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Redaktioneller Teil. 295, 30. Dezember 1920. «mehrfach benutzten, vielleicht gar korrigierten Stereotypplatten die gleichen scharfen Drucke bei mäßigster Schattierung fordern, die eine Form von neuen Handsatztypen hergibt. Es wäre ein Irrtum vom Buchhändler, annehmcn zu wollen, der Bücherfreund könnte die Schattierung als Mangel buchen, da jeder Kenner eine unnatürliche Glätte der Drucke eher beanstandet, als die Reize einer maßvollen Schattierung. Eine der notwendigsten Voraussetzungen für einen guten Druck ist sodann exaktes Register, d. h. die Köpfe bzw. Seitenziffern müssen genau einander decken. Hält man einen vorder- und rückseitig bedruckten Bogen gegen das Licht, so lassen sich selbst geringste Differenzen feststellen. Dieses Register ist durch keinerlei mangelhafte Materiale in Frage gestellt, eine Auf lage, die mit der Hand angelegt wird, muß ebenso -Register hal ten« wie eine Auflage, die mit dem Anlegeapparat gedruckt wird. Freilich nutzt das exakteste Register nichts, wenn die Auflage später nicht auch gewissenhaft gefalzt wird. Nichts verletzt den Bücher freund mehr, als wenn beim schnellen Durchblättcrn eines Buches die Kolumnentitel resp. Seitenzahlen ununterbrochen nach oben und unten, rechts und links Hüpfen. Die sorgsam erwogenen Papierränder, jene Harmonie schaffenden Elemente im Buchorgu- nismus, vom Buchkünstler oder Drucker auf Grund eines reifen Geschmacks bestimmt, werden damit nicht nur vernichtet, der ange strebte harmonische Gesamteindruck des aufgeschlagenen Werkes verzerrt sich vielmehr damit zur Karikatur, zur Grimasse. Scharfer Druck, mäßige Schattierung und peinlich genaues Register vermögen freilich noch keine vollendete Einheit im Buch zu erzeugen, wenn sich nicht zugleich die Papier färbe der Druckfarbe anpaßt. Man darf vom Buchdrucker fordern, daß er über soviel Kenntnisse der Farbenlehre verfugt, um die Eigenart einer Papierfarbe durch Zumischen einer Kleinigkeit von Braun, Blau oder Grün mit Hilfe komplementärer Wirkun gen zu steigern, mindestens aber zu erhalten. Wiederum muß es ihm möglich sein, die ungünstige Farbe eines minderwertigen Papiers durch Wahl einer entsprechend getönten Druckfarbe zu mildern. Der schöne satte Cremeton eines gelblichen Bütten wird durch Blauschwarz gesteigert, durch Braunschwarz vermindert, das häßliche bläulichgraue Kriegspapier würde demzufolge durch ein bläuliches Schwarz gelblich erscheinen, während ein Braun schwarz den mitzfarbigen bläulichen Schein nur noch stärker her vortreten lassen würde. Tiefschwarzer Druck auf blütenweißem Papier, der die Schönheit und Schärfe der Lettern bei maßvollem Relief der Rückseite in genauem Register zeigt, stellt demnach das Ideal eines wahrhaft schönen Druckes dar. 2. Was ist für einen guten Druck Voraus setzung? Soll nun ein Buch das kunstvolle Resultat sorgsam ster ästhetischer und buchtechnischer Erwägungen, das Produkt wohlerwogener, gegenseitig bedingter, aber durchaus nicht zwangsläufig sich ergebender Verhältnisse oder Ausdrucksformen sein, und sollen sich die Teile dieses Organismus zu einem har monischen und gesetzmäßig gefügten Gebilde Vereinen, so ist es klar, daß nicht ohne Schaden für diesen Organismus ein Teil versagen darf. Es genügt, daß die Wahl des Papiers infolge un geeigneter Farbe, Stärke oder Drucksähigkeit falsch ist, und die Einheit des Buches wird gefährdet, seine Schönheit aufs Spiel gesetzt. Wer einen schönen Druck erwartet, der mutz auf gute Druckfähigleit des Papiers das größte Gewicht legen. Leider sind die »griffigsten«- Papiere, die sich also durch eine etwas rauhe Oberfläche oder eine besondere Papierrippung aus- zcichnen, weniger gut bedruckbar als glatte, satinierte oder ge strichene Papiere. Letztere haben trotz ihrer leichten Bedruckbar keit (die aber ebenfalls infolge fehlender Bindemittel, wie Milch. Kartoffelmehl usw., sehr nachgelassen hat) auf Grund ihres auf dringlichen Glanzes sehr Viel Freunde verloren, sodatz sie nur noch für Kunstblätter und Kunstbeilagen, als Werkpapiere aber überhaupt nicht mehr in Frage kommen. Man fordert bei besse ren Werken Griffigkeit des Papiers, wünscht Reinheit des Stof fes, schöne Färbung, maßvolle Pressung, leichtes Gewicht. Aber gerade die rauhe Oberfläche fordert reichliche Farbengebung und schärferen Druck, Umstände, die dem Druckausfall nicht gerade förderlich sind. Büttenpapiere, Dünndruck- und federleichte Pa- IKSO Piere geben dann freilich entweder leicht glänzenden tiesschwarzen Druck oder erfreuen durch ein samtiges Aussehen des Druckes. Der Verleger, der einen oder zwei Bogen des anzuschaffenden bzw. in Aussicht genommenen Papiers in die Druckerei gibt und die Bogen bei irgend einer anderen, gerade in der Maschine be findlichen Werkform mit durchgehen läßt, wird vom Drucker die gewünschte Auskunft über die Drucksähigkeit bereitwilligst er halten. Natürlich mutz auch die Druckform einwandfrei sein. Unter guterDruckform versteht man Handsatz von neuen oder doch wenig benutzten, keinesfalls aber abgequetschten oder, was noch übler ist, alten und neuen Lettern. Nun bleib! eine «Schrift nicht ewig neu, und bei den hohen Kosten für Buchdruckschriften wird der Buchdrucker es mit Neuanschaffungen nicht übermäßig eilig haben, aber man wähle doch nicht ausgerechnet eine Schrift, die schon hohe Auflagen ausgehalten hat. Maschinensatz hat den Vorzug größerer Schärfe im Schriftbild, und doch wird man für bessere Werke immer Handsatz bevorzugen, weil sich hier schon beim AusschUeßen ganz andere Feinheiten wie im Maschinensatz erreichen lassen. Plattendrucke führen zu Resultaten, die mit Buchkultur nichts mehr zu tun haben, besonders wenn Korrek turen an den Platten vorgenommen werden mutzten, die infolge ihres meist feineren Schriftbildes aus der Seite vielfach »her ausfallen«. Tiefe und Sattheit der Farbe gehören zu weiteren unerläßlichen Bedingungen für schönen Druckausfall. Dabei be- darf es aber nicht minder der Kunst des Farbehaltens. Die Tüchtigkeit des Druckers bietet die beste Gewähr für vollendeten Druck. Ihm liegt es ob, den Widrigkeiten zu begeg nen, die stäubendes oder rupfendes, faseriges oder geripptes Pa pier verursachen. Dabei wird zu strenge Farbe ebensolche Schwie rigkeiten bereiten wie allzu dünnflüssige, die bei minderwertigen Papieren jenes häßliche gelbe Durchschlagen erzeugt. Der Ver leger wird aber nicht Unmögliches verlangen dürfen; sehr kleine Auflagen einwandfrei zu drucken, bedeutet für den Drucker immer eine schwierige Aufgabe, besonders dann, wenn bei Büttenauflagcn jeder Bogen Makulatur einige Mark Verlust bedeutet. Die hier aufgewendete Mühe und Zeit ist nicht selten größer wie jene für «ine normale Auslage. Eine Massen auflage endlich darf nie mit dem Maßstab gemessen werden, den man bei Auflagen von 3000 oder 5000 anzulegen berechtigt ist, denn hier zeigt es sich besonders deutlich, wie sehr die Unter schiedlichkeit bei der Papiererzeugung auf die Schönheit des Druckes einwirkt; dabei vermag die Kunst keines Druckers diesem Übel wirksam zu begegnen. Ein neues Zent-um für Buchkunde und Graphik in Leipzig? Von Geh. Hofrat vr.- L. Volkmann, Erstem Vorsteher des Deutschen Buchzewerbevereins. (Aus den »Leipziger Neuesten Nachrichten« entnommen.) Bei der letzten Hauptversammlung des Deutschen Vereins für Buchwesen und Schrifttum wurde erstmalig weiteren Kreisen ein Plan bekanntgegeben, der für die Stellung Leipzigs als Mittelpunkts aller auf Buch Wesen und Gra phik beruhenden Bildungsmöglichkeiten von außerordentlicher Bedeutung sein dürfte, und über den daher auch hier einiges mitgeteilt sei. Es handelt sich um den Gedanken, das aus der -Bugra« hcr- vorgegangene Deuts cheMuseumfllrBuchundSchrtft, das zurzeit in der Zeitzer Straße untergebracht ist, in die wenig ausgenutzten Erdgeschotzräume der Universitäts-Bi bliothek zu überführen, wodurch bei den mancherlei Berüh rungspunkten beider Institute eine sehr ersprießliche Zusammen fassung der Kräfte und Ersparung von Kosten erzielt würde. Auch könnten die Inkunabeln und andere historische Schätze der Bi bliothek vom Museum mit verwaltet und so der Öffentlichkeit mehr als bisher zugänglich gemacht werden, während umgekehrt die wissenschaftlichen Kreis«, welche das Museum schon jetzt zu Studien und Vorlesungen stark benutzen, eine räumliche Zusam menlegung mit der Bibliothek gewiß lebhaft begrüßen würden.