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15758 vvrscnblatt f. d Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 286, S. Dezember 1912. nach und nach dem Deutschtum völlig verloren gehen. Und gerade die studierende Jugend mutz man dem Deutschtum zu > erhalten suchen, denn sie ist ja dazu bestimmt, einmal Lehrer' und Führer des Volkes zu werden und kräftig mitzuhelfen, den deutschen Gedanken in der Welt, von dem Rohrbach spricht, zu verbreiten. Aber zur Förderung und Erhaltung des deutschen Ge dankens in der Welt gehören vor allen Dingen auch deutschej Schulen im Auslande, und jede Neuerrichtnng einer solchen ist ein Schritt vorwärts auf diesem Wege. Und einen tüchtigen Schritt vorwärts bedeutet die Gründung einer achtklassigen Kommerzschule mit deutscher Unterrichtssprache in St. Peters burg. Die Errichtung der Schule wird mit dem Mangel an tüchtigen deutschen Korrespondenten, Buchhaltern, Kontoristen und anderen kaufmännischen Beamten begründet, welche bei den immer engeren und regeren Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Rußland mehr und mehr notwendig sind. Auch in Riga erfreut sich die vom Deutschen Vereine unter haltene Mittelschule eines regen Zuspruchs, der so groß ist, dass man an die Errichtung eines eigenen Schulgebäudes den ken mutz. Die Stadt hat nun in grotzzügiger Weise einen umfangreichen Bauplatz zur Verfügung gestellt, und zwar unter der Bedingung, daß der Bau im Jahre 1915 beendet sein muß. Da der Baufonds nun aber leider nur 5000 Rubel beträgt, so würde das Deutsche Reich ein segensreiches Werk tun, wenn es den Staatssäckel össnen und einen Teil der Baukosten zur Ver fügung stellen würde. — Im Börsenblatt wurde kürzlich eine Denkschrift über China veröffentlicht und darauf hingewiesen, wie wichtig es für Deutschland sei, in China Schulen zu er richten. Das mag richtig sein, und sicher sind solche Be strebungen jeder Unterstützung wert. Aber es wäre an der Zeit, wenn Deutschland auch etwas mehr für die Unterhaltung der bestehenden deutschen Schulen in Rußland tun würde. Vor mir liegen eine Reihe Berichte über deutsche Schulen, aus denen hervorgehl, dass die Unterstützungen, die sie vom Reiche erhalten, lächerlich gering sind. Handzeichnungen grober Meister des 16.—19. Jahrhunderts gekommen, die gesichtet und in Bälde im Museum zur Aus stellung gelangen wird. Die bibliographische Gesellschaft an der Moskauer Uni versität versendet soeben ein Zirkular an die in- und auslän dischen Bibliotheken, in dem sie mitteilt, daß sie die Errichtung eines »Bibliothekswissenschastlichen Museums« beschlossen hat, und um Einsendung von Ausstellungsmaterial usw. bittet. Es ist dies meines Wissens das erste derartige Museum. Den Mittelpunkt der Festlichkeiten zur Erinnerung an das Jahr 1812 bildete naturgemäß Moskau. Aus diesem Grunde ist hier im August eine Jubiläumsausstellung eröffnet worden, die ganz den Eindruck erweckt, wie man ihn aus Ausstellungen dieser Art empfängt. Besonderes Interesse beansprucht eigent lich nur das Kabinett Alexanders I., das mit seinen Möbeln aus dem Oruschenaja Palata ausgestaltet ist und so ein ganz stimmungsvolles Interieur aus der Zeit vor 100 Jahren gibt. Die anderen Säle sind mit Bildern, Stichen, Siegestrophäen und ähnlichem angefüllt, ohne daß davon etwas besonderer Erwähnung wert wäre. Im kommenden Jahre wird man sicher auch derartige Ausstellungen in verschiedenen Städten Deutschlands zu sehen bekommen. — Die Kunstzeitschrift »Stary Gody« widmet ihre jetzt im Herbst erschienene, recht umfangreiche Sommernummer speziell »1812 st iss artistos etraagei's SU liussie »u XIXs sidcls« und gibt damit interessante kunstgeschichtliche Arbeiten zu diesem Thema. Als Schluß meines Berichts aus Moskau muß noch des plötzlichen Todes des bekannten Mäcens und Kunstsammlers s E. S. Schtschukin Erwähnung getan werden. Der Verstorbene ist der Begründer des Schtschukin-Museums, das heute zu den ersten Sehenswürdigkeiten Moskaus gehört. Schtschukin wandte hauptsächlich »Alt-Rußland« sein Interesse zu, und ein Gang durch sein Museum gibt ein einzigartiges Bild von Rußlands Vergangenheit. Die dem Moskauer historischen Mu seum vermachte Sammlung enthält u. a. auch alte Drucke und prächtige Einbände. Moskau ist in meinen letzten Berichten etwas stiefmütter lich behandelt worden, so daß ich heute das Versäumte nach holen und einiges Neue aus Moskau bringen will. Da sind vor allen Dingen zwei Neuerösfnungen von Museen zu er wähnen Am 23. August alten Stils hat das Rumjanzew- Museum sein neues Gebäude eröffnet, das namentlich der Gemäldegalerie und der reichen Bibliothek eingeräumt worden ist. Die ziemlich umfangreiche Gemäldesammlung war bisher in ganz ungenügenden, dunklen Räumen untergebracht, in denen die Bilder absolut nicht zur Geltung kommen konnten. Jeder Kunstfreund wird darum mit Genugtuung von dieser neuen Einrichtung lesen. Aber auch die Bücherschätze haben jetzt ein ihrer Bedeutung würdiges Heim erhalten, so daß der Bücherliebhaber jetzt mit doppeltem Genüsse die großen Sel tenheiten russischer und ausländischer Buchdruckerkunst, die das Museum vereinigt, studieren kann. — Der vor kurzem er schienene 1. Teil des »Katalogs der Inkunabeln des Moskauer öffentlichen und des Rmnjanzew-Museums« von vr. Kisselew: »Inkunabeln des Rumjanzew-Museums«, zeigt, wie groß seine Bücherschätze auf diesem Gebiete sind. Inmitten der Stadt, nicht allzuweit vom Rumjanzew- Museum, erhebt sich der schmucke Bau des auf den Namen Alexanders III. getauften neuen Museums für bildende Künste. Das durch reiche Stiftungen gut fundierte Museum blickt auf eine 80jährige Geschichte zurück, die in einer kleinen, zum Er öffnungstage, am 31. Mai alten Stils, den Teilnehmern über reichten Schrift niedcrgelegt ist. Entwickelt hat sich das jetzt so großartige Museum aus einer kleinen Sammlung von Gips abgüssen, die an der Moskauer Universität zu Lehrzwecken ge braucht wurden. Zu den großen Schenkungen für das Mu seum ist in letzter Zeit noch eine prächtige Sammlung von Die Freunde russischer Altertümer und Geschichte sind vor kurzem durch eine recht schmerzliche Nachricht bedrückt worden. Das Pljuschkin-Museum in Pleskau ist sür 200 000 Rubel von dem englischen Antiquar Cawen für das Britische Museum in London erworben worden. Was das Pljuschkin-Museum für Rußland bedeutet, kann man daraus ersehen, daß sich in den reichhaltigen Kollektionen russische Altertümer, Münzen, Waf fen, Porzellan, Schmuck usw. eine große Zahl sehr wertvoller Unika befindet. Einer Testamentsbestimmung zufolge sollte das Museum, das schon zu Pljuschkins Lebzeiten auf 200 000 Rubel geschätzt worden war, zuerst dem Museum Alexanders III. in St. Petersburg zum Kaufe angeboten wer den, das indes nach langem unwürdigen Feilschen nur 80 000 Rubel für diese einzigartige Sammlung bot. Man will nun versuchen, die Schätze dem russischen Reiche zu erhalten, wobei die Zeitungen auf deutsches Mäcenatentum Hinweisen, das bei ähnlichen Gelegenheiten Hunderttausende zur Ver fügung gestellt hat. Ein Erfolg aber erscheint mir doch mehr als zweifelhaft. In Kiew feierte in diesem Jahre die einzige in Rußland bestehende Buchdruckerschule, oder, wie sie mit ihrem lang atmigen offiziellen Titel lautet, das »Kunstgewerbe-Lehratelier sür Buchdrucker«, ihr lOjährigcs Jubiläum. Diese in Ruß land fast ebensowenig wie im Auslande bekannte Lehranstalt besteht aus drei Klassen, einer Spezialabteilung für graphische Kunst und einer solchen für allgemeine Bildung. Wenn man aus dem schön gedruckten und schön ausgestatteten Jahres bericht über das Schuljahr 1910—11 auf die Leistungen der Anstalt schließen darf, so scheint sie wirklich Gutes zu bieten. Soviel mir bekannt ist, soll im Schuljahre 1911—12 eine Aus gabe der Percsopnizkischen Evangelien, eine der künstlerischsten