuzer „Adler" und des Kanonenboots „Eber" von Samoa auf der Rhede zu Bremerhaven ein. Beim Passiven der Hafenschleuße begrüßte ein viel stimmiges H.:rrah, sowie Musik der dastgen Matrosen- Artillerie-Capelle die Heimkehrenden. Der Vorsitzende des Kampfgenoflen-Vereins überreichte den Marinc- truppen, welche auf dem Hinterdeck Aufstellung ge nommen hatten, einen prächtigen, mit den deutschen Landesfarben geschmückten Lorbeerkranz und schloß seine Ansprache mit einem Hoch auf den Kaiser. Lieutenant zur See Alsner dankte. Später fand Bewirthunz der Mannschaften in der Lloydhalle statt. Tas Fernsprechen hat in Deutschland einen er staunlichen Aufschwung genommen. Ganz Frankreich besitzt noch nicht so viele Fernsprech - Teilnehmer als Berlin allein. In Frankreich (Paris, Bordeaux, Havre, Lille, Marseille, Lyon, Nantes, AmienS, Nizza, Nancy u. s. w.) zusammen 10 757 Theilnehmer, in Berlin allein 11000, in Deutschland 33 000. Bekanntlich hatten in Frankreich zuerst Privatgesellschaften daS Fernsprechwesen in die Hand genommen; in Deutschland von Anfang an die Reichsverwaltung. In Paris zahlt man jährlich 600 Francs — 480 Mark für den Anschluß; in Berlin 150 Mark. Diese Zahlen be dürfen keiner weiteren Erläuterung. In England liegen die Behältnisse nicht siel anders als in Frankreich, aus denselben Gründen. Vor der in nächster Zeit zu erwartenden großen Ferienpause des BundeSraths «erden keinerlei auf die Wintersession des Reichstages bezügliche Berathungen mehr stattfinden, sondern diese Vorbereitungen werde» auf die frühzeitig im Herbst zusammentretende Session des BundesratheS verschoben werden. Dies gilt ins besondere von der Frage deS Ersatzes für daS Socia- listengesetz. Diese Frage ruht gegenwärtig vollständig, und eS ist auch noch gar nicht vorauszusehen, auf welchen Grundlagen sie demnächst wieder ausgenommen werden wird. Es wird nur versichert, daß die be kannten preußischen Vorschläge nicht oder doch nur unter sehr wesentlichen Abänderungen wieder auftreten «erden. Wie die Münchener „Allg. Ztg." erfährt, ist ei« Unter-AuSschuß des BundesratheS, als deren Referent der bayrische stellvertretend« Bevollmächtigte Ober-