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Pik 28«, 9. Dezember 1912 Nichtamtlicher Teil. v«rimi,»u I. d. Dtichn. Vuch,-I>dll- 15757 Meine Bibliothek soll ein Beispiel, nicht etwa ein Schema sein. Selbstverständlich hat sich ihre Gestaltung je nach den Rekrutierungsbezirken und der sehr verschiedenen sozialen Schichtung der Mannschaft, für die sie bestimmt ist, anders zu fügen. Die Zusammenstellung sollte, denke ich, in allen Fällen ruhig dem Buchhandel überlassen bleiben; er könnte dadurch den magisterlichen Prüfungsausschüssen gegenüber aufs schönste seine Befähigung zur Kulturarbeit dartun. Der augenblickliche Gewinn wird vielleicht in keinem rechten Verhältnis zu den Kosten stehen, die die Propaganda und die Auswahl verursachen. Man wird dann dessen eingedenk sein müssen, daß man Arbeit für die Zukunft tut, und wird keine Früchte verlangen dürfen, wenn man kaum gesät hat. Es lohnt sich wohl, der Frage der Solbateiibüchereien einige Auf merksamkeit im Buchhandel zu schenken, weniger um des mate riellen Gewinnes willen, der bei den bescheidenen für diese Zwecke zur Verfügung stehenden Mitteln nur ein geringer sein kann, als mit Rücksicht auf die Frage der Volksbildung, die immer oon Einstich aus den Buchhandel sein wird. Ob und inwieweit es als die direkte Aufgabe des einzelnen Buchhändlers bezeichnet werden kann, hier Pionierarbeit zu leisten, wird nicht sowohl von seiner beruslichen Ausfassung als auch von seiner Eignung und nicht zuletzt davon abhängen, ob er materiell in der Lage ist, Arbeit leiste» zu können, deren Früchte so langsam heranrcisen, daß vielleicht erst in Jahren etwas davon für ihn absällt. Zur zeit liegen in Preußen u. W. die Dinge so, daß für jede Kompagnie, Eskadron und Batterie »sw. im Etat für das Kgl. Preußische Reichs-Militär-Kontingent zur Unterhaltung von Soldatenbiichereien 12 ausgcworfen sind. Der gleiche Betrag <in Sa. 3808 steht auch den Generalkommandos der sächsischen Armee zur Ver fügung. In Württemberg wird für die Unterhaltung von Mann- schastsbüchereten eine jährliche Pauschalsumme in den Militär-Etat eingestellt, deren Verwendung dem Generalkommando überlassen bleibt. Die Auswahl der zur Beschaffung für die Soldatenbiichereien ge eigneten Werke ist Sache der Truppenteile. Neuerer Anordnung zufolge sollen in Sachsen die vereinzelt noch vorhandenen Regiments- und Bataillonsbüchercien möglichst in Kompagnie-, Eskadrons- und Battcriebüchcreien umgewandelt werden, um den Mannschaften die Benutzung ohne Erfüllung hindernder Förmlichkeiten zu erleichtern. Über die Verhältnisse in Bayern vermag vielleicht ein Leser Ausknnst zu geben. Daß sie glänzender als die der übrigen Bundesstaaten sind, ist wohl kaum anzunehmen. Von den von MarchtcuS in Anrechnung gebrachten Beträgen sind wir demnach noch weit ent fernt, und wenn man die riesigen für andere Zwecke in den Militär-Etat eingestellten Summen mit den für Bildungszwecke der Mannschaften zur Verfügung stehenden Beträgen ver gleicht, so ist die Frage vielleicht nicht ungerechtfertigt, ob ein so wichtiger Erziehungsfaktor, wie cs das Buch ist, nicht auch im Militärleben eine größere Beachtung verdient, als ihm gegen wärtig zugebilligt wird. Aber auch wenn hier eine Änderung in absehbarer Zeit eintrcten sollte, so werden bei unseren nicht glän zenden Finanzvcrhältnisscn die dafür in Betracht kommenden Summen doch immer bescheidene bleiben, so daß mit umso größerer Sorgfalt die Auslese unter den Büchern getroffen werden muß, wenn die Mannschaftsbibliothckcn ihren Zweck er füllen sollen. Denn nicht darum handelt es sich, daß unsere Soldaten die Zeit mit Lesen totschlagen, sondern daß Bücher in ihre Hände gelegt werden, die einen Gewinn sür das Leben be deuten. Viele Offiziere, die auf dem Standpunkt stehen, daß die Bildungsunterschiedein unscrerArmee nicht größer sind als anderswo, und daß es gerade Ausgabe der Dienstzeit sein müsse, sie tunlichst anszuglcichcn, werden es vielleicht mit Freuden begrüßen, wenn sie von der Verantwortlichkeit für die selbständige Auswahl der Mannschastsiektiirc entbunden und ihnen gewisse Direktiven ge geben werde», wie dies in der obigen Zusammenstellung geschehen ist. Vielleicht beteiligen sich auch einige Leser an dem Versuch, solche Listen sür Soldatenbüchereien zusammenzustellen, um damit den beteiligten Kreisen das Interesse des Buchhandels an dieser Frage zu bekunden. Red. Börsenblatt sür den Deutschen Buchhandel. 7g. Jahrgang. Aus dem russischen Buchhandel. VII. sVI stehe Nr. 243.j Riga, die größte Stadt der baltischen Provinzen, hat am 3. Oktober alten Stils das 50jährige Jubiläum seiner Hoch schule, des Polytechnikums, gefeiert. Mit zwei Festgottes diensten, von denen der eine in der griechisch-katholischen Kathe drale, der andere in der deutschen lutherischen St. Petrikirche unter Beteiligung der Chargierten der Studentenverbindungen mit Schärpe und Schläger stattfand, begann das Jubiläum am Vorabend des 3. Oktober. Nach den Gottesdiensten fand dann am Abend ein großer Fackelzug der gesamten Studentenschaft nach dem Polytechnikum statt, wo sie von dem Rektor, dem Professorenkollegium und den Dozenten empfangen wurden. Der Senior der »kVaternikts Laltiea« dankte hier dem Lehr körper im Namen der korporierten Studenten für die Unter stützung der Pflege des Geistes, in dem die korporativen Orga nisationen der Studenten erwachsen sind, und der auch heute noch in ihnen weiterlebt. Der Rektor richtete dann einige herzliche Worte an die Studenten und brachte ein Hurra aus die Studentenschaft aus. Der Fackelzug bewegte sich weiter durch die Stadt und endete auf einem freien Platze, wo die Fackeln unter dem Gesänge des Vaackeamus igitur zusammen geworfen und verbrannt wurden. Der über fünf Stunden dauernde Festaktus am 3. Oktober brachte nicht weniger als 71 von verschiedenen Delegierten überreichte Glückwunsch adressen, darunter auch zwei ansehnliche Stiftungen, und zwar 5000 Rubel vom Rigaer Börsenkomitee zur Errichtung eines technisch-mechanischen Laboratoriums, und 36 000 Rubel von dem Rigaer Fabrikanten- und Technischen Verein zum weite ren wissenschaftlichen Ausbau des Polytechnikums. Anläßlich seines Jubiläums hat das Institut eine Reihe hervorragender Gelehrter zu Ehrenmitgliedern ernannt, und zwar den berühm ten schwedischen Chemiker Professor vr. Svante Arrhenius in Stockholm, Professor Shukowski in Moskau, Ingenieur-Gene ral Petrow, die Akademiker Küttner und Jansuhl in Peters burg und den Professor der Botanik Winogradski in Peters burg. Nach dem Festvortrag des Professors Eugen Bergmann über »Weltwirtschaft und Technik« dankte der Rektor in rus sischer und deutscher Sprache für die vielen Glück wünsche und Ehrungen, die dem Institut an seinem Jubel tage zuteil geworden sind. Ein Souper der Stadt, ein großer Kommers des Chargiertenkonvents und eine Festvorstellung von »Alt-Heidelberg« im Deutschen Stadttheater beschlossen die Feier. Während in Dorpat an der Universität und in Riga am Polytechnikum schon lange deutsche farbentragende Studenten- Verbindungen existieren, gab es solche bisher in Moskau und St. Petersburg nicht. Heute nun kann ich berichten, daß die schon seit zirka 3l4 Jahren im geheimen bestehende deutsche Studentenverbindung »Loncorckia äloscoviensis« die obrigkeit liche Bestätigung ihrer Farben erhalten hat. Im Anschluß daran ist ein Aufruf »An die deutschen Studenten in Moskau« erschienen, der neue Kommilitonen werben und über die hohen Ziele, die sich die Verbindung gesteckt hat, Auskunft geben soll. Ich entnehme dem Aufruf wörtlich folgende Zeilen: Was wir wollen? Kulturarbeit. Einen Zusammenschluß aller deutschgesinnten Studenten, ein Sicheinandernäherbringen, um deutsche Kultur und Sitte unter uns lebendig zu erhalten und weiter zu fördern, um in beständigem Konnex zu bleiben mit allen Fragen der Kunst und Wissenschaft, kurz, mit allem, was das heutige Leben an Problemen uns stellt. — Wir wol len uns gegenseitig fördern und für das Leben erziehen. — Dieser Studentenverbindung ist ein guter Erfolg um so mehr zu wünschen, als gerade viele Deutschrussen während ihrer Universitätsjahre sich dem Russentum enger onschlietzen und so rois