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Bautzener Nachrichten : 22.07.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1887328319-191007222
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1887328319-19100722
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1887328319-19100722
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Bautzener Nachrichten
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-07
- Tag 1910-07-22
-
Monat
1910-07
-
Jahr
1910
- Titel
- Bautzener Nachrichten : 22.07.1910
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2021 Zweite Beilage zu Nr. 167 der Bautzener Nachrichten. Freitag, de« SS. Juli 1910. Aus der Lausitz uud aus Lachse». Oberuhna. Ertrunken. In dem kleinen, aber ziemlich tiefen Wasser, das sich am Spritzenhause am Aus gange des Dorfes an dem nach Salzenforst führenden Wege befindet, wurde am Mittwoch abend gegen 7 Uhr der drei jährige Walter Schneider von hier ertrunken aufgesunden. Das Kind hatte noch an der Vesper der Eltern teilgenom men und sich dann entfernt. Es konnten bisher andere Kinder, die Zeugen des Unglücks gewesen wären, nicht er mittelt werden. Gröditz. Eine Automobilfahrt mit Hindernissen. Ein durch Vrießnitz fahrendes Auto begegnete einem von einem Manne geführten Ackergaule, welcher dem Gutsbesitzer Sickor gehörte. Im letzten Augenblick scheute das Pferd und sprang quer auf die Straße. DaS Auto konnte nicht mehr zum Stehen gebracht werden und fuhr dem Pferde in die Hinter beine. Als man nun das auf den Hinterbeinen fitzende Pferd wieder aufrtchten wollte, brach cs vollends zusammen. DaS Tier hatte ein Hinterbein gebrochen. Gin aus dem nahen Cortnttz herbei geholter Schütze beförderte durch zwei wohlgezielte Schliffe den schwerverletzten Invaliden ins Jenseits. Löbau. Gegen das NahrungSmittelgefetz ver gangen. Im Hotel „Wettiner Hof" hatte die Büfettmamsell Klara Rosa Hamann aus Pirna beim Btereinschenken „Tropf- bi er" mit verwendet. Die Sache war zur Anzeige gebracht worden. Sie gab zu ihrer Verteidigung an, die Wirtin habe sie beauftragt, das „Tropfbier", das sich in den unter den Auölaufhähnen für böhmisches Bier stehenden Schalen an sammelt, beim Füllen der Gläser für die Gäste mit zu ver- wenden. DaS hiesige Schöffengericht verurteilte die Angeklagte wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz zu 15 Mk. G eldstrafe. Reusalza. Abgestürzt vom Reck ist am Dienstag abend bet den an diesem Tage üblichen turnerischen Unterricht der hiesigen TumveretnSzögltnge in der Turnhalle hierfelbst der jüngste Sohn des hiesigen BarbierstubeniuhaberS Herm. Schubert. Als derselbe im Begriff war, die Riesenwelle zu schlagen, glitt er mit den Händen an dem bezeichneten Gerät ab und fiel mit einer derartigen Wucht zu Boden und auf den Htnterkopf, daß er einige Zett bewußtlos balag. Anwesende ältere Turner wendeten Hilfsmittel an, wodurch der an und für fich handfeste Bursche bald wieder zur Be sinnung kam. Wie es den Anschein hat, wird der heftige Sturz keine nachträglichen Folgen für den Genannten haben, denn anderen Tages befand er sich wieder wohl und guter Dinge. — Namhaften Schaden haben die zahlreichen und zum Teil recht zornigen Gewitter, von denen auch unsere Gegend in diesem Jahre vielfach heimgesucht wurde, an den elektrischen Licht- und Kraftlettungen des hiesigen Elektrizitätswerkes Oberlaufitz verursacht, indem durch die heftigen Blitzschläge besonders die Stromzählervorrichtungcn und Sicherungen der betreffenden Anlagen getroffen und der maßen beschädigt wurden, baß sie in nicht seltenen Fällen ganz unbrauchbar geworden find. Ebersbach. Eine eigentümliche Maßnahme traf ein Zuckerbäcker in der benachbarten böhmischen Grenzstadt Eeorgswalde, um eine heiratslustige Witwe, die regel mäßig zu abendlicher Dämmerstunde auf dem Sims seines Schau fensters ihr Lieblingsplätzchen aufgeschlagen hatte und daselbst Siesta hielt, von demselben zu vertreiben. Er kam auf den etwas tückischen Einfall, die schwellenartige Plattform mit Sirup zu übertünchen. Von der Macht der Gewohnheit ergriffen, gewahrte die Dame die seltsame Vekleisterung nicht, sondern ließ sich ganz ruhig an der von ihr so sehr bevorzugten Stelle nieder, bis sie endlich beim Aufstehen das Gefühl des Angeklebtseins hatte. Mit dem Sirupmaler und Süßigkeitenversertiger begann nun das mit einem guten Zungenschlag ausgerüstete Weibchen ein scharfes Wortgefecht, doch der mit einem recht unangenehmen Redeschwall überhäufte Uebeltäter blieb recht trocken und fertigte die aufgeregte und mit ihm unter einem Dach domizilierende Beleidigte und Verunreinigte mit der harmlosen Entgegnung ab, er habe nicht ihrethalben den Sirupanstrich ausgeführt, son dern — nur wegen den vielen Fliegen: sie fingen sich aus dem Sirup ebensogut, wie auf dem Fliegenleim. GrohhemrersVorf. Bauunfall. Durch einen vom Ge rüst herabfallenden Ziegelstein wurde der beim Umbau der Königlichen Landesanstalt beschäftigte Bauarbeiter Wilhelm HSnfch von hier stark verletzt. Der fallende Ziegelstein traf den Untenstehenden unterhalb des rechten Auges und verletzte die ganze Gefichtshälfte so, daß er blutüberströmt vom Platze geführt wurde. Ein Zittauer Augenarzt nähte die Fletsch wunde wieder zu und konstatierte zugleich, daß für die Seh- kraft des Verletzten keine Befürchtungen vorhanden seien. Marlersdorf. Todessturz. In feiner eigenen Be- Hausung stürzte der im 62. Lebensjahre stehende Fabrikarbeiter Ernst Wilhelm Lorenz so unglücklich die Treppe hinunter, daß er einen Schädelbruch und eine Gehirnerschütterung davon trug, an deren Folgen er noch an demselben Abend verschied. Neustadt (Sachs.). Das große Jakobischützenfest, eine der größten und beachtenswertesten Veranstaltungen der hiesigen Pflege, steht vor der Tür und lockt in feine heiteren, fidelen Kreise. Es wird in den Tagen vom 24. bis mit 26. Juli abgehalten und ist diesmal mit demselben das 5 0jährige Jubiläum seines Bestehens verbunden. Die Auszüge des aus drei Kompagnien (Grenadiere, Jäger und Musketiere) bestehenden Schützenkorps mit zwei Musikkapellen find pompöser Art und finden Sonntag >/,3 Uhr nachm., so wie Montags und Dienstags '/,1O Uhr vorm. statt. Zur Bewältigung des außergewöhnlich starken Schießfestbesucher- verkehrS verkehren auch in diesem Jahre Sonntag, den 24. und Dienstag, den 26. Juli, auf den Strecken Neustadt-Nieder neukirch und Neustadt-Stolpen von 11 Uhr 36 Min. bezw. 11 Uhr 45 Min. nachts ab Sonderzüge. Dresden. Die Bauten auf der Vogelwiese find in der Hauptsache soweit vollendet, daß man bereits jetzt einen vollständigen Ueberblick über die Neugestaltung der Festwiese hat. Die wichtigste Veränderung auf derselben ist eine nicht unbeträchtliche Erweiterung des ganzen Terrains nach der Stadt zu. Durch das Entgegenkommen der Stadtverwaltung ist hinter „AntonS" ein vollständig neues Viertel für RestaurationSzelte, Karussells und die neue große Achterbahn deS Ingenieurs Haase geschaffen worden. Die Ausdehnung der Festwiese war durch die von der Feuerpolizei geforderte erhebliche Verbretterung und Durchführung der Straßen not- wendig. Infolgedessen ist auch die schöne breite Königstraße deS FestplatzeS bis an die städtischen Spielwiesen bei „Antons" durchgeführt worden. Kemer wurde der Zugang von der Fürstenstraße durch den Abbruch des massiven Wächterhauscs vollständig freigelegt, so baß man, wenn man den Festplatz von dieser Seite betritt, einen freien und schönen Ueberblick über denselben hat. Wetter wurde direkt an der Elbe eine zweite Feuerwache errichtet. Außerdem hat die Privilegierte Bogen- schützengeseüschaft noch zwei besondere, von der übrigen Wasser- Versorgung der Festwiese vollständig unabhängige Wasserleitungen mit Ueberflurhydranten zur Benutzung von Dampfspritzen an- legcn lassen. Die meisten Bauten des vorderen Teiles der Festwiese erscheinen, da sie beim vorjährigen Brande zerstört worden find, in vollständig neuem Gewände. — Generöse Hinterbltebenen-Fürsorge. Bekannt- ltch fand der Dresdener Feuerwehrmann Schneider am 4. Juli bet dem gewaltigen Riesenbrand im König Albert-Hafen in Ausübung treuer Pflichterfüllung den Tod. Allgemeine Teil nahme wendete fich der hinterlassenen Witwe und deren 2 Kindern zu. In der nächstfolgenden Stadtverordneten- fitzung wurde der Rat befragt, in welcher Weise für die Hinter- bliebenen gesorgt werden soll, worauf Bürgermeister vr. May eine wohlwollende Lösung der NnterstützungSfrage zusagte. Im vorliegenden Falle ist nun der Stadtrat weit über die geltenden Gehalts- und PenfionSbestimmungen für Angestellte der städtischen Feuerwehr htnauSgegangen. In Rücksicht auf die außerordentlichen Umstände gewährt er der Witwe deS verunglückten Feuerwehrmannes den vollen Jahresgehalt bis Ende 1910, dann als Pension bis auf weiteres '/, des Ge haltes, sodaß die Witwe mit ihren 2 Kindern jährlich 900 bis 1000 Mark beziehen dürfte. So find die auf fo schreck liche Weise plötzlich ihres EmährerS beraubten Hinterbliebenen wenigstens vor materiellen Sorgen bewahrt. — Mit welch ungeheuren Schwierigkeiten übrigens die Auffindung der Leiche des verunglückten Feuerwehrmannes verbunden war, ergibt fich erst jetzt, nachdem die Aufräumungsarbettcn energischer in An griff genommen werden konnten. Heute, »ach 14 Tagen, brennt daS Feuer noch unter den bergehohen Massen von Wolle, Mehl und Zucker, fo daß eine ständige Feuerwache von 3 bis 6 Mann an der Brandstätte weilt. Unmassen von Bienen und Wefpen, von den Zuckermengen angelockt, stören die Abräumungsarbeiten ganz wesentlich. Im Keller lagern tausende von zentnerschweren, mit Eisenbändern verschnürte Baumwolleballen; die Stapel waren jedoch während des Brandes eingestürzt und bildeten mit dem darüberltegenden meterhohen Schutt ein undurchdringliches EhaoS. — Die Buchbtnder-Zwangs-Jnnung zu Dresden wird dem Stadttate gelegentlich der feierlichen Einweihung deS neuen Rathauses ein originelles Geschenk machen. Sie plant die Ueberreichung eines Werkes, daS Kunde in Wort und Bild gibt über alle Stiftungen und Ehrengeschenke, die bet der RathauSweihe gemacht werden. DaS Werk soll einen künstlerisch ebenso originellen wie wertvollen Elnband erhalten. Auch andere Dresdener Innungen, z. B. die der Fleischer, der Bäcker, der Köche, der Goldschmiede usw., planen Stiftungen auS dem gleichen Anlaß an den Rat. Die RathauSweihe zu Dresden wird von wetten Kreisen als willkommene Gelegen heit begrüßt zur Kundgabe der Tatsache, daß auch in unserer recht nüchternen Zett das Ideal beö Gemeindebürgertums noch blüht. — Roheit eines Zirkusstallmeisters. Der Stall meister Max Hegewald vom Zirkus Angelo hatte wegen roher Mißhandlung eines Ponys, das er, weil eS fich Im Stalle losgerissen hatte, mit einem abgebrochenen Schaufel stiel blutig geschlagen, von der Polizei eine Strafverfügung von 14 Tagen Hast erhalten. Er erhob hiergegen Wider spruch, kam jedoch aus dem Regen in die Traufe, denn das Amtsgericht verurteilte ihn zu 6 Wochen Haft, der höchsten zulässigen Strafe. Heide««». Stiftung. Eine Erbin des kürzlich in Freiberg verstorbenen Bergverwalters a. D. Willkomm, Frau Klara verw. Willkomm, hat für die Arbeiter der Aktien gesellschaft Mann und Willkomm in Heidenau, deren Mit begründer der Verstorbene war, eine Stiftung in Höhe von 10000 Mk. unter dem Namen „Karl Friedrich Willkomm- Stiftung" errichtet, deren Zinsen zur Unterstützung bedürftiger Arbeiter und Arbeiterinnen der Firma Verwendung finden sollen. Leipzig. Die Freie Studentenschaft Leipzigs über den Berliner Konflikt. Die Freie Studentenschaft der Leipziger Universität hielt Mittwoch abend ihre ordentliche Generalversammlung ab, in welcher nach einem Bericht des Vorsitzenden der Berliner Freien Studentenschaft im vorigen Semester, deS «mä. jur. Ernst Knoll, über „Die Entrechtung der Ntchtinkorporierlen im Berliner Jubiläumsausschuß*, in einer einstimmig angenommenen längeren Resolution die Freie Studentenschaft ihre Entrüstung über die Herabwür digung dcrBerlinerNichtinkorporterten im Berliner Jubiläumsausschuß aussprach und den Maßnahmen der selben beipflichtete. In der Hauptversammlung der Freien Deutschen Studentenschaft der Handelshochschule zu Leip zig stand dasselbe Thema auf der Tagesordnung. Es wurde eine Resolution gefaßt, in welcher das entschlossene Auf treten der Berliner Ntchtinkorporierten, sich eine gebührende Vertretung im JubtläumSausschutz der Universität Berlin zu schaffen, mit großer Genugtuung begrüßt und ihnen in ihrem Kampfe gegen Behörde und Korporationen bester Erfolg ge wünscht wird. Lanter. Brandstifterin. Weil sie des Dienstes über drüssig war, steckte vor einigen Tagen daS 15'/, Jahre alte Dienstmädchen Paula L. aus Niederplanitz daS Anwesen ihres Arbeitgebers, deS Kaufmanns Gustav Klemm hier, in Brand und flüchtete dann. Jetzt wurde die jugendliche Brandstifterin verhaftet. Der Schaden, den ihr Dienstherr erlitten, wird auf etwa 60000 Mk. geschätzt, ist jedoch durch Versicherung gedeckt. Kurze Nachrichten. Auf Anordnung deS BezirkSarzteS ist daS öffentliche Kinderheim in Reichenau wegen Masern unter den Waffen kindern geschlossen worden. Eine In Stebeuleho wohnhafte Frau stürzte beim Ptlzesuchen im AugustuSberger Holz in den Mühlgraben und ertrank. In Ntederreinsberg ist eine zur RittergutSschäferei gehörige Scheune, in der gegen 600 Zentner Heu lagerten, ein Raub der Flammen geworden. In Leipzig lies ein IVjLhriger Graveur hinter einem Wagen her vor direkt in einen Straßenbahnwagen aus der Dresdner Straße hinein. Er erlitt einen Lchädelbruch und wurde tnS Krankenhaus geschafft. Beim Gutsbesitzer Hermann Neuber in Mittelsaida (Erzgebirge) brachte eine Kuh ein Kalb mit zwei Köpsen lebend zur Welt. Der eine Kops gleicht dem eines Hundes und hat große Zähne. Das Kalb ist ganz munter. Industrie, Gewerbe, Handel und Verkehr. Arbeiter-Wohlsahrts-Einrichtungen in der Groß-Industrie. Bei der Aktiengesellschaft vorm. Seidel u. Naumann be steht durch im Laufe der Jahre erfolgte Zusendungen der Fabrik leitung eine Arbeiter-Invaliden- und Pensions kasse, deren Vermögen heute die stattliche Summe von zirka 400 000 .// erreicht hat. Wie segenspendend die Wohltaten dieser Kasse sind, zu denen die Arbeiter keinerlei Bei trug e z a h l e n, dürfte daraus heroorgehen, daß jeder Arbeiter, der 10 Jahre ununterbrochen bei der Firma beschäftigt ist, im Jnvaliditatssalle eine fortlaufende jährliche Rente von 300./( steigend bis aus 900 .// pro Jahr, erhält. Die Aufwendungen solcher Art, welche die Kasse heute schon zu machen hat, belaufen sich auf jährlich zirka 24 000 ./(. Beziehen doch schon 37 alte Ar beiter die lausende monatliche Rente, von denen allein 10 die Höchstrente von 900 pro Jahr erhalten: rechnet man hierzu noch die jährliche Staatsrente von über 250 .X, so wird man zu geben müssen, daß für die Arbeiter der Firma Seidel u. Nau mann für ihr späteres Alter hinreichend gesorgt ist. Auch bei eintretendem Todesfälle eines Rentners bezieht die hinterlassene Witwe die Rente noch ein volles Jahr weiter oder sie erhält, um sich irgend wie eine Existenz zu gründen, den Jahresbetrag aus einmal ausgezahlt. Neben diesen Leistungen gewährt die ge nannte Kasse noch jedem Arbeiter, der mindestens 2 Jahre im Betriebe ist, im Erkranlungsfalle, nachdem er von der Kranken kasse ausgesteuert worden ist, aus ein halbes Jahr die Hälfte des bisher bezogenen Krankengeldes weiter. In besonderem Not fälle werden auch Unterstützungen im einmaligen Betrage bis zu 150 ./( bewilligt. Die Witwen verstorbener Arbeiter, die bisher noch keine Rente bezogen haben, erhalten beim Todesfälle des Ernährers nach 2 Jahren ihrer Tätigkeit im Betrieb einmalige Unterstützungen, je nach Dienstalter, von 100 bis 900 Gewiß Wohltaten, die nur der recht ermessen kann, der durch die Lage der Verhältnisse dazu kommt, dieselben zu benützen. Anerkennung aber solchen Industrie-Unternehmungen, die in so ausgiebiger Weise die Sorgen alter, treuer Arbeiter für ihren Lebensabend verscheuchen. Die Eeltungskrast von Tarifverträgen im Handwerk. Eine Leipziger Zwangsinnung hatte beschlossen, den vom deutschen Arbeitgeberverband mit den deutschen Gehilfen- organisationen vereinbarten Arbeits- und Lohntarif auch für den Bezirk der Zwangsinnung anzunehmen und einzu führen. Ein Mitglied der Zwangsinnung, das aber nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes ist, hat sehr viel Ar beiten außerhalb des Innungsbezirks; es sendet von Leip zig nur Vorarbeiter hin und stellt alle übrigen Leute an der Arbeitsstätte ein, wo der Stundenlohn auf 52 bis 53 festgesetzt ist. Man wollte auf Grund des Innungsbe schlusses das Innungsmitglied nun zwingen, auch auswärts den in Leipzig üblichen Stundenlohn von 63 L an sämtliche Gehilfen zu zahlen, und die Innung und der Arbeitgeber verband drohten ihm mit Sperrung seines Geschäfts bei Nichteinhaltung des Tarifs. Darauf beschwerte sich der be treffende Meister beim Rat zu Leipzig als Aufsichtsbehörde der Innung, wobei er sich auf 8 il)O g der Gewerbeordnung berief. Der Rat zu Leipzig entschied, daß der Innungs beschluß insoweit außer Kraft gesetzt wird, als dort be stimmt ist: „Bei Arbeiten außerhalb des Tarisortes sind für jene Ge hilfen, die vom Betriebssitze dorthin entsandt oder am Arbeitsort eingestellt werden, die Löhne desjenigen Tarifortes, in welchem sich der Hauptbetrieb des Geschäftes befindet, maßgebend." Zur Begründung dieser Entscheidung wird folgendes angeführt: Verschieden beantwortet werde die Frage, ob 8 100 g An wendung aus den Abschluß des hier in Frage stehenden Arbeits- Tarifvertrages zwischen Zwangsinnung und Gesellen finde. Dem äußeren Wortlaute nach scheine die Eesetzbestimmung lediglich die geschäftliche Freiheit der Jnnungsmitglieder im Verhältnisse zu ihrem Kundenkreise einschränken zu wollen, nicht aber Anwen dung zu finden aus das Verhältnis zwischen Jnnungsmitgliedern und ihren Angestellten. In der Bestimmung des 8 100 g werde lediglich ein Verbot an die Zwangsinnung gefunden, die Waren preise zu monopolisieren. Nun sei es notorisch, daß es gerade die Innungen bisher als eine ihrer Hauptaufgaben angesehen haben, zur Beschaffung fester Lohnoerhältnisse Arbeitstarife zu errichten. Daß die Feststellung solcher Tarife auch rechtlich zur Aufgabe der Innung gehören könne, das finde auch in gewissem Sinne Unter stützung durch 8 81 a Ziffer 2 der R.-Eew.-Ordnung und 8 74 des Gewerbegerichtsgesetzes. Wenn man daher 8 100 g der R.-Eew.- Ordnung nicht ohne weiteres auf den Abschluß von Tarifver trägen zwischen Zwangsinnung und Gesellen anwenden könne, so sei andererseits nicht zu verkennen, daß die Jnnungsmitglieder, die im Widerspruche zu den Tarifverträgen, denen zur Zeit zwin gender Charakter nicht zukomme, mit den Gesellen kontrahieren, nicht zur Einhaltung des von der Jnnungsversammlung be schlossenen Lohntarifes angehalten werden können. Denn das würde im Widerspruch stehen zu 8 41 Abs. 1 und 8 52 der R.- Eew.-Ordnung. Das werde in der Verordnung des sächsischen Ministeriums des Innern vom 25. August 1899 ausdrücklich be tont. Bei dieser Rechtsausfassung würde der Beschluß eines Lohn tarifes durch die Zwangsinnung an sich von der Aufsichtsbehörde nicht zu beanstanden sein im Hinblick auf 8 81,2 der R.-Gew.-O., und daß die lleberschreitung des Beschlusses insoweit einer zwangsweisen Durchführung entrückt sein würde. Allein es könne bei dem gegenwärtigen Sachstande die Frage der Anwendung des 8 100 q dahingestellt bleiben, weil der Beschwerde schon aus dem Erunde Berücksichtigung nicht zu versagen sei, in dem der Jnnungs- beschluß den Antragsteller in seiner individuellen Freiheit über den Geltungsbereich der Innung hinaus be schränke. Die Innung könne durch ihre Beschlüsse ihre Mit glieder nur innerhalb des Bereiches des Jnnungsgebietes ver pflichten. Aus diesem Erunde schon erscheine daher die Beschwerde des Meisters als gerechtfertigt. Die Innung wird zur Herbeiführung einer endgül tigen prinzipiellen Entscheidung sämtliche Instanzen an gehen. Sächsischer Schuhmacher-Znnungsverband. Der 17. Ver bandstag des Sächsischen Schuhmacher-Jnnungsverbandes
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