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SkilM IM Dche«ßkiii'Eri>SIftlkr Amnsn Tageblatt. Nr. 81. Sonntag, dm 10. April 1910. 37. Jahrgang. Kircheaaachrichte». M«r»ch1e Kt. Trtuitatis z« K»öeusiei«-Ar«stt-»t. Bom 2.-9. April 1010. Getauft: 1 unedel. S. Begraben: Helene Paula, T. d. Färber» Max Arthur Kluge, 3 M. Louise Bertha Venter, geb. Scheibe, Echlosser- meisterSebefrau, dl I. Lina Elsa, T. d. Gcschirrsühier» Klemen» Oskar Meyer, 3 M. I unehel T., 3 M. Am Sonntag Misericordia» Domini, den 10. April 1910. Früh 7 Uhr Beichte und heil. Abendmahl. Herr Pastor Schmidt. Vormittag» 9 Uhr Predigtgottesdienst, 1. Petri 2,20-25. Herr Pastor Schmidt JünglingSvrrein abend» halb 8 Uhr im Gemeindehaus. Jungsrauenverein abend» halb 8 Uhr im Gemeindehaus. Montag nachm. 2 Uhr Großmuttervereinigung im Ge meindehaus. Montag, abend« 8 Uhr Versammlung im Frauenverein, Wettinerhof. Donner-tag abend» halb 8 Uhr MtssionSkränzche» im Gemeindehaus. Wochrnamt: Herr Pastor Hiecke. M«r»chte Zt° K-ristsp-ori tuKoße«stei«--r»sit-al. «om 2.-8. April ISlO. Getauft: Ella Anna, L. d Postillon» Grnst Hugo Landgraf. Karl Walter, S. d. Expedienten Karl Eduard Finsterbusch, August» Erna, T. d. Webers Karl Theodor Arthur Friedrich. Begraben: Friedlich Kurt, S. d. Schleger» Christian Herman« Krauß, 2 M. 9 T. Am Sonntag Misericordtas Domini früh 7 Uhr Beichte und Kommunion. Vormittag« S Uhr Hauptgottesdienst. Predigt über 1. Petli 2, 20—25. Herr Pfarrer Albrecht. Nachmittag halb 2 Uhr kirchliche Unterredung mit den konfirmierten Jungfrauen. Borm. S Uhr VredigtgotteSdienst im Hütlengrundbetsaalc. Ev.-luth. Jungsraucnverein abend» 8 Uhr im BereinS- lokal. Ev.-luth. JünglingSvrrein abend» 8 Uhr im Vereinslokal. Landeskirchliche Gemeinschaft und Blaukrcuzverrinigung abends halb 9 Uhr Breitestraße 31. Mittwoch, den 13. April 1910, Vorm. 10 Uhr Wochcn- k»mmunion. Wochenamt Herr Pastor Dybeck Mo« Vöerl««gwttz. Getauft: Edmund Johannes, S. d. Handlungsgehilfen Franz Edmund Müller. Otto Franz, S. d. Fuhrwerksbe- sitzerS Hugo Brun« Sonntag. Getraut: Drr Steinbrucharbeiter Hermann Unger hier, mit der Klara Hedwig Wetzel hier. Begraben: Eine ungetaufte L. d. Nadelmacher» Theodor Hermann Hübsch, 1 M. 9 T. Der GastholSdesitzer Fedor Hermann Franke au» Göhren b. Wcchs lburg, ein Ehemann, 57 I. v M. l 1 T. Walter Wilhelm, S. d. Fleischer« Karl Vilhelm Kluge, 1 I. « M. 11 T. Am Sonntage Misericordia« Domini, drn 10. April 1910, vormittag» halb 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt über l. Petri 2, 80—25. Herr Pastor Schödel. Borm. 10 Uhr Taufgottesdienst. Abend» 7 Uhr Jungsrauenvercin. Begrüßung der Neu- rintretenden. Abends 8 Uhr evang. Arbeiterverein im Forsthause. Ge dächtnisfeier für Pastor Friedrich von Bodclschwingh. Auch Frauen sind zu diesem Abende herzlich willkommen. Wochenamt: Herr Pastor Schödel. Mo« cherodorf. «om 31. Mär, öi, s. April 1910. Getauft: Gerhard Rudolf, S. d. B. Rudolf Poul Weickert. HanS Curt, S. d. B. Paul Richard Rösler. Elsa Johanna, T. d. Zimmermanns Curt Mitzscherling. Begraben: Karl Willi, S. d. B. Karl Franz Kirchner, S M. 20 T. Arno Emil, S. d. B. Oskar Smit Fritzsche, 1 I. 8 M. 10 T. Karl Gottlob Schneider, Invalid, hier, ein Witwer, 85 I. 7 M. 20 T. Am Sonntag Misericordia« Domini, den 10. April 1910, vormittags 9 Uhr Gottesdienst. Herr Pastor Hildebrand. Danach Beichte und heil. Abendmahl. Nachmittags halb 2 Uhr Kindergottesdienst. Abend« halb 8 Uhr Jungsrauenvercin. Abend« 8 Uhr Versammlung im Gcmeinschastssaal. Dienstag, den 12. April, abends 8 Uhr Bibclstundc in der Ktrchschule. Donnerstag, den 14. April 1910, früh 9 Uhr Wochen kommunion. Die Woche sür Taufen und Trauungen hat Herr Pastor Hildebrand, sür Hauskommunionen und Begräbnisse Herr Pastor Böttger. Mo« Mennsdorf Am Sonntag Misericordias Domini, den 10. April 1910, vormittag» 9 Uhr Hauptgottesdienst mit Predigt über 1. Petri 2, 20—25. Nachm. 2 Uhr kirchl. Unterredung mit der konfirmierten weiblichen Jugend. Mo« MSste«vra«d. Am Sonntag MisericordiaS Domini, 10. April 1910, vvrm. 9 Uhr PredigtgoiteSdicnst. Nachmittag« halb 2 Uhr kirchliche Unterredung. Abend» Uhr Versammlung de» evang. Jüngling»- verein». Freitag, den 15. April, abend» Uhr Bibelstunde der landeSkirchl. Gemeinschaft im Pfarrhause. Mo» Ursprung Betaust: Eduard Paul, G. d. Trainirrcr» Friedrich Eduard Lindner in SciserSdors. Begraben: Friedrich Curt, S. d. Gartenbesitzer» Her mann Loui» Rudolph in SeiferSdors, 1'/, L. alt. Am Sonntag Misericordia« Domini, den 10.April 19lS, vormittag« halb 9 Uhr Predigtgoltckdienst. Nachmittags 2 Uhr in der Schute zu SeiferSdarf Prcdigt- gottesdienst und Feier de» heiligen Abendmahls. Mittwoch, am iS. April vorm. halb tO Uhr Wochcu- kommunion. cLongenfirrg »it Weissdorf. Am Sonntag Misericordia« Domini, den 10. April 1910 früh 9 Uhr Hauptgotte«dienst mit Predigt über 1. Petri 2, 20-25. Nachmittag« halb 2 Uhr kirchliche Unterredung mit den Konfirmierten der drei letzten Ostern. Mon «Langevch«r»dorf mit Iolkn. Am Sonntag Misericordia» Domini, den 10.April 1SlO, srüh halb 9 Uhr Beichte. Vormittag« 9 Uhr Go teSdicnst mit Predigt und h-iligeS Abendmahl. Nachm. halb 2 Uhr Kindergottesdicnst. (Verteilung von Bibeln an bedürftig« Kinder.) Eine neue Lebensstener. Im vorigen Jahre wurde Mord und Brand geschrien über die vielen Steuern von Reichs-, StaatS- und Gtadtwegen. Dies Jahr kann e» aber noch ganz anders kommen, wenn die drohen den Zwistigkeiten im Baugewerbe nicht verhütet werden, lind wer darunter am meisten zu leid'» haben wird, daS find wieder kleine Leute und Ar beiter. Die D fferenzen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern im Baugewerbe betreffen nicht bloß große Städte, sie greifen tief ein tn die Mittel städte, fie zeigen sich auch in den Kleinstädten, wo überhaupt Baulust besteht. Und der kritischste Punkt dabei ist noch gar nicht beachtet worden. Er besteht nicht darin, daß von einem Streik oder einer Aussperrung die Arbeiter und Meister ver wandter Baubetriebe, die Bauschloffer, Tischler, Glaser, Klempner, Maler, Dekorateure usw. tn Mitleidenschaft gezogen werden, sondern in einer Verteuerung der Hypothekengelder. Und damit werden ganz selbstverständlich auch alle Wohnungen, namentlich aber wieder die der bescheidenen Leute verteuert. Auch die Wohnung-mieten können bet dem herrschenden Bevölkerungszuwachs tn Deutsch land nur dann auf einem maßvollen Stand sich halten, wenn der Nachfrage nach Wohnungen daS Angebot von Wohnungen entspricht. Diese können aber nur tn Neubauten gefunden werden. Neu bauten sind ohne Hypotheken unmöglich; denn daß ein HauSerbauer tn Deutschland stets den Neubau mit barem Gelde bezahlen kann, ist doch ausgeschlossen. Wenn da» der Fall sein sollte, müßten schon Reich, Staat oder Stadt als Bau herren austreten. Hypotheken galten, wenn auch dabei ost Überstürzungen vorgekommen find, al» gute Geldanlage, daher waren die sür den M rt- preis bestimmenden Zinsen doch mäßig bisher In der Gegenwart find fie teurer; kommt ein großer Baukrtrg, dann wird bei den Geldgebern eine allgemeine Scheu eintretrn, und dir Folge ist dann eine MietSschrauberei ohne Ende. DaS wird eine Steuer sein, hinter der sich alle Retchs- steuern von 190» verstecken können. Und nun wollen wir auf einen grrade sür die Arbeitnehmer noch besonders wichtig«» Punkt hin« deuten. Gr betrifft nicht die Arbeiter im Bau gewerbe, sondern alle Arbeiter überall, ohne AuS- nähme. Jeder Gewerbetreibende, von ganz ver einzelten Ausnahmen abgesehen, muß für seine geschäftlichen Zwecke ganz andere Ausgaben auf wenden, wie einst, ohne daß sich daS Mehr oft im entsprechenden Verhältnis bezahlt machte. Die Einnahmen find im Gegenteil oft niedriger, als fie früher waren, aber — rS kann der Eine nicht Zurückbleiben, wenn der Andere vorwärt» geht. Ost hätte der Andere, gerade hrrauSzesagt, etwas GeschetdtereS tun können, aber heute wird ja nun einmal viel zu sehr mit Hoffnungswechseln gear- beitet. Wird nun die GeschäftSunkoffeulast noch mehr verteuert, dann ist es nicht alle n e klaclich, sondern selbstverständlich, wenn ein Arbeilgrber zu einem Teil seines Personals sagt: „Liebe Freunde, ich kann nicht mehr, Ihr müßt gehen und ich muß meinen Betrieb einschränken. Die Unkosten fressen mich auf." Wer heute am dringendsten Teuerungszulagen gebraucht, das ist der selbst ständige Nährstand. Aber er schweigt. Indessen noch mehr Lasten, da» geht absolut nicht mehr au. Der sogenannte neue wirtschaftliche Ausschamna ist ohnehin ein Pflänzchen, da» ziemlich kümmerlich gedeiht. Er kann'» auch nicht, weil dir gesamte Lebenshaltung zu teuer ist. Sollte rin großer wirtschaftlicher Kampf noch hinzu kommen, dann könnten virle Branchen getrost wieder von vorn ansangen, wenn fie eben Lust dazu hätten. Ein Krieg würde un» nicht einmal so teuer werden, wie eine neu« KrtfiS. E» läßt sich ganz gewiß über Viele» reden, aber e» läßt sich unter drn hrutigrn Verhältniffrn nicht mit drm Kopf durch die Wand rrnnen. Uebrr die neuen RetchSsteurrn herrschte Heller Protest, bi» man sich langsam da mit al» etwa» Nolwrndigr« vertraut machte. Aber eine neue Lebens- und Existenzstrurr, wie fie hier droht, wäre nicht zu verwinden. Sächsischer Landtag. Dre»de«, 8. April. Die Zweite Kammer er- ledigte heute vormittag V,10 Uhr eine nur be scheidene Tagesordnung. Vom Etat erledigte mau m Gegenwart des Finanzmtnistrr» zunächst Kapitel 1S, Einnahme dec allgemeinen Kaffenorrwaltung. Abg. Wöhler-Trimmitsche« (natl.) beantragt namen» der Ftnanzdeputation -ü, die Einnahmen diese» Kapitel» mit 1843970 M. zu genehmigen. Die Ziusea von den Wertpapieren, welche sich unter dem Kaffenvermögen der Finanzhouptkaffe b. finden, find gegen den vorigen Etat um »80000 Mark niedriger eingestellt worden, weil mit einer Verminderung der Aertpapierbestande» zu rechnen ist. St werden so und so viel Wertpapiere ver äußert werden müssen. Aber auch die Barbestände der Ftnanzhauptkaff» werden sich durch deren In anspruchnahme für di« D.ckang de» »rd«ntlichen und außerordentlichen Sl«at»b«darf» fortgesetzt vermindern. Ohne Debatte wird da» Kapitel genehmigt. Abg. Hartkr-N-udörschen (kons.) referiert als dann über K-pitrl 8», verschiedene bauliche Zwecke. ES wird beantragt, die Einnahmen mit »0 M. nach der Vorlage zu genehmigen, die Ausgaben mit 81700 M, darunter 18000 M. künftig weg- fallend, zu bewilligen und die Aufgabe de» fiska lischen WafferbezugirechteS an einigen Parzellen des Flurbuches für Lauterbuch zu genehmigen. Dies hängt damit zusammen, daß der Staat die Unterhaltung der Lauterbach-Stolpeurr W fferlei- tung bereit» seit den Zeiten de» fiebeujährigen WM U ADU MU MW LIL. üewlrkon unv vei-»ec«en K," HA K KW A Obemnltr, Künl88lr7J4 ie fallen 'rein INI» i m IVWIMMrWWWWMWWWIWWWWMIMViWMWKMIMIWMMM wenn Sie nicht ausdrücklich den vorzüg lichen Malzkaffee „Bams" verlangen. Kei Sonnenuntergang. Littauischer Roman von M. von Wehren. 11 (Nachdruck verboten.) Die Stätte, die ein guter Menicb betritt. Ist eingeweiht; nach hundert Jahren klingt Sein Wort und seine Thal Vein Enkel wieder. Goethe. Littmren, Ostpreußen? Perle! Wie stehst du ver lockend vor meiner Erinnerung mit den dichten, immer grünen Wäldern, den rauschenden Flüssen und silberhellen Bächlein: den weiten Wlesenslächen mit ihrem Blumcn- flohr, darauf man wie auf einem Teppich wandelt Ich sehe deine herrlichen Rosse sich tummeln, die glatten Rinder und Färsen sich wohlig strecken und dehnen auf sammetartigem Untergrund. Wir schön sind deine Felder im Sommer-Sonnen schein. Hin und her wogen die schweren Achten der Fruchtbreiteu wie die Meerrswellen: nur zerstöre» sie nicht wie dies«, sondern schaffen Wohlstand und Be haglichkeit den Bewohnern auf diesem gesegneten Stück Erde. Seliger Jugendtraum l — Du meine teure Heimat! Viele Jahre sind dahingegangen, seit ich dich nicht wiedergesehen; aber vergessen bist du nicht, wirst du nicht werden, bis man mich einbcttet, zu den vielen, die vor mir in deinem Schob ihre Rnhe gefunden. Dir, Land meiner Kindheit, sind die nachstehenden Bilder gewidmet: Wahrheit und Dichtung. Wer will erforschen, wo die eine anfängt, die andere anfhört; es müßten sich Gräber öffnen und längst Dahingeschiedene «um Leben erweckt werden. Unter einem Weidenbaum sitzt traumnmfauge<i ein kleines Mädchen, die Hände mit Blumen gefüllt und die tiefblauen Augen halb aufgeschlagen nach den weißen Wolken, welche wie Schäfchen am Horizont hinziehen. Dicht neben dem Ruhesitz des Kindes, an beiden Seiten von unabsehbaren Korn- und Weizenfeldern begrenzt, führt die Straße zu einem nicht weit entfernt auftauchenden Wald. Einen Büchsenschuß rückwärts verkünden dünne Rauchwolken die Nähe eines größeren Dorfes, welches nnr in einzelnen Häusern sichtbar wird, da kleine, mit Laub- und Obstbäumen bestandene Hügel es meist verdecke.:. Unbewußt bewegen sich die Finger der Kleinen und um die roten Lippen zieht ein halb trotziges, halb sehnsüchtige-:' Lächeln. In der zierlichen Schürze befinden sich eine Menge Kornblumen neben einem hellfarbigen - Kranzgcwinde. Unter den dunklen, etwas zerzausten Haarmassen, die vollständig die Stirn verdecken, öffnen sich dann und wann die sprechenden Augen, um sich blinzelnd sofort wieder zn schließen. Ansgeschreckt durch leichtes Geräusch, springt sie noch schlaftrunken auf, reckt und dehnt sich, nestelt an ihrer Schürze und läßt die Blumen unbeachtet zur Erde fallen, während sie ängstlich Umschau hält. Dann tönt es aus ihrem Munde: „Guck mal die schönen braunen Tiere mit dem prächtigen Geweih, denen will ich nach und sie dem Brüderchen als Reitpferd mitbnugen. Anka singt ja immer der Puppe im Wiegcnbettchen: Hirschle-n im Wald, Komm bald, recht bald In unsere Stuben, Zn unserm Buben, Er wartet schon dein. Will dein Reiter sein. Ach, wie wirds Mütterchen lachen und schnell gesund werden, wenn Lenchen zurückkehrt mit den Spiel gefährten." Sie stürzt förmlich nach auf dem Wege, den das Rudel Wild vor ihr zeigt, und ob auch durch Dornen und Dickicht, sie achtet es nicht. Bald verschwindet neckend eins der Tier? links, eins rechts im Holz, dann taucht es wieder auf, gleichsam, als spiele es Versteck mit dem Kinde. Hell ausjanchzend folgt dieses immer weiter nnd weiter, bis jene vlötzli verschwunden bleiben. Ein anderer Wnldzauber hat LLüchM indes schon in seinen Bann gcthan. Verlockt durch das Neue, Wunderbare, das sich ihren Augen bietet, eilt sie vorwärts, immer beschäftigt, die Schatze, die ihr unter dem grünen Blätterdacb cntgegeuwiuken, für sich einzuheimsen. Da stehen Maiblumen: schnell wird eine kurze Rast gemacht und alles für die kranke Mutter mitgenommen. Dort hüpft ein bunter Vogel über den Moosteppich: nun nnfgescheucht, flattert er von Zweig zu Zweig, indes sie langsam hinter ihm hergeht. Der Buntspecht hämmert lustig darauf los und sie verfolgt ihn auf seiner Wanderung am Stamm entlang mit tiefsinnigem Blick, kann die Augen von dieser allerliebsten Kletterpartie kaum losreißen. Wie zierlich der Vogel hüpft und tänzelt, das Köpfchen mit der roten Mütze in ständiger Bewegung! Derartiges hat sie noch nie gesehen, das muß sie Anka erzählen. Ob das Tierchen vielleicht von einer Hexe verzaubert ist? Es schaut sie so eigen an, daß ein Zittern den kleinen Körper überläuft. Zagend trippelt sie weiter auf die Waldwiese: hier wachsen Tausende von Vergißmeinnicht und das Bächlein in ihrer Mitte murmelt so friedlich. Sie rupft und znpft, fühlt sich ermüdet und gähnend schant sie sich um. Es ist so ruhig, unheimlich still. Wo ist sie hingerateu? Alles ist so fremd, wie findet sie wieder zur Mutter, zum Väterchen, zu den Geschwistern zurück? Nicht Weg noch Steg. In rosigen Streifen zieht di« Abendsonne durch das Unterholz, einzelne Stellen gespeusterhaft beleuchtend. Mühsam arbeitet sie sich durch das Gewirr der Brombecr- ranken, den ermatteten Körper immer wieder zu erneuter Kraftnnstrcugung zwingend. Die Kleider sind zerfetzt und blutige Streiken ziehen sich über die runden Aermcken: sie achtet dessen nicht, nun sic laut weinend jedes Hindernis bei Seite drängt. Dort aber, das große Wasser, den tiefen See, ihn kann sie nicht aus dem Wege schaffen. Jammernd, immerfort um Hilfe rufend, stürzt sie wieder ins undurchdringliche Buschwerk. ..Väterchen, Väterchen!" ächzt sie fortwährend, „hole Dein Leuchen nach Hanse, ich werde immer artig sein und nie sort- lanfen! So helft mir doch!" Immer entfernter tönen die Klagelaute und es wird stille, ganz stille im Wald. Kein Rauschen der Blätter, kein Ton, kein Laut in der Natur. Die Nacht bricht an, eine wonnige Frühlingsnacht. Dem verirrten Kind aber bringt sie furchtbare Schauer, bis der er mattete Körper ohnmächtig zusammeubricht. * Der Grcnzwald schließt den Marktflecken Rogawen von zwei Seilen ein. Weit von einander durch Acker stücke und Gärten getrennt, liegen die Hosstellen der Bauern. Das Klappern der Räber einer Wassermühle vermischt sich harmonisch mit dem Klang der Abend- glocken, welche in immer schwächeren Schwingungen leise verhallen. Auf dem einzigen Berge, zu dessen Füßen sich die Häuser ausbreiten, steht die alte verwitterte Kircke; nnweit davon ein nicht jüngeres Pfarrhaus, srenndlich von Obst- und Blumengärten umgeben, welche sich aus einer Seite an die avwärts führende Straße anlchncn, auf der anderen dicht btS zum Bach führen, der die Mühlwerkc speist. Ein stimmungsvolles Bild ländlicher Rnhe nnd Behaglichkeit zeigt das geräumige Mühlcn- haus. Seitwärts nmichließt es ein ansehnlicher Winschastshof, auf dem sich allerlei Geflügel mit Pracht- gefieder tummelt und drcist bis znr Freitreppe vor- driugt, wo meist ein schwarzlockigcS, bildhübsches, junges Mädchen, eigentlich noch ein Kind, von weißen und bunten Tauben umflattert, verschwenderisch Futter und Liebkosungen »usteilt. (Fortsetzung folgt.) Orsksl^si-LsiHsnIiÄUS 2iS§kris6 k>iScls,01iSmnil2. L