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3. Anlage zum Ireiberger Anzeiger und Hageölaii. 127. Somtag, Seu L. Juni. " 1899. Oertllches. Königliche- Schwurgericht z« Freiberg. Am Abend deS 2V. Januar dss. IS. und zwar zwischen 6 und 7 Uhr wurde aus der Straße von Frauenstein nach Kleinbobritzsch der Getreidehändler Carl August Häuptvogel aus Kleinbobritzsch von einem Unbekannten angesallen, zu Boden geworfen und dann seiner Baarschaft von 2390 Mark, die er in einer Ledertasche bei nch führte, beraubt. Die öffentliche Meinung bezeichnete bald nuS mehrfacher Ursache den Gutsbesitzer Hermann Richter aus Hartmannsdorf, der an diesem Tage in Frauenstein sich auf gehalten hatte und dort mit Hauptvogel zusammengetroffen war, als den Thäter. Richter wurde in Untersuchungshaft genommen. Gestern fand nun vor dem hiesigen königlichen Schwurgerichte die Verhandlung gegen Richter wegen Straßenraubes, begangen an Hauptvogel statt. Für die Verhandlung waren zwei Tage ange setzt worden; sie wurde aber bereits gestern Abend zu Ende geführt. DieHerren Landrichter Kindler und Assessor Pietsch bildeten mit dem Vorsitzenden der gegenwärtigen Sitzungsperiode des königlichen Schwurgerichts, Herrn Landgenchtsdirekor vr. Rudert, das Richterkolleginm; die königliche Staatsanwaltschaft vertrat Herr Staatsanwalt Leuteritz und Herr Rechtsanwalt Leonhardt-Freiberg jührte die Vertheidigung des Angeklagten. Als Geschworene für die Verhandlung wurden folgende Herren ausgeloost: Franz Kretzschmar, Rentner in Grvßbauchlitz, Franz Bruno Dennhardt, Kaufmann in Marienberg, Karl Eduard Theodor von Zenker, Rittergutsbesitzer in Kreischa, Wilhelm Kirbach juo., Rentner in Berthelsdorf, Ernst Gustav Haufe, Gemeindevorstand m Haisbrücke, Gustav Eduard Braun, Mühlenbesitzer in Döbeln, Friedrich Clemens Creutz, Gemeindevorstand in Kleinbobritzsch, Adolf Backofen, Gutsbesitzer in Markritz, Traugott Leberecht Herzog, Gemeindevorstand in Johnsbach, Albert Berdrow, Kauf mann in Hainichen, Robert Ferdinand Becker, Fabrikant in Hainichen, vr. Heinrich August Vater, Professor in Tharandt, Heinrich Adolf Hülsenberg, Fabrikant in Freiberg. Es waren 27 Zeugen geladen. Der Angeklagte Richter ist am 26. Dezember 1868 in Reichenau bei Hartmannsdorf geboren. Er ist Besitzer eines mit 19500 Mk. Hypotheken belasteten Gutes in Hartmannsdorf und seit 1893 verheirathet. In der letzten Zeit vor seiner Verhaftung befand sich Richter wiederholt in Zahlungsschwierigkeiten. Der Angeklagte leugnet hart näckig die That. Beweise sür die Schuld Richters, welche mit der That in direktem Zusammenhänge stehen, liegen nicht vor. Ilmso schwerwiegender für die Thäterschaft Richters sind die Indizien, aus welchen die Anklage beruht. Es sind dies im Wesentlichen folgende Beweismittel, denen gegenüber das Leugnen Richters nur den Zweck haben kann, sich den Besitz der geraubten Summe, deren Aufbewahrungsort bisher nicht zu ermitteln war, auch für die Zeit nach der Verbüßung der Strafe zu sichern: Etwa 14 Tage vor der That erschien Richter bei Hauptvogel, um ihn um ein Darlehn zu bitten. Dabei fragte Richter, mit welchem Zuge Hauptvogel von Dresden nach Frauenstein zurückzukehren pflege, wZ»n er in Dresden Gelder eingezogen hätte. Hauptvogel er widerte, er komme mit dem gegen 5 Uhr in Frauenstein cin- lreffenden Zuge von Dresden zurück. Das werde auch am Freitag, den 20. Januar (dem Tage des an H. verübten Straßen raubes) der Fall sein. Für diesen Tag oder den folgenden Sonnabend stellte Hauptvogel dem Richter ein Darlehn von 200 Mk. in Aussicht. Richter war am Bahnhof Frauenstein, als Hauptvogel von Dresden zurückkehrte. Nnr Richter konnte wissen, daß Hauptvogel größere Summen bei sich führte. Ob wohl sich der Angeklagte sofort zu Hauptvogel gesellte und längere Zeit mit ihm in Frauenstein zusammen war und obwohl Richter sür diesen und die nächsten Tage die Erfüllung verschiedener Verbindlichkeiten zugesagt hatte, nahm er keine Veranlassung, Haupt vogel nochmals um die Gewährung des in Aussicht gestellten Darlehens zu bitten. Ausfällig war ferner, daß Richter ohne zwingende Nothwendigkeit gerade diesen Tag zu einer Fahrt nach Frauenstein wählte. Der Versuch Richters, sein Alibi für die Zeit, während welcher der Ueberfall geschah, nachzu weisen, ist mißglückt. In Halangs Restauration in Frauen stein bot Richter dem Hauptvogel an, mit ihm in seinem Geschirr nach Hartmannsdors bez. Kleinbobritzsch zu fahren. Er empfahl aber Hauptvogel, vorher sein Leben zu versichern, da bas Pjerd Richters bösartig sei, was in Wirklichkeit garnicht der Fall ist. Hauptvogel lehnte das Anerbieten ab. Ueberall, wo Richter an diesem Abend verkehrte, fiel sein aufgeregtes Wesen auf. Als man Richter von dem Ueberfall erzählte, äußerte er: „Wär' ich nur nicht heute nach Frauenstein gefahren, am Ende denken die Leute gar, ich bin's gewesen." Kurz nach der That trafen Hauptvogel und Richter wieder in Halangs Restauration zusammen. Dabei äußerte Richter, ohne daß sich Hauptvogel vorher über das Aussehen des Thalers geäußert hatte. „Sucht wahr, Hauptvogel, der Thäter hatte einen schwarzen Bart (Richter ist bartlos), graues Jackett und grünes Hütel — ich habe doch eine Mütze auf." Hauptvogel giebt an, daß der Bart, den der Thäter trug, kein echter war, sondern sich als Pelz anfühlte. Richter hatte sich an diesem Tage aus seinem Pelz von dem Kürschner Leuteritz in Frauenstein ein Stück herausschueiden lassen, angeblich um sich eine, von dem Schlage eines Pferdes herrührende Wunde, an die er fror, zu verbinden. Aus dem Wege vom Thatort nach Frauenstein sand man Pelzstücke, die nach dem Urtheil des Sachverständigen zweifellos von Richters Pelz herrühren. Unweit des Käsemodel'schen Grundstückes sand man ferner auf einer Wiese, die der Thäter bei seinem Rückweg berührt haben muß, die Reste eines künstlichen Bartes, der eben falls nur von Richters Pelz herrühren konnte. Während Richter in der Voruntersuchung alle Geschäfte und Restaurationen nannte, die er an jenem Tage in Frauenstein besucht hatte, verschwieg er, daß er auch bei dem Kürschner Leuteritz zu dem an gegebenen Zwecke gewesen ist. An dem Tage nach der That zahlte Richter eine Forderung von 103 Mk. und zwar — ganz gegen seine Gepflogenheit — ohne vorausgegangene Mahnung aus. Noch am Abend der That äußerte Richter: „Na, wer das gewesen ist, der muß aber ganz vorsichtig sein beim Geldausgeben." Für den Charakter Richters ist folgendes Vorkommniß bezeichnend: In dem Bericht über eine Schwurgerichtsverhandlung, der in einem Gasthause in Anwesenheit Richters vorgclesen wurde, war hervorgehoben, daß der Angeklagte nach anfänglichem Leugnen ein Geständniß abgelegt hatte. Darauf sagte Richter: „Das ist aber ein dummer Kerl gewesen, ich würde nn Leben nichts gestehen, mich könnten sic gleich zerhacken." — Richter erklärt bei seiner Vernehmung das Folgende: „Ich bin der Thäter nicht, ich bin unschuldig. Am 20. Januar fuhr ich mit Geschirr nach Frauenstein. Gegen 5 Uhr Nachmittags war ich auf dem Bahnhof Frauenstein, um dort eine Rechnung zu bezahlen. Nur zufälligerweise traf ich Hauptvogel. Wir gingen zusammen in die Restauration von Halang. Dort blieben wir etwa eine Stunde, um dann zu gleicher Zeit, jedoch durch verschiedene Aus gänge, das Lokal zu verlaffen. Verabschiedet haben wir unS nicht von einander. Mein Pferd habe ich nicht als bösartig geschildert. Ich will, da Fischer nichts zu wissen angiebt, nicht mehr behaupten, daß ich in der Zeit von *^7 bis 7 Uhr bei Fischer verkehrte. Es ist wahr, daß ich um die Zeit über den Markt in Frauenstein gerannt bin. Ich ging zu Halang, dann zu Barnert, vielleicht auch umgekehrt. Bei Letzterem hielt ich mich mindestens zehn Minuten auf, nicht, wie Barnert aussagt, höchstens drei Minuten. Von dort ging ich zu Käsemodel, um Geflügelausstellungsloose zu kaufen und Steuer» zu bezahlen. Das war 5 Minuten vor 7 Uhr. Ich sah nach der Uhr, weil ich bei Käsemodel vergebens klingelte, und mich wunderte, daß die Käsemodel'sche Familie, wie ich vermuthete, schon schlief. Ich ging in ein Nachbarhaus, um zu fragen, ob eS wirklich das Käsemodel'sche Haus war, an dem ich klingelte. Ich nahm ein Kind mit an das Käsemodel'sche Haus und klingelte wieder ver gebens. Die Absicht, durch daS Kind mein Alibi nachweisen zu wollen, hat mir fern gelegen. Von Käsemodels Haus ging ich zu dem Cigarrenhändler Barthel, bei dem ich mir 100 Stück Cigarren kaufte. Dann kehrte ich in den „Löwen" zurück, um einzuspannen. Das war in der 8. Stunde. Ich fuhr über den Marktplatz nach dem Halang'schen Restau rant, in dem der Friseur Barthel wohnt, den ich bat, die Beträge, welche ich an Käsemodel bezahlen wollte, diesem zu über mitteln. Halang erzählte dort von dem eben geschehenen Straßen raub. Es ist wahr, daß ich sagte: „Wäre ich nur heute nicht nach Frauenstein gefahren — am Ende denken die Leute, ich bin es gewesen." Die Aeußerung: „Nicht wahr, Hauptvogel, der Thäter hatte einen schwarzen Bart, graues Jackett und grünes Hütel — ich habe doch eine Mütze auf," habe ich nicht gethan. Ferner ist es nicht wahr, daß ich meiner früheren Dienstmagd, der ledigen Weinhold, die Bezahlung der Summe von 421 Mk., welche ich ihr für rückständigen Lohn und für Darlehen schuldete, für den 20. Januar zur Vermeidung der Einklagung zugesagt hatte. Um ein ferneres Darlehen für den 20. Januar bin ich Hauptvogel nicht angegangen; auch habe ich ihn nicht gefragt, wann er von Dresden znrückzukehren pflege. Ich habe Haupt vogel, als ich ihn veranlaßte, mit mir nach Hause zu fahren, nicht unter Hinweis auf mein bösartiges Pferd gerathen, sein Leben zu versichern. DaS Stück Pelz, welches ich mir zum Zwecke des Verbindens einer Wunde aus meinem Pelz herausschneiden ließ, habe ich nicht hierzu verwendet. Ich weiß nicht, wie die Pelz stücken, wenn sie von meinem Pelz sind, auf die Straße gekommen sind. Auf die Aeußerung bei dem Verlesen eines Schwurgerichts berichtes kann ich mich nicht besinnen. Am 20. Januar hatte ich in Frauenstein viel zu besorgen; die Absicht, Hauptvogel dort zu treffen, hatte ich nicht. Auf den Bahnhof Frauenstein ging ich nicht, wie ich früher aussagte, um zu sehen, wie der Zug ans der vor wenigen Monaten eröffneten Station einlief, auch nicht, um, wie die Anklage annimmt, mich zu vergewissern, ob Hauptvogel mit dem Zuge von Dresden zurückkehrte. Es mag sein, daß ich vierzehn Tage vor der That in Zehls Restauration in Klein bobritzsch sagte: „Dem Hauptvogel hat noch Niemand Geld abge nommen; der ist schon mit vielem Geld herumgelaufen." Trotz des wiederholten Hinweises des Herrn Vorsitzenden auf den Widerspruch, der zwischen Richters Angaben und den Ergebnissen der Untersuchung und Zeugenaussagen besteht, wiederholt Richter auch am Schluffe seiner Vernehmung die Unschuldsbetheuerungen. Es wird hierauf zur Vernehmung der Zeugen verschritten. Als der Zeuge Gensdarm Hahn-Frauenstein dem Angeklagten auf den Kopf zu sagte, daß er der Thäter sei, sagte Richter: „Ich weiß genau, daß ich fünf Minuten vor 7 Uhr bei Käsemodels war." In dem Zeitraum von 35 bis 40 Minuten, also von '/« 7 Uhr bis gegen 7 Uhr, für den der Angeklagte sein Alibi nicht vollständig nachweisen kann, konnte der Angeklagte nach den Angaben des Zeugen mit Leichtigkeit die That ausführen und nach Frauenstein zurückkehren. Weiter erzählt der Zeuge: die Bein kleider, welche Richter trug, waren, als er nach der That in Halangs Restaurant einkehrte, auf den Knieen schmutzig. Der Schmutz unterhalb des Kmees konnte nur von den Wiesen hcr- rühren, auf denen Richter bei der Rückkehr vom Thatort gegangen war. An der Stelle, wo man später den falschen Bart fand, mußte der Thäter unbedingt vorüber. Der Leumund, den Richter genießt, ist nicht der beste. Bei seinem Vater machte Richter unter Mithilfe eines Knechtes einen Einbruchsdiebstahlsversuch; außerdem wird Richter von der öffentlichen Meinung als der Verüber eines ebenfalls nicht gelungenen Einbruches im Gemeindeamt zu Hartmannsdorf bezeichnet. Richter erklärt ans Vorhalt, daß er den Weg durch die sogenannten Bürgerfichten, den der Thäter gegangen sein muß, gar nicht kenne, obwohl er in dem nur Stunde von Frauenstein entfernten Hartmanns dorf aufgewachsen sei und dasselbe nur auf kürzere Zeit verlassen habe. Der 78 Jahre alte Zeuge Getreidehändler Hauptvogel aus Kleinbobritzsch erklärt: Nur Richter konnte wissen, daß ich am Abend des 20. Januar eine größere Geld summe bei mir führte. Ich hatte ihm für diesen Tag ein Darlehn von 200 Mk. zugesichert, nachdem ich Richter vorher wiederholt auf diese Weise ausgeholfen. Merkwürdigerweise er wähnte Richter das ihm versprochene Darleben nicht, als wir in Frauensteinzusammentrafen. Ueber den Straßenraub selbst berichtet Hauptvogel: Aus der Hälfte des Weges zwischen Frauen stein und Kleinbobritzsch kam mir ein anscheinend elender Mensch mit verpacktem Gesicht entgegen. Der Mann sprang auf mich zu, warf mich auf den Rücken, kniete mir auf die Brust und riß mir die Geldtasche, in der ich 2390 Mk. führte und die ich unter dem Jackett an einem Riemen trug, weg. Als sich der Mann wieder entfernte, ging er aufrecht. Er hatte nunmehr genau die Gestalt wie Richter. Der Bart, den der Räuber trug, war kein echter. Er sah aus wie Pelz. Nach dem Ueberfall ging ich zu Halang zurück, wo auch Richter wieder einkehrte. Er sagte zu mir," noch ehe ich mit ihm über die Person des Thäters gesprochen: „Nicht wahr, Hauptvogel, der Thäter trug schwarzen Bart?" u. s. w. Was nur geraubt wurde, war mein ganzes Vermögen: ich kann nach dem Verlust keine Geschäfte mehr machen, weil mir das Betriebskapital fehlt. „Das ist weiter Niemand gewesen, als Richter: er wollte mein ganzes Geld baben, darum erinnerte er mich nicht an das Darlehen", schließt der alte Mann. Der Zeuge Gemeindevorstand Hähnel-Hart mannsdorf bezeichnet den Angeklagten als einen Mann von frechem Charakter. Durch den Zeugen Kriminalschutzmann Fröhlich-Dresden wurde festgestellt, daß Hauptvogel die ihm ge raubten Gelder thatsächlich in Dresden vereinnahmt hat. Inder Gastwirthschaft des Zeugen Halang erzählte Richter bei seiner Anwesenheit nach dem Straßenraub ohne jede Ursache, wo er sich zur Zeit der That aufgehalten haben wollte. Richter hatte ein ganz anderes Benehmen als sonst. Dem Zeugen Hamm- Dresden, der zu derselben Zeit in Halangs Restaurant weilte, fiel ebenfalls das Wesen Richters" auf. Zeuge Briefträger Schreiber erzählt: Als Richter nach der That in die Gaststube von Halang trat, fragte er, ob sich die Nachricht von dem Ueber fall bestätige. Als man bejahte, sagte Richter: „Da hört aber doch die Christenpflicht auf" und im Anschluß hieran: „Bei KLsemodels muß man es wissen, daß ich 5 Minuten vor 7 Uhr dort war." In dem Gasthofe des Zeugen Gastwirth Zehl- Kleinbobritzsch kehrten am Abend der That auf dem Heimwege von Frauenstein erst Hauptvogel, dann auch Richter ein. Richter begann auch hier bald wieder mit der Aeußerung über das Aus sehen des Thäters und mit dem Ausdruck des Bedauerns darüber, daß er (Richter) gerade an diesem Tage nach Frauenstein ge fahren sei. Zu Hauptvogel sagte Richter u. A.: „Nicht wahr, Hauptvogel, wir sind (nach 6 Uhr) zusammen von Halang weg ? Ich ging zu Käsemodel; als ich dort war, fehlten noch 5 Min. an 7 Uhr, das weiß ich gewiß." Dem Zeugen Zehl war das Bestreben Richters, ohne jede Ursache sein Alibi nachzuweisen, sehr verdächtig. Richter ließ bestimmt die Aeußerung fallen: „Na, wer daS gewesen ist, der muß aber ganz vorsichtig sein beim Geldausgeben." Der Zeuge Restaurateur Barnert sagt unter Eid aus, daß Richter gegen ^7 Uhr bei ihm eiykehrte und sich nur etwa 3 Minuten, nicht, wie er angiebt, zehn Minuten dort aufhielt. Der Zeugin Dienstmagd Weinhold schuldete Richter, als diese im Oktober v. Js. den Dienst bei demselben verließ, 521 Mk. an Dienstlohn und für ihm gewährte Darlehen. 100 Mark zahlte Richter ab. Für den Rest bat er wiederholt um Gestundung. Bis zum 20. Januar sollte Richter zur Ver meidung der Klage die Forderung auszahlen. Bor 2—3 Jahren vermißte der Fleischermeister Walter aus Dorfhain, der im Richterschen Grundstücke zu thun gehabt hatte, seine Brieftasche, in der sich Geld befand. Man fand sie nirgends. Als Walter mit ernsten Schritten drohte, brachte Richter die Tasche ohne langes Suchen aus dem Schweiuestalle heraus, in dem die Tasche angeblich gelegen hatte. Die Zeugin Weinhold hatte den Stall vorher gründlich durchsucht, ohne die Tasche zu finden. Richter bestreitet konsequent alle von den Zeugen angeführten Thar'-chen, welche ihn belasten. Nach Schluß der Beweisaufnahme uno nach Formulirung der Schuldfragen begannen die Plaidoyers- Die Geschworenen bejahten die Frage, ob Richter des Straßenraubes, begangen an Hauptvogel, schuldig sei, und verneinten die Frage nach mildernden Umständen. Richter wurde dem Spruch der Geschworenen gemäß wegen Straßenraubes zu 12 Jahren Zuchthaus, zu 10 Jahren Ehrenrechtsverlust und zur Tragung der Kosten des Verfahrens vcrurtheilt. — Die Bauthätigkeit in unserer Stavt war in den letzten Jahren bekanntlich eine überaus rege. Namentlich an den der Bauthätigkeit neu erschloßenen Straßen sind eine große Anzahl zum Theil recht vortheilhast ansgestattete Neubauten ent standen und auch in den älteren Straßen der Stadt mußte manches alte Gebäude moderneren Bauten Platz machen. In diesem Jahre blieb bisher die Bauthätigkeit hinter dem Durch schnitt der letzten Jahre etwas zurück. Man beschränkte sich bis jetzt im Wesentlichen auf die Wetterführung der im vorigen Jahre in Angriff genommenen Neubauten am Bahnhof, an der Bahn hofstraße, Beuststraße, Gartenstraße, Jungestraße, Krankenhaus straße, Leipzigcrstraße, neuen Frauensteinerstraße, Olbernhauer straße u. s. w. Erst in diesem Jahre hat man mit den Neubauten am Meißner Ring, an der Buch-, Scheunen- und alten Frauen steinerstraße begonnen. Die Buchstraße wird in ihrem oberen Theil mit Vollendung der gegenwärtigen Neubauten in diesem Jahre endlich vollständig ausgebaut sein. Die stattlicheu Villen, welche sich jetzt auf den Jahrzehnte lang freigelegenen Baustellen« an der oberen Buchstraße erheben, machen einen sehr guten Ein druck nicht nur auf den Einheimischen, vor Allem auch auf den ankommenden Fremden, der den Weg nach der Stadt einschlägt.", Weiter wurde in der Petersstraße das „Gasthaus zum goldenen, Strauß" niedergerissen: an dessen Stelle wird sich in Kürze ei^ schmucker Neubau erheben. Im Laufe des Jahres dürfte noch mancher Neubau in Angriff genommen werden, zumal Heuer ausreichende Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. s Berliner Getreidemarkt-Bericht. Infolge besserer Nach richten über den Saatenstand in Nordamerika herrschte anfänglich schwächere Tendenz, welche sich auf dem Weltmärkte für Weizen aber langsam befestigte, nachdem wieder ungünstige Urtheile über den Winter weizen in den südlichen Gebieten der Bei einigten Staaten laut wurden. Ueberwiegend günstige Aussichten erhalten sich in ganz Westeuropa. Daher ist es erklärlich, daß sich die diesseitigen Importländer im Ein kauf zurückhaltender zeigen und die jeweiligen inländischen Zusuhre» auch reichlich fließen. An deutschen Märkten folgt man der Auswärts- Bewegung nur zögernd, da die kühle und seuchte Witterung, die von warmen und trockenen Tagen unterbrochen wird, als überaus fruchtbar gelten darf. Im Berliner LieserungS-Handel machte die Auswärts- Bewegung im Auslande nur aus Weizen Eindruck, welcher anfänglich für ca. 1'/, Mk. und für September etwa 2'/, Mk. gewann, später aber hiervon wieder 1'/, Mk. einbüßte. Auf Roggen drückten Ange bote von russischer und inländischer Waere; er schloß etwa 1 Mk. niedriger als in der Vorwoche. Hafer verkehrte in lustloser Haltung bei schwachem Absatz. Mais bewahrte bei ausreichender Zufuhr ieinen Preis. Es kosteten nach privaten Ermittlungen 20 Centner Weizen 161,50 Mark; Roggen 151,00 Mark; (Futter-) Gerste 127,00 bi? 133,00 Mark; Hafer 147,00 Mark; Mais —. Freiberger Marktpreise vom 3. Juni 1899. Butter je nach Qualität: 2.40 bis 2.00 ä Kilo. Eingesandt. Extrabeilage betr. Et« seltenes Ereigniß ist es, daß man für nur 10 Mark ev »00 000 Mark gewinnen kann, diese günstige Gelegenheit bietet dis „Aachener Tombau- und KrSnungshaus-Äeld-Lotterle", von welcher der heutigen Ausgabe unseres Blattes ein Prospekt des Bankhauses Rod. Ly. Schröder inBerlrn beiliegt; von Lieser gewiß seltenen Gcwinn-Ehance sollte man umsomehr Gebrauch machen, da das ge- uannte Bankhaus fortgesetzt von ganz besonderem Glücke begünstigt ist: so sielen in den letzten Jahren Hauptgewinne von 600000 Mark, 400000 Ml., 4mal 300000 Mk., 6mal ZOOOOOMk., weitere» 150 000 Mark, 100 000 Mk., 90000 Mk., 80 000Mi., 70 200 Mk., 60 000 Ml. re. rc. aus Loose, welche bei Schröder gelaust waren.