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Nr. 78. - 5. Jahrgang. Sonntag, 5. April 1885. takltbote. Unparteiisches Tageblatt für Chemnitz und Umgegend besonders für die Vororte: Altchemnitz, Altendorf, Bernsdorf, Borna, Ebersdorf. Furth, Sabienz, Slösa, Helbersdorf, Hilbersdorf, Kappel, Neustadt, Schönav. L Unterhaltungs-Blätter, Die Abonnenten «halt«, mit dem Anzeiger allwöchentlich «bonnementSbestellrmqen, viertttjährl. IVO Pf. (Zutt. 40 Pf.), monatl. 50 Pf. (Zutt. 1b Pf.), nehmen an die BrrlagSexpedittou und Ausgabestellen iu Chemnitz und obigen Vorone». Außerhalb dieser Orte kann der Anzeiger »nr bei den Postaustalteu — PostzeitungS-Preisliste für 1885 Nr. 1114 — bestellt Verden I» Oesterreich-Ungarn ist der Ehemnitzer Anzeiger zum Abonuementspreise von vierteljährlich 1 Gulden 54 Kr., monatlich 52 Kr. (exkl. Agiozuschlag) durch die Postaustalteu zu beziehen. LLNLK Anzeiger-Bilderbuch. JnsertionSvrei«: die schmale (Ispaltige) KorpuSzeile od« deren Rau» 1b Pfennige. — — Reklame (Ispaltig Petit) 30 Pfennige. — Auf große Annoncen und Wiederholungen Rabatt. - Annoncen. Annahme für die nächste Nummer bi» Mittag. — Ausgabe jeden Wochentag Nachmittag Annonceubestellunaeu von anSwärtS wolle «au den Jnsertiousbetrag stet» beifüge« (kleinere Beträ, iu Briefmarken) je 8 Silben de» gewöhnliche» KorpuSschrift bilde» «ine Zeile und koste» 1b Pfennig» Berlags-Expedition: Vlexander Wiede, Buchdruckerei, Lhemnitz, Theaterstraße 48 (ehemalige» Bezirksgericht, gegenüber dem Kasinos tflern Frühling. Die Ostern sind da, die golden« Zeit der Auferstehung der Erde, Wo frisch hinklingt durch die ganze Natur ein neues erschaffendes Werde; Der Winter entflieht in's Gebirge zurück, wo nur noch die äußersten Spitzen Ihm bleiben getreu, Wo fest sie und starr im ewigen Eise «blitzen. Doch am Berghang und weiter hinab in's Thal und weit durch die Felder und Auen Ist überall hell nur das grüne Gewand des lachenden Frühlings zu schauen Dem Boden entringt sich zur Wiedergeburt die Schaar der erwachenden Keime, 'Es strecken die Gläschen sich keck in die Höh', und es knospen und treiben die Bäume; Bald füllt das Gezweig mit den Vöglein sich, den neu zum Gesänge erweckten, Und unter den Halmen schon rührt sich das Volk der emsigen kleinen Insekten- Die ganze Natur ist nun Kraft und Drang iu stets sich verjüngender Neuheit, Sie offenbart uns das alte Gesetz und erfüllt'» in unendlicher Freiheit. Die» ist eine Wahrheit, uns wohlbekannt; in allen Tönen und Zungen Hat sie schon der Dichter begeisterter Mund seit uralten Zeiten gesungen. Doch immer, so oft sich das Fest auch erneut, fragt Mancher mit zweifelnden Sinnen, Wann endlich, wann werden die Ostern einmal, die Ostern der Menschheit beginnen, Wann endlich erscheinet der selige Tag, mit dessen hellstrahlender Sonne Anhebt für das sehnende Menschengeschlecht das Alter des Glück- und der Wonne. 'Der Tag, dessen Lichtglanz verheißend erglüht dem Auge des müden Verbannten, Wo tief in dem Busen d« Kummer «lischt dem lange Geschmähten, Verkannten; D« Tag, wo die Sorge» das düstere Leid für immer die Erde verlassen, Wo froh im Gefühle der Gleichheit sich warm die Menschen als Brüder umfassen» Wo sie sich als Kinder von einem Stamm zum Bunde der Liebe dann einen; O Tag. der den ewigen Frieden bringt, wann wirst Du uns segnend erscheine»? Ist es uns vergönnt nur. das selig« Band im Geiste von ferne zu schauen, Oder dürfen wir fest auf des Herzens Wunsch, aus die Stimme der Hoffnung vertraue«? O Freunde I vernehmet das heilige Wort, ruft aus es in fämmtlichen Landen, Die Ostern der Menschheit, sie sind schon da! Der erlösende Geist ist erstanden! Vom ersten der Tage, wo muthvoll der Mensch das eigne Bewußtsein gefunden, Wo stolz er die Kette zerriß, die seither ihn stumpf au die Thierheit gebunden; Wo erkannt er die hohe, erhabene Pflicht, daß vorwärts die Blicke er richte, Von da au entrollte der Menschheit zum Heil sich die Auferstehungsgrschichte. Jahrhunderte durch, von Geschlecht zu Geschlecht, unzähliger Ostern Erneuung, Und jegliche Ostern sie brachten uns auch zugleich eine neue Befreiung; Sie rissen uns los von dem früheren Wahn, von einstiger Geistesbeschränkung, Und führten uns fort auf der freieren Bahn in stiller unmerklicher Lenkung. Denn langsam und immer n^r Schritt vor Schritt vollziehen sich uns're Geschicke; Doch führen durch Streit sie Und Leid uns empor zu schönerem, höherem Glücke. Ja! jede Epoche hat Gutes gebracht, was der früheren nimmer erreichbar. Und wieder doch war mit der kommenden sie in keinerlei Hinsicht vergleichbar. Sie wird memalS stillfieh'n, die fliehende Zeit, sie kennt weder Ruhe nochSänmniß, Bewegung und Kraft nur und Wille und Drang, das ist ja da» große Geheimniß. Es schmiedet der Mensch feine Lage sich selbst; drum möge « schaffen und ringen, Im Geiste der Liebe, der Freiheit, des Licht» du Menschheit die Ostern zn bringen! Bekanntmachung. lieber das nordwestlich vom Schloßteiche zwischen der Bergstraße und dem Schloßberge gelegene Areal ist ein Bebauungsplan ausgestellt worden. In Gemäßheit der Bestimmungen in 8 5 des Nachtrags zur Bauordnung der Stadt Chemnitz vom 1. August 1871 wird hiermit bekannt gemacht, daß dieser Plan nebst den dazu gegebenen Bestimmungen 4 «ochen lang und zwar bis zum 27. April laufenden Jahres im Rathhaus (Postftraße Nr. S1, links, 2 Treppen, Zimmer 55) zur Einsichtnahme und Geltendmachung etwaiger Wünsche der Betheiligten ausliegt und daß nach Ablauf der gedachten Frist «Ingehende Anträge kein Recht aus Berücksichtigung haben. Nach Ablauf der Frist erfolgt die Feststellung des Planes. Uhemnitz, den 25. März l885. Der Rath der Stadt Chemnitz. Andr^, l)r, Oberbürgermeister. Wilde. Bekanntmachung. Während des vorjährige» OKerquarials ist hier wahrgenommen worden, daß eine ziemlich große A> zahl von aus hiesigen Volksschulen entlassenen jungen Leute zu dein Zwecke von hier fortgingen, um auswärts in ein Lehr- Sr-l«g»amme de- Chemnitzer VnzeigerS. Vom 3. April. Pest. Die Polizei ist cmf der Spur des Verübers deS bestialischen Doppelmordes, der an der 20jährigen Veronika Pescheck «nd dem von ihr angenommenen achtjährigem Kinde begangen wurde. Mehrere Verhaftungen erfolgten. Paris. Dem Vernehmen nach ist die Bildung des neuen Kabinets beute Abend erfolgt. Dasselbe soll zusammengesetzt sein wie folgt: Freycinet: Präsidium und Auswärtiges, Sarnen: Inneres, Spuller: Unterricht, Sadi Carnot: Finanzen, Legrand: Handel, Allain Largo: Landwirthschaft. Cuvinot: Posten und Telegraphen, Krantz: Marine, Delebecque: Krieg. Die Namen der Minister für öffentliche Arbeiten und für die Justiz sind noch nicht bekannt. Paris. In den Kammer-Kouloirs zirkulirte gestern das Ge rücht, Ferry hätte sich Vormittags zu Grevy begeben und die Er mächtigung zur Unterzeichnung der Friedenspräliminarien mit China verlangt. Grevy lehnte ab und antwortete Ferry, er möge die Sorge dafür seinem Amtsnachfolger überlassen. Als Grundlagen der Friedens präliminarien wurden bezeichnet: Räumung von ganz Tonkin durch die chinesischen Truppen, Fortdauer der Okkupation während des Frieden-Vertrages, Verzicht Frankreich» auf eine Kriegsentschädigung, Einräumung kommerzieller und industrieller Vortheile an Frankreich. Paris. Nach einer Depesche Courbet's bestand da» Geschwader, welches die Fischerinsel besetzte, au» 6 Schiffen und mehreren LandungS- kompagnien. DaS Geschwader bombardirte am 29. März das mit 4 Batterien versehene chinesische Fort, welche» die Häsen Poughon und Mackung vertheidigte. Die Ortschaft Mackung ging in Flammen auf. Die Sperre am Eingang des Hafens wurde zerstört. Am 30. März marschirten die Landungstruppen gegen Mackung. Am 31. März Wurde das Fort nach mehreren Gefechten mit Besatzung eingenommen. Die Landungstruppen hatten 4 Todte und 12 Verwundete, die Marine truppen nur einen Tobten. Paris. Die „Agence Havas" meldet: Die Kabinetsbildung schien gestern Abend vollendet zu sein, als zwei opportunistische Mit glieder erklärten, daß sie zurücktreteu zu müsse» glaubten. In Folge dessen wurde die Kombination, welche der Kabinetsbildung zu Grunde lag, überhaupt aufgegeben. Kopenhagen. Anläßlich des erlassenen provisorischen Finanz- GesetzeS rotteten sich an mehreren Orten der Stadt kleinere Pöbel banden zusammen. Das Einschreiten weniger Polizeibeamteu genügte indeß, dieselben zu zerstreuen. London. Ein Telegramm Grahams meldet, die englischen Truppen hätten Nachmittags drei Uhr den etwa zwei Meilen von Tomai gelegenen Berg Teselah widerstandslos besetzt. »der ArbeitSverhältniß zu treten, ohne sich jedoch mit dem in 8 107 der Gewerbeordnung vorgeschriebenen Arbeitsbuch« versehen zu haben. Um den für Eltern, Pflegeeltern oder Bormünder hieraus entstehenden Weiterungen bezw. Unkosten schon jetzt zu begegnen, unterläßt man nicht, die erwähnten Vertreter solcher junger Leute andurch aufzufordern, mit denselben vor ihrem Fortgange im MeldeamtSzimmcr Nr- 40 — neues Nathhaus Erd geschoß links — behufs Ausfertigung der übrigens unentgeltlich zu gewähren den Arbeitsbücher sich onzumelden. Chemnitz, den 31. März 1885. DaS Polizeiamt. Siebdrat. Adler. Bekanntmachung. Wegen SchleußenbaueS wird die Friedrlchstraße zwischen der Neugasse und der untere» Brückenstraße von nächster Mittwoch, den 8. d. M. ab, für den Fährverkehr bis auf Weiteres gesperrt. Chemnitz, den 1. April 1885. Das Polizeiamt. Siebdrat. Vtr. London. Gestern Abend fand in der St. Jameshalle ein Massenmeeting statt, woran auch viele radikale und liberale Ab geordnete theilnahmen, um gegen die Fortsetzung des Sudan-Feldzuges zu protestiren. Es wird konstatirt, daß die Kriegsrüstuugen in Indien begonnen worden find, weil die Regierung die zuverlässige Mittheil ung erhalten hatte, daß die Russen mit großer Macht auf Herat vor zurücken beabsichtigten. Petersburg, 4. April. Aus Kertsch wird gemeldet: Der Dampfer „Mariapol- mit einigen dreißig Personen, darunter Passa giere, ist im Asow'scheu Meere untergegangen. Nur ein Passagier konnte gerettet werden. Chemnitz, den 4. April 1885. — Behördlicherseits werden wir um Aufnahme des Folgenden «sucht: Mordversuch »nd Raub. Heute früh 4 Uhr wurde die Ehefrau des hiesigen Fleischermeisters Pvchta, Bertha geb. Friedrich, in ihrer Wohnstube, äußere Chemnitzerstraße Nr. 25, woselbst sie bis spät nach Mitternacht noch beschäftigt war, in einer Blutlache liegend, bewußtlos ausgefunden. Geraubt wurde aus dem Sekretär die Summe von ungefähr 300 Mark, bestehend in 2 Papierscheinen, (der eine ein 100-ReichSmarkschei.i), einem 20- Markstück und einem 10-Markstück in Gold, fünf 5-Markstückcn in Silber und einer Anzahl 3-, 2- und 1-Markstücken. Muthmaßlicher Räuber ist «in Monn in den 20er Jahren, Größe über- mittcl, von gesunder Gesichtsfarbe mit bräunlichen oder röthlichen, etwas langen Haaren, anscheinend ohne Bart, bekleidet mit brauner Jacke, blauer Leinwandschürze und grauen Hosen nach Art der Fleischer- Derselbe ist jeden falls blutbefleckt. Vermißt wird übrigens noch eine neue dunkelblaue Leinwandschürze (Flei scherschürze) gezeichnet 1. k. Etwaige Wahrnehmungen, welche zur Ermittelung deS Thäters führen könnten, bitten wir unverzüglich bei der Unterzeichneten Behörde zur Anzeige zu bringen. Glauchau, am 3. April 1385. Der Stadt-Rath. Meißner, Stadtrath. — Ostern! Die Glocken klingen wieder hell und rein zu dem Feste der Auferstehung, nicht nur der Auferstehung des Heilandes, sondern auch der Auferstehung der Natur nach langem Winterschlafe. Und in dieser Gemeinsamkeit liegt eine herrliche symbolische Bedeutung. Fühlt doch auch der Mensch, wenn ein grün« Blätterschmuck Baum und j Busch ziert und neu erwachte» Leben allüberall Werde - Freudigkeit Erledigt hat sich die Vorladung der Dienstmagd Auguste Elwine Opitz auS Ernstthal vom 20. Dezember 1884 und der gegen dieselbe erlaffen« Steckbrief vom 10. Januar 1885 durch die Verhaftung der Opitz, sowie auch die Vorladung der led. Anna Marie Schlosser auS Zwota vom 2. Januar 1885. Chemnitz, am 30. März 1885. Königliche Staatsanwaltschaft, vr. Schmidt. Verpachtung. Das im Küchwalde, an der Leipziger Chaussee gelegene sogenannte Dienstfeld, ca. 2,7 b» groß, aus Acker und Wiese bestehend, soll verpachtet werden. Pachtliebhaber werden ersucht, ihre Offerten bis zum 1b April dieser Jahres im Rathhaus, Passstraße, zweites Stockwerk, Zimmer Nr. 57 bei Herrn Stadt schreiber Witzschel abzugeben. Chemnitz den 2. April 1885. Die Forstverwaltung der Stadt Chemnitz. Richter. kündet, jene Frühlings-Freudigkeit in seine Brust einziehen. Hoffen wir, daß uns der gütige Himmel leuchtenden Sonnenschein z« dem Feste bescheert, damit wir nach der winterlichen Einsamkeit uns an dem Grünen und Blühen draußen in der schönen Natur freuen und erbauen können. Frohe, glücklich« Feiertage I — Am Donnerstag wurde der neuernannte Landgerichtsdirektor Jaspis vor versammeltem Kollegium in sein neue» Amt ein gewiesen. — Bei der letzten Wochenversammlung des Chemnitzer Arbeitervereins wurde dem Vorsteher desselben, Herrn Karl Protze, aus Anlaß der dem Vereine geleisteten Dienste und in Anbetracht dessen fünfzigsten Geburtstage» eine Ueberraschung zu Theil Eine Anzahl Mitglieder verehrten demselben, unter Ansprache de» Herrn M. Poltermann, sein iu Kreide auSgeführtes Portrait, welches zum Andenken an die Verdienste de» Herrn Protze im Ge sellschaftshause des Arbeitervereins seine Ausstellung finden soll. —D. Während sonst in vielen Zweigen gewerblicher und künst lerischer Thätigkeit da» Angebot von Arbeit größer ist, als die Nach frage nach Arbeitskräften, wird in dem letzterschieuenen Jahresbericht der Handels- und Bewerbekammer zu Chemnitz darüber geklagt, daß ein Mangel an tüchtigen und wirklich leistungsfähigen Litho graphen vorhanden <ei. Vielleicht erscheint dieser Wink dem Eine» oder dem Andern für die Berufswahl seines Sohnes beachtenSwerth. — Im „Verein für volksverständlicheGefundheits- pflege und Naturheilknnde" wird nächsten Mittwoch Abend im Lindensaale He« Lehrer Siegelt aus Berlin über: „Die Lunge und ihre Pflege" sprechen. — Seitens des Dramatischen Vereins gelangt morgen, am 1. Feiertag, Abend im Saale von Stadt Mannheim da» Görner'sche Lustspiel: „Ein glücklicher Familienvater", oder „Ein Königreich für ein Kind" zur Aufführung. Den Be schluß de» Abends wird die Aufführung der bekannten Augely'schrn Posse: „Sieben Mädchen in Uniform" bilden. — Der Verein „Zweiniger'S Runder Tisch" beabsichtigt, den 1. Osterfeiertag seine letzte Abendunterhaltung iu dieser Saison abzuhalten. Wir wünschen in Anbettacht des sehr reichhaltigen Programms, sowie de» guten Zwecke», welchen der Verein feit Jahren bewiesen hat, eine recht rege Theilnahme. — Am 1. Osterfeiertage wird im Gasthaus Scheibe großer Gesellschaftsabend stattsinden. Das Uuternehmen ist von der freiwilligen Feuerwehr zu Furth geplant und da nach dem uns vmliegenden Programm, welches in drei Abtheiluugen nicht weniger als 17 Picken aufweist, nichts versäumt ist, um einen ge nußreichen Abend zu schaffen, so werden sich — zumal bei dem sicher - H ...