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Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callvberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, O berwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Ker«spr«ch-r Rr. 9. Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 192. Sonntag, Sen 18. August 1901. Wittcrungsbericht, ausgenommen am 17. August, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 768 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -4- 20" 6. (Morgens 8 Uhr -st 17" 6.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Pvlymeter 43"/o. Thaupunkt -st 8" 0. Windrichtung: West. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 0,s MM. _Daher Witteruugsausfichten für den 18. August: Meist halbheiter. "Waldenburg, 17. August 1901. Nach den letzten Volkszählungen ergiebt sich für die wichtiger» Kulturstaatcn nach d?r Bevölkerungszahl um die Wende des Jahrhunderts folgende Reihenfolge: An der Spitze steht das europäische Rußland, dessen Volks menge 100 Millionen beträchtlich übersteigt; mit reichlich 76 Millionen folgen die Vereinigten Staaten von Nord amerika, und mit mehr als 56 kommt an dritter Stelle unter den Kulturmächten das deutsche Reich. Oesterreich- Ungarn umfaßt 45, das großbritannische Jnselreich 41 Millionen Einwohner. Zwischen ihnen wäre noch Japan zu verzeichnen. Mit weniger als 39 Millionen folgt Frankreich und mit 32 als letzte europäische Groß macht Italien. Vor einem halben Jahrhundert waren die Unterschiede zwischen den Bevölkerungsziffern erheblich geringer. Rußland freilich hatte auch damals mit seinen 66 Mill, einen weiten Vorsprung, der sich aber inzwischen noch vergrößert hat; die übrigen Länder dagegen folgten ein ander mit geringen Abständen. Den zweiten Platz be hauptete das heute an die vorletzte Stelle gerückte Frankreich mit 35 Millionen. Ziffernmäßig auf der selben Stufe, wegen der politischen Zerrissenheit aber Weit tiefer, stand das heutige Deutschland. Oesterreich- Ungarn, Großbritannien und Italien, letzteres mit 25 Millionen, schlossen sich in enger Folge an. Ter hervorstehende Zug in der während fünfzig Jahren vollzogenen Bewegung ist das auffallende Zurück bleiben Fraukreichs. Es ist eine bekannte Thatsache, daß die Bevölkerung Frankreichs nahezu zum Stillstand gekommen ist. Zwischen den letzten beiden Volkszählungen, das heißt in fünf Jahren, hat Frankreich nur eine drittel Million Einwohner gewonnen, die obenein zum großen Theile auf die Einwanderung, namentlich nach Paris, zurllckzuführen ist. Deutschland vermehrte sich in derselben Zeit um mehr als 4 Millionen Einwohner. Geraume Zeit betrachtete man bei unsern westlichen Nachbarn dieses Beharren als einen Vorzug. Neuer dings aber mehren sich die Stimmen, die eine schwere Gefahr darin erblicken, daß Frankreich, während einer Zeit beispielloser Bolkszunahme in dem übrigen Europa, sich nicht von der Stelle gerührt hat und nahe daran ist, nach der Volkszahl an die letzte Stelle unter den Großmächten zu rücken. Großbritannien blieb im letzten Jahrzehnt mit einer Volksvermehrung von reichlich 12 v. H. nicht weit hinter der Deutschlands zurück. Dieses schreitet unter den mittel- und westeuropäischen Groß staaten in Bezug aus die Bevölkerungs-Zunahme an der Spitze. Tie Volkszunahme in Deutschland war im letzten Jahrfünft stärker denn je und stieg schließlich auf rund 800,000 Köpfe jährlich. Dabei ist jedoch zu beachten, daß trotz der steigenden absoluten Zunahme die relative jährliche Geburtenziffer ihren Höhepunkt überschritten hat. Die Zahl der jährlichen Geburten auf tausend Ein wohner war nämlich in den siebziger Jahren bis über 42 gestiegen und ist in den neunziger Jahren auf 37 gesunken. In noch erheblich stärkerem Maße aber sank erfreulicherweise die Sterblichkeit. Nahmen im Durch schnitt der neunziger Jahre gegenüber dem der siebziger Jahre dir jährlich auf tausend Einwohner entfallenden Geburten um etwa vier ab, so verminderten sich die Sterbefälle um mehr als fünf, sodaß die Zahl der Ein wohner, zumal bei sinkendem Auswanderungs-Verlust, bedeutend zunahm. Die beträchtliche Verminderung der Cterblicheit stellt der staatlichen, communalen und privaten Fürsorge für die Volksgesundheit ein ehren volles Zeugniß aus. Tie Volkszahl bestimmt zwar nicht allein die welt politische und wirthschaftliche Stellung eines Staates und Volkes; aber sie fällt schwer in die Wagschale. Wir können uns daher der gesunden Volkskraft freuen, die in der deutschen Bevölkerungs-Bewegung ihren sicht baren Ausdruck findet, und haben alle Ursache, diese Volkskraft zu erhalten. Ties bezweckt auch die Zoll politik des Grafen Bülow; denn dadurch, daß der Reichskanzler für die Landwirthschaft fürsorglich eintritt, erhält er den „Jungbrunnen des Volkes." Politische Rundschau. Deutsches Reich. Ter Kaiser, der Tags vorher auf Schloß Wilhelms höhe bei Kassel eintraf, machte dort Freitag früh einen Spazierritt. In den nächsten Tagen wird König Eduard von England, der in Homburg v. d. Höhe zur Kur weilt, das Kaiserpaar in Wilhelmshöhe besuchen. Nach einer Mittheilung der „Königsb. Hartg. Ztg." aus Petersburger diplomatischen Kreisen halten der deutsche und der russische Kaiser an dem Wunsche einer persön lichen Begegnung und Anssprache fest. Zeit und Ort der Zusammenkunft dürften öffentlich erst kurz vor der Thatsache bekannt gegeben werden. Eilie Centrumscorrespondenz bemerkt zu den Reden des Grafen Waldersee, daß Graf Moltke früher nie ähnliche Reden gehalten und Fürst Bismarck das auch nicht geduldet haben würde. Wenn der gegenwärtige Reichskanzler diese Reden nun dulden muß, und vielleicht gar nur ungern duldet, so kann das auf die Tauer nicht unbekannt bleiben. Und was das Ausland be trifft, so fragt es sich, ob sich dieses an den verant wortlichen Reichskanzler oder an den ersten General der deutschen Armee halten solle. Ein Zickzackkurs in innerpolitischen Fragen ist schlimm, in diplomatischen Dingen aber müssen mehrere Köche erst recht den Brei verderben. Es geht nicht an, daß unsre internationale Politik von einem Doppelposten Bülow-Waldersee be wacht werde. Entweder wird sich die Nation in eine Walderseesche Kanzlerschaft zu fügen haben, oder Gras Waldersee muß aufhören zu reden. Ter ständige Ausschuß des Landwirlhschaftsraths ist am gestrigen Freitag unter dem Vorsitz des Abg. Grasen Schwerin-Lowitz zu seinen Besprechungen über den neuen Zolltarif zusammengetreten. Eingeleitet wurden die Verhandlungen durch ein ausführliches Referat des Vorsitzenden über den Entwurf eines Zoll- larifgcsetzes. Nach den Berathungen darüber, die sehr eingehender Natur waren, werden am heutigen Sonn abend die hauptsächlich erforderlichen Abänderungen der Zollsätze des Tarifentwurfs einer Besprechung unterzogen werden. Zu dem Prozeß wegen der Ermordung des Ritt meisters v. Krosigk wird aus Gumbinnen berichtet, daß die Aufregung unter der Bevölkerung in ständigem Wachsen begriffen ist. Als die Angeklagten Marten und Hickel nach Schluß des ersten Verhandlungstages, in dessen Verlauf sie stets ihre Unschuld betheuerten, unter sicherer Bewachung in Arrest abgeführt wurden, spielten sich auf dem Kasernenhofe erschütternde Scenen ab zwischen der tiefgebeugten Mutter Martens und ihrem Sohne und zwischen dem Angeklagten Hickel und seiner Ehefrau, der Schwester Martens. Manchem im Tienste ergrauten Soldaten traten beim Anblick dieses Jammers Thränen in die Augen. Am Freitag wurde die Zeugen vernehmung fortgesetzt, ohne daß bisher etwas Belasten des für die Angeklagten zu Tage trat. Von militärischer Seite wird der „Nat.-Ztg." ge schrieben: Mancher von den Vielen, die sich für die Bewaffnung unsres Heeres und artilleristische Fragen interessiren, wird sich nock der Ueberraschung erinnern, die der Kaiser den Militärattaches der fremden Mächte bereitete, als er ihnen im Frühjahr 1897 das neue Feldgeschütz im Gebrauch der Truppen zeigte. In der Stille, ohne daß ein Wort an die Oeffentlichkeit gedrungen wäre, hatte die Heeresverwaltung die deutsche Artillerie mit über 4000 neuen Geschützen bewaffnet, um, als die neue Bewaffnung vollzogen war, Europa vor eine vollendete Thatsache zu stellen, die für Freund und Feind gleich unerwartet kam. Und doch waren dieser Arbeit Verhandlungen mit der Commission des Reichstags, lange Versuche auf den verschiedenen Schieß plätzen voraufgegangen, auch war jede Kanone, jede Lafette bei ihrer Herstellung Hunderten von Arbeitern und Beamten durch die Hände gegangen und Tausende wußten darum. Wenn man sich fragt, wie eine solche Arbeit den Augen des Auslandes verborgen bleiben konnte, so kommt man zu der Ueberzeugung, daß Jeder, Abgeordneter, Beamter oder Arbeiter, dem Kenntniß von dieser neuen Bestellung ward, sich ernstlich der Wichtigkeit der Geheimhaltung bewußt war. Und heute? Schon seit dem Herbst vorigen Jahres wurden bald hier, bald da in versteckter Weise Angriffe auf die Brauch barkeit des deutschen Feldgeschützes gemacht, denen sich Nachrichten über angebliche Neubewaffnung der deutschen Artillerie anschlossen, die schließlich zu der Interpellation an den Kriegsminister im Reichstage führten. Tas Ausland nahm diese Nachrichten mit Freuden auf und besonders in französischen Zeitungen begegnete man Be merkungen, die, ob richtig oder falsch, dem Leser die Meinung beibringen mußten, die deutsche Heeresver waltung habe mit dem Geschütz 96 einen starken Miß griff gethan und werde sich zu einer Neubewaffnung gezwungen sehen. Dazu wußten fremde Offiziere über Vorgänge, die nach den bisherigen Begriffen unbedingt geheim zu halten waren, oft so genau Bescheid, daß man davon aufs peinlichste überrascht wurde. Ist doch sogar in einem fremden Parlament Seitens eines hohen Offiziers die Behauptung aufgestellt worden, die deutsche Artillerie beginne bei einer jüngeren rheinischen Fabrik Rohrrücklauf-Feldgeschütze zu bestellen. Seitdem häufen sich in deutschen und fremden Zeitungen die Nachrichten über Versuche, die sonst geheim gehalten zu werden pflegten. Mag an diesen Auslassungen wahr sein, was will, Eins steht fest: sie tragen nicht dazu bei, das Vertrauen in die Voraussicht der Heeresverwaltung zu erhöhen, und setzen die jetzige Artilleriewaffe ganz un gerechtfertigter Weise in den Augen Derer herab, die sich ihrer bedienen sollen. Es erscheint im Interesse des Landes dringend geboten, daß dieses Treiben nicht fortgesetzt werde. Für eine Vermehrung der deutschen Schutztruppe in Kamerun tritt die „Tägl. Rdsch." ein. Es sei ein dringendes Bedürfniß für uns, die Schutztruppe wenig stens zu verdoppeln. In den zuständigen amtlichen Kreisen stehe man aber dieser Nothwendigkeit recht zu- rückhaltend gegenüber. Tie „Köln. Volksztg." räth davon ab, die nächste Tagung des Reichstags mit einem Streit über die Frage der Geschäftsordnungsänderung zu beginnen,