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8104 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 155, 8. Juli 190V. Wilhelm Erayen-Leipzig und Theodor Weicher-Leipzig. Meine Herren, wer wünscht das Wart zu diesem Punkte? — Das Wort wird nicht gewünscht; also warten wir das Resultat morgen ab. Nunmehr kommen wir zu Punkt 7 unserer eigenen Tages ordnung und damit zugleich an den Schluß unserer Tagesordnung: Etwaige Anträge und Berichte der Abgeordneten aus den Kreis- und Ortsvereinen. Wer wünscht zu diesem Punkte das Wort? Herr Adolf Landsberger: In einer heute vormittag statt- gehabten Sortimenterversammlung ist folgender Antrag mit über wiegender Mehrheit angenommen worden: Die ^Versammlung ersucht den ^Verbandsvorstand. eme mehrgliedrige unterbreiten und im Börsenblatt veröffentlichen. Da der Antrag heute bereits begründet wurde und die Herren fast alle in der Versammlung anwesend waren, glaube ich mich hier jeder Begründung enthalten zu können. Sollte die Aufnahme des Antrages als Antrag der heutigen Versammlung Schwierig keiten bereiten, so bin ich bereit, ihn als Antrag des Provinzial vereins Schlesien einzureichen. Vorsitzender: Ich darf die Versammlung fragen, ob jemand da ist, der eine Begründung zu geben wünscht. — Würde viel leicht Herr Landsberger die Freundlichkeit haben, sie zu geben? — Wenn das nicht der Fall ist und sich auch niemand zum Worte meldet — das geschieht nicht —, dann können wir zur Abstimmung über diesen Antrag schreiten. — (Zuruf.) Die satzungsgemäßen Bestimmungen brauchen wir nicht weiter heranzuziehen; denn der Antrag auf Abänderung der Satzungen kann nur auf der Kantateversammlung erfolgen, und zwar u) durch den Vorstand, b) durch mindestens sechs Vereine. Aber hier liegt eine Satzungsänderung gar nicht vor, sondern es wird beantragt, eine Kommission niederzusetzen, die erst die Vorschläge zur Ab änderung der Satzungen vollziehen soll. Die Beratung darüber würde erst im nächsten Jahre oder in einer außerordentlichen Ver sammlung stattfinden, die der betreffende Verbandsvorstand jeden Augenblick einberufen kann. Also ich sehe kein Hindernis, diesen Antrag sofort zur Abstimmung zu bringen, und ich bitte diejenigen stimmberechtigten Herren Abge ordneten, sich zu erheben, die für den Antrag des Herrn Lands berger sind. — (Geschieht.) Das ist zweifellos die große Majorität; der Antrag ist an genommen. Meine Herren, wir sind damit ans Ende unserer Tages Ordnung gelangt und geben nunmehr unser Amt in Ihre Hände zurück. Wir sprechen Ihnen nochmals — wie das im Jahresbericht bereits geschehen ist — unfern Dank aus für das Vertrauen, das Sie uns in den sechs Jahren erwiesen haben. — (Stürmischer, langdauernder Beifall.) (Hierauf wird von Herrn Emil Behrend-Wiesbaden ein Hoch auf den scheidenden Verbandsvorstand ausgebracht, in das die Anwesenden dreimal begeistert einstimmen.) (Schluß gegen 5 Uhr.) Kleine Mitteilungen. * Buchhändler-Lehranstalt in Leipzig. — Die Extraner der Oberstufe und die ersten Klassen der Buchhändler-Lehranstalt in Leipzig unternahmen am Sonntag unter Führung ihres Direktors, Herrn vr. Curt Frenzel, einen Studienausflug nach Dresden, um die dortige Internationale Photographische Aus stellung zu besuchen, in der der Verwaltungsdirektor des Deutschen Buchgewerbevereins, Herr Arthur Wocrnlcin, mit umfassender Sachkenntnis die erforderlichen Erläuterungen gab. Die Aus stellung verdient und fand allgemeine Bewunderung, sie ist von Photographen, Künstlern, Gelehrten und Kunstanstalten ver schiedenster Art auf das reichhaltigste beschickt, von der Aus stellungsleitung übersichtlich gruppiert und im einzelnen geschickt angeordnet und gewährt in ihrer Vielseitigkeit und Mannigfaltigkeit einen klaren Überblick über den Stand der Photographie und der sich anschließenden Reproduktionskünste. Da diese cs sind, mit denen sich der Buchhändler, um die Kunst zum Gemeingut des Volkes zu machen, namentlich zu beschäftigen hat, nötigten sie die sichtigung. Eine wohltuende und lobenswerte Abwechslung und Ergänzung haben die ausgestellten Bilder dadurch erhalten, daß ihnen vielfach charakteristische Volkstypen in lebensvollen Nach bildungen, Erzeugnisse des heimischen Kunstgewerbes, Waffen, Uhren, Stickereien, prachtvolle Möbel aus Gegenwart und Ver gangenheit u. dergl. beigefügt sind. Ein Besuch der Ausstellung ist daher äußerst lohnend und kann auch weiteren Schichten der Bevölkerung aufs wärmste empfohlen werden, insonderheit allen Angehörigen der graphischen Gewerbe. Um den jungen Buch händlern die Kosten des Lehrausfluges tragen zu helfen, hatte der Schulausschuß in rühmenswerter Weise auf den Antrag seines Vorsitzenden, Herrn Johannes Hirschfeld, im Einvernehmen mit dem Vorstand des Vereins der Buchhändler zu Leipzig dem Direktor eine ansehnliche Summe zur Verfügung gestellt, die ihrer Bestimmung gemäß verwendet wurde. * Bom Reichstag. — Der Deutsche Reichstag beschäftigte sich am 6. d. M. in zweiter Lesung mit den Gesetzentwürfen be treffend Einführung einer Gas- und Elektrizitätssteuer, sowie einer Anzeigen- und Plakatsteuer. Diese sämtlichen Gesetzentwürfe wurden, den Vorschlägen der Finanzkommission entsprechend, ab gelehnt. Die wissenschaftlichen öffentlichen Bibliotheken in Preußen und dein Deutschen Reich. — Im letzten Heft des »Zentralblatts für Bibliothekswesen« veröffentlicht der Vorstand der Bonner Universitäts-Bibliothek Professor v,-. W- Erman eine wissenschaftlichen Bibliotheken des Deutschen Reichs«, die in vieler Hinsicht der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, besonders aber der buchhändlerischen Kreise wert ist. Um nämlich eine Grundlage zur Beurteilung der Art und Weise zu gewinnen, in der die wichtigsten öffentlichen wissenschaftlichen Bibliotheken, ihre Bestände und die jährlich zu ihrer Vermehrung aufgewandten Summen in preußischen Staates verteilt sind, hat Professor Erman die in Betracht kommenden Zahlen für 190 deutsche Bibliotheken zu sammengerechnet und nach den Ergebnissen der letzten Volkszählung von 1905 in Vergleich gestellt. Die dadurch erhaltenen Zahlen, die natürlich nicht in jeder Hinsicht ohne weiteres vergleichbar sind, haben nun auffallende Ungleichheiten in der bibliothekarischen Ausstattung der einzelnen deutschen Landesteile ergeben, die deut lich zeigen, wie günstig der Einfluß der deutschen Kleinstaaten in dieser wie in so mancher anderen Beziehung gewirkt hat, und wie sehr anderseits Preußen, ganz besonders aber die alten Provinzen dieses Landes, in dieser Beziehung gegenüber dem Durchschnitt des Reiches zurückstehen Es treffen nämlich nach dieser Aufstellung im Durchschnitt des Reiches auf je 1000 Einwohner 388 Bände öffentlichen Bibliotheks besitzes, auf die außerpreußischen Staaten 587, auf Preußen aber nur 260, während in den staatlichen Bibliotheken auf je 1000 Ein wohner 274, in Preußen aber nur 146, in den nichtpreußischen Staaten dagegen wiederum 480 Bände entfallen? Dieses ungünstige Verhältnis wird für Preußen noch schlimmer, wenn man seine alten Provinzen von den 1866 erworbenen trennt, lichen Fürsorge immer noch bemerkbar ist; in diesen Provinzen treffen nämlich 438, in den altpreußischen aber nur 222 Bände auf den Kopf der Bevölkerung. Wie in den Bücherbeständen ihrer Bibliotheken, so stehen die deutschen Mittel- und Kleinstaaten aber auch in der verhältnis mäßigen Höhe der Beträge, mit denen sie ihre Bibliotheken be-