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338 menge aus und nieder. AIS die Zulassung begann, wurde der An drang momentan lebensgefährlich. Die Anzahl der Sicherheitsorgane mußte verdoppelt werden und konnte selbst verstärkt nur mühsam die Ordnung aufrecht erhalten. Zahlreiche Delegirte von Vereinen und Behörden, die durch eine gesonderte Pforte eintraten, legten Kränze auf den Sarg. Schweiz. Bern, 31.Januar. (K. Z.) Der von den baseler Diöeesan- ständen Bern, Solothurn, Baselland und Thurgau gegen den von ihnen abgesetzten Bischof Lachat wegen Herausgabe der Erbschaft deS Fräulein Linder angehobene Proceß wird am 24. März vor dem solothurner Gericht zur Verhandlung kommen. Für den Fall, daß die Cantone Zug und Luzern, welche sich von dem Bisthum Basel getrennt und Herrn Lachat treu geblieben, ein Bisthum für sich bilden wollen, find die Kläger bereit, denselben die Hälfte ver Erbschaft zu überlassen. Ihr Anwalt ist bereits zur Abgabe einer Erklärung inj diesem Sinne ermächtigt; somit steht eine Schlichtung deS Conflicts in baldiger Aussicht. Frankreich Paris, 1. Februar. Der gestrige erste vom Präsidenten der Republik veranstaltete Ball im Elys« e war von ungefähr 3000' Personen besucht. Der Marschall Mae Mahon unterhielt sich längere Zeit mit dem deutschen Botschafter Fürsten Hohenlohe. — In dem neuen Senat befinden sich: I Marschall, 6 Admiräle, 20 Generäle, 6 active Minister, 1 Botschafter, 9 ehemalige Minister des Kaiser reichs, 1 ehemaliger Senator und 4 ehemalige Präsecten des Kaiser reichs. Die höhere Geistlichkeit ist darin durch den Bischof Dupan- loup vertreten. Großbritannien. London, 1. Februar. Die Königin hat den conservativen Unterhausmitgliedern John Henry Scourfield (Pembrokeshire), Oberst Gilpin (Badfordshire), Mr. John Leslie (Monaghan) und Mr. Gilbert Greenall (Warrington), sowie den Herren John Hardy, dcr Süd-Warwickshire im letzten Parlament repräsentirte, John Walroad, früher Unterhausmitglied für Tiverton, und Gerald Codrington zu Dodrington in der Grafschaft Glaucester die Baronetswürde ver liehen. — Ueber das Verhältnis) zwischen Egypten und Abys sinien liegt heut eine ganze Reihe von Depeschen und Briefen vor. Es er- giebt sich aus denselben, daß täglich eine blutige Schlacht zwischen beiden Armeen erwartet werde. Es wird berichtet, daß der Khedive versucht habe, ein friedliches Abkommen mit Abysflnien zu treffen, und daß er einen deutschen Missionar — dessen Sympathieen mehr auf der Seite der christlichen Unterthanen Abyssiniens lagen — mit der Vermittelung beauftragt habe. Dieser Versuch sei indessen gescheitert. Die Stärke der nach Abyssinien gesandten egyptischen Truppen wird auf 20—25,000 Mann angegeben. Der Khedive will einer Annexion Abyssiniens durchaus abgeneigt sein, weil er durch eine solche zur Verstärkung seiner Armee um 40,000 Mann gezwungen werden würde. Spanien. Das unerwartete Erscheinen der königlichen Truppen im Herzen der dem Carlismus am Meisten ergebenen Landestheile hat längs der ganzen Grenze bis Vera einen großen Schrecken verursacht. Ein Versuch, den schnell vordringenden Truppen den Weg zu ver legen, scheint Seitens des dort commandirenden Carlistenführers La- rumda nicht gemacht worden zu sein, auch die auf dem Monte Velate vorbereitete VerkheidigungSstellung ist allem Anschein nach ausgegeben worden. Dem „Univcrs" ward bereits unter dem 1. Februar Abends auS Hendpye gemeldet, daß die carlistische Division unter Larumda, Castello und Cavero auf dem Rückzüge in Elizondo eingerückt sei^ Die königlichen Truppen scheinen den Flüchtigen unmittelbar auf den Fersen zu folgen. Martinez Campos dürfte zunächst seinen Marsch nach Norden fortsetzen und über Vera hinaus das Küstengebiet bis Hernani säubern, von wo auS eine dort zurückgebliebene Division des,Corps Moriones ihm die Hand reichen kann; als eigentliches, Operationsobject kann aber wohl das von Elizondo noch ca. 50 Kilo-j meter entfernte Tolosa gelten. Der Vormarsch hat, seinem Zweck ent sprechend, in bedeutender Breite stattgefunden, da außer der Besetzung! von Alsasup auch nordwärts gerichtete Durchzüge durch Huarte ge meldet werben. Um die nördlich der Eisenbahn Pampelona-Vitoria befindlichen Carlssten zieht sich somit ein eherner Kreis, welcher von der französisch-navarresischen Grenze über Alsasua, Ochandiano, Du rango nach Miravalles und Bilbao reicht und im Norden durch die Generale Loma und Moriones abgeschlossen wird. Die Carlisten haben sich mit ihren Hauptkräften auf der Linie Zornosa-Guernica versam melt, ein anderer Theil steht noch bei San Sebastian, die von der französischen Grenze vor Martinez Campos zurückweichende Abtheilung dürfte ihren Marsch auf Tolosa richten. Gegen die carltstischen Po sitionen bei Estella scheint Primo de Riveira, vielleicht mit der jeder der beiden Armeen beigegebenen Reservedivision, allein zurückgeblieben zu sein. Nach den Berichten der Carlisten wäre es ihrem General Perula gelungen, nach einem äußerst blutigen Gefecht den Angriff des Corps Primo gegen die Stellung bei Santa Barbara de Maneru, an der Straße von Puenta de la Reyna nach Estella, zurückzuschlagen und die abziehenden Truppen bis Puente zu verfolgen, dagegen wird der Verlust der Stellung bei Oteiza zugestanden. Rußland. Petersburg, 1. Februar. Ueber die vielfach mißdeutete Stellung Rußlands zur Jnsurrection in der Herzegowina erhält der „Pesther Lloyd^ von hier folgende Mittheilung: Ein Herr Wesselitzky-Bojidarich, der Delegirte des internationalen Hilfscomitä's, sei vom Schauplatze der Jnsurrection hier eingetroffen und habe über die Thätigkeit des Comitö's Bericht erstattet. Wesselitzky wurde vom Fürsten Gortschakoff empfangen, und da er demnächst in die Herzego wina zurückkehrt und sich dort eines großen Einflusses erfreuen soll, so forderte ihn der Neichscanzler auf, den Insurgenten zu erklären, daß sie sich mit den in dem Andrassy'schen Projekte vorgeschlagenen Reformen zufrieden zu geben, auf eine Unterstützung Rußlands im Falle der Weigerung aber durchaus nicht zu rechnen hätten. Der Fürst legte ihm ans Herz, seinen Einfluß zu Gunsten der Paeification auf zuwenden und die Aufständischen von weiterem Blutvergießen abzu halten. — Der Gemeinderath von Moskau, der, namentlich aufBe- treiben des jetzt verstorbenen Historikers Pogodin, für die Herzego winer 20,000 Rubel bewilligen wollte, hat die für diesen Beschluß erforderliche Genehmigung des Kaisers nicht erhalten. Deutscher Reichstag. Berlin, 3. Februar. (44. Sitzung, eröffnet 11 Uhr.) Erster Gegenstand der Tagesordnung ist der mündliche Bericht der Budget-Commission über die Gesetz-Entwürfe, betr. 1) die weitere Anordnung über Verwendung der durch das Gesetz vom 2. Juli 1873 zum Retablissement des Heeres bestimmten 106,836,810 Thlr. und die zu diesem Zwecke ferner erforderlichen Geldmittel und 2) die Ver wendung aus der französischen Kriegskosten-Entschädigung. Der Re ferent Abg. Richter (Hagen) bemerkt, es sei im Hause wiederholt als ein Uebelstand bezeichnet worden, daß dem Hause die Finanz verhältnisse des Reiches, soweit sie aus der französischen KriegS-Ent- schädigung resultiren , nicht vollständig klar zur Erscheinung gebracht würden, weil die Verwendung dieser Summen theils durch den Etat, theils durch besondere Gesetze ungeordnet werde. Die Commission habe deshalb zur Beseitigung dieses Uebelstandes zu den vorliegenden Ge setzen Zusätze beschlossen, wonach künftig alle Ausgaben, welche aus den Restbeständen der Krlegscontribution noch zu bestreiten sind, auf den Etat des betr. Jahres mit den Deckungsmttteln zu bringen sind. Die Commission habe zugleich vorgeschlagen, die Zins-Einnahmen auS den Contributionsgeldern ebenfalls künftig aus den Etat zu bringen, da die Verausgabung der Zinseinnahmen der Genehmigung des Reichs tags bedürfe. Mit diesen Aenderungen empfehle er die Annahme der Gesetz-Entwürfe. — Ohne Discussion werden die beiden Gesetz-Esit- würfe in der von der Commission vorgeschlagenen Fassung angenom men. Es folgt der mündliche Bericht derselben Commission über den Gesetz-Entwurf, betr. die zur Erwerbung und Herrichtung eines Schieß platzes für die Artillerie-Prüfungs-Commission re. erforderlichen, aus der französischen Kriegskosten-Entschädigung zu deckenden Geldmittel. Der Gesetz-Entwurf wird nach den. Beschlüssen der Commission mit einer redaetionellen Aenderung angenommen und zugleich auf Antrag der Commission folgende Resolution beschlossen: „die Erwartung auszusprechen, daß künftig ein bei Nachsuchung von Geldbewilligungen zuyr Grunde gelegtes Bäuprogramm einseitig nicht geändert werde, auch über erhebliche Mehrkosten, welche sich bei Ausführung eines un veränderten Bauprogramms gegen den der ersten Geldbewilligung zu (firnnde gelegten Kostenanschlag ergeben, dem Reichstage bei der