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2240 PAPIER-ZEITUNG Nr. 7211919 Ferien für die Lehrlinge in Buchdruckereien Die allgemeine Einführung von Ferien für die Gehilfenschaft hat Anlaß zu der Anregung gegeben, auch den Lehrlingen noch in diesem Jahre einige Ferientage zu gewähren. Obwohl der Tarif ausschuß ein tarifliches Recht, über den hierzu vorliegenden An trag zu beraten und zu beschließen, nicht besitzt, hält er sich doch für verpflichtet anzuerkennen, da ß den Lehrlingen in Rücksicht auf die von ihnen während der Kriegszeit vielfach verlangten besonderen Arbeitsleistungen, und auch unter Berücksichtigung der mangel haften Ernährung einige Tage der Erholung zu gönnen sind. Der Tarifausschuß hat deshalb einstimmig beschlossen, an die Prinzipalität des deutschen Buchdruckgewerbes die Bitte zu richten, allen Lehrlingen in diesem Jahre, natürlich unter Fortzahlung des Kostgeldes, eine Woche Ferien zu gewähren. , Diese Bitte wird vom „Deutschen Buchdrucker-Verein“, vom Verband der Deutschen Buchdrucker“ und vom „Gutenberg-Bund“ auf das wärmste unterstützt. Verteilung von Leim und Treiböl an die Kleinbuchbindereien Infolge der Maßnahmen zur Beseitigung der Leimkatastrophe ist in der Herausgabe der neuen Anmeldescheine für den X. Ver; sorgungsabschnitt, umfassend die Monate Oktober, November und Dezember 1919, eine Verzögerung entstanden. Wir werden erst in der 2. Woche des September die Anmeldescheine den Ortsstellen zusenden können, so daß sie von diesem Zeitpunkt ab dort anzu fordern sind. Für Explosions-Motoren steht eine geringe Menge Treiböl zur Verfügung. Die Anmeldung kann auf dem gleichen Vordruck geschehen. Die vorhandene Menge ist sehr gering, die Anmeldung muß daher auf das äußerste Maß beschränkt weiden. Bezugsvereinigung des deutschen Buchbindergewerbes, E. V., Berlin. Erhöhte Umsatzsteuer auf Anzeigen „Die Post“ schreibt: „Wie die Spielkarten so verteuert werden, daß die Skat-und Doppelkopfbrüder einen gut Teil ihrer Seßhaftig keit einbüßen müssen, wie die Tingeltangelbesucher ihre Vergnü gungsgelüste nicht mehr so häufig befriedigen können, weil ihnen das allzu kostspielig kommt, so sollen die Anzeigen so unmäßig teuer werden, daß auch mit ihnen nach der Losung der Sparsamkeit und Enthaltsamkeit verfahren werde. Und das wird ausdrücklich für zweckmäßig erkannt, und zwar zweckmäßig im Rahmen eines Gesetzes, das, um einträglich zu sein, einen vermehrten, nicht jedoch einen verminderten Verbrauch voraussetzt. Anzeigen dienen der Förderung des Verbrauches, des Umsatzes, mittelbar also den Zwek- ken der Umsatzsteuer. Die Anzeige läßt sich als ein Werkzeug, als ein Mittel der Unisatzsteuer bewerten, und dieses Werkzeug stumpf, dieses Mittel unwirksam zu machen, ist zweckwidrig statt zweckmäßig. Vier und mehr Milliarden soll nach Erzbergers Milchmädchenrechnung seine Umsatzsteuer bringen, wenn der Verbrauch den Beharrungszustand wieder erreicht, d. h. sich annähernd wieder so gestaltet haben wird wie in der letzten Frie- denszeit. Dazu hilft das Anzeigengeschäft, wenn es so rege wie mög lich betrieben »werden kann. Seine verzwanzigfachte Steuer belastung unterbindet es. Erzberger veranschlagt die Einnahme aus der Anzeigensteuer auf 30 Millionen. Der Verzicht auf diese vermeintlichen 30 Millionen — in Wirklichkeit wird der Ertrag hinter dem Erzbergersch en Voranschlag weit Zurückbleiben — hätte die Wirkung, daß die dann zu erzielende Erhöhung des Umsatzes mehr einbrächte als die Anzeigensteuer. Eine Umsatzsteuer ohne diese ist 'ergiebiger als eine mit ihr. Die Papier-Rechnung des Zeitungsveriegers. Ein Zeitungsverleger schreibt in Nr. 34 des „Zeitung-Verlags“ unter anderm: „Die Ausgaben für das Papier spielen in der Bilanz des Verlegers eine noch nie dagewesene Rolle. Alle Bezugspreiserhöhungen konnten bisher keinen Ausgleich erbringen, da sie stets gering waren, und da außer dem ständigen Steigen der Papierpreise sich Lohn- und Gehaltserhöhungen sowie bedeutende Verteuerungen aller übrigen Bedarfsartikel zugesellten. Das rationierte Rotations papier hat Verteuerung um das Fünffache erfahren. Im „Schleich handel“ aber ist der Preis um das Acht- bis Zehnfache gestiegen. Die achtseitige Einzelnummer kostet dem Verleger drei Pfennig, soweit er mit seinem zugeteilten Quantum auskommt. Benötigt er — infolge Auflageerhöhung oder Propagandatätigkeit — aber des im Schleichhandel erworbenen Papiers, so stellt sich der Papierpreis für die Einzelnummer auf 51,; bis 6 Pfennig! Bei einem monat lichen Bezugspreis von 1,50 M. kostet eine sechsmal wöchentlich erscheinende Zeitung in dem Umfänge von acht Seiten 72 Pfennig an Papier, soweit die Zuteilung genügt; bei nicht rationiertem Papier aber deckt der Bezugspreis fast nur den Papierpreis, denn in diesem Falle sind für das Papier 1,43 M. auszugeben. Preise der amtlichen Vordrucke Die neue Republik braucht Geld und weiß mitunter nicht, aus welchen Säcken nehmen. Da wäre es vielleicht an der Zeit, die Verkaufspreise der amtlichen Post- und Bahnvordrucke nach zuprüfen. welche auch von der Privatindustrie hergestellt werden dürfen. Wenn sich ein Drucker dabei den Verdienst ansieht, so ist dieser recht gering, falls er zu den gleichen Preisen verkauft wie die amtlichen Stellen. Wäre es nicht angebracht, mit maßgebenden Kreisen des Faches in Verbindung zu treten, damit diese Post und Bahn veranlassen, im Kleinverkauf etwas höhere Verkaufs preise einzuführen ? Diese Behörden könnten dadurch manchen Teil ihrer Unkosten bestreiten, während sie diese Vordrucke jetzt zum Herstellungspreis abgeben. Sächsische Druckerei Lagergeld zwischen Verleger und Buchbinder Dr. Schiller wendet sich in Nr. 9 der „Mitteilungen des Ver bandes deutscher Buchbindereibesitzer“ gegen ein Gutachten, daß. die Handelskammer zu Leipzig über diese Frage erstattet hat, und worin es heißt, es bestehe kein allgemein gültiger Handelsbrauch darüber, daß für Werke, deren Einbindungaus irgendeinem Grunde unterbleibt, eine der Zeit der Lagerung entsprechende Lagermiete vom Verleger zu bezahlen sei. — Nach Ansicht Dr. Schillers war es überflüssig, nach einem Handelsbrauch zu forschen, da nach § 354 des deutschen Handelsgesetzes eine Vergütung für Aufbe wahrung ohne weiteres gefordert werden könne. Dieser Paragraph lautet: Wer in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür, auch ohne Verabredung, Provision, und wenn es sich um Aufbewahrung handelt, nach den ortsüblichen Sätzen Lagergeld fordern.“ Wer aber das Gesetz für sich habe, brauche sich nicht auf den unsicheren Boden eines Handelsgebrauches zu begeben. Schnelldruckauftrag Der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig wurde seinerzeit der Auftrag erteilt, den Abgeordneten der Nationalversammlung den Text des Ultimatums der feindlichen Mächte, den vollstän digen Text der sogenannten Mantelnote und die Antwort auf die deutschen Gegenvorschläge in allerkürzester Frist in Buchform zu übermitteln. Die deutsche Friedensdelegation traf am Morgen des 18. Juni mit einem Exemplar des Ultimatums in Weimar‘ein; cs war im Zuge bereits übersetzt worden und kam der Regierung in Berlin am 19. Juni zu Händen. Am 22. Juni aber lief schon die Frist ab, die von den Alliierten für die Unterzeichnung des Friedens vertrages vorgesehen war. Innerhalb 24 Stunden mußte also die Uebersetzung gesetzt, gedruckt und broschiert sein. Da sich in Berlin keine Druckerei bereit erklärte, diesen einzigartigen Schnell schuß in so überaus kurzbefristeter Zeit herauszu bringen, wurde das Manuskript schleunigst zur Spamerschen Buchdruckerei nach Leipzig gebracht. Hier begann man abends um 11 Uhr mit dem Satz des 96 Seiten starken Buches, der bereits bis zum andern Morgen fertiggestellt war, dann wurde gedruckt und broschiert. Noch am selben Tage wurde die Auflage mittels Flugzeug nach Weimar versandt. Eine solche Druck-Sehnelleistung dürfte bis jetzt unerreicht da stehen. H. Ungültige Verordnung eines Demobilmachungskommissars. Vor dem Schöffengericht in Zeulenroda hatte sich wegen Uebertretung einer Verordnung des Demobilmachungskommissars in Weimar, wonach die Veröffentlichung von Stellengesuchen und Stellen angeboten ohne Genehmigung des zuständigen Arbeitsvermitt lungsamtes untersagt ist, der Schriftleiter des „Zeulenrodaer Tagebl. zu verantworten. Der Angeklagte war der Ansicht, daß der Demobilmachungskommissar nicht berechtigt ist, eine solche Verordnung zu erlassen, da sie gegen die Bestimmungen des Reichs- preßgesetzes verstößt. Das Gericht schloß sich diesen Ausführungen an und erkannte auf Freisprechung. — n. Gültigkeit von Tarifverträgen im besetzten Gebiet. Auf Anfrage des Arbeitgeberverbandes der Papier verarbeitenden Industriellen, Berlin W 35, Potsdamer Str. 36, II, beim Reichsarbeitsminister über die Gültigkeit von Tarifverträgen im linksrheinischen besetzten Gebiet hat dieser nachstehende Antwort erteilt: „Abgeschlossene Reichstarifverträge gelten, solange sie noch nicht für allgemein verbindlich für das Reichsgebiet erklärt sind, auch für die Vertragsteilnehmer im linksrheinischen Gebiet. All gemein verbindlich erklärte Reichstarifverträge haben im besetzten linksrheinischen Gebiet volle Geltung. Im Friedensvertrag sind entgegenstehende Bestimmungen nicht enthalten.“ Dachpappe. Der Kriegsausschuß der Roh pappen- und Dach- pappenindustriehat neuerdings Herabsetzung der Kontingente aut die Hälfte des bisherigen Kontingents verfügt. (B Z.a. M.)