Volltext Seite (XML)
D«S H««S Wettin. <Iin Beitrag zur Jubelfeier «schien«. «in Mirftrnftamm, de« Heldenlauf «eicht bi« zu unfern Lagen; In grauer Vorzeit ging er aus Mit uns re« Volke« Sagen. (Sgraffiic--rie«, Dresdener Schloß.) L. S. Achthundert Jahre sind verflossen, seitdem SachsenS FürstenSstamm, daS HauS Wettin, mit der Markgrafenschaft zu Meißen belehnt wurde und seit dem in die Reihe der Dynastengeschlechter getreten ist. Es war kein Herrschergeschlecht par excellence wie z. B. das der Hohenstaufen oder der Hohenzollern, und seinen Fürsten düuchte meist die Palme deS Friedens schöner als der Lorbeer deS Krieges, aber sie waren «eise und gerechte Regenten, die ihrem Volk« in guten und bösen Tagen allzeit getreue LandeSviiter waren. Auch bleibt es nicht der kleinste Ruhm der Wettiner Fürsten, daß sie Pfleger der Künste und Wissenschaften waren als au anderen Fürstenhöfen schon längst jedes Interesse davon erstorben war und daß sie deren eifrigste Förderer wurden, als sich in Deutschland, Jahrhunderte später, endlich wieder Interesse dafür zu zeigen begann. Akademien, Kunst- und gewerbliche Anstalten geben in ihren Staaten davon genügsam Zeugniß. Versuchen wir es, in kurzen Zügen die Hauptmomente des Hauses Wettin und seiner Länder vorzusühren; sie fallen mit denen Deutschlands zusammen. Die Anfänge des Geschlechtes verlieren sich im Dunkel des 8. und 9. Jahrhunderts; Ahnherr soll ein Graf Burkhard von Thüringen gewesen sein. Andere nennen als Stammvater den Sachsenherzog Wittekind, doch war es im Mittelalter allgemein Sitte, den Ur sprung der Fürstenhäuser auf ihn zurückzuführen und und die letzte Behauptung wird durch nichts unter stützt. Mit der Grafschaft Wettin ward urkundlich zuerst ein Graf Dietrich belehnt, der 982 starb. Auf dem Rittergute Winkel unweit Magdeburgs befinden sich noch jetzt die Ruinen der Wettin'schen Stammburg. Halb zerfallen und vergessen zerbröckelt dort langsam die Wiege des fast tausendjährigen, edlen Hauses, doch das Geschlecht selbst steht blühend in der Welt und treibt frische Sprossen. Im Jahre 1089 wurde Gras Eckbert von Meißen, der Gegenkönig Kaiser Heinrichs IV., unweit Braun schweigs erschlagen und die erledigte Markgrafschaft erhielt Heinrich von Wettin, unter dessen Nachfolger Konrad der Große, einer der mächtigsten Fürsten seiner Zeit, der bekannteste ist. Er wußte die Markgrafen würde zu Meißen unter Kaiser Lothar 1125 feinem Hause erblich zu machen und erwarb den Besitz der Lausitz. Auch gründete er das noch vorhandene und seiner Zeit berühmte Kloster auf dem Petersberge bei Halle, in welches er thatenmüde 1152 selbst als Mönch eintrat; doch bald darauf starb er. In dem erwähnten Kloster ward er und seine Gemahlin bei gesetzt und in dieser Gruft haben dann noch verschiedene Wettiner die letzte Ruhe gefunden. Im Jahre 1565 schlug der Blitz in das Kloster und das stattliche Gebäude wurde bis auf die Um fassungsmauern zerstört. Der kunstsinnige König Friedrich Wilhelm IV. regte dann eine Wiederher stellung der Kirche in ihrer ursprünglichen Gestalt an, deren feierliche Einweihung im Jahre 1857 stattfand. Konrad's Sohn war Markgraf Otto der Reiche, der die Silbergänge bei der jetzigen Stadt Freiberg entdeckte, welche den Grund zum künftigen Wohlstände des Landes legten. Die Sage erzählt, daß bei einem Ritt durch's Land Markgraf Otto, durch das Scharren seines Rosses aufmerksam gemacht, eine Silbermine endeckte. Bergleute vom Harz wurden berufen und siedelten sich in dem damaligen Christiansdorf an, aus welchem später die Stadt Freiberg hervorging. Zum Schutze derselben gründete Markgraf Otto die Burg Freuden stein und umgab 1175 die Stadt mit Mauern. Otto's Gemahlin, die Tochter Albrecht deS Bären, hätte nun gern ihrem jüngsten Sohne Dietrich statt des ältesten Albrecht, die Markgrofenwürde verschafft und Otto mußte deshalb eine Theilung seiner Brüder in ihrem Sinne vornehmen. Infolgedessen brachen zwischen den beiden Brüdern Erbstreitigkeiten aus, die erst mit dem Tode des Seltesten endigten. Nun zog Kaiser Heinrich IV. daS stlberreiche Meißen, nach welchem es ihn schon längst gelüstet, als Reichslehen ein. Dietrich befand sich auf einer Fahrt nach Palästina, doch eilte er bei dieser Nachricht sogleich zurück und erschien als Pilger verkleidet in seinem Lande, das er mit Waffengewalt wieder in seinen Besitz zu bringen wußte und unler Kaiser Heinrich'S Nachfolgern stand haft behauptete. Bald sollten die Wettiner einen bedeutenden Zu wachs ihrer HauSmacht erlangen. Im Jahre 1247 war nämlich in Thüringen der männliche Stamm der Landgrafen mit Heinrich Raspe auSgestorben und Heinrich von Wettin, genannt der Erlauchte, der Sohn Dietrich'-, nahm als Sohn der ältesten Schwester des verstorbene» Landgrafen ganz Thüringen in Besitz. Aber die Herzogin Sophie von Brabant, die Locher der heiligen Elisabeth von Thüringen, machte gleichfalls Erbansprüche für ihren jungen Sohn Heinrich, und da auch sie im Lande viel Anhang besaß, griffen beide Theile zu den Waffen. Nun gewann zwar Heinrich der Erlauchte die erste Schlacht; allein zum Frieden konnte er nicht gelangen, da Sophie fortwährend Unruhen erregte. Endlich kam eS im Jahre 1263 zu einer Vereinbarung. Der südliche Theil deS Landes wurde unter dem Namen einer Landgrafschaft Hessen von Hauptlande ge trennt; ihn erhielt die Herzogin Sophie und ihr Sohn, während Heinrich nun unbehelligt Thüringen in Besitz nahm. Schon früher hatte er daS Pleißner Land als un mittelbares Reichslehen erworben und nun war ein ungeheures Gebiet sein. Meißen, Thüringen, Osterland, fürwahr eia herrliches Besitzthum! und der Grund zu einem mächtigen Reiche in Mitteldeutschland war ge legt. Aber Heinrich, obwohl ein tapferer Mann und ein Minnesänger, dessen Lieder seinerzeit vielfach bekannt waren und gesungen wurden, war kein Staatsmann, und, kaum erstanden, wurde das Reich wieder zerstört. Noch bei seinen Lebzeiten theilte er die Länder unter seine drei Söhne. Albrecht mit dem wenig schmeichelhaften Beinamen der Unartige, erhielt Thüringen, Dietrich Meißen und Friedrich daS Osterland. Theilungen bei Lebenszeiten sind in der Geschichte immer von üblen Folgen begleitet gewesen und so brachen auch hier Streitigkeiten aus. Albrecht war der Gemahl der hohenstaufischen Kaisertochter Margarethe; doch seine Liebe zu ihrem ebenso schönen wie falschen Hoffräulein Kunigunde von Eisenberg bewog ihn, seine edle Gemahlin zu verstoßen und die unglückliche Fürsten tochter mußte bei Nacht und Nebel von der Wartburg flüchten. Beim Abschied von ihren kleinen Söhnen über wältigte sie der Schmerz dermaßen, daß sie den ältesten, Friedrich, in die Wange biß, wovon er den Beinamen „der Gebissene" erhielt. Landgraf Albrecht hatte bald darauf Kunigunde von Eisenberg geehelicht und um sein Land nicht den ihm verhaßsten Söhnen erster Ehe, mit denen er, als sie erwachsen, fortwährend im Kampfe lebte, hinter lassen zu müssen, verkaufte er es an den deutschen Kaiser. Endlose Fehden zwischen letzterem und den tapferen jungen Fürsten waren die natürliche Folge. Besonders war Friedrich der Gebissene einer der gefeiertsten, tapfersten Ritter seiner Zeit; seine Gestalt wurde noch mit dem Zauber der hohenstaufischen Romantik umwoben und in Lied und Sage lebt er fort in Thüringen. Der Kampf mit den deutschen Kaisern wurde zum end gültigen Schluß durch die vielbesungene Schlacht von Lucka gebracht, in welcher Friedrich Albrechts schwäbisches Heer (1307) schlug. Noch lange Zeiten nach dieser Schlacht wurde, um Jemand von der Aussichtslosigkeit seines Vorhabens zu überzeugen, das Sprichwort im Lande gebraucht: „Dir wird eS glücken wie den Schwaben vor Lücken." Trotz des glücklichen Ausganges dieser Fehden war aber für Friedrich der Kampf mit dem Vater zum Verhängniß geworden. Der junge König Konrabin von Hauhenstaufen war im Jahre 1268 enthauptet worden und die Augen aller Anhänger der hohenstaufischen Partei richteten sich nun auf Friedrich, der durch seine Mutter Margaret', dem erlauchten Hause verwandt war. Von nah und fern erging der Ruf an ihn, als Vetter und Erbe KonradinS die reichen sizilianischen Länder gegen Karl von Anjou in Beschlag zu nehmen. Unglücklicherweise war aber Friedrich zu dieser Zeit während eines Kampfes mit seinem Vater in dessen Gefangenschaft gerathen und auf die Wartburg gebracht worden. So erklang der Ruf ungehört und als Friedrich endlich im Stande war, sich zu befreien, waren jene Reiche für ihn verloren. Man sieht daS Verhängniß der Hohenstaufen erfüllte sich an allen Gliedern deS HauseS. Friedrichs Bruder Diezmann wurde, der Sage nach, von seinem alten Feinde Philipp von Nassau in der Stadtkirche zu Leipzig 1207 ermordet; gewiß ist jedenfalls, daß er früh starb, und da auch der Name der Fürsten zu Meißen und Osterland auSstarb, so vereinigte Friedrich noch einmal alle Länder seines Großvaters Heinrichs deS Erlauchten in seiner Hand. Unter ihm und seinen ' Söhnen, die daS väterliche Erbe theilte», blühte» j die Lande zu Macht und Wohlstand heran. Unter I seinen Nachkommen zeichnete sich besonder« einer der Fürsten de« Osterlaade« auS; das war abermals ein Friedrich, genannt der Streitbare. Schon in seiner Kindheit war dieser mit der Tochter Kaiser Karls IV. verlobt; allein »ach dem Tode Karl« wurde ihm die Braut von dem Bruder derselben, König Wenzel von Böhmen, verweigert und Friedrich, der sich gekränkt und beleidigt fühlte, griff zum Schwerte. Gegen den mächtigen Vöhmenkönig konnte er natürlich nicht aufkommen und er warf infolge dessen einen furcht baren Haß auf Wenzel, der jedoch einen Segen mit sich brachte: die Gründung der Universität Leipzig. Im Jahre 1409 brachen auf der Universität Prag Streitigkeiten zwischen den böhmischen und deutschen Geistlichen aus, und König Wenzel verkümmerte die verbrieften Gerechtsame der letzteren. Da wanterten Professoren und Studenten in Hellen Hausen aus; doch Friedrich, der mit einem heldenmüthigen Sinne auch seltene GeisteSgaben verband und wohl die Bedeutung seines Schrittes erkannte, rief die Heimathlosen in sein Land und gründet- zu Leipziz die noch heute blühende Universität. Auch war Friedrichs tapferes Schwert dem deutschen Kaiser Sigismund eine unentbehrliche Hilfe gegen die wilden Hussitenschwärme, welche damals Deutsch land verheerten, und als im Jahre 1422 das Haus der Askanier in Sachsen-Wittenberg ausstarb, umging der Kaiser die Erbfolge der Herzöge von Sachsen- Lauenburg und belehnte ihn und sein Geschlecht mit der Kurwürde und dem Lande Sachsen. Infolge dessen übertrug sich der Name Sachsen auf alle Besitzungen des Wettinischen Hause«. Jedoch so wichtig die Erwerbung für seine Nachkommen war, so wenig gereichte sie Friedrich zum Segen, denn als er abermals im Jahre 1424 als erster deutscher Reichs fürst ein Heer gegen die Hussitten zu stellen hatte, zögerten die übrigen Fürsten, neidisch und eifersüchtig auf seine Erhöhung, mit der Sendung ihrer Truppen. Friedrich wurde von den viel stärkeren Feinden bei Brüx geschlagen und die Blüthe seiner Ritterschaft fand den Tod. Diesen Schlag konnte er nicht ver winden und starb ein Jahr darauf. Im Kloster Altenzelle, das von Otto dem Reichen gegründet in seiner Fürstengruft alle Särge der Mark grafen von Meißen barg, ward auch er, als Letzter, bestattet. Seitdem wurde den Kurfürsten von Sachsen in dem ebenfalls von Otto dem Reichen erbauten Dom zu Freiberg die letzte Ruhestätte bereitet. Unter Friedrich des Streitbaren Söhnen, den Kur fürsten Friedrich dem Sanftmüthigen und seinem Bruder, dem Herzoge Wilhelm, verheerte ein furchtbarer Bruder krieg das Land, da der Herzog sich bei der Eibtheilung geschädigt glaubte. Wilhelm hatte in Weimar seine Residenz ausgeschlagen; er war ein streitsüchtiger, rauflustiger Herr und von ihm hieß cs: „Schnallt sich der Herzog die Sporen an, zittert das ganze Sachs , land." — Auf sein Anstiften raubte der Ritter Kunz von Kaufungen im Jahre 1455 die beiden jugendlichen Söhne des Kurfürsten, Ernst und Albert, von dem schlecht bewachten und schwach besetzten Schlosse zu Altenburg. Allein noch ehe Kunz von Kaufungen die Grenze erreichte, konnten sich die beiden Prinzen einem Köhler zu erkennen geben, dessen Tapferkeit und Geistesgegenwart sie rettete. Diese Begebenheit bildet« den Stoff zu dem allbekannten, viel besprochenen und oft besungenen sächsischen Prinzenraub. Unter Friedrich des Sanftmüthigen Söhnen wurde auch die dauernde Theilung der ganzen Länder vor genommen. Ernst, der Aeltere, erhielt die Kurwürde und Thüringen; er ward der Gründer der älteren oder Ernestinischen, Alb-rt, der Jüngere erhielt Meißen und ward der Gründer der jüngeren, oder Albertinischen Linie des Hauses Wettin. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts finden wir in Sachsen den Kurfürsten Friedrich den Weisen. Er wurde von dem jungen Kaiser Karl V. hoch in Ehren gehalten, der ihn oft mit seiner Peffon betraute und seinen Rath in allen wichtigen Angelegenheiten einholte. Den Künsten und Wissenschaften hold, wurde er der Begründer der zweiten hohen Schule seines Landes. Als er jedoch im Jahre 1502 die Universität Witten berg geschaffen, ahnte er wohl nicht, daß sich einstein Licht daran entzünden würde, dessen Schein in alle Lande leuchten sollte. Auf dem Reichstage sah er Luther zum ersten Male und der hohe Muth deS unerschrockenen Mönches er füllte ihn nicht nur mit Bewunderung, sondern auch mit Sorge» um die Personen deS kühnen GottesmanneS. Nun war zwar Luther zum Reichstage vom Kaiser Reisebegleit hin und zurück zugesichert, doch Friedrich ; rußte wohl, in wieweit dies Werth hatte; auf der ' Rückreise nach Wittenberg überfiel er deshalb unerkannt mit seinen Reisigen den Zng und brachte seinen Schütz- ! ling Luther auf die feste Wartburg bei Eisenach.