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Nr. 14 PAPIER-ZEITUNG 527 Durchschießen von Zeitschriften mit fremden Reklamen Reichsgerichts-Entscheidung. Nachdruck verboten Der Verleger der Zeitschriften .»Gartenlaube« und »Daheim« verklagte vor einiger Zeit die Firma F. & L. in Dresden. Diese hat ihren Hauptsitz In Köln, betreibt einen »Journal Lest- zirkelt und heftet den darin umlaufenden, käuflich erworbenen Exemplaren der Zeitschriften »Gartenlaube« und »Daheim* An zeigen von Dresdener und auswärtigen Firmen teils im redak tionellen Text, teils unter den Anzeigen bei, jedoch in leicht vom Heft unterscheidbarer Weise. Die Verleger behaupteten, daß die beklagte Firma hierdurch das Ansehen genannter Zeit schriften schädige, gegen das Urheberrecht und gegen die guten Sitten verstoße. Das Landgericht Dresden hatte auf Verurteilung der Be klagten erkannt, während das Oberlandesgericht Dresden beide Klagen abwies. Das Oberlandesgericht verneint, daß die Klagen auf das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur vom 19. Juni 1901 gestützt werden können, weil weder die Beklagte in die dem Kläger als Verleger nach den §§ 4 und 11 zustehende ausschließliche Befugnis eingegriffen habe, noch dem Kläger der sich auf die Uebertragung des Urheber rechts beziehende § 9 zur Sette stehe, außerdem auch die Be klagte die Zeitscbriit nur durch Verleihen gewerbsmäßig ver breite, worauf sich nach § 11 der Einfluß des Urhebers nicht erstrecke. Auch verstoße das Verhalten der Beklagten nicht gegen die guten Sitten (§ 826 BGB). Selbst wenn Ihr bekannt gewesen sei, daß die Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft den Klägern zur Deckung der Herstellungskosten der Zeitschriften unentbehrlich wären, könne In dem Kauf einzelner Nummern, um sie im Lesezirkel zu verleihen und dabei In der be schriebenen Art durch Reklame Geld zu verdienen, kein Ver halten der Beklagten gefunden werden, das mit dem Anstands gefühl gerecht und billig denkender Menschen in Widerspruch träte. Selbst wenn die Beklagte in den Kundenkreis der Klägerin eingriffe, was aber kaum za befürchten sei, gälte das Gleiche. Ferner verneint das Oberlandesgericht die von der Beklagten behauptete Vertragsverletzung. Es sei überhaupt streitig, ob ein Vertragsverhältnis bestehe. Aber selbst wenn die Beklagte, welche die Hefte von der Hauptfirma in Köln be ziehe, als Käuferin anzusehen wäre, habe die Klägerin doch nicht mit der Beklagten vereinbart, daß die gekauften Exemplare nicht mit Reklameblättern durchschossen werden dürfen. Gegen dieses Urteil des Oberlandesgerichts war von dem Kläger Revision eingelegt worden, die aber vom 1. Zivilsenat des Reichsgerichts zurückgewiesen wurde. K. M.-L Verurteilung des amerikanischen Tapetentrusts Die Supreme Court in Washington, der höchste Gerichtshof der Ver. Staaten, hat eine Entscheidung gefällt, die von äußerst wichtiger Bedeutung für das Bestehen der großen gewerblichen Verbände, der Trusts, ist. Die Entscheidung betrifft den Tapeten trust, und vor ihr fallen die Preisabkommen zwischen Trusts und Kunden, falls solche Verträge auf die Verhütung des freien Wettbewerbs abzielen, wie Kartenhäuser zusammen, da alle andern Trusts, welche den Warenabsatz nach Art des Tapeten trusts betreiben, von dieser Entscheidung betroffen werden. Der verurteilte Trust ist die Continental Wall Paper Co., welche aus der Zusammenlegung aller größeren Tapetenfabriken ent stand und, verschanzt hinter einem hohen Eingangszoll, die Preise willkürlich hoch schraubte. In der Kontrolle der Tapeten- Erzeugung war der nächste Schritt dieses Trusts, auch den Markt zu beherrschen, und es wurden mit Zwischenhändlern und Kleinhändlern Verträge abgeschlossen auf folgender Grund lage: 1. wurde der Preis festgesetzt, zu welchem der Händler für Tapeten zu kaufen hatte, 2. ein Mindestpreis, zu welchem der Händler zu verkaufen hatte, 3. der Kunde mußte sich ver pflichten, von keinem andern Fabrikanten als dem Tapetentrust zu kaufen. Die nunmehr ei folgte Entscheidung des höchsten Gerichtshofes hat diesen Vertrag, weil er gegen die guten Sitten verstoße, als ungesetzlich erklärt und Ansprüche, die aus der artigen Abmachungen entstehen, aus dem Gerichte verwiesen. Herbeigeführt wurde diese wichtige Entscheidung durch eine Klage der Continental Wall Paper Co gegen die als Gesellschaft gesetzlich eingetragenen Tapetenhändler Louis Voight & Sons Co. in Cincinati, durch welche der Trust die Summe von 56 762 Doll., welche die Firma schuldete, einzutreiben suchte. Die Ent scheidung und die Bloßstellung des ganzen Wesens des Trusts mag aucn Veranlassung dafür werden, daß bei der Durchsicht der Zollsätze der hohe Zoll auf Tapeten vermindert wird, was sich als zweckdieniicnste Maßregel gegen das Ausplündern des Publikums durch diese wie die meisten andern Trusts erweisen würde. (Kölnische Ztg.) Beendeter Buchbinder-Ausstand. Der Buchbinder-Ausstand in Aachen ist am 3. Februar für beendet erklärt worden. 40 von den ausständigen Gehilfen wurden von den Arbeitgebern nicht wieder eingestellt. (Köln. Volksztg.) Vorsicht! Nachnahme über unbestellte Anzeige Ich sende Ihnen anbei den Briefwechsel mit einer Firma Theophil Weber, Leipzig, ein. Es dürfte angebracht sein, in Ihrer Zeitschrift auf diese Firma hinzuweisen, um andere Firmen vor einem »Reinfall« zu schützen. Von dieser Firma erhielt ich letzter Tage eine Nachnahme von 20 M. ohne weitere Mitteilung; ich ließ die Nachnahme zurückgehen und forderte die Firma durch Brief auf, mir mit zuteilen, wofür ich ihr 20 M. schuldig sei, d. h. mir den Auf trag (den ich nicht gegeben hatte) vorzuzeigen. Als Antwort erhielt ich folgenden Brief: Leipzig, den 8. Februar 190g Talstraße 5 Herrn Auf Ihre gefl. Anfrage vom 6. ct. teile ich Ihnen er- gebenst mit, daß sich die Nachnahme über 20 M. lediglich auf m. Einladung vom 19. Dezember 08 bezieht. Die betreffenden Papiere überreiche ich Ihnen bei geschlossen nochmals zu gefl. Einsicht und zeichne, Ihrer Entschließung gewärtig Hochachtungsvoll Th. Weber Hieraus geht deutlich hervor, daß ich einen Auftrag über haupt nicht erteilt habe. Ich stelle Ihnen anheim, von diesem Briefwechsel im Interesse Ihrer Leser Gebrauch zu machen. Papieriuarenfabrik Im Nrn. 24 S. 1065 und 47 S. 2073 von 1907, ferner in Nrn. 9 S. 324 und 68 S. 2623 von 1908 wurde über ähn liches Gebaren der Firma Theophil Weber in Leipzig ge klagt. In drei Fällen sandte die Firma Rechnung über un bestellte Anzeigen, in dem in Nr. 9 behandelten sowie im obigen Fall versuchte sie den Betrag dafür gleich durch Nachnahme einzuziehen. Wir haben unsere Ansicht über solches Vorgehen in den genannten Nummern klar dar gelegt und drucken hier nur unsere Aeußerung aus Nr. 9 von 1908 ab: Unseres Erachtens durfte die Maschinenfabrik mit Recht darüber entrüstet sein, daß ihr Nichtbeachten der langatmigen Aufforderung als Einverständnis angesehen und das Geld für die nichtbestellten Anzeigen nachgenommen wurde. In manchem Geschäft mit weniger sorgfältigen Angestellten wird die Nach nahme eingelöst, und der Irrtum kommt entweder nie zu Tage oder das Geschäft verzichtet auf den Betrag, um keinen Prozeß darum anzufangen. Handwerksmeister im Handelsregister Ein Weimarer Buchbindermeister, der auch ein Geschäft mit Schreibwaren usw. betreibt und vor Jahren infolge Antrags der Handelskammer gezwungen worden war, seine Firma ins Handels register eintragen zu lassen, sollte jetzt infolge Antrags der Handelskammer und der Handwerkskammer gezwungen werden, seinen Namen im Handelsregister löschen zu lassen. Das Amts gericht hatte vorderhand die Sache noch ruhen lassen, weil zu nächst nur in diesem einen Fall ein Antrag vorlag, weitere der artige Anträge aber zu erwarten standen. Man wollte so den Schein vermeiden, als ob nur in diesem Fall in der bezeichneten Weise vorgegangen werde. Jetzt ist die Löschung nicht nur dieses einen Buchbindermeisters, sondern noch dreier Kollegen von ihm und außerdem die Löschung einiger zwanzig anderer Weimarer Handwerksmeister, die neben ihrem Handwerk auch Handel betreioen, erfolgt. Sie haben auch sämtlich, wie seiner zeit die Gebühren für die erzwungene Eintragung, die Gebühren für die erzwungene Wiederlöschung zahlen müssen. Dabei er forderten die Gebühren für die Löschung einen tieferen Griff in die Tasche als die Gebühren für die Eintragung: jene be trugen rund 7 M. 50 Pf., diese rund 5 M. 50 Pf. Man erwartet von dieser Löschung zahlreicher Geschäftsleute, daß sie zur Klärung der Frage, wer zur Handelskammer und wer zur Hand werkskammer zu steuern hat, beitragen wird (Dorfzeitung, Hildburghausen) Notdrucke. Eigenartige Zeitungen wurden gelegentlich des jüngstenAusstandes der Pariser Maschinensetzer von denVerlegern der Zeitungen »L’Autorite« und »La Comoedia« herausgegeben. Dieselben ließen die Manuskripte ihrer Redakteure und Mit arbeiter photographieren und die Zeitungen mit Hilfe der von den Platten hergestellten Klischees drucken. War es auch nicht möglich, alle diese Manuskriptdrucke zu lesen, so fanden doch die Blätter infolge ihres ungewohnten Aussehens so reißenden Absatz, daß schon am Nachmittage des Erscheinens keine Nummer mehr aufgetrieben werden konnte. Der Ausstand brachte so den Verlegern noch ein nettes Sümmchen ein. (Köln. Volksztg.)