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Dres-nev Nachrichten. Nr. 94. Seite S. MM Mittwoch. 8. April 189» drohte. Kaulung beleben zu lallen, wenn die gegen die Feld Messer ausgeübte Behinderungen nicht bis Mittwoch aushören. Der Vicekönig erließ eine Proklamation, in der er der Bevölkerung einschärfte, sich der Belästigung der Feldmesser zu enthalten und entsandte ferner Truppen zum Schutze der Feldmesser. Petersburg, In Bachmut ist in den Steinkodlenberg werken eine große Grubengasexplosion erfolgt, wobei 31 Arbeiter, meist junge Leute, umgekommen sind. Petersburg. Eine großartige Expedition wird nach Centrai-Asien ausgerüstet, die bereits Ende ds. M. abgeht. Der Ezar hat 50,000 Rubel dazu gespendet. Die Expedition bezweckt geographische Ausnahme des Gebiets, astronomische Untersuchung und Sammlungen leder Art. Die Reise geht über OniSk nach Eemipalatinst, von dort weiter zur Grenze des Altai, wo die Karawane formirt wird. An, 1. Juli soll der große Altai paffirt Iverden. worauf die Expedition auer durch die Wüste Gobi geht. Nach Durchquerung der Gebirgsgegend von Tianschan und des Bassin des Sees Kukunor nähert sich die Expedition dem Flusse von Tibet, wo eine meteorologische Station angelegt wird. Im Tibetgebiet soll das Hochplateau erforscht werden und zwar in der Nähe ocr Flüsse Hoangho und Aangtse-Kiang, wo die Gegend noch ganz unerforscht ist. Sofia. Der Ministerpräsident Grekow hielt vorgestern in Zaren ow in einer Versammlung von Bürgem eine Rede, in welcher er aussührte, die Freiheit der Wahlen werde gewahrt werden. Er tritisirte dann die Politik deS früheren Kabrnets hinsichtlich der auswärtigen Angelegenheiten und erklärte, jedes bulgarische Kabinet, welches sich gegen die, herzlichen Beziehungen mit Rußland und üyle ' ^ gegen die Gefühle der Dankbarkeit diesem Staat gegenüber wenden würde, würde an dem Vaterland und an der Krone Vcrrath be gehen, umsomehr, als Rußland die Erklärung abgegeben habe, sich in die inneren Angelegenheiten Bulgariens nicht einmengen zu wollen. Was das gegenwärtige Ministerium angehe, so sei es von dem Wunsche beseelt, mit den Großmächten und den benach barten Staate» die besten Beziehungen zu unterhalten. Es wünsche aufrichtig, sich von jedem Abenteuer fern zu halten. Nach Grekow sprach der Minister des Innern, welcher sich mißbilligend über die von dem früheren Ministerium geübte» Ungerechtigkeiten aussprach, und das Programm der inneren Politik der jetzigen Regierung auscinandersetztc. Sofia. Der durch den Handelsminister und den Finanz- minister in Wien vereinbarte Vertrag betreffend die Aufnahme einer bulgarischen Anleihe wurde hier unterzeichnet. New - Bork. Der neue Vorsitzende des Munizipalraths von Apia. Tr. Solss, ist in Washington eingetroffcn, wohin ec von dem deutschen Botschafter Dr. v. Holllcben berufen wurde, um an den Berathunge» mit Staatssekretär Hat) über die Samoafrage thcilzunehmen. Washington. Mac Kinle» ernennt morgen eine Konimis sion von 7 Mitgliedern, welche darüber beschließen soll, ob der Mcaraanakanal zu bauen sei, ober ob die Arbeit des PanamakanalS auf Rechnung der amerikanischen Regierung fortgesetzt werden solle. Washington. Dr. Solf machte gestern dem Staats departement feinen Besuch und wurde durch den deutschen Bot schafter dem Staatssekretär Ha» vorgcstcllt. Er will mehrere Tage in Washington verweilen und während derselben Gelegenheit haben, die Samoasrage an amtlicher Stelle zu besprechen. Die heutige Berliner Börse verlief lustlos. Die Kurie waren durch Realisationen ungünstig beeinflußt. Auch Bergwerke gaben nach, insbesondere hatten Hüttenwerthe stark unler Abgaben zu leiden. Von Kohlenwerthen waren nur Hibernia fest bei be lebterem Handel. Der Reichsbankauswcis verstimmte. Es wird sicher angenommen, daß die nächste Zeit bedeutende Rückflüsse bringen werde, doch konnte dadurch die Thatsache nicht aufgehoben werden, daß heute die Notenreierve wieder einmal um fast 110 Millionen Mark überschritten ist. Banken ruhig, nnrHandels- antheile etwas lebhafter und besser. Von Eisenbahnen Peince Henry gefragt und steigend. Fremde Renten sehr still, namentlich Italiener schwach auf Paris, während Spanier und Mexikaner etwas besser waren. Die Börse schloß sehr ruhig und abgeschivächt. Privatdiskont 4 Prozent, also V- Pro;, niedriger. — Am Spiri tus - Markt fanden wiederum bedeutende Käufe für Hamburger Rechnung statt, worauf sich der LocopreiS auf 40 Mk. stellte. Die Terminpreisc setzten etwas matter ein, erholten sich jedoch später. Am Getreide-Markt waren die Preise infolge des frucht bringenden Wetters, sowie infolge matterer Notirungen an den amerikanische» Plätzen gedrückt. Brotgetreide gab bis 1,05 Mk. nach. Für Weizen wurde 153, Roggen 112,50 Mk. bezahlt. Hafer gleichfalls inatt. Rach Ermittelung der Centralnotirungsstelle der preußischen Landwirthschaftskammcrii wurde» bezahlt in Berlin: Weizen 156,50, Roggen 112. Hafer 145 Mk.; in Stettin-Stadt: Weizen 153,50, Roggen 136, Hafer 120 Mk. — Wetter: Vor wiegend bedeckt; Nordwind. Frankfurt ». M. «Schiusi.i (5>ed«t MIM. TiScon!» 181,M. Dresdner Ami —. StaatSbah» —. Lombarden 28,ö». Laurahütls MM. Ungar. Gold —. Portugiesen —. Fest. Baris, «8 Uhr Nachmittags.» Rente Ivl.gg. Ftallcner SlM. Spanier MM. Portugiesen 27,10. Türken 22.15. Tiirkenloofe NSM. Ottomanban! SMM. Staats» bahn 782,M. Lombarden I84M. Fest. Barts. Produktenmarkt. Weizen per April 2l>M, per Scpl. De;. 2ü,gS, ruhig. Mböl per April 18,so, per Sepie»,ber-Dejbr, SV,7S, ruhig. Spiritus per April lö,00, per Septembcr-Dezemder ll!I,7ö, ruhig. Amsterdam. Produktcn-Bericht. Wetzen per April —, per Mai —, per Novem ber —„ geschaftslos. Roggen per April —, per Mai 187, per Oktober 121, OertlicheS und Sächsisches. — Vorgestern Abend fand in den Paradesälen des König!. Kesidenzschlofses, wie bereits kurz erwähnt, das große Oster- Eonccrt statt. Dem Eoncerte wohnten bei: Se. Majestät der König. Ihre Königl. Hoheiten der Prinz Georg, der Prinz Fried rich August, der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg, der Prinz Albert und die Prinzessin Mathilde. Die Gäste vc>- fammeltcn sich von V«9 Uhr ab im großen Ballsaale und wurden kurz vor Beginn des Eoncertcs in den zum Eoncertiaal eingerich teten Bcmkemaal cingeführt und daselbst placirt. Eine Parade wache vom Königl. Gardcreiter-Regiment war vor der Galerie in der 2. Etage aufgetreten und erwies den Ankommenden die mili tärischen Honneurs. Unter den Festtheilnehmern gewahrte man Ihre Durchlaucht die Frau Prinzessin Neuß ä. L. verw. Erbgräfin zu Isenburg, die Damen und Herren vom Lorps ckipiomatigus, die Herren Staaisminister mit Gemahlinnen und höhere CivilstaatS- diener: ferner Vertreter der Generalität und der Offizierskorps. der fremden nnd einheimischen Aristokratie mit ihren Damen, Repräsen tanten der Kunst und Wissenschaft :c. Tie Herren vom Civil trugen Uniform bez. Hofkleid, die Herren vom Militär Parade- Anzug ohne Schärpe. Nachdem Sc. Majestät der König und die Durchlauchtigsten Prinzlichcn Herrschaften einige angcmcloete Vor- iieüungen im rothen Salon enigegeliacliomme» hatten, erschienen Allerhöchst- und Höchstdieselben »uter Vortritt von Leibpagen und unter Begleitung der Damen und Herren der Hof- und Militär- ilaaten gegen 9 Uhr im Concertsaal und nahmen in der vordersten Stuhlreihe Platz. "Nach Beendigung des ersten Theiles des Eon- eertcs trat eine Pause ein, während welcher den Gästen Erfrisch ungen gereicht wurden. Das Cviiccrt währte bis VU1 Uhr. In der Pause nach dem Eoncerte hielten Sc. Majestät nnd die Höchsten Herrschaften Eercle, bei dem auch die mitwirkenden Künstler mit Ansprachen hnldvollst ausgezeichnet wurden. Gegen 1 l Uhr zog sich Se. Mnicstät der König mit den Hohen Prinz- llchcii .Herrschaften zurück. Die Hofgesellschaft verweilte noch einige Zeit an den in den Speisesälen errichteten Konditorei-Büffets. An dem Hofconccrt hatten gegen 400 Personen theilgenommcil. — Am 2. Osterfeiertage empfing Sc. Majestät der König nach dem Besuche des Gottesdienstes de» König!. Gesandten in München Genciinrcith Freiherr» v. Friesen im Rcsidciizsthloffc. - Se. Majestät der König hat genehmigt, daß der in «snchscn siaatsailgehörigc Kaiser!. Russische Staatsrnth, Gymiiasialoberlchrer Robert Böhme in Kiew den ihm von Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland verliehenen St. Stanislausorden 2. Klasse nnd der Königl. Jtal. Konsul Kraule zu Leipzig das ihm von Sr. Majestät dcvl Könige von Italien verliehene Offizicrskrcuz des Ordens der Krone von Italien annchmen und tragen. — Le. Majestät der König hat den Briefträgern Weber und Christ in Dresden das Allgemeine Ehrenzeichen verliehe». -- Ter Postrath Garthe in Koblenz ist vom 1. April ab zum Postrath bei der Kaiser!. Obcrpostdircktion in Chemnitz er nannt worden. Ferner ist vom gleichen Zeitpunkt ab dem Post- infpektor W eis e ni Gumbiilnen eine neu errichtete Postinspektvr- slclle bei der Kaiser!. Oberpostdirektion in Leipzig und dem Post- inspektor Gentzsch in Halle (Saale) eine Postmspektorstelle im Bezirk der Kaiserl. Obcrpostdirektion in Dresden übertragen worden. — Ter diesseitige außerordentliche Gesandte und bevollmäch tigte Minister am Königl. bayerischen Hose Geh. Rath Kammer- Herr Freiherr v. Friesen ist von München hier eingetrosfeil. — Vltttheilungen aus der Gesammtraths- Sitzuna. Der Armenpsteger dein, M. Pflegervereine Naumann wurde mit Rücksicht auf feinen Gesundheitszustand vom Pfiegeramte entbunden und an seiner Statt der Bürgermeister a. D. Krtebel zum Armeilpslcger gewählt. Weiter wurden zufolge Ablebens und Wegzuges erledigte Armenpflegerstellen wieder besetzt durch Wahl des Bäckerinnungsmeisters Röder beim 3. Pslegervereine, des Kauf manns Lehmann beim 12. Pslegervereine, des Blumensabrtkantcn Schneeweiß und des Kaufmanns Zieger beim 20. Pflegervereiiie. — Hinsichtlich des geplanten Baues eines Wohnhauses für die Zwecke der v. Braiib'scheu Stiftung war Ende vorigen Jahres Uebereinstimmung der beiden städtischen Körperschaften dahin erzielt worden, daß von dem früher in Aussicht genommenen Bauplätze an der Windmühlenstraße abgesehen, letzterer vielmehr zum Balwiatze für eine Bezirksschule bestimmt und der v. Brand scheu Stiftung dafür tauschweise das Grundstück Parzelle 1595k. an der Ecke der Hecht- und Buchenstrnße, überlassen werde. Nunmehr sind vom Hochbauamte Pläne und Anschläge für den Bau ausgearbeitet worden. Der Rath erklärte sich auch mit der beabsichtigten Aus bringung der erforderlichen Mittel einverstanden. — Wie es sich nicht anders erwarten ließ, fand der Kanzel abschied des Heim Pastor I). tliool. st püil. Emil Sülze in der Gemeinde der Drcikönigskirche eine ganz außerordentliche Theilnahme, und die weiten Räume des Gotteshauses konnten am zweiten Osterfeiertage die Schaaren der nach vielen Hunderten zählenden Gläubigen kaum fassen, die herbeigcströnit waren, um der Abschiedspredigt des verehrten Seelsorgers beiwohnen zu können. Das ist kein Wunder. Erfreute sich doch der Geistliche, der seit 1876 Pfarrer der Dreiköliigskirche ist, bei Hoch und Niedrig einer großen Beliebtheit, , die er nicht nur seiner theologischen Tüch tigkeit, seiner überaus erfolgreichen organisatorischen Thätigkeit, sondern vor Allem den köstlichen Eigenschaften seines Herzens und seiner persönlichen Liebenswürdigkeit zu verdau ken hatte. Mit dem Abschied von der Kanzel der Dreikönigskirche beschließt der nun OTiährigc Prediger eine an Mühe nnd Arbeit, aber auch an herr lichem Segen reiche Carrwre. Er wurde 1833 zu Kamenz als der Sohn eines einfachen Buchdruckers geboren, besuchte das Gym nasium zu Bautzen nnd bezog 1850 die Universität Leipzig, um zunächst nach Beendigung seiner Studien als Lehrer in Leipzig lind Wurzen, sowie ein Jahr (1856) als Diakvnus in Johann- Gevrgenstadt zu wirken, wo damals gerade die schreckliche Hnnger- TyPhuS-Epidemie ansgcbrochen war. 1857 wurde er dann als Pfarrer nach Osnabrück gerufen, wo er 15 Jahre sein Amt ans- übte, bis er 1872 durch den Rath zu Chemnitz und den damalige» Klrchciivorstgnd von St. Johannes nach Sachsen zurückberusen, und alS Pfarrer von St. Johannes, später St. Pauli, ein sehr ausgedehntes Arbeitsfeld fand, auf dem er zum ersten Male seine orgaiiisatorßche» Fähigkeiten bewähren konnte. In dem übermäßig raschen Zunehmcn der Städte und ihrer Bcvölkemngszifsern sah Sülze vornehmlich ein Hemmniß in der Entwickelung des kirchlichen Lebens, und um dieser Gefahr energisch zu begegnen, war es sei» Streben, die Ricsenparochien zu checke». Er bcthätigte diesen Gedanken in Chemnitz praktisch, indem er seine Parochie in drei zerschlug, wodurch eine Konzentration der seelsorgerischen Kräfte eintrat und die einzelnen Gemeindemitgliedcr wieder in engere Fühlung zueinander treten konnten. Sein organisatorisches Talent war nicht unbeachtet geblieben, und als er 1876 an die Dreikönigs- kirchc zu Dresden berufen wurde, Ihat man das wohl in der Ueber- zeugililg, daß er dasselbe auch hier beweisen würde. Und Sülze übertraf alle auf ihn gesetzten Erwartungen. Die ganze Neustadt machte damals eine einzige Parochie mit einer einzigen cbangclischeu Kirche, der Dreikönigskircye, aus. Daß dieser Zustand aus die Toner unhaltbar war. sah Sülze sehr bald ein, nnd er zerlegte daher die Dreikönigsgemcilidc in vierParochicn, die nach nnd »ach in der Martin Luther-, Pauli- und Pctrikirche neben der Drei- königskirche ihre eigene» Gotteshäuser erhielten. Auch die schnelle Jnailgrissilnhiiie des Baues der Garilisonkirche ist mit seiner Initia tive zu verdanken, nnd bis zuletzt hat ec diesem Werke seine reichen Sympathien ciitgegengebrcicht. — Daß der Abschied eines solchen Mannes, der überdies noch seiner Gesinnung nach einer freieren kirchlichen Richtung cingehörte, sich nicht in aller Stille vollziehen konnte, war selbstverständlich, und die Physiognomie des Gottes hauses am zweiten Osterfeiertage trug daher mit Recht ein sest- frendiges Gepräge zur Schau. Weit vor halb 9 Uhr schon war die Kirche bis auf das letzte Plätzchen gefüllt. "Auf dem Altarplatz »ahmen kurz vor Beginn des Gottesdienstes die Herren des Kircheilvorslalldcs der Dreikönigskirche, KirchenvorstaildSmitgliedcr der sällllllttichcn Tochtergemcindcil. Vertreter des Stadtraths und des StadiverordileieilkollegillmS, sowie als bestellter Vertreter des Lalldcslvllsistorillms: Herr Oberkonslstorialrath 1). Tibclius Platz. Eine sichtbare Bewegung ging durch die Schaar der Hörer, als »ach der Kirchenmusik Herr Pastor Sülze — zum letzten Male! - die Kanzel betrat und aufs Tiefste gerührt sich gllschicktc. über Ev. Luk. 24, V. 13 sf.. über die Begegnung Jesu und der Jünger auf dem Weg nach EminanS seine Abschiedspredigt zu halten. In klarer und doch geistvoller Weise legte er das Wort der heiligen Schrift aus, um als den Höhepunkt des Textes das Geheimnis; geistiger Freiheit hinzlistcllkil, in der zu lehre» und zu wirken all zeit sein erstes und letztes Bestreben gewesen sei. Mit der rühren den Bitte au seine Gemciildcmitgliedcr „Haltet allezeit treu zur Gemeinde, zu Gebet und Arbeit, kommt meinem Nachfolger nnd 'einen Mitarbeitern mit herzlichem Vertrauen entgegen", und mit einem ans tiefster Seele kommenden Dank für alle die Beweise der Liebe nnd Theilnahme schloß er seine Ausführungen, seine Gemeinde zum letzten Male der Gnade des Höchsten empschlend. In ebenso ebrenvollen wie herzlichen Worten verabschiedete sich iodann Herr Obcrkonsistorialrath D. DibeliuS von seinem scheiden den Amtsbruder, dessen Verdienste er als Ephvrus habe so recht von Grund ans schätzen können. Tief gerührt nnd mit wachsender Theilnahme folgte die Gemeinde dein Verlauf dieses feierlichen Gottesdienstes. "Nur langsam wurde das Gotteshaus leer, da Jeder noch einmal in das treue Antlitz des geliebten Seelsorgers schauen wollte. Mögen ihm noch Jahre rastlosen Wirkens, segensreicher Arbeit, ein schöner Lebensabend voll friedsamer Ruhe bcschieden sein, dem die scheidende Sonne von EmmauS verklärende Weihe gicbt! — Der Verein „Kinderhort", welcher solche schul pflichtige Kinder, die wegen Mangels an häuslicher Beaufsichtigung ui Gefahr sind, zu verwahrlosen, durch erziehliche Beschäftigung und anregende Unterhaltung gegen diese Gefahr zu schützen und ihre geistige und leibliche Entwickelung zu fördern sucht, erstattet gegenwärtig seinen 13. Rechenschaftsbericht auf das Vercins- iahr 1898. Der Verein unterhält und leitet zur Zeit 5 Kinderheime, 4 für Knaben und 1 für Mädchen. Sämmtliche .Heime, mit Aus nahme deS Kinderheims I, sind in Klassenzimmern hiesiger BczirkS- jchulcn inckergebracht, nur das lebtaedachte hat ein nicht zu Schul- zweckeu benutztes Zimmer im Schulgebäude. Es ist mit Tischen und Stühlen, Schränken, einer Uhr und Bildern an den Wänden ausgestattct, und macht infolgedessen einen weitaus behaglicheren Eindruck als ein Klassenzimmer. In allen Heimen erhielten die Kinder ein Vesperbrot, in der Regel ans '/» Liter Btt ich und ' - Psund Brot bestehend. Die Kinder wurden in erster Linie mit Anfertigung ihrer Schularbeiten beschäftigt. Nach der Arbeit folgten im Sommer Spiele im Freien, Baden, Spaziergänge, während im Winter Gesellschaftsspiele und Handfertigkeitsarbciten, insbesondere Pappen nnd Flechten, im Heim IV auch Modclliren getrieben wurden. Im Madchenheim erhielten die größeren Mädchen drei Mal wöchentlich durch eine Kochfrcm Kochunterricht, der sich indessen nur auf die Zubereitung von Suppen erstrecken konnte, wie sie in einem einfachen Haushalt aus den Tisch kommen. Am Zuputzen der Suppenbestandtycile, sowie am Reinigen der Gesäße wurden auch die kleineren Mädchen bctheiligt. Dieser Kochunterricht hat sich bei den Heimlingen ganz besonderer Beliebt heit erfreut und sich lehr bewährt. Das Verhalten der Hcimlinge hat zu wesentlichen Klagen Veranlassung nicht gegeben. Ein jedes Heim zählt im Durchschnitt 25 Kinder. Die Gcmmmtunkosteil be trugen 6361 Btt. Leider überstiegen die Ausgaben die Einnahmen, svdaß in diesem Jahre sich ein Kapitalzuschuß von 418 Mk. nöthig machte. AuS diesem Grunde hat sich auch die schon längst dringend erforderliche Einrichtung eines Mädchenheims auf der Altstädtcr Seite nicht ermöglichen lassen. Die werkthätigste Unterstützung des doch so sehr segensreich wirkenden Vereins „Kinderhort" sei darum allen bemittelten Mitbürgern angelegentlich empfohlen. An der Spitze des Vereins steht gegenwärtig Herr Rechtsanwalt Dr. Georg Schmidt. — Aus Anlaß der 50. Wiederkehr des ruhmvollen Tages der Schlacht bei Ecker nförde nnd der Vorfeier des Goldenen Kriegsjubiläums Sr. Majestät des Königs (Er stürmung der Düppeler Schanzen am 13. April 1849) findet heute Abend 8 Uhr in den „Drei Raben" eine patriotische Erinnernngs- feier statt. — Von zuständiger Seite wird uns mitaethcilt. daß zu der am 12. und 13. ds. M hier stattfindcnde» großen Düppelfeicr nur die Tlieilnehmer Militärfahrkarten eraallen. oie zrch km <oeiw einer von Dresden ausgestellten Legitimation befinden. — Die Landesregierung von Reuß ä. L hat den zwischen dem Fürstenthuni und dem Königreich Sachsen bestehenden Lotterie vertrag für Ende 1900 gekündigt. — Das Eentrgl - Theat«r hat den beliebten Humoristen Carl Maxstadt auch in dasAvrilprogram m hcrübergcnomnien und gewährt damit uns Dresdnern die interessante Gelegenheit, zwei unserer bcstaetaimten Gesaiiashunioristen mit einander zu ver gleichen, da zur Zeit auch Otto Rentier im Viktoria-Salon auftritt. Mit zündenden selbswerfnßten Couplets wissen Beide aufznwarten, aber Maxstadt verlegt sich diesmal mehr auf Dialektdichtungen. Sticht nur. daß er rn dem ihm geläufigen und so gut steheiiden Wiener Dialekt vorträqt, er hat sich auch als Charakterstudie die Figur des Wurzeliepp erkoren, den er mit gutem oberbeyerischcn Anstrich uns vor'ö Auge führt. Natürlich trägt der Wurzclsepp auch lustige Schnadahüpfl vor, und aus einem leisen Anflug in'S Wienerische wird bald das echt Weanr'sche. und hier ist der zuiiaciigeläusine Maxstadt wieder in seinem Element und endet mit einer Reihe snkrsich-fcscher Couplets, die ihren Eindruck nie verfehlen. Eine excellentc Nummer ist die Scene Mr. Segommer's. „Ein halbes Stündchen in einem Gebirgs - Luftkurort" oder einem „Gebirgslnst - Kurort", wie das Programm schreibt. Als einzig handelnde Person läßt er mit Hilfe seiner Bnnchrednertunst eine ganze Anzahl Kurgäste svwvhl als auch die Bauersleute zu Worte kommen und die verschiedensten Thiere ihre Stimmen erschallen. Die Scene ist um so amüsanter als Scgommcr in bewundernswcrther Vielseitigkeit auch noch Ver- wandlunnskünstlcr, Schncllmalcr und außer Tonkünstler auch noch Thonkünstler ist. Mit liibcliidcm Beifall wird es ausgenommen, wenn er ans einem in Thon geformten Plebejerkopfe durch Hiiiru- fügung der fehlenden Substanz den Kopf Bismarck s formt. Die bauchrednerische Kunst Segvmmer's ist ganz erstaunlich, und dabei weiß er seine Puppen so vorzusnhlen, daß der Zuschauer weit eher geneigt ist, den sich tciktgerecht öffnenden Mund der Figur als Tonquclle anznsehen als den geschlossenen Mund des Ventriloquisten. Außer diesen beiden Hauptniimmerii bietet das Programm noch manches Sehens- nnd Hörenswerthe. Die drei weiblichen Gesangsniimmern werden von einer Französin, einer Schwedin nnd einer Australierin ausgcfiihrt, von denen die Pariserin Gcr- maine Gnllois über ein recht melodiöses Organ verfügt. Tie schalkhafte», nicht immer deceiiten Chansons leiden etwas durch den nervösen Vortrag. Ein französisches Tänzerpaar, LcS Dantes, führt verschiedene ercentrische Walzer, die große Geschmeidigkeit erfordern, und schließlich einen entzückenden pas cia guatro vor, bei dein besonders die Dame graziöse Anmiiih und hohe Eleganz entfalte! Mit Befriedigung sicht man alsdann, daß die Balancirkünsle, Jonglirübiingen nnd Kaiitschukarbeit, mit welchen die japanische Hvfkünstlcrtriippe der Otäbe-Familic aufwarict, von unseren ein heimischen Künstlern in gleicher Vollendung nusgeführt werde». Der Rest des reichhaltigen Programms wird dann noch ausgefüllt durch einen Fnbcaiiilibristen, der schließlich zwei Diener in einer primitiven Schaukel mit den Füßen in der Luft herumwirbclt, einen Schgttensi»io»ettistcn, musikalische Cxcentrigucs und das „Ungarische Magiinten-Ensembie Millennium", dessen Mitglied«:, natürlich nicht Manualen sind, aber auch keine Magyaren, sondern deren Gesichtszügc oen semitischen Stempel üickeiigbar tragen. Ein Schnellzeichner, oer »och auftreten sollte, mußte in der Premiere wegen plötzlicher Erkrankung nbsagen. — Seit mehreren Jahren schon schwebt über dem oberen Thcil des Pla n e n s ch c n Grundes als eine bange Sorge die Frage der zukünftigen Gestaltung ihrer BahnhosSverhältnissc. So wie dieselben in HainSberg und Tenbcu lagen, konnten sie nicht bleiben, denn schon vor 20 Jahre» wurden sie als unzureichend von Seiten der Eisenbahn wie deS Publikums empfunden, bei den ungemein entwickelten Industrie-Verhältnissen oes Plaucnschen Grundes bilden aber die Verkehrs-Verhältnisse eine Lebensfrage, für die Bewohner. Die Uickialtbarkeit des xicgenwärtige» Zustandes wurde auch von der Geiieraloirektivn der Ltaatsbahnen Angesehen und an eine Planung für die Zukunft gegangen, die aber zum nicht geringen Schrecken sür die ans den Hainsberger Bahnhof Angewiesenen zunächst das Projekt einer Zusammenlegung der Sta tionen Dcnbcn nnd Hninsberg zur Welt brachte. — Vergege» wnrtigt man sich die Verhältnisse dieser beiden Stationen, so ist auf Denben angewiesen zunächst der Ort Denben und dann noch Häs- licli. Ten Bewohnern des tieinen Ortes Schweinsdorj würde bei einer Zusammenlegung der Stationen in der Mitte beider bisherigen Bahn Höfe zugemuthct worden sein, ein großes Stück in der Richtung nach Tharandt zu den Bahnhof zu gewinnen, um dann zurück, an ihren« Wohnort vorbei, nach Dresden zu fahren, denn der Ver kehr Denben—Freiberg ist verschwindend zu Denben—Dresden. — Ter Bahnhof HainSberg nimmt ans die Fahrgäste ans Hains- bcrg. Rabenau. SvmSdors, CaßmaimSdorf, Obernaundorf, Klein Oelsa. Groß-Oelsa, Lübau lind Eckersdors. Sille diese Orte liegen oberhalb des Bahnhofs Hainsberg i» der Richtung nach Tharandt zu: jeder Meier also, um den der Bahnhof in der Richtt u»g nach Denben zu verlegt wird, wächst sämmtlichcn Fahrgästen des Hainsberger Bahnhofs als neuer Weg hinzu. Es würde daher bei einer Verlegung des Bahnhofs Hainsberg nach Denben zu etwas eiiitreten, was man Ausgangs des 19. Jahrhunderts — welches ja nach einem bekannten Schlagwvrt unter dem Zeichen des Verkehrs sichen soll — für unmöglich halten sollte, nämlich, das; man ea. 150.000 Fahrgästen eine bis jetzt bestandene Fahr gelegenheit um einige Kilometer weiter wcgrückt. Man muß auch höheren OrtcS, trotz des Hochdruckes, mit welchem von gewisser Seite unter förmlichem Mißbrauch gewonnenen Einflusses für Denben gccnb stet würde, doch wohl cingcschen haben, daß man die gegenwärtige Zeit und die einschlagenden Interessen geradezu ans den Kopf stellt, wenn man an der Zniammeiilegung der beiden Stationen scsthielte: man arbeitete daher sür Tenoen ein eigenes Bahnhvfsprvjekt ans, welchen! dce Ausbau der jetzigen Haltestelle Teuben zu Grunde liegt. Nun kam aber als weitere Folge etwas noch Unerwarteteres. Daß man den Bahnhof Hainsberg nicht nach Denben legen könne, ohne die Interessenten des jetzigen Bahnhofs Hainsberg zu schädigen, das gab man zu, aber den Bahnhvi Hainsberg halbwegs nach Teuben zu legen, das erachtete man für angängig. Es ist das genau so, als wenn Jemand cs für grausam hält, einem gesunden Menschen das ganze Bein abzuschnciden, aber bis zum Knie, ja das läßt sich allenfalls rechtfertigen. Irgend ein zwingender Grund, den Bahnhof Hainsberg von feiner jetzigen Stelle weg, nach Deubeii z». zu verlegen ist in keiner Weise erfind lich ; Schönheitsgründe können den so schwerwiegenden Nützlichkeits- aründen gegenüber in einer solchen Angelegenheit niemals den Aus schlag geben, alle Interessenten sind sich darüber klar, daß der Aus bau des jetzigen Bahnhoss Hainsberg au bisheriger Stelle sogar billiger zu stehen kommen wird, als ein Bau nach Deubeu zu, wo der ganze Grund und Boden erst erworben werden inuß, nnd jeder unbefangene Techniker gicbt bereitwillig zu. daß ein nur MMeter vvni Dcubuer Bahnhöfe entfernter Hainsliciger Bahnhof, zu dem die Zufahrten beiderseits eine Kurve mit sehr kleinem Radius bil den, auch von betriebstechnischem Standpunkte aus ein Unding sind. Bis ' - . - - ist eine Planung für Belastung des Bahnhofs Hainsberg an seiner jetzigen Stelle weder technisch noch finanziell entworfen worden; obgleich jährlich Hunderttauicnde von In teressenten die Vorzüge eines solchen ProielteS bezeugen. — P ol iz c i b eri ch t, 4. April. In einem Restaurations- grnndstück der Stricjcncr Vorstadt siel am 2. Osterfeiertage Nach mittags ein 47 Jahre alter Geschäftsmann, nachdem er gegessen und getrunken hatte, plötzlich um und verschied alsbald in Folge eines Herzschlags. — Von der Juternationalcn Ansichtskarten- Gesellschaft m. b. H. wird uns geschrieben: Soeben trifft bei »ns die "Nachricht ciii, daß die russische Censurbchörde in St. Petersburg die Postkarte Prof. Paul Meverheim's mit Beschlag belegt hat. Wir empfinden diese thörichic Maßregel nicht blvs als Schlag gegen jede freie künstlerische Kvmpvsiiioil eines großen deutschen Meisters, sie gilt auch als Schlag gegen die deutsche Kunst überhaupt, nicht in letzter Linie gegen die Internationale Ausichtskarten-Geiellschast, die cs übernommen hat, ihre» deutschen Knuden diese Posttarte aus Rußland zuzuscndcn und die durch diese Konsislation einen großen und empfindlichen Schaden erleidet. Viele Tausende Meyerheim - Karten liegen frankirt und expebitions- bereit bei dem russischen Vertreter dieser Gesellschaft Nnd sollten als Ostergruß bei den Abonnenten cintresfen. Diese Freude ist ver dorben worden, und die Gesellschaft bittet daher ihre Kunden, unter denen sich viele Tausende Dresdner Sammler befinden, um Entschuldigung — ultra liin-slami venia tenstur. ... , — Die «Stadtverordneten in Leipzig hatten in ihrer Sitz ung vom 9. März die RathSvorlage, betreffend die Erhöhung der Gehalte des Oberbürgermeisters von 15,000 Mk. auf 25,000 Ml. und des Bürgermeisters von 12,000 Mk. auf 18,000Mk.. abgclehnt und den Beschluß gefaßt, daß das Gehalt des Oberbürgermeisters künftig 20.000 Mk- betragen und ihm eine nicht pensionsfähigc