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H^ed. u. Redattwu Hresden-Reuftadt v. Meißner Sasse S. Die Zeitung erscheint Dienftng. rnnnersta, und Eonnabend früh. U»on»e«e«tS- Pret»r vierteljähri. M. 1H0. Zu beziehen durch die kaiserlich« Pop- «stallen und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung in» Hau» erhebt die Post noch eine Ge- dichr vou Sb Pfg. sächsische VocheiluG Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshaupttnannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Müller in Dresden. Juserat« , werden bi» Montage Mittwoch u Freitag Mittag angenommen und kosten: die Ispalt. Zeile tb Pf. Unter Eingesandt: 30 Pf. Jnferateir- Anuuhmestese« r Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, Haasenstein L Bögler, Rudolf Mosse, « L. Daube L Lo. in Dresden, Leipzig. Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. u. s. w. Sonnabend, den 9. April 1881. 43. Jahrgang. Politische Weltschau. De»tf<beS Reiüh. Wahnsinniger Ehrgeiz und AerstörungSsucht drückten vor Jahrtausenden dem Epheser Herostrato- di« Fackel in die Hand, mit welcher er den ArtemiS-Lempel verbrannte, nur um durch die Vernichtung eine- berühmten Werkes seinen Namen auf die Nachwelt zu bringen. Seine entrüsteten Mitbürger beschlossen vergeben-, den Namen deS FrevlerS der Vergessenheit zu weihen, die Geschwätzigkeit deS LheopompoS über» lieferte denselben der Geschichte und der, wenn auch nicht berühmte, so doch berüchtigte HercstratoS hat nickt nur seinen Zweck erreicht, sondern auch zahlreiche Nach ahmer gefunden, die sich auö Dümmer» Denkmäler aufzubauen suchen. ES erinnert an den Mißgriff deS LheopompoS, wenn ein durch seinen halbamtlichen Cha- , rakter geschütztes und einflußbegabtes Organ, wie die preußische „Provinzial-Korre'pondenz", daS Herostraten thum der Nihilisten und Socialdemokraten, als Warnung für die deutschen Wähler bis ins Detail ausmalend, wider Willen dazu beiträgt, die schlimmsten Aeußerungrn der staatsfeindlichen Parteien in Kreise zu tragen, die bisher von denselben keine Ahnung hatten und zum Lheil daS gefährliche Gift erst auS dem Regierungsorgan begierig aussaugen. So hat jüngst die „Prov.-Korr." alle Kundgebungen deS JubelS über die Ermordung deö Kaiser- Alexander II. mit seltsamer Sorgfalt zusammen getragen und verbreiten helfen und veröffentlicht jetzt wieder in ihrer neuesten Nummer den Wortlaut der auf dem Kongreß der Socialdemokraten zu Wyden vom 20. biS 23. August 1880 gefaßten Beschlüsse. Die „National-Zeitung" hatte sich wegen einer nur theil- weisen Wiedergabe des Aktenstücke- kürzlich eine ge richtliche Verfolgung und Verurteilung zugezogen. Gleichzeitig bringt daS halbamtliche Blatt als Extra beilage den Wortlaut der Rede deS Ministers v. Putt kammer über die gemeingefährlichen Bestr«bungen der Sccialdemokratie, einer Rede, deren Inhalt von den Blättern auS Furcht vor dem Staatsanwalt nur in dem ängstlichsten AuSzuge veröffentlicht worden war. Auf diese Weise werden trotz deS Socialistrn-Gesi tzeS socialdemokratische Kundgebungen unbeanstandet weiter verbreitet und die gleichzeitig geäußerte Entrüstung hindert die nachtheiligen Folgen dieser Verbreitung ebensowenig, alS der Teufel, den Schiller in seinen Lenien ironisch zugleich mit der Wollust zu malen rieth, die unverdorbenen Gemüihrr verhindert, sich an dem ge fährlich - süß» n Anblick die Seele zu berauschen und zu vergiften. Es will un- bedünken, daß der Nutzen den solche abschreckende Warnungen haben, mit dem Nack» theil der Weiterverbteitung deS Bösen durchaus nicht im Verhältniß steht. Feuilleton. Der Bruder feiner Mutter. Erzählung von Karl Schmeling. (4. Fortsetzung.) „Will ich glauben!" erwiederte Jame-, „und ich er kenne auch die Gründe, welche jene Herren dafür haben. Ich wußte wirklich nichts von dem Alter der jungen Dame und eben so wenig von dem wichtigen Akte ihrer E «führung in die Welt. Du hast also nicht absolut nö'd g Deinen älteren Bruder wegen absichtlicher Ehren- kränkung zurechtzuweisen. Um Dir dazu nicht nockmal- Vcranlassung zu geben, werde ich also jede scherzhafte Anwandlung zu unterdrücken suchen und die Angelegen heit völlig ernsthaft behandeln. Nur befürchte ich, daß auch auf diese Weise Deine Empfindlichkeit nicht ohne unsanfte Berührung bleiben wird. Worauf gründest Du hauptsächlich die Berechtigung, um die Hand der Lady Elisabeth zu werben?" George stutzte und sah den Bruder verwundert an. „Nun — Elisabeth und ich —" erwiederte er etwa- unsicher, „wir liebm einander; wir find einig in unseren Wünschen und Absichten." . „DaS durfte ich vorauksetzen" sagte der Bruder, „doch wie alt ist diese Einigkeit schon?" „Du erinnerst Dich vielleicht" antwortete George, „rak die verstorbenen Brüder Elisabeth- meine Schul- kameradrn und Spielgefährten waren! Die damal» noch kleine Schwester nahm mitunter Theil an unseren Der deutsche Reichstag erledigte am Mittwoch eine Reihe von Petitionen und setzte dann die Berathung der LrunksuchtSvorlage fort: Äbg. Reichensperger- Olpe hob hervor, daß § 2 eine Unmöglichkeit enthalte, indem er vom Richter verlange, sich eine strafbare Lhat zu fingiren, trotzdem der tru'kene Zustand deS Thätrr» jede Willensfreiheit ausschließe, jedenfalls aber sei die öffentliche- Aergerniß erregende Trunkenheit schärfer zu bestrafen alS bisher. Abg. Witte (Schweidnitz) er- kannte die Nothwendigkeit an, dem Uebel der Trunk sucht auch auf strafrechtlichem Gebiete abzuhrlfen, sprach sich ebenfalls gegen den h 2, kessin Wortlaut und Moti- virung ihm sehr unklar erscheine, auS, glaubte aber sich mit einer Verschärfung der Gefängnißstrafe einverstanden erklären zu können und schloß sich dem Anträge auf Verweisung deS Gesetzentwurf- an eine Kommission von 14 Mitgliedern an. Staat-sekretär v. Schelling vertheidigte den § 2. da es sich darum handele das Sich- versetzen in den Zustand der Trunkenheit zu fassen. Die verbündete» Regierungen lehnten eS aber ab, dafür eine ar biträre Strafe zu bestimmen, sie setzten vielmehr eine Skala von Strafen fest, je nach der Strafbarkeit der in der Trunkenheit begangenen Handlungen. Abg. v. Malt zahn schilderte die schlimmen Folgen der Trunksucht für daS Familienleben und sprach die Hoffnung au-, die Kommission werde den h 2 entsprechend abändern. Abg. Virchow beleuchtete vie Vorlage vom ärztlichen Standpunkte auS. Abg. Hasenclever konstatirte, daß seine Partei nicht zum Worte gekommen sei und bean tragte deßhalb vor der Abstimmung-über den Antrag auf Verweisung deS Gesetz Entwurf- an eine Kommis sion die Auszählung deS Hause-, welche die Anwesen- ! heil von 147 Mitgliedern, also leider wieder einmal die Beschlußunfähigkeit ergab. So schloß die letzte Sitzung vor den Osterferien; die nächste Sitzung findet erst am 26. April statt. Die Abreise deS Kaisers nach Wiesbaden ist für die dritte Woche deS AprilS in Aussicht genommen. — In Hosk-eisen verlautet, daß zwilchen dem 28. und 31. Mai, zur Zeit der großen Frühjahr- Paraden, «ine Zusammenkunft zwischen drm russischen und dem deutschen Kaiser in Berlin stattfinden werbe, welche Kaiser Alexander 111. mit dem deutschen Kronprinzen in PeterS- > bürg verabredet habe. — Ai läßlich der von dem Land- rath Baumbach befürworteten Wahl Lasker'- hat der Reichskanzler den Bundesregierungen den Wunsch auS- gedrücke, daß ihren Verwaltung»- und Gerichtsbeamten künftig jede Beeinflussung der RrichstagSwahlen untersagt werde—Nach der nun eingetretenen Re'chStagSpausewerden die Verhandlungen über den Handelsvertrag mit Oester- ! reich so geädert werden, daß der Abschluß möglichst i noch vor Ostern erfolgt. Der von Oesterreich vorge- Spielen und schenkte besonder- mir Vertrauen und Freundschaft. Wir erinnerten unS jener Zeit bei unserem jetzigen Wiederseben. Die alte Vertraulichkeit trat wieder in ihr Recht; sie ließ unS einander noch näher kommen und bald genug auch zur völligen Erkenntniß unserer gegenseitigen Empfindungen gelangen!" „So begreiflich wie natürlich!" bemerkte Jame-, doch wie werden Elisabeths Eltern daS Verhältniß be- urtheilen und aufnehmen?" „Ich habe Mylady Barrow während der letzten ! Worten mehrfach meine Aufwartung gemacht!" erwiederte George. „Sie hat mich stet- zuvorkommend und gütig behandelt. Mylady bevorzugte mich schon al- Knaben. Ich glaube Ihrer Zustimmung sicher zu sein!" „Und Sir Darrow?" fragte Jame» mit Nachdruck. „Ich weiß, daß er mir nicht abgeneigt ist!" ant- wortrte der Leutnant. „Freilich ist sein Wohlwollen für mich nur sehr allgemeiner Natur. Darum eben bitte ich Dich, Drin gewichtige- Wort für mich einzu legen. Er wird kaum wagen, »inen von Dir für mich gestellten Antrag ohne Weiter»- kurz abzuweisen!" Jame- schüttelte bedenklich sein Haupt. „Ich meine!" fügte George schnell hinzu, „er würde sich in Acht nehmen, den gleichgestellten, reichen Nachbar durch eine schroffe Abweisung zu kränken, fall» ihm der Antrag nicht konventrte, sondern nur au^zuweichen suchen. Dadurch würden Elisabeth urd ich Zeit gewinnen, ihn durch wiederholte, vielleicht von Mylady unterstützte Bitten unseren Wünschen geneigt zu machen!" Der ältere Bruder wiederholte seine frühere zwei felnde Bewegung. „Sir Barrow!" hob George nochmal- an „würde schlagene Veterinärvertrag wurde von der deutschen Re» gierung abgelehnt. Gegenüber den zahlreichen Petitionen gegen dal EivilstandSgesrtz, welche von orthodoxer Seite in Scene gesetzt morden find, wird auf einen Bescheid des baierischen evangrlischen Oberkonfistorium- hingewiefeo, welcher auf die KirchenvisitationS-Berichte vom voriger» Jahre ergangen ist. Darin wird betont, „daß allge mein bezeugt wird, daß da» Reichsgesrtz über Personen stand und Eheschließung nirgends di« kirchlich«» Sitter» in den Gemeinden erschüttert hat". Hingegen hat die zweite baierische Kammer am vergangenen Mittwoch mit 77 gegen 62 Stimmen den Antrag Hafenbrädl'S auf Abschaffung dlS siebenten Schuljahre- angenommen, gegen den die Linke vergeben- geschloffen cintrat. Die halbamtliche „Prov.-Korr."-beschäftigt sich irr ihrer neuesten Nummer mit der „Arbeiter Reform" und deren bisherige Behandlung im Reichstage und erwähnt eS als einen bis jetzt erzielten Gewinn, daß sich die Parteien endlich zu den wichtigsten Fragen der Gegen wart wenigstens in Beziehung gesetzt und in Folge der von der Regierung gegebenen Anregung sich veranlaßt gesehen haben, gegenüber den großen reformatorischem Plänen, welche daS politische Leben in der nächsten Zu kunft vorzugsweise und in erhöhtem Maße bewege» werden, nach einem festeren Standpunkt zu suchen. Der bisher herrschende Grundsatz deS „Gehen und Geschehen- lassen-" hat sich in seiner praktischen Anwendung als heilloS erwiesen: er brachte eine zügellose Soeial- demokratie, eine völlige Auflösung deS Arbeiter- und Handwerkerstand«-, eine Schädigung der materiellen und sittlichen Kräfte des Volkslebens überhaupt, hervor. Der Staat sieht sich in seinen höchsten Interessen be droht, wenn er nicht dem Auseinanderfallen der natür lichen Kräfte durch das Zusammenfaffen der sittliche» Kraft steuert. Dank dem unermüdlichen Schaffen des Reichskanzlers sei die Erkenntniß von dem Unwerth des bisher maßgebend gewesenen Grundsatzes ein ziemlich allgemeine geworden und die parlamentarischen Parteien werden sich — damit schließt die „Prov.-Korr." ihre Betrachtungen — gewiß nicht in Widerspruch fetzen mit der Bevölkerung, mit der sie jetzt wieder in nähere Berührung kommen. I» der Bevölkerung, wo der Um schwung alS vollzogen gelten darf, würde man für eine falsche-'Bedenklichkeit und Unentschlossenheit auf dieser» Gebiete, welches der Kanzler nach sorgfältiger, pflicht gemäßer Ueberlegung beschritten, ebensowenig ein Ler- ständniß haben, wie man sich für die Bemühungen der wirthschafllich-liberalen Partei, ihre Grundsätze wieder zu Ehren zu bringen, begeistern wird. Die von den vereinigten Nationalliberalen und Fortschrittlern deS dritten Berliner ReichStagswahl inzwischen auch durch eingrhende Ueberlegung deS An trages denselben vielleicht annehmbar finden!" „Umgekehrt, mein lieber George!" rief ZameS jetzt, „die Ueberlegung würde bei Sir Barrow nur dahin wirken, ein vorläufige» Ausweichen zur bestimmten Ab lehnung werden zu lassen. Wie kannst Du wohl glauben, daß Sir Barrow seine einzige Tochter — die reichste Erbin der Grafschaft, einem jüngeren Bruder, einem mittelosen und bisher auch noch völlig verdirnstlosen. jungen Leutnant zur Frau geben wird?" „Liebe zu seinem Kinde — der Wunsch dasselbe für die Zukunft glücklich zu machen —" stotterte George verlegen. „Dafür bietet Deine in AuSficht stehende Abreise nach Ostindien gerade die schlechteste Garantie, welche sich denken läßt!" fuhr Sir James schnell fort. „Wie kannst Du e« nur einen Moment für möglich halten, daß beide Eltern sich gutwillig von dem einzigen Kinde für immer trennen würden — trennen könnten, muß ich eigentlich sagen —, um eS in die Pest- und Mör- derhöhle Ostindien zu schicken? ES wäre geradezu Toll heit, ein solche- Ansinnen zu stellen und nie hat sich die alte Phrase, daß die Liebe blind macht, wahrer er wiesen, alS an Dir, mein lieber George!" Der junge Officier stieß einen schweren Seufzer au». Wahrscheinlich vermochte er dem Bruder nicht ganz Unrecht zu geben. Doch plötzlich hob er, wie von einem schnellen Entschlusse durchdrungen, den Kopf. „Du willst also meinen Wunsch nicht erfüllen?" fragte er schroff. „Gerne möchte ich mich nicht zum Ausdruck Deines wirklich starken Verlangens bequemen!" erwiederte Sir