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Nr. 21 Sonntag, den 25. Januar 1931 53. Jahrgang. Rede des Reichskanzlers in Chemnitz über seine Ziele Waldenburg, den 24. Januar 1931. Der Gtadlrat „EMm braucht Arbeit. Sie Wkundgebung der sächsischen Industrie in Lhemnttz Spekulation bekämpft habe. Obgleich mehrere Abgeordnete ironisch den Unterstaatssekretär im Wirtschaftsministerin»» Leon Meyer aufforderten, zu diesen Ausführungen de« Landwirtschaftsministers Stellung zu nehmen, wurde die Generaldebatte geschlossen. - . , Es kam dann zu der erwähnten Abstimmung. Die Tagesordnung Buyat, der der Vorrang eingeräumt wurde, hatte folgenden Wortlaut: Die Kammer bedauert die in gleicher Weise für die. Produzenten wie für die Verbrau cher schädlichen Spekulationsmanöver, die auf die vorzei tigen Erklärungen des Landwirtschaftsministers zurück zuführen sind. Die 293 Abgeordneten, die gegen das Kabinett Steeg gestimmt haben, verteilen sich auf die einzelnen Parteien wie folgt: 11 Kommunisten, 30 Mitglieder der demokra tischen und sozialen Aktion (Maginot), 15 Mitglieder der sozialen und radikalen Linken (Franklin-Bouillon), 11 Mit glieder der Linksunabhängigen, 17 Mitglieder der radikalen Linken, 58 Mitglieder der Linksrepublikaner (Fraktion Tardieu), 18 katholische Demokraten, 40 unabhängige Ab geordnete, 85 Mitglieder der republikanisch-demokratischen Vereinigung (Fraktion Marin) und 14 Parteilose. 20 Ab geordnete haben sich der Stimme enthalten, 12 waren be urlaubt, die übrigen 283 haben für die Regierung gestimmt. baß der Landwirtschaftsminister seine Pläne dem Vorsitzen den des Syndikats der Mühlenbesitzer anvertraut habe. Die französischen Landwirte verkauften ihr Getreide an die Händler, und diese würden in seltsamer Weise im voraus von gewissen Preisplänen unterrichtet. Diese Spekulations manöver kämen nur den Geschäftemachern zugute, die sich in den Vorzimmern der Ministerien aufhalten, aber nicht den Produzenten. Der Gedanke, ausländisches Getreide ein zuführen, sei unverständlich, denn dadurch wäre nur die Ge fahr gegeben, daß die inländischen Getreidepreise gedrückt werden. Die Regierung habe nicht vorauszusehen, also auch nicht zu regieren verstanden. Zu seiner Verteidigung erklärte Landwirtschaftsminister Boret, es seien infolge der neuen Bestimmungen für den Handel an der Warenbörse, die auf den Handelsminister Flandin zurückgingen, keine anormalen Getreidespekulatio nen mehr zu verzeichnen gewesen. Abgeordneter Buyat habe die Vorkommnisse stark übertrieben. Der Minister machte dem Interpellanten zum Vorwurf, er trete für die Inter essen des Großhandels ein. Schließlich verlas Boret die Ergebnisse einer von ihm angeordneten Untersuchung, die, wie er ausführte, den Beweis erbracht habe, daß nm ordnungsmäßige Operationen an der Warenbörse vor genommen worden seien. Er fügte hinzu, daß er stets die Chemnitz. Anter dem Leitwort „Sachsen braucht Ar beit" fand am Freitag im kaufmännischen Vereinshaus eine außerordentliche Hauptversammlung des Verbandes Sächsi scher Industrieller statt, deren besondere Bedeutung durch die Teilnahme des Reichskanzlers Dr. Brüning gekennzeichnet war. Die als Notkundgebung organisierte Tagung wurde vom Nerbandsvorsitzenden, Direktor Wittke, eröffnet, der zunächst die Versammlungsteilnehmer, unter denen sich Ver treter der Reichs- und Staatsregierung sowie der Spitzenoer bände der deutschen Wirtschaft befanden, begrüßte. Im Ver laufe seiner Ausführungen richtete er an die öffentlichen und privaten Faktoren im Reich die Aufforderung, der besonders gefährdeten sächsischen Wirtschaft tatkräftig zur Beschäftigung zu verhelfen. Es sei klar und durch den Vergleich der Ar- beitslosenauoten in Sachsen belegt, daß in einem so besonders auf Industrie und Ausfuhr angewiesenen Lande die Krise des Staates und der Wirtschaft sich viel schlimmer auf das Leben des Volkes auswirke als in Industriegebieten mit einer verhältnismäßig elastischen, breiten und von Urproduktion durchsetzten Wirtschaftsgrundlage. In unzähligen Fällen hätten die Unternehmer sich und ihre Belegschaft durch fort währende Umstellung bis zu der wiederholt verheißenen Ge sundung von Staat und Wirtschaft zu retten gehofft. Dar durch betriebswirtschaftliche Verbesserungen Gewonnene sei durch neue Belastungen zunichte geworden. Nahezu alle Ar beitsstätten in Sachsen seien mehr oder weniger verödet und viele ganz verschwunden. Die Kaufkraft der sächsischen Be völkerung sinke beständig, während die seit langem überbür dete Steuerkraft des Landes schwinde. Die jetzige Krise sei hauptsächlich durch Zwangslöhne und hochgeschraubte An sprüche für Steuern und öffentliche Versicherung verursacht worden. Der Verband denke bei der Hilfe, die er von den maßgebenden Instanzen des Staakes und der Wirtschaft aus Gründen des Gemeinwohls erwarte, nicht an Subventionen, vielmehr könnten nur grundsätzliche Entschlüsse und tiefgrei fende Maßnahmen von Dauer nützen. Ministerpräsident Schielt wies nach einleitenden Begrüßungsworlen darauf hin, daß es sich bei der Kundgebung nicht um die Klagen eines einzelnen Berufsstandes, sondern um den Rotruf eines Volkes handle, das seine Leiden bisher mit bewundernswerter Ge duld ertragen habe. Aus der schweren Bedrängnis des gan zen Vaterlandes und aller deutschen Gaue habe sich in Sach sen ein Rotstand besonderer Art entwickelt, der hier früher und schärfer auftrete als im übrigen Reiche. Dabei ist Sach sen auch, so betonte der Ministerpräsident mit allem Rach druck, eine Grenzmark. Wir glauben darum auch, ille mögliche Rücksicht und Hilse für uns erbitten zu dürfen. Dop pelt peinvoll ist es dabei für den an verantwortlicher Stelle Stehenden, sich bei dieser beklagenswerten Entwicklung un serer einst blühenden sächsischen Wirtschaft damit bescheiden zu müssen, daß für die Landesregierung die Möglichkeiten, der Rot zu steuern, leider begrenzt sind. Diese Grenze liegt in der unbedingten Rotwendigkeit, die Ordnung im Staatshaushalt aufrechtzuerhatten. Durch Opfer des Staates wurde in Sondersäken verhütet, daß einzelne Betriebe geschlossen werden mußten. Solch« Staatshilfe ist jedoch nur in beschränktem Umfange möglich. Die Wirtschaftspolitik wird im wesentlichen durch dar Reich bestimmt, dem auch kein Allheilmittel zu Gebote steht. Der weltwirtschaftlichen Lage ist auch die Reichsregicrung unterworfen. Ls muß aber alles darangeseht werden, dem deutschen Volk die Lasten zu erleichtern. Wir wünschen weiter, daß auf die empfindlichen Interesse« der sächsischen Wirtschaft in der Verkehrs- und Zollpolitik weit gehend Rücksicht genommen wird. Bei der Steuergesetzge bung müssen fiskalische Interessen zurückgestellt werden. End lich erheben wir den Anspruch, daß das Reich von seinen großen Aufträgen der sächsischen Wirtschaft mehr zukommen läßt als bisher. Der Ministerpräsident schloß: „Es ist nicht unsere Absicht, Begünstigungen sür Sachsens Wirtschaft zu erwirken. Wir sind der tiefernsten Ueberzeugung, daß wenn nicht bald alles Mögliche geschieht, binnen kurzem ein wir t- schaftlicheslrümmerfeldda sein wird, wo die Arbeit von Generationen blühende» Leben erweckt hatte. Findet die sächsische Wirtschaft aber verständnisvolle Hilfe, so wird sie, dessen bin ich gewiß, zähe weiterrlngen um eine bessere Zukunft." Darauf ergriff der Ministerialdirektor im Wirtschaft?- ninisterium Seheimrit Dr. Klier» das Wort zum h a u p t r e fera t „Sachsen braucht Arbeit", dem er zwei Grundgedanken unterlegte, einmal, warum sich die Lage in Sachsen so besonders schwierig gestalte, und dann, was bisher geschah und wie geholsen werden konnte. Nach ihrer Auswirkung für Sachsen potenzieren. Sachsen h-b« drei Prozent der Fläche, acht Prozent der Bevölkerung des Reiches und dreizehn Prozent seiner Industriebevölterung, also um 550 Prozent mehr als seine Fläche "warten lass«. Die Produktions- und Steuerkrätte des Landes waren bisher Der Reichspräsident empfing gestern den ReichStuneu- mintster Wirth zum Bortrag Offiziös wird erklärt, daß zur Zeit keine Verhand lungen über irgendeine Anleihe stattfinden. In Berlin kam es zu einer Saalschlacht zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten. Ter bayerische Landtag ist gestern wieder zusammeu- getretea. Im Zusammenhang mit dem Rücktritt des Kabinetts Steeg empfing der Präsident der srauzösischen Republik gestern eine Reihe führender Politiker. Im Haager Friedenspalast wurde die 2ü. Tagung Les ständigen internationalen Gerichtshofes mit einer seterltcheu Sitzung eröffnet, in der das Rtchterkollegium seine Aemter übernahm. Bei einer Schiffskatastrophe im Schwarzen Meer fanden 54 Personen den Tod. "Waldenburg, 24. Januar 1931. Als das französische Kabinett Steeg gebildet wurde, gehörte keine große Prophetengabe dazu, ihm ein kurzes Leben vorherzusagen. Es war von vornherein ein Ver legenheitsprodukt und strauchelte schon bei seiner ersten Vorstellung in der Kammer. In der Folge hatte dann der Ministerpräsident alle Hände voll zu tun, um nur das Ka binett selbst zusammenzuhalten, ganz zu schweigen von den Parteien in der Kammer. Schon vor der Regierungserklä rung waren ihm einige Staatssekretäre abhanden gekommen denen die Luft im Kabinett nicht gefiel. Und so ging es weiter. Besonders ernst wurde der Konflikt zwischen dem Landwirtschaftsminister Boret und dem Unterstaatssekretär für Volkswirtschaft Meyer wegen der Frage der Getreide preise, und dieser Streit führte dann auch zum Sturze des Kabinetts. Schließlich ging der Streit nur noch darum, ob das Gefamtkabinett oder nur di. beiden feindlichen Brüder zu rücktreten sollten. Die Kammer half dann aus diesem Dilemma hinaus, indem sie der Regierung das Vertrauen entzog. Bei der Abstimmung über die Priorität einer von dem Abgeordneten Buyat eingebrachten Tagesordnung, di« sich gegen die Regierung richtete, vor der Tagesordnung Paccaud, die der Regierung das Vertrauen aussprach, blieb die Regierung mit 283 gegen 293 Stimmen in der Minder heit. Mit einem Seufzer der Erleichterung konnte darauf Steeg dem Präsidenten der Republik das Rücktrittsgesuch des Tesamtkabinetts überreichen. Die entscheidende Abstimmung erfolgte im Verlaufe einer Aussprache über die umstrittenen Getreidepreise. Der der Fraktion Franklin-Bouillon angehörende Abgeordnete Buyat hatte hierzu folgende Interpellation an die Regie rung gerichtet: Kann die Regierung Auskunft geben über die Meinungsverschiedenheit, die innerhalb des Kabinetts über den Getreidepreis besteht und durch die, wenn sie fort dauert, eine die Landwirte und die Konsumenten schädi gende Spekulation hervorgerufen wird? Bei der Begrün dung dieser Interpellation machte Buyat dem Landwirt '.chaftsminister Boret zum Vorwurf, daß er den Beschluß der Minister auf Erhöhung der Getreidepreise bekannt- gegeben habe, anstatt die in solchen Fällen notwendige Diskretion zu wahren. In gewissen Fachzeitungen sei die bevorstehende Getreidepreiserhöhung auf 175 Franken an- iekündigt worden, und dadurch seien Spekulationsmanöver oegünstigt worden. Am Tage nach dem Bekanntwerden dieses Planes sei an der Warenbörse der Umsatz aus das «vechssache des gewöhnlichen gestiegen. Es sei bedauerlich, Amtlicher Teil. Zum Hausiere« mit Brezel« u«d Psa«»kuche« dürfen Kinder unter 14 Jahren in hiesiger Stadt in diesem Jahre ««r i» der gelt vom 2S. Januar bis mit 21. Februar aus- geschickt werden. Auf diese Beschäftigung finden die Bestimmungen des Reichs gesetzes vom 30. März 1903 über Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben Anwendung. Ls dürfen daher «ur über 12 Jahr« alt« Kinder beschäftigt werden und nur, wenn dem Arbeitgeber zuvor eine Arbeitskarte für sie eingehändigt ist. Die Beschäfti gung darf nicht länger als drei Stunden täglich dauern. Mit anderen Gegenständen, als den obenbezeichneten, dürfen Kinder unter 14 Jahren überhaupt «icht hausiere«. Zuwiderhandlungen gegen diese Borschriften werden bestraft. llMburger Tugtblatt Anzeigen bis vorm. 9 Uhr am Ausgabetag Ausgabe nachmittags '/»3 Ahr in der G erbeten. der Standesamtsbezirke Altwaldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba- Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchurskorf, Niederwiera, Oberwiera, Ob rwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Ausgabe nachmittags '/»3 Ahr in der Geschäfts stelle in Waldenburg Sa., Altenburgerstr. 38. Erfüllungsort Waldenburg. Filialen bei Lerrn Otto Förster; in Callenberg bei Lerrn Friedr. Lermann Richter; in LangenchurSdorf bei Lerrn Lermann Esche; in Wolkenburg bei Lerrn Linus Friedemann ; in Penig bei Firma Wilhelm Dahler; in Ziegelheim bei Frl. Schmidt, Postagentur. 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