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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 05.04.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188504055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18850405
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18850405
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-04
- Tag 1885-04-05
-
Monat
1885-04
-
Jahr
1885
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 05.04.1885
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Nr. 78. — 5. Jahrgang. BerlagS-Expeditiou: Alexander Wiede, Bnchdrnckerei, Chemnitz, Theaterstrabe 48 (ehemalige- Bezirksgericht, gegenüber dem Kasino). Sonntag, 5. April. — 1885. Ostergedanre«. Es nahen die höchsten Festtage der Christenheit, in denen sich die wichtigsten Heilsthatsachen der Weltgeschichte vollzogen haben. Die Räthsel deS menschlichen Daseins werden uns in der Charwoche und Osterzelt durch die Beweise göttlicher Liebe gelöst. Das Leid wird durch Freude, der Tod durch Leben, die Niedrigkeit durch Hoheit, der Groll durch Versöhnung überwunden, und der am härtesten ge schlagene und am tiefsten verwundete Menschensohn erscheint nach kurzer Grabesruhe wieder als verklärter Gottessohn, um im Gedacht- niß seiner Anhänger ewig fortzuleben und der Menschheit immer neues Heil zu bereiten. Auf den Charfreitag folgt der Ostermorgen, wie auf den kalten Winter der erwärmende Frühling. Das Osterfest hilft uns die Räthsel des Dasein- lösen, weil eS uns in dem Glauben an die ewige Gerechtigkeit und an einen gütigen Ordner unserer Geschicke bestärkt. Die ungleiche Vertheilung der Güter, Freuden und Ehren der Welt tritt uns überall entgegen, mögen wir nun ganze Völker oder einzelne Familien betrachten. Nur zu ost entscheidet in mensch lichen Dingen nicht das Verdienst, sondern nur der Zufall, ja wohl gar List und Gewalt. Nur zu ost beherrscht der Hochmülhige den Demülhigcn, der Faule den Fleißigen und der Genußsüchtige den Enthaltsamen. Schon die Weisen des Alterthums verkündigten daher, daß nicht die äußeren, sondern nur die inneren Güter für die Glückseligkeit der Menschen entscheidend seien. Es liegt darin ein Stück Wahrheit und eine hohe Beruhigung, aber noch nicht die Lösung des Räthsels. Viele moderne Philosophen und Volksbeglücker werfen die Schuld auf die menschlichen Gesetze und gesellschaftlichen Ordnungen und verlangen eine gerechtere Vertheilung der äußeren Glücksgüter und eine Aenderung der Gesetze. Es liegt auch in diesem Streben eine gewisse Wahrheit und Berechtigung, wcil viele Gesetze, Einrichtungen unh Sitten der Menschen verkehrt und der Verbesserung dringend be dürftig sind. Aber durch den Aufbau einer neuen gesellschaftlichen Ordnung wird die Ungleichheit der Menschen im Leben nicht auf gehoben. Die Lösung des Räthsels unsers Daseins liegt in dem Triumphe der göttlichen Liebe über den menschlichen Haß und in der Versöhnung unseres inneren Menschen durch Christi Tod und Leben Die höhere Gerechtigkeit bewährt sich darin, daß das Gute und Edle selbst den Tod überwindet, daß die äußeren Leiden des einzelnen Menschen nur Erziehungsmittel sind, um ihn selbst und die Menschheit als Ganzes weiter zu führen und höher zu entwickeln. Wenn sich das Leben der Menschen nur nach ihrem Verdienst ge staltete, so würde alles Streben hinieden in Lohnsucht ausarten. Alle höheren Güter des Geistes und Herzens, Geduld und Ergebung. Verachtung des äußeren Lohnes und Liebe selbst für die Feinde würden nicht vorhanden sein und nicht geübt werden. Der Mensch ist nicht auf Eiden, um zu genießen, sondern um seine Pflicht zu erfüllen und dem höheren Entwickelungsgesetze der Menschheit gehorsam zu sein. Christus wurde nur durch diesen Gehor sam bis zum Tod, durch seine Armuth und seine Leiden ein Erlöser für Viele. Er wurde am wenigsten verschont, aber auch am meisten verherrlicht. Sein gekreuzigter Leib wurde das Samcnkom des Glücks, der Versöhnung und des Trostes für alle nachfolgenden Geschlechter. Alle Diejenigen, welche trotz ihres Fleißes, ihrer Treue und Liebe arm und elend verspottet dahin gehen aus Erden, haben an Christi Leiden ein Vorbild und an seiner Auserstehung eine Hoffnung, welche an jedem Osterfeste Millionen innerlich erneuert und ihnen den Kampf um's Dasein erleichtert Die 4kristS ln Frankreich Auf die Ernennung der neuen Minister durch den Präsidenten Grövy konzentrirt sich augenblicklich nicht nur das Interesse Frank reichs, sondern auch des Auslandes in hohem Grade. Charakte-istisch für die besondere Schwierigkeit der Lage bleibt es, daß der jetzige Präsident der Kammer, Brtsson, sowie Bilot und noch Ändere als solche bezeichnet werden, welche sich Grüvy gegenüber rundweg ge weigert haben, die Erbschaft Ferry's anzutrelen. Darin spricht sich das Gefühl aus, als ob sie für ihren baldigen Nachfolger in die Bresche gehen sollten und bei dem Sturm leicht fallen könnten. An statt also Anderen die Kastanien aus dem Feuer zu holen, wünschen sich die Herren offenbar für bessere Zeiten zu «servilen. Herr von Freycinet, an den Grevy sich schließlich am Abend noch in derselben Angelegenheit wandte, habe sich 24 Stunden Bedenkzeit für seine definitive Entscheidung über die Annahme deS ehrenvollen Antrages erbeten. Inzwischen verlautet Näheres dahin, daß derselbe ein Koalitionsministcrium aus hervorragenden Mitgliedern der verschiedenen republikanischen Gruppen zu bilden gesonnen ist; für den Fall, daß General Leval und Admiral Pcyson ihre Portefeuilles nicht behalten wollen, sind General Billot und Admiral Jauröguiberry zu ihren Ersatzmännern crscheu. Jnzwi chen hat uns der Telegraph schon die wahrscheinliche Ministerlifie übermittelt. So viel steht fest, daß keiner der genannten Kandidaten bisher die Befähigung zu einer maßgebenden Führerrolle praktisch erwiesen hat. Dabei darf jedoch getrost behauptet werden, daß es für die große entscheidende Tagesfrage, den Krieg in Ostafien, ziemlich gleich gültig bleibt, welche Persönlichkeit Ferry's Nachfolger wird. Durch einen neuen Wechsel oder durch einen ferneren Bestaub des Kabinets und der regierenden Gewalten überhaupt kann die militärische Lage in Ostafien und deren unmittelbare Rückwirkung auf die Machtstellung Frankreichs innerhalb seiner engeren heimischen Grenzen nicht ver bessert oder verändert werden. Wem die Zügel der Regierung auch anvertraut werden sollten, mag er eine nech so feste Hand haben, mag sein Auge noch so hell sein, die gegebenen Thatsachen, mit denen er rechnen muß, lasten sich nicht aus dem Wege schaffen. Die Bahn, in welcher er sich nothgedrungen halten muß, ist ihm vorgezeichnet, während er an China für die empfindlichen Niederlagen seiner Lands- leute Revanche nehmen und das bei den ostasiatischen Völkern tief erschütterte französische Ansehen wenigsten- in seinem alten Glanze wieder Herstellen soll. Ein beständiger nnd äußerst lästiger Hemmschuh bei der Lösung dieser verwickelten Aufgabe wird jedoch stets das Mißverhältniß der von ihm geforderten Leistungen zu den ihm be willigten Mitteln bilden. Das französische Volk verlangt unbedingt, daß China der Frieden vorgeschrieben, Tonkin vollständig beruhigt »nd zugleich mit den freibeuterisch in Schwarzflaggen von den regu lären chinesischen Regierungstruppen gesäubert werde. Indem aber die französische Nation mit einem Auge nach dem großen ostasiatischen Kolonialreiche schielt, läßt sie es sich durchaus nicht verwehren, gleich zeitig das andere Auge unverwandt auf die Paste der Vogesen, gegen uns zu richten. Es wird vom patriotischen Standpunkte aus als dir schwerste Fehler, wenn nicht als etwas noch viel Schlimmeres be trachtet, die nationale Wehrkraft auch nur im Geringsten zu schwächen oder ihr gar durch bedeutende Truppensendungen nach Asien Abbruch zu thun; trotzdem sollen dort aber zugleich Erfolge gewonnen werden, zu denen nur sehr zahlreiche Streitkräste in den Stand setzen. Bereits seit vorigem Herbst bildet dieser unlösliche Zwiespalt den unheilbaren Krebsschaden des Unternehmens und hindert'die Negierung und ihre Feldherrn den jedem energischen Vorgehen auf dem ostasiatischen Kriegsschauplätze. Derselbe kann sich im gegenwärtigen Augenblicke, da die regnerische Jahreszeit bald allen kriegerischen Operationen ein Ende machen wird, leicht als verhängnißvoll erveisen. Die Verstärkungen, welche bei mäßiger Veranschlagung erforderlich sind, um den Ob'rbefe' lshaber, General Briöre de l'Jrle zur Aus füllung der starken Lücken seines Korps und z .r Ergreifung der Offensive mit guter Aussicht auf Erfolg in Stand zu setzen, belaufen sich auf 20—25,000 Mann. Beabsichtigt man jedoch, den Krieg in großem Style zu führen und einen Zug nach Peking zu unternehmen, um rasch einen entscheidenden Schlag zu führen und den kaiserlichen Hof lammt seinem Staatsrathe nach den jetzigen Erfolgen der Chinesen, durch welche ihnen der Kamm gewaltig geschwollen sein muß, zum Flieden zu zwingen, so würden dazu allerdings kaum zwei vollständige Armeekorps von zusammen nicht weniger als 54,000 Mann hinreichend sein, wenn die Gefahr einer Niederlage so gut wie ausgeschlossen sein sollte. In einem solchen Falle würde sich zugleich dir Effektiv stärke des gesammten Expeditionskorps mit Einschluß der Garnisonen und der Flottenmannschaft auf mehr als l 00.000 Mann belaufen. Bei der ewigen Kampflust und dem großen Ehrgeize der Soldaten würde es ohne Zw-isel nicht schwer halten, wenn noch günstige Be dingungen hinzuträten, aus der regulären Armee eine genügende An zahl Freiwillig, r für diese Expedition zusammenzubringen. Vor allen Dingen müßte Frankreich eS zu diesem Zwecke über sich gewinnen, seine beiden Augen ausschließlich aus China zu richten und wenigstens für die Dauer d eser großen Unternehmung gegen das himmlische Reich jeden Revanchegedanken uns gegenüber völlig oufzugeben. Will man aufrichüg sein, so muß man gestehen, daß heute für Beide- gleich wenig Aussicht auf Verwirklichung vorhanden ist. Der ver- hängnißvolle Riß, welcher die Konzentration der Kraft Frankreichs auf dem ostasiatischen Kriegsschauplätze hindert und zu einem Zank apfel der Parteien macht, hat die bisherigen Niederlagen der Franzosen veranlaßt, dagegen den Chinesen die Gelegenheit zu einer trefflichen Schulung ihrer Truppen gegeben, und Frankreichs Schuldenlast um etwa 500 Millionen erhöht. Schließlich droht dieses sogenannte Abe, teuer sich durch den unseligen Zwiespalt zu einer allgemeinen Krisis, ja vielleicht zu einer unheimlichen Schicksals-Tragödie der Republik auszugestaltcn. Politische Rurr-schau Deutsches Reich Die kaiserliche Familie war, wie alljähr lich, am Gründonnerstage zur Abendmahlsfeier im königl. Palais vereint, dieselbe wurde vom Oberhof- und Domprediger Di-. Kögel abgehalten, während Mitglieder des Tomchors die geistlichen Gesänge ausführten. — Die vielfach verbreitete Nachricht, daß der Kaiser dem Reichskanzler als Persönliches Geschenk eine nach Zeichnungen des Hcroldsamtes gefertigte Fürstenkrone dargebracht habe, wird jetzt widerrufen. — In den letzten Tagen sind mehrere Arbeiterversammlungen auf Grund des Sozialistengesetzes verboten worden, darunter eine, in der der Bielefelder Streik erörtert werden sollte. — In Bielefeld, wo Donnerstag der Belagerungszustand für permanent erklärt ward, sind in der Nacht zum Gründonnerstag die Hintergebäude der Bodelschwinghschen Anstalten „Ebenezer* und zwar für Epileptische und Blödsinnige ruchlos angezündet worden. Die Kranken wurden gerettet, kein Menschenleben ist zu beklagen. Zwei muthmaßliche Thäter wurden verhaftet. Oberst Köppen hat das Kommando wieder übernommen. Zwei Wirthschaften (Niehage und Sickmann) sind für immer geschloffen worden. — Man schreibt der „Franks. Ztg.*: „Im Februarheft der „Arbeiter Kolonie, Korrespondenzblatt für die Interessen der deutschen Arbeiter-Kolonien* findet sich eine Schilderung der Ostpreußischen Arbeiter-Kolonie Karlshof. Es wird zunächst berichtet, daß man die Anstalt ausnahmsweise auf gutem Ackerboden errichtet habe, und daß es Mühe gemacht habe, die Fonds zu erlangen. Dies wird merk würdigerweise darauf zurückgcführt, daß „ganz Ostpreußen" etwas von dem an sich habe, was seiner Hauptstadt Königsberg den Namen „Stadt der reinen Vernunft* eingetragen habe, und wo dies Etwas zu sehr herrsche, wolle man die Saat nicht gleich daran wenden, wenn die Erntehoffnung in allzu weiter Ferne liege.* Jedoch, was die Stadt der reinen Vernunft nur lau aufnahm, hat dafür der Provinz!alverein für innere Mission „in seinem Schooß sonderlich ge fördert*, und die Kolonie ist da. Uebcr die Arbeit, mit der die Kolonisten beschäftigt werden, wird nun Folgendes berichtet: In 7 Werkstätten und auf dem Arbeitshof werden stets 40—50 Mann beschäftigt mit verschiedenen Gewerbearbeiten und dem Kleinmachen von Stubben, wofür die Heilanstalt Karlshof, wie Privatpersonen in Rastenburg willige Abnehmer sind. . . . Auf den Gütern der Umgegend werden Moorwiesen bekarrt, in Ziegeleien Lehm gestochen; auch fanden 50 Mann in der nahen Zuckerfabrik Beschäftigung. Man sieht, in Ostpreußen, dem Land der niederen Arbeitslöhne und hohen Answanderungsziffern, wirkt die Kolonie ganz eigenthümlich. Sie hilft den Gütern und Fabriken der Umgegend billige Arbeit verschaffen, und zwar Arbeiter, die in der mit milden Gaben er richteten Kolonie Unterkunft und Schlasstätte haben, bei denen also die Ansprüche recht bescheiden sind, und von denen nie zu sülchten ist, daß sie etwa durch zweijährigen Aufenthalt im Gntsbezirk den Unterstützungswohnsitz dort gewinnen. Uns scheint eine derartige Verwendung der Arbeitskräfte der Kolonisten im allerhöchsten Grade bedenklich* — In München wurde die Frau Oberregiflrator v. Schmädel, im 74. Jahre stehend, ermordet in ihrer Wohnung aufgefundcn. Oesterreich-Nngarn. In Triest explodirte im Lloydbureau ein kleines Kistchen, das ein Beamter fand, und, um den Inhalt zu erfahren, öffnete. Der Beamte ward schwer verwundet. —.Der ehemalige ungarische Hofkanzler und gewesene böhmische Statthalter Graf Anton Forgach ist gestorben. — Am letzten Donnerstag Nachmittag um 4 Uhr wurde in Pest ein sensationeller Raubmord an einer zwanzigjährigen Kassirerin und einem kleinen Mädchen in der inneren Stadt am Harischbazar vollführt. Der muthmaßliche Mörder ist ein Einjährig Freiwilliger. Das Motiv ist, wie angenommen wird, Eifersucht und Beraubung. — Das österreichische Abgeordnetenhaus ist nahezu ohne Sang und Klang auseinander gegangen, da eS bereits ziemlich feststeht, daß nach Ostern Berathungen nicht mehr stattfinden, sondern die Ab geordneten nur cingeladen werden, dem feierlichen Schluß der Saison durch de« Kaiser beizuwohnen. — Die gemäßigte ungarische Arbeiterpartei hat kürzlich wieder einmal ein Lebenszeichen von sich gegeben. Angesichts der vielen Katastrophen, denen Arbeiter zum Opfer gefallen, hat sie eine Petition an das Abgeordnetenhaus wegen der Unfallversicherung und der Altersversorgung gerichtet. So klopft denn dar soziale Problem auch an die Pforte der ungarischen Gesetzgebung, die bislang nur für die agrarischen Wünsche des Grundbesitzer» schwärmte. . — Das schöne Ungarland kann, was Unterschlagungen on Ai-os und schauderhafte Polizeiwirthschaft anlangt, getrost in eine Linie mit Rußland gestellt werden. Von der in Ungarn > nd namentlich in den großen Städten dieses Lande- herrschenden Polizeiwirthschaft sind zu Wiederhollenmalen die ha irsträubendsteu Vorkommnisse in die Oeffentlichkeit gedrungen. Die Postdiebstähle gehören zu den Alltäg- lichkeiten, ohne daß die Herren Diebe ausfindig gemacht werden. Warum sie nicht eruirt werden, davon erzählen sich die Spatzen aus den Dächern gar wundersame Geschichten, in denen die Polizei nicht gerade die sauberste Rolle spielt. Vor Kurzem kamen innerhalb vier Tagen vier Postdiebstähle ziemlich hoher Geldbeträge vor. Daß da nicht gewöhnliche Diebe hantiren, ist einleuchtend, weil dieselben nicht so leicht zu Geldbriefen und Geldsäcken gelangen Diese Diebe wüsten äußerlich sehr anständige Leute sein, die eine Art Aktien Gesellschaft bilden, um die Diebereien im Großen zu betreiben und die ihre Mit glieder in den verschiedensten Gesellschaftskreisen haben wüsten. Eine solche Art organisirten Diebstahls ist natürlich einträglicher als der niedere, gewaltthätige, der darin besteht, in Läden einzubrechen, Geld kaffen aufzusprengcn u. s. w. Ungarn scheint das klassische Land deS Diebstahls bleiben zu wollen! England. Das Parlament hat seine Sitzungen unterbrochen und sich bis zum 9. d. M. vertagt. Obwohl die österliche Ferien pause auf altem Herkommen beruht und ihr daher wesentlich nur eine formale Bedeutung zuerkannt werden darf, so läßt sich doch nicht leugnen, daß im Hinblick auf die eben durchlebte und auch jetzt noch nicht ganz überwundene Periode hochgchender Kriegsleidenschaft im englischen Volke die zeitweilige Beurlaubung deS Parlaments zur Beruhigung der Gemüther beitragen wird. Es wird sich eben Jeder mann sagen, daß, wenn Gefahr im Verzüge wäre, die Vertrauens männer der Nation ihren verantwortungsreichen Posten gewiß nicht, wenn auch für noch so kurze Zeit, im Stiche lasten würden. So aber und nachdem aus Versicherungen vom RegierungStisch mit voller Bestimmtheit geschlossen werden kann, daß in den amtlichen Regionen sowohl Londons als St. Petersburgs unentwegt an der Zuverficht einer friedlichen Lösung der afghanische» Schwierigkeiten festgehalten wird, erhält die eingetretene Vertagung des Parlaments den Charakter eines schwer ins Gewicht fallenden Unterstützungsmoments der Friedenshoffnungen. — Ein Telegramm des Generals Graham au- der Zareba auf dem Wege nach Tamai von Donnerstag Morgen theilt mit, daß derselbe versuchen werde, den Feind noch an diesem Tage zum Schlagen zu bringen. Bis zur Zareba war das Korps gelangt, ohne vom Feinde angegriffen zu werden. — Bis jetzt hat die „Schlag fertigkeit* des Generals Graham freilich recht traurige Resultate aufzuweisen gehabt Rtthland. Während gegenwärtig die in Rußland den Ton angehende Partei alle nichtrussischen Elemente zu unterdrücken fort- fährt, darf sie sich rühmen, daß auf Seiten der Nihilisten die größte Ruhe eingetreten, wenigstens dem Anscheine nach. Die Organisation der Nihilisten scheint indessen nur einer Umgestaltung unterworfen zu sein. Das sie umfastende Netz ist nicht zerrissen; sie unterhalten eine eifrige Korrespondenz mit ihren Führern im Aus lande, namentlich in der Schweiz; von dort kommen auf geheimen Wegen Tausende von Broschüren. Instruktionen und Nummern der Zeitung „Zemla i Wola* nach Rußland hinein. Die Nihilisten haben ihre geheimen Druckereien in Petersburg, Riga, Moskau, Odessa und anderen Städten Ihre Spuren sind überall vorhanden, in den Palästen des Zaren, der kaiserlichen Familie, in den Kasernen und in allen Beamtenkreisen. In Petersburg schreckt man den Zaren ununterbrochen mit der Behauptung, sein Leben sei durch die Nihilisten bedroht. Die Polizei und ihre vertraulichen Organe find bedeutend verstärkt worden. In der Hauptstadt weiß Niemand, wo sich der Zar gerade befindet, wo er wohnt und wann er nach Petersburg kommt. Der Kaiser zeigt sich gewöhnlich an Festtagen in der Haupt stadt wie ein Meteor. Während der Karnevalstage war er mehrere Male im Theater, aber gewöhnlich während der Vormittagsvor stellungen. DerIganze Weg, den er vom Anitschkow'schen Palais zu machen hat, wird dann stets von Polizeiagenten in Uniform «nd von Geheimpolizisten scharf bewacht. Manchmal merkte das Publikum von der Anwesenheit des Kaisers erst dann etwas, wenn die Schau spieler dem Zaren die üblichen Ehrenbezeigungen erwiesen. Es ist klar, wie wenig zu beneiden unter diesen Umständen der Kaiser aller Reußen ist! Sächsisches. — Dresden. Die zur Durchführung des „König Albert- Straßen-Projektes* von der Dresdner Bank und dem Bankhause Günther u Rudolph hier geplante Gesellschaft hat sich vorgestern konstttuirt. In der dieserhalb staltgehabten Generalversammlung wurden die Herren Konsul Gutmann, Direktor der Dresdner Bank, Kommerzien- rath Franz Günther, Henri Palmiö, beide in Firma Günther und Rudolph, Stadtrath Baumeister Kayser, Baurath Prof. Giese zu Mitgliedern des Aussichtsrathes gewählt; Syndikus der Gesellschaft ist der Rechtsanwalt vr. Rudolph. Den Vorsitz wird Herr Henri Palmiö führen, während Herr Stadtrath Baumeister Kayser stellver tretender Vorsitzender ist. Zum Vorstand der Gesellschaft ernannte der Auffichtsrath Herrn Feodor Lange, langjähriger Prokurist deS Bankhauses Günther u. Rudolph, sowie Bevollmächtigter der hiesigen Filiale der Allg. Deutschen Kredit > Anstalt in Leipzig und Herrn Architekt Bruno Adam. Das Aktienkapital beträgt 3 Millionen Mark, eingetheilt in 3000 Aktien L 1000 Mark und ist die Gesellschaft berechtigt, 7 Millionen O^Prozentige an erster Stelle hypothekarisch sichergcstellte Obligationen, deren Zinsen seitens der Stadt Dresden aus 25 Jahre garantirt sind, auszugeben. — Unter großer Theilnahme namentlich von Offizieren und Militärbeamten der vereinigten Artilleric- werkstätten und Depots, des Arsenals rc. fand die Beerdigung be im Alter von 70 Jahren verschiedenen, treu erprobten kgl. sächs. Majors der Artillerie a. D. Herrn Alwin Theodor Kilian statt. Der Verschiedene diente „von der Pike auf* und erhielt 1849 den Offizierscharakter, ward 3 Jahre später Oberleutnant und Zeughaus offizier und wirkte hier seitdem bei den Artilleriewerkstätten und De pot» in anerkennenswerthester Weise. Seit 1873 lebte er im Ruhe stand in Dresden. — Der Dresdner Handelskammer ist von dem königl. Ministerium des Innern eine Sammlung von Mustern fremder Importe für den chinesischen Markt z-gegangcn, welche der kaiserl. deutsche Konsul i» Kanton zusammengestellt und mit Erläuterungen versehen übersendet hat. Diese Sammlung umfaßt mehr als 100 Nummern von Mustern der mannigfachsten Maaren, unter welchen an erster Stelle ein reichhaltiges Sortiment von Textilwaaren, ferner eine Kollektion von Anilin- und anderen Farben, Kurzwaaren, Kon- sumartikelu u. s. w. zu nennen sind. Obgleich infolge der Umstandes, daß die Sammlung seit länger als einem Jahr die Runde bei den preußischen Handelskammern gemacht ha», nicht alle Muster in gleich gutem Zustande erhallen sind, auch die Ecikettirung einzelner nicht ganz sicher ist, bieten sie doch den am Export nach China Jnteressirten
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