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Börsenblatt s. d. deutschen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil 3243 vr. Müller (Meiningen) noch nicht bekannte Autor in einer solchen Zwangslage gegen über dem mächtigen musikalischen Verleger steht, daß cs an der Zeit ist, daß hier die Gesetzgebung zu gunsten des Herren, wir kommen vielleicht bei der Debatte über den § 27 darauf zurück; es wird sich später vielleicht verlohnen, ^arauf^einzugchen, in welcher üblen La^e ^dem Verleger gegen^ wirklich anbringt. Das wäre meiner Anschauung nach nur eine gerechte Folge des Antrags des Herrn Kollegen Rintelen. Sonst ist nicht die geringste Verbesserung, sondern, wie ich noch zeigen gebracht ist, die Lage der Komponisten, die anerkanntermaßen in der Mehrzahl der Fälle eine ziemlich traurige und schlechte ist, zu verbessern. Nun, meine Herren, wird immer mit dem jungen Autor, der froh ist, wenn er überhaupt ausgeführt wird, gerechnet. Ja, wenn Sie nur einen derartigen -idealen Autor« vorführen wollten! Nein, die Komponisten sagen anders: sie wollen auch etwas für ihre Arbeit haben. Auf den rein idealen Standpunkt kann sich heute ein Komponist in der Regel nicht stellen. Ein Komponist muß heutzutage auch gewisse Vorstudien, ja sogar sehr große Vorstudien gemacht haben. Die großen Genies eines Mozart, Beethoven sind sehr dünn gesät. (Zuruf.) — Auch diese haben Vorstudien gemacht, sehr richtig! Aber die Komponisten müssen heute noch mehr Vorstudien machen als im vorigen Jahr hundert, sie müssen das Konservatorium besuchen, sie brauchen gründliche Vorstudien bezüglich des Generalbasses u. s. w. Ihnen fliegt das Geld wahrhaftig nicht in den Schoß, ihr Studium ist so teuer und mühsam wie das eines anderen gelehrten Mannes. Wenn die Herren nun für ihr Arbeitsprodukt einen entsprechenden Lohn verlangen, so kann man ihnen das nicht übelnehmen und es auch denen nicht übelnehmen, die eine volle Gerechtigkeit darin finden, daß diesen mißlichen Verhältnissen endlich einmal abgeholfen wird. (Sehr richtig! links.) Der Antrag des Herrn Kollegen Rintelen ist aber auch von einem andern Standpunkte aus juristisch nicht haltbar. Der Herr Kollege Rintelen hat ja schon etwas aufgeklärt und betont, daß auch die Oper nach seiner Anschauung unter die Bühnenwerke gehörte. Das steht aber nicht in seinem Anträge! Der Herr Kollega Rintelen hat lediglich § 50 Absatz Satz 2 — ich möchte beinahe sagen, kritiklos — aus dem Gesetz vom Jahre 1870 herübergenommen; er hat aber dabei nicht berücksichtigt, daß das Gesetz von 1870 streng geschieden hat zwischen musikalisch-dramatischen Werken und musi kalischen Werken. Die Aufstellung hat das vorliegende Gesetz auf- gegeben; infolgedessen mußte mit aller Bestimmtheit zum Ausdruck gebracht werden, daß die dramatisch-musikalischen Werke unter die Bühnenwerke gehören. Das steht aber, wie gesagt, nicht in dem Anträge Rintelen, und es kann uns auch nichts nützen, daß Herr Kollega Rintelen für seine Person allein seinen Antrag in dieser Weise auslegt. Es müßte deshalb unter allen Umständen ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden, daß die musikalisch dramatischen Werke, vor allen die Opern unter keinen Umständen unter seinen Antrag fallen sollen oder nicht mit dem Vorbehalt zu versehen wären. Ueberhaupt hat es mir den Eindruck gemacht — und das lag auch dem Germania-Artikel zum Grunde—, daß die Herren glauben, daß die Opern überhaupt eines Vorbehalts bedürfen nach dem bestehenden Recht. Das ist aber nicht der Fall; deswegen waren die Ausführungen, die Herr Kollega Rintelen in juristischer Be ziehung gemacht hat, zum Teil unrichtig. Nun komme ich noch zu einem anderen Gesichtspunkte, der meines Wissens noch nicht erwähnt worden ist: das ist die Frage der ausländischen Gesetzgebung. Meine Herren, es läßt sich nicht leugnen, daß das Urheberrecht, vor allem das litterarische und musikalische Urheberrecht das internationalste aller Rechtsgebilde ist; wir müssen dem Auslande mit unserer Rechtsentwicklung unter allen Umständen auf Schritt und Tritt folgen. Nun hat im Jahre 1896 bei dem letzten Pariser Kongreß die Berner Union bereits den Wunsch geäußert, daß der Vorbehalt in allen Verbands ländern fallen solle. Es ist nur eine Frage der Zeit, und höchst wahrscheinlich wird bereits der nächste Kongreß der Berner Union Verbandsländern fällt. Es ist von der gesamten wissenschaftlichen Welt auf dem Gebiete des Urheberrechts mit Freuden begrüßt worden, daß die deutsche Reichsregierung zusammen mit einer Reihe anderer Kulturstaaten, die in den letzten Jahren mit dem Vorbehalt gebrochen haben, vorgeht, weil man darin ein Zeichen erblickt, daß es bei der nächsten Konferenz der Berner Union ge lingen werde, international mit dem Vorbehalt, mit dem man behalt wieder ausnehmen, so hinken wir wieder der internationalen Gesetzgebung wie in vielen anderen Punkten bezüglich des Gesetzes von 1870 einfach nach. Den Schaden davon hat der deutsche Autor. Also, meine Herren, auch vom Standpunkte der inter- mit dem Vorbehalt bei musikalischen Aufführungswerken brechen' Nun ist die weitere Einrede gemacht worden, mit dem Kauf des Notenmaterials müßte doch das Aufführungsrecht von selbst ver- ring ähnlich dem -Kohlenring« gesprochen hat, so wurde auch das geistige Produkt eines Komponisten mit einer Quantität Kohlen oder Obst verglichen. Ja, wenn man sich auf diesen Standpunkt stellt, muß man mit Naturnotwendigkeit zu ganz falschen Schlüssen kommen. Die Kommission war mit vollem Recht, vor allem bei Verhandlung des Verlagsrechts, auf dem Standpunkt gestanden, daß die geistige Produktion in sehr vielen Beziehungen mit der körperlichen Produktion nicht zu vergleichen sei, und daß auch das Produkt der geistigen Arbeit nicht mit dem Produkte einer gewöhn lichen körperlichen Arbeit zu vergleichen sei. Ich erinnere nur an die Ausführungen, die von seiten der Regierungskommissarien, als wir weiter als die Regierungsvorlage gehen wollten bezüglich der Rechte der Autoren im Verlagsrechte, gemacht wurden; man sprach zurückbleibt. Das vergessen die Herren, die einen entgegengesetzten Standpunkt haben, daß der Urheber, auch wenn er sein Recht an den Verleger, gleichviel ob mit oder ohne Vorbehalt, giebt, immer Urheber bleibt und gewisse eigentümliche Rechte, die einfach dem litterarischen Urheberrecht entspringen, für alle Zeiten behält. Deswegen sind alle Vergleiche mit gewöhnlichen körperlichen Produktionsartikeln, nnt Kohlen u. s. w., natürlich in keiner Weise schlüssig; sie passen einfach auf das vorliegende Rechtsgebiet nicht, und man kommt zu ganz falschen Schlüssen, wenn man ihnen folgt, wie das leider auch Herr Kollege Richter gethan hat. Nun ist die Frage der sogenannten -Tantiemegesellschaft« an geschnitten worden. Es ist klar, die Frage, die hier vor allem austcitt, ist die: wie soll die Kontrolle möglich sein? Die Kon trolle kann nur möglich sein, wenn wir eine derartige Tantieme brechen sich jetzt die Köpfe der Herren Komponisten. Herr Kollega Rintelen hat gemeint, diese Tantiemegesellschaft würde höchstwahr scheinlich nicht zu stände kommen. Ich kann Herrn Kollega Rintelen versichern, wenn er uns die Hand reicht, wenn er uns etwas unterstützt, die §§ 27 und 33 im Sinne der Komponisten durchzubringen, dann ist jene Tantiemegesellschaft unter allen Um ständen gerettet. Die Komponisten, die schon sehr viel vorgearbeitct haben, werden im Interesse der gesamten deutschen Musikpflege diese Tantiemegesellschaft in diesem Falle wirklich zu gründen imstande sein. Meine Herren, ich will auf die Tantiemegesell schaft in diesem Zusammenhänge nicht weiter eingehen. Ich glaube ja, daß die weitere Debatte, nachdem der § 27 mitver bunden ist, noch reichlich Gelegenheit geben wird, auf die Tantieme gesellschaft einzugehen. Aber das eine möchte ich denn doch sagen: der Herr Kollega Richter ist von dem Gesichtspunkte ausgegangen, daß es unüberbrückbare Schwierigkeiten mit dieser Tantieme- Verhältnisse^bereits in Belgien, wir haben sie in Oesterreich, und wir haben sie bereits in Frankreich. Und die Sache macht sich dort sehr gut. Wie wird der Rechtszustand aber werden, wenn die deutsche Tantiemegesellschaft nicht zu stände kommt? Die französische Tantiemegesellschaft macht jetzt bereits Geschäfte in Elsaß-Lothringen, und sie verfährt dort so rigoros, daß tatsäch lich das deutsche Musikleben darunter leidet. Ist es nicht geradezu ein Skandal, wenn man annehmen muß, daß die fran zösische Tantiemegesellschaft jetzt schließlich noch nach Berlin, d. h. überhaupt in das gesamte Deutsche Reich hereinkommt und die gesamte deutsche musikalische Produktion unter sich bekommt! Diese Gefahr besteht, wenn die deutsche Tantiemegesellschaft nicht u stände kommt; man kann mit apodiktischer Sicherheit voraus- agen, daß die deutschen Komponisten sich der französischen Tantiemegesellschaft anschließen müssen, wenn die Gründung der deutschen Gesellschaft infolge dieses Gesetzes scheitert. Da muß ich doch sagen, daß das vom nationalen Standpunkte geradezu eine Schande für das Deutsche Reich wäre, wenn die gesamte stolze deutsche musikalische Produktion unter die Fuchtel der französischen 423-