Volltext Seite (XML)
Verordnungsblatt der AreiShauptmannschaft Bautzen als Konfistorialbehörde der Oberlaufitz. Amtsötatt der Amtshauptmannschasten Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Orga« der Handels- «ud Gewerbekammer z« Zittau. Nr. 167.Freitag, den 22. Juli 1SW, abends.126. Jahrgang. >»schetnung«weiser Täglich abend« mit Ausnahme der Sm»- m»d Feiertage. Gchrifileitung und Geschästtstelle: Bautzen, Inner« Laumstnch« 4. Fernsprecher: Nr. 51. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. Bezugtprei«: Monatlich 1 Mack. Einzelpreis: 10 Pfennige. Anzeigenpreis: Die Ogespaltene Petitzeile oder deren Raum 15 Pfennig In geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die 3gespaltene Petitzeile 50 Pfennige. Das Wichtigste vom Tage. * Die Erundzüge der neuen Reichslands- Verfassung werden von zuständiger Stelle bekannt. * Die Krönung des englischenKönigs ist auf Juni 1911 angesetzt. * In T a u r i s hat sich jetzt ein Lumpensammler dem Gericht gestellt und erklärt, vor 10 Jahren fünf Kinder des Pächters Briere ermordet zu haben. * Neue Karli st enun ruhen haben die spa nische Regierung zu Vorbeugungsmatzregeln ver- anlatzt. Im russischen Kreise Tscherkassy sind durch einen mit einem Wolkenbruch verbundenen Orkan 17 E e- bäudezerstört und 8 Mühlen beschädigt worden. * Die Vereinigten Staaten sollen beabsich tigen, auf den E a l a p a g o s - I n s e l n eine Flotten station zu errichten. * Zwischen der Union und Nicaragua drohen infolge der feindseligen Haltung des Präsi denten Madriz Konflikte. ^'WetteraussichtfürSonnabend: Wärmer, zeitweise Niederschlag, Gewitter. ' Ausführliches siehe an anderer Slelle. Magdeburger Borklänge. Der rote Parteitag wird in diesem Jahre in Magdeburg abgehalten werden. Man sollte meinen, datz die Genossen es allmählich satt geworden wären, Ge nüsse, wie die Dresdner und die Nürnberger Tagung zu wiederholen, und bis vor kurzem schien es ja auch noch so. Selbst der „Vorwärts" benahm sich anfänglich noch sanft gegenüber den badischen Rebellen, die sich nicht scheuten, für das Budget zu stimmen, alldieweil sonst die dortige Re gierungsmehrheit zerrissen worden wäre. Aber es scheint, als ob bei den Berliner Parteioberbonzen andere Mei nungen sich breit gemacht haben. Artur Stadthagen, Rosa Luxemburg, Bebel, Singer, kurz, qlle die Unentwegten schreien nach Rache. Man wird am Strande der Elbe nicht in des Augusts heihen Tagen friedlich theoretische sozia listische Probleme erörtern, nein, man will wieder fest ins volle Menschenleben greifen. Man will die Buben an den Pranger stellen, die es wagen, gegen den Parteitagsstöckel zu löcken, und einem Staatsbudget zuzustimmen, bevor sich dieser Staat in sozialdemokratischer Verwaltung befindet. Die Süddeutschen, die Revisionisten haben ja freilich längst bewiesen, datz sie im Besitz eines dicken Fells sind, datz die gröbsten Unflätigkeiten der radikalen Genossen sie doch nicht von ihren Ueberzeugungen und von ihren Hand lungen abhalten. Sie werden eben wieder einmal die Schmutzdusche über sich ergehen lassen müssen. Aber sie haben ja seit längerer Zeit schon Uebung darin, und darum wäre es grundfalsch, sie irgendwie zu bedauern. Wer un vermutet in einen Sumpf gerät, der kann, wenn er auch sein Leben rettet, doch grotze gesundheitliche Schäden davon tragen, wer aber täglich sein Schlammbad bekommt, der ge deiht. So geht es auch offenbar den Revisionisten mit den alljährlichen Jungbrunnenkuren auf den sozialdemokrati schen Parteitagen. Alles, was sich auf der gegnerischen Seite der Sozialdemokratie befindet, erwartet mit Schaden freude das Magdeburger Theater, und selbst solche Leute, denen Politik sonst Hekuba ist, können kaum ihre Ungeduld bezähmen, um diese Radautage zu erleben, wo die Genossen mit derselben Virtuosität sich unter einander zerfleischen, mit der sie früher ihre Gegner behandelt haben. Vorsorg liche Journalisten beginnen schon jetzt den Schimpfkalender früherer Jahre zusammenzustellen, vielleicht datz in diesem Jahre doch noch der Rekord geleistet wird und Rosa Luxemburg und Stadthagen streiten schon jetzt in der Stille des Studierzimmers um die Palme des Sieges. Die badischen Genoßen haben ja den Frevel begangen, mit ihrer Vudgetbewilligung gegen den Beschlutz des Nürn berger Parteitages zu verstotzen. Freilich wurde jener Be schlutz nur mit 258 gegen 119 Stimmen angenommen, und der bayerische Abgeordnete Segitz setzte noch von der Minderheit aus den Trumpf auf, datz die Süddeutschen diese Resolution nicht für bindend ansehen könnten. Da mals in Nürnberg geschah auf diese Erklärung kein Wider spruch. Die Süddeutschen nahmen mithin an, sie dürften tun, was sie nicht lassen könnten. Der Keim zur Zwiespalt war also schon in Nürnberg gelegt. Aber die norddeutschen Delegierten mochten wohl die Faustkraft der bayerischen Genoßen fürchten, darum verhielten sie sich still,' denn das Faustrecht gehört nun einmal zu den wohl gelittenen, wenn auch nicht offiziell anerkannten Institutionen der Genoßen, wie der Verlauf so manchen Streiks jedermann beweist. In Magdeburg stehen die Fäuste auf der norddeutschen, radikalen Seite, da fehlt den Revisionisten eine Sicherheits garde, wie in Nürnberg. Sie werden also schon von vorn herein bedeutend friedlicher und sanfter auftreten müssen. Herr Heine wird klein und der Zehngebot-Hoffmann wird grotz, und namentlich sein Redewerkzeug wird vermutlich ungeheure Dimensionen annehmen. Die bevorstehenden Reichstagswahlen schienen bei der leidigen Verbitterung der bürgerlichen Parteien unter einander einen schlimmen Ausgang nehmen zu sollen: der Magdeburger sozialdemokratische Parteitag kann vieles wieder gut machen: er wird hoffentlich vor allem dem Wahlmann die nötige Aufklärung geben, datz er sieht, wie wenig der Sozialismus befähigt ist, auch nur für sich selbst Werte schaffende Politik zu treiben. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Die Nheinschifsahrtsabgabcn. Der Bericht der Rotter damer Handelskammer enthält bezüglich der ge planten Rheinschiffahrtsabgaben einige Aeutzerungen, die als Auslassung des mächtigsten holländischen Handels gremiums von besonderem Interesse sind. Der Bericht sagt:^ „Falls von deutscher Seite an Holland das Ersuchen um Ab änderung der Rheinschifsahrtsakte gerichtet werden sollte, so ist der Standpunkt unserer Kammer noch ungeschwächt derselbe wie vor Jahren und nach unserer Meinung kann Hollands Haltung bei einem solchen Ersuchen nur eine durchaus abweisende sein Holland hat schon im Jahre 1850 ein Beispiel gegeben, als es au seinem Teil des Rheinstromgebietes die Zölle abschaffte. Es ha auch auf allen anderen Fahrwassern des Landes die Abgaben aufgehoben und dadurch indirekt die privaten Eisenbahnbetriebe gezwungen, die Frachtpreise zum Besten des Verkehrs niedrig zu halten. Holland kann daher niemals der preussischen Verlehrs politik zu Liebe seine eigenen wohlverstandenen Interessen preis geben. Der Eisenbahnbetrieb in Preußen ist in den Händen des Staates, und deshalb wird die Eigenschaft als Quelle der Ein künfte bei diesem Betrieb in Preußen hoher geschätzt als seine Funktion im Dienste des allgemeinen Verkehrs. Für Holland ist die freie Entwickelung des Verkehrs Lebensbedingung. Man kann nicht erwarten, datz wir, um Preutzen ein Vergnügen zu machen, eine Matzregel gutheitzen, die ganz unvermeidlich die ausländische Anfuhr hindert und deshalb unsere eigene Wohl fahrt schädigt. Aus den Erklärungen der Niederländischen Re gierung geht hervor, datz sie den gleichen Standpunkt einnimmt und datz sie bei ihrer abweisenden Haltung verbleibt." Demnach scheint Preutzen auch in Holland mit seinen geplanten Rheinschiffahrtsabgaben nach wie vor wenig Gegenliebe zu finden. Zwischen rechts und links. Die Konservativen sollen bekanntlich nahezu im Aussterben begriffen sein und bei den nächsten Reichstagswahlen zermalmenden Nie derlagen entgegengehen. Am Rhein scheint man ganz anderer Meinung zu sein. Der Führer der dor tigen Nationalliberalen Prof. Moldenhauer wenig stens erklärt: „Wir dürfen uns nicht verhehlen, datz in der Rheinprovinz gegenwärtig eine starke rechtsgehende Strömung besteht, und datz die Konservativen, vor allem die Freikonservatioen, wenn auch der augenblickliche Versuch fehlgeschlagen sein dürfte, von ihrer Agitation nicht ablassen werden. Die Berufung des Freiherrn v. Rheinbaben zum Oberpräsidenten der Rheinprovinz kann diese Bemühungen nur unterstützen, wir werden vielleicht noch wenig erfreuliche Ueberraschungen in der Beziehung erleben." So unwahrscheinlich es ist, datz der neue Oberpräsident der Rheinprovinz sich alsbald in die politischen Partei kämpfe mischen wird, so zweifellos steht fest, datz die Agita tion der Jungliberalen mit ihrem Drängen nach links, ihren Erotzblockideen und ihrer Nachgiebigkeit gegen die Machtgelüste der Arbeiterpartei in der einzelnen Werk- stätte wie im Staat die rheinische Erotzindustrie nach rechts hin abdrängt. Ob sie der bisher hochgehaltenen national liberalen Fahne treu bleibt, oder sie mit der freikonserva tioen vertauscht, liegt ganz wesentlich in der Hand der Herren Bassermann, Moldenhauer usw. selbst. Das Besoldungsdienstalter der Militäranwärter. Der Reichstag hatte in seiner letzten Tagung einen Antrag an genommen, durch den die Reichsregierung ersucht wird, dahin zu wirken, datz in allen Bundesstaaten über die A n- rechnung der M i l i t ä r d i e n st z e i t der Militär anwärter auf das Vesoldungsdien st alter gleichmützige Grundsätze aufgestellt würden. Daraufhin haben Verhandlungen zwischen der Reichsregierung und den Regierungen der Bundesstaaten stattgefunden, welche zu der Erwartung berechtigen, datz in absehbarer Zeit eine völlige Uebereinstimmung erzielt sein wird. Im Reich und in Preutzen ist die Frage bereits nach einheitlichen Grund ¬ sätzen geregelt, und zwar in Preutzen auf dem Wege der Verordnung und im Reich durch eine Interpretierung der betreffenden Bestimmungen des Reichsbeamtengesetzes. Zn mehreren Bundesstaaten beruht jedoch die Anrechnung der Militärdienstzeit auf das Besoldungsdienstalter auf landes gesetzlichen Bestimmungen, die nun erst durch entsprechende Vorlagen geändert werden müssen. Es wird sich daher in diesen Bundesstaaten die Angelegenheit nicht so schnell er ledigen lassen, wie in solchen, die eine Aenderung auf dem Wege der Verordnung bewirken können. Es handelt sich dabei um die Frage, ob bei Berechnung der Dienstzeit auch die Zeit in Anrechnung kommen soll, während welcher ein Beamter als anstellungsberechtigte ehemalige Militär person nur vorläufig oder auf Probe im Zivildienst beschäf tigt worden ist. Für das Reich und für Preutzen sind alle Einschränkungen, welche durch verschiedene Auslegung dieser Bestimmung vorgenommen waren, aufgehoben worden. Die Stimmung im Reichslande. Man schreibt uns aus Stratzburg i. E.: Die Diskussion Uber die Gestal tung des elsatz-Iothrin gisch en.Verfassungs- entwurfs entfacht sich aufs neue. Der Kaiser hat bei seinem Aufenthalt im Reichslande dem Reichstagsabge ordneten von Metz, Or. Gregoire, und anderen Herren die Erundzüge der geplanten Verfaßungsreform mit hin reichender Deutlichkeit angegeben: Schaffung einer Ersten Kammer und Modernisierung des Wahlrechts für die künf tige Zweite Kammer, den jetzigen Landesausschutz, wobei er selbst, der Kaiser nämlich, Landesherr, wie bisher, von Elsatz-Lothringen bleiben wolle. Die Bedeutung, die der Kaiser seiner Stellung im Reichslande beilegte, war ver fassungsrechtlich nicht zutreffend, wenn er auch dem Wesen nach Landesherr ist. lieber die technischen Einzelheiten hat im vorigen Monat der Staatssekretär 0r. Delbrück nun mit der hiesigen Regierung gesprochen und nach Rückkehr mit Vertretern der bürgerlichen Parteien im Reichstage Besprechungen gehabt, um festzustellen, welche Vorschläge im Reichstage auf Annahme rechnen könnten. Der Staats sekretär hat den Herren Schweigen zur Pflicht gemacht, aber man weitz ja, wie es mit einem Geheimnis bestellt ist, um das ein paar Dutzend wißen. Man konnte auf baldige Enthüllungen rechnen, und sie kommen nun aus Berlin. Die Kunde lautet, datz nach dem Entwurf, der in Vorbe reitung ist, an der Stellung des Kaisers zum R e i ch s l a n d e nichts geändert werden soll, datz Elsatz-Lothringen Reichsland bleiben wird, und datz für die Zweite Kammer ein P l u r a l w a h l r e ch t in Aussicht genommen ist, freilich ein Pluralwahlrecht auf ganz demo kratischer Grundlage, so datz jeder die Vermehrung seiner Stimme erreichen kann, ein Pluralwahlrecht mit Stim menverdoppelung nach dem 35. und Stimmeuverdrei- mchung nach dem 45. Jahre. Nach diesen Mitteilungen Berliner Herkunft wird in hiesigen Kreisen, die bei der Beratung des Entwurfs beteiligt waren, die Richtigkeit dieser Meldungen kaum noch bestritten. Es wird sich ja nun noch darum handeln, die verbündeten Regierungen um ihre Zustimmungen anzugehen. In Karlsruhe, Stuttgart sind Besprechungen darüber bereits ge pflogen. Da es sich nicht um eine Verschiebung des politi schen Machtverhältnisses unter den Bundesstaaten handelt, so werden Einsprüche gegen die Verfassungsänderung von ihnen nicht zu besorgen sein. Das wäre etwas anderes ge wesen, wenn Elsatz-Lothringen, wie hier im Lande gefor dert wurde, drei Stimmen im Bundesrat Hütte bekommen sollen. Nach den Berliner Indiskretionen, wie man sagen mutz, soll nun freilich das Reichsland 3 Stimmen erhalten, aber sie sollen lediglich konsultativ sein. Die Kommissare werden das Recht bekommen, bei jeder Vorlage das Wort zu ergreifen, sie können auch Referate übernehmen, und bei Gesetzen, die Elsatz-Lothringen angehen, wird ihnen zudem ein Stimmrecht zugebilligt. Das letzte ist auch keine neue Enthüllung. Diese Nachricht brachte im April bereits die „Kölnische Volksztg.", und die Politiker, die mit den staat lichen Imponderabilien zu rechnen wissen, haben von jeher gesagt, datz diese Meldung zutreffend sein dürfte. Es ist nicht anzunehmen, datz der Bundesrat gegen diese Gestal tung Einwendungen erhebt, es dürfte der Entwurf sonst überhaupt nicht an ihn gelangen. Das letzte Wort hat dann der Reichstag, der sich auch wohl einverstanden erklären dürfte. Unbekannt ist jetzt nur noch, wie die Aus gestaltung dxs Oberhauses sein soll, wie viele Sitze, angeblich 24, darin vorgesehen sind. Die Regierung wird sich natürlich das Recht der Vermehrung vorbehalten, wie auch das Recht der Ernennung, wenn auch die Besetzung einer Reihe von Sitzen ex olkcio durch den Rektor der Universität, die Präsidenten der Handelskammern, der Handwerkskammer, des Landwirtschaftsrats usw. erfolgen wird. Von der Einführung des Proportionalwahlrechts.