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2980 Gestalt in den Kreisen der Arbeitgederschaft al- gänzlich ver- ftblt bezeichnet und »ine baldige Abänderung als unerläßlich angesehen werde, falls nicht schwere sociale Schädigungen die Folge sein sollte». Da« nicht nur Bedenkliche, sondern geradezu Unhaltbar« der Verordnung liege darin, daß sie daö Gast- und Schanlwirthschaftöwesen über einen Kamm scherre und ihm Beschränkungen auferlege, die auf die Dauer nur der Großbetrieb auSbalten könne, und daß die AuS- und Durchführung der Verordnung daher auf zahlreiche, besonder« mittlere und kleine Betriebe, schwer und rief schädigend wirken müsse. Aber auch di« Angestellten selbst, in deren Interesse die Verordnung doch erlassen worden sei, würden nach verschiedenen Richtungen hin ganz erheblich darunter zu leiden baden, und zwar in erster Reib« die Kellner und vorzugsweise die in Restaurations betrieben. Di« Wirth« würden sich zumeist genöthigt sehen, Lohnkcllncr einzustelle«, die öfter di« Stellung wechselten und in Folge besten an die Verordnung nicht so gebunden sein, daß si« nicht nach ihrem Willen jederzeit Ueberarbeit leisten würden. Würde den Arbeitgebern die Möglichkeit verblieben sein, die Ruhezeiten «ach dem Gange des Beiriedes ein zurichten, nicht aber sie einem unau«weichbaren Zwange zur Gewährung bestimmter Ruheperioden zu unterwerfen, so wäre schon manchen Härten die Spitze abgebrochen gewesen. Beanstandet werden in der Denkschrift besonders die Bestim- mnugeu betr. die Umwandlung der acht- in eine neunstündige Ruhezeit durch Polizeiverordaung, ferner die 60 Mal im Jahre zugelaffeae Ueberarbeit, die Bestimmungen über die 24stündige Ruhepause, ferner die Unterscheidung von Ge meinden mit mehr oder weniger als 20 000 Einwohnern und die damit verbundene Unterscheidung der für uothwendig er achteten Ruhezeiten, das Verbot, daß Gehilfen und Lehrlinge unter 16 Jahren in der Zeit von 10 Uhr Abends bi« 6 Uhr Morgens nicht beschäftigt werden dürfen und schließlich die Claffeneiutheilung der im Gastwirt--- gewrrbe Angestellten. Die Gastwirthe vertreten in der Denkschrift die Meinung, daß e« sich empfehlen durste, von AmtSwegen in den Gemeinden gemischte Commissiouen einzufetzrn, die in Streit- oder Zweifelsfällen die Functionen von Schied«- und EinigungSLmlern au-üben sollten und aus Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeit nehmer zu bilden sein würden und sie hosten, daß >n kürzester Zeit Bestimmungen erlassen werden, die eS ermöglichen, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gegenseitigem Interesse und zum Vortbeil des öffentlichen Verkehr- gedeihlich miteinander arbeiten können. U Berlin, 24. April. (Die Lobnzabluug-biicher.) Bekanntlich bat auch der deutsche HandrlStag in seiner letzten Ausschußsitzung einen Beschluß auf Abschaffung der durch die Gewcrbeordnung-novelle vom 30. Juni 1900 eingeführten LohnzabluagSbücher gefaßt. In der Eingabe, die er dieser- halb an den BundeSrath gerichtet bat, heißt r«: Wenn mit der Einführung der Lohnzahlungsbücher beabsichtigt wurde, den Eltern oder Vormündern der minderjahngen Arbeiter eine Controle über deren Verdienst zu verschaffen und dadurch in den Arbeiterkreisen die elterliche Gewalt und den Zusammenhalt der Familien zu stärken, so ist dieser Zweck nach den bis herigen Erfahrungen nickt oder höchstens in bescheidenem Maße erreicht worden. Die Aushändigung deS Lobnzablungsbuckes au die Eltern oder Vormünder ist in der Regel unaus führbar, da sich diese nur in den wenigsten Fällen zu den für die Lohnzahlung bestimmten Stunden in der Fabrik würden eiufinden können oder wollen. Sie ist auch wohl nirgends im Gebrauch; vielmehr erfolgt die Aushändigung des Buches durchweg an den Minderjährigen selbst. Da für diesen keine gesetzliche Bestimmung besteht, das Buch seinen Eltern oder seinem Vormunde vorzuzeigen, so hängt es von seinem guten Willen ab, ob er eS vorzrigt oder nickt. Ist der gute Wille vorhanden, so würden dre Eltern auck ohne LobnzahlungSbuch Auskunft von dem Minder jährigen erhalten. In allen Fällen jedoch, in denen der gute Wille nicht vorhanden ist und auf Seilen der Eltern oder Vor münder ausreichende Gewalt über die Kinder und Mündel fehlt, bleiben die Bücher der Einsickt der Eltern oder Vor münder verschlossen. Die ausreichende Gewalt aber mangelt namentlick solchen Eltern, die sich von ihren Kindern Kostgeld zahlen lasten. Besondere Schwierigkeit entstehen dort, wo Eltern und Kinder in verschiedenen, vielleicht weit von ein ander entfernten Orten arbeiten. Viele Minderjährige nehmen die Bücher aar nicht mit nach Hause, sondern verwahren sie in der Fabrik, um sie bei der nächsten Lohnzahlung sofort wieder zur Hand zu haben. Die Bestimmungen für die Lobnzahlungsbücher verfehlen jedoch nicht allein ihren Zweck, sondern haben auch mancherlei bedenkliche Nachthei le im Gefolge, sowohl für die minderjährigen Arbeiter selbst und für die übrige Arbeiterschaft, als auch namentlich für die Arbeitgeber. Der durch die Ausfertigung und Unterzeichnung der LohnzahlungSbücher entstehende Zeitverlust bringt es mit sich, daß bei der Lohnabrechnung deS Oefteren ver dem Zahltag vorhergehende Tag nicht mehr berücksichtigt werden kann, so daß der Arbeiter mit zwei Tagen auf die folgende Lohnzahlung angewiesen bleiben; eine andere Anordnung ist häufig unmöglich, weil sonst die Lohnzahlungs bücher nicht rechtzeitig abgeschlossen werden könnten. In stimme herausschrie. — Dann zog er den jungen Mann auf einen Stuhl neben sich nieder: ,Htcr, lieber Domänenrath von Rauht, erlauben Sic, daß ich Ihnen meines Stephan s besten Freund vorstelle: Graf Brandau, Doctor der Rechte, invmentan Einjähriger Seiner Majestät des Kaisers. — Bon „Rauht" auf Grünwalde bei Schwerin haben Sie wohl schon genug gehört, Bernd? Bon, nun be ¬ grüßen Sie noch Ihren famosen Herrn Onkel, und dann schießen Sie los! Was macht die verehrte Frau Mutter und das arme, blinde Wurm? Ueber die Verdrehtheiten mit dem Heirathsplane sind Sie wohl jetzt hinaus, was, alter Freund? Habe da etwas läuten hören von heilsamen, russischen Einflüssen, die eine schnelle Besserung herbei geführt haben. Beim Himmel, hatte höllische Angst, täglich irgend eine Nachricht zu vernehmen, die nicht wieder gut zu machen gewesen wäre! Meine Eva hat auch immer der Post mit einer gewissen Angst entgegengesehen, und auf- geathmet, wenn kein großer, verdächtig aussehcnder Brief dabei war!" General Brandau musterte betroffen den Großneffen. Dieser saß mit schneeweißen Lippen und erloschenen Augen da, als ob er einer Ohnmacht nahe wäre. Eine innere Stimme sprach unaufhaltsam in Bernd und drängte ihn, jetzt die unglückliche Anneliese als seine Braut zu nennen und damit die Verhältnisse endgiltig zu klären. Sein Ge wissen schalt ihn „Schuft" und „Elender"; aber er vermochte nicht, schon jetzt die Verlobung offen zu proclamiren. — Bei Erwähnung Feodora's zuckte er zusammen. Also auch das war bekannt geworden! Die Frage quälte ihn, ob die Comtefsc gleichfalls von seinem Berhältntß zu der Russin gehört hätte ? DeS alten Warell's Augen ruhten jetzt ant- wortheischcud auf ihm. Fast erstaunt hörte Bernd sich jetzt laut sprechen und von Nizza berichten und dann Fragen über sein eigenes Thun und Treiben beantworten. Der Kellner hatte ihm sein GlaS und seinen Wein ge bracht und vor ihm auf den Tisch gesetzt. Hastig trank er zwei Gläser aus, worauf die Farbe in sein Gesicht zurück kehrte: „Darf ich Sie nun einmal fragen, waS Die nach Berlin geführt hat, mein lieber ltzraf, und vor Allem, wie cS Stephan und der Eomtesse Tochter ergeht?" sagte er alsdann ruhiger. „Na, vom Steff habe ich einen Sack Grüße zu bestellen. Es that ihm sehr leib, dem ver lobungsfeste nicht beiwohnen zu können. Aber er hat es nicht so gut, wie Sic, Gchwerenöther! Man hat ihm nolvus vnlcm, den Urlaub verweigertl Nun kommt als Dessert nachricht noch eine mächtige Ueberraschuna ", er hielt bedeutsam an. Bernd ballte die Hanb zur Faust und manchen Betriebe» hat man sich im Zusammenhang hiermit veranlaßt gesehen, die Lohnzahlung, statt wir bisher all wöchentlich, nur alle 14 Tage vorzunehmen. Für di«Arbeit geber ist die Verpflichtung, LohnzahlungSbücher auSzustrllen, äußerst lästig. Sie verursacht großen Zeitverlust und nickt unerhebliche Kosten. Namentlich i» solchen Betrieben, die alle acht Tage ihre Arbeiter auSlohnen, macht sick die durch die Eintragungen verursachte Arbeitslast in sehr störender Weise fühlbar; das Bureaupersonal wird in seinen Arbeiten empfind lich aufgehalten. Zudem ist sür das Bureaupersonal die Bearbeitung der LohnzahlungSbücher insofern unangenehm, als die Arbeiter fast niemals für die Reinhaltung der Bücher sorgen. Diese sind vielmehr wahre Herde sür die Urber tragung von KrankheitSkeimen; in Weslpreußen soll in einem bestimmten Falle durch die Lobnzahlungsbücher die Granulöse in die Bureaux einer Fabrik eiageschtepp« worden sein. Ferner trägt der Umstand, daß die Arbeiter Vie Bücher nicht ordentlich verwahren, so daß sie häufig verloren geben, zur Erhöhung der Arbeitslast und der Kosten in unliebsamer Weise bei, da für die verloreueu LohnzahlungSbücher stet« neu« ausgestellt werden müssen. — Ganz besonder- lästig für den Arbeitgeber ist die Vorschrift, daß alle Eintragungen in die LohnzahlungSbücher mit Tinte zu bewirken und von dem Arbeitgeber over dem dazu bevollmächtigten Be triebsleiter zu unterzeichnen sind. Für Betriebe, in denen eine große Zahl von Minderjährigen beschäftigt wird, kann man weder dem Arbeitgeber noch einem von ,hnr angestelllen Betriebsleiter zumuthen, neben ihren wichtigen und verant» wortungsrrichen Aufgaben die Leistung der Unterschriften in allen Lohnzahlungsbückern zu übernehmen. Die damit ver» bundeae Verantwortung können sie sachlich kaum tragen, wenn sie mit der Lohnabrechnung unmittelbar nichts zu thun haben. Die Bestimmung der Gewerbeordnung garantirt daher die Richligkeit ter Angaben in den Lohn- zahlungsbüchern nicht in höoerem Grade, als wenn lediglich der Firmenstempel beigedruckt oder der Lohnuachwei« von dem mit der Lohnzahlung beauftragten Beamten unter zeichnet würde. — Angesichts dieser Verhältnisse ist eS nicht zu verwundern, daß unter den Industriellen eine wahre Er bitterung entstanden ist über Bestimmungen, die sie, ohne einen erkennbaren Nutzen zu stiften, in so hohem Grade belästigen. Gleichwohl soll die gute Absicht, die bei Erlaß dieser Bestimmungen vorhanden gewesen ist, nicht ver kannt werden, und in beschränktem Maße dürfte sie auch ohne erhebliche Schädigung erreichbar sein durch eine gesetz liche Bestimmung, welche die Arb itgeber verpflichtet, auf Wunsch den Eltern oder Vormündern der minderjährigen Arbeiter bereu Lohn uirrzutheilen. Durch eine solche Be stimmung, wie sie in ähnlicher Weise auf Gruuo des H l19a Abs. 2 Nr. 3 der Gewerbeordnung an mancken Orten lchon durch OrtSstatut eingeführt ist, würde eS denjenigen Eltern oder Vormündern, die darau Interesse halten, ermöglicht, eine Controle über ihre Kinder oder Mündel auszuüben, und dies scheint vollkommen auöieichend. — Auf Wunsch deS Kaisers wird Fräulein Else Wiegand, die Tochter des Gcneraldircetors des „Nord deutschen Lloyd", die Taufe des auf der Werft des Stettiner „Vulkan" im Bau befindlichen neuen Schnelldampfers „Kaiser Wilhelm II." vollziehen. — Der Reichskanzler hatte Dienstag Mittag mit dem Statthalter in Eliaß-Lothriugen Fürsten zu Hohen lohe-Langenburg eine längere Besprechung. — Der Kronprinz von Siani wird gleichzeitig mit dem Schah nach Berlin kommen. Der siamesische Thron folger wird in England erzogen. — Abgereist ist der Justizministcr vr. Schönste - t nach der Schweiz. — Die Nachricht, welche kürzlich die Presse durchlief, daß an Stelle des verstorbenen Abgeordneten vr. Lieber die eigentliche Leitung des Eentrums der Abgeordnete Bachem übernehmen werde, trifft, wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, nicht zu; es werden die Abgeordneten Spahn, Schmitz-Düsseldorf und Frhr. v. Hertling genannt, welche sich in die Führung deS Centrums tbeilcu sollen. — Ob der Gesetzentwurf wegen Errichtung kauf männischer Schiedsgerichte demReichStage noch vor der Vertagung zugehen wird, erscheint einigermaßen zweifel haft. Dem Vernehmen nach werden die kaufmännischen Sondergerichte ungefähr nach dem Muster der Gewerbe gerichte eingerichlet und unter Umständen auch vielleicht hie und da im Anschluß an die letzteren gebildet werden. — Die Beratbungen mit Sachverständigen der ver schiedenen Versicherung« zweige im Reichs-Iustizamt werden sich voraussichtlich bi« nach Pfingsten hinzieheo. — In Folge ministerieller Anordnung werden gegen wärtig seitens der Polizeibehörden Erhebungen darüber anzestellt, ob und in welchem Umfange und in welcher Weise bei der Behandlung von Kranken durch nicht approbirte Ausübende der Heilkunde die Hypnose zur Anwendung gebracht wird. — Der preußische Minister sür Handel und Gewerbe hat im Hinblick auf die noch herrschende Arbeitslosigkeit an biß auf die Lippen. Er erwartete, Eva's Verlobung zu hören. Erleichtert athmete er tief auf, als dies nicht geschah. Warell fuhr nämlich fort: „Denken Sie, ich bin Linden-Aue untreu geworden und habe mir mit Eva auf vier Monate die fix und fertig eingerichtete Wohnung des Oberleutnants Hahn gcmiethet. Der brave Mann ist näm lich auf diese Zeit nach dem Elsaß abcvmmandirt und hat sein Weibchen mitgenommen. Eine solche Gelegenheit konnte ich mir doch nicht entgehen lassen, nicht wahr? Eva wollte Clavicrstunden und Gott weiß, was für Unterricht sonst noch nehmen. Sie ist seit gestern eine geschäftige Hausfrau und schmiedet bereits Pläne, denn sie will zwei Empfangs tage in der Woche einrichten und einen großen Verkehr pflegen. Sie sind obenan auf der Liste. Treten Sie morgen also, mit Blumenstrauß bewaffnet, in der Potsdamer Straße 175, erste Etage links, an!" Eine benehmende Seligkeit erfüllte Bernd eine Secunde lang. Er durfte sic Wiedersehen; die süße Stimme hören, das holde, herbtrotzige Gesichtchen, den biegsamen, schlanken Körper deS geliebten Mädchens sehen! Doch das Wonne gefühl erlosch. Warell fügte hinzu: „Auf zwei Paar Tanz beine bei den Bällen kann die Eva ja rechnen. Erstens sind Sie da, und zweitens ist mein Neffe Victor, Sie wissen doch, Löwen-Polling, zum großen Gcneralstab commandtrt worben. Der Bursche ist ein genialer Militär und wird ein Bombcnavancement machen." „Da darf man sich wohl bald auf eine frohe Botschaft gefaßt machen?" fragte der General. — „Paffen Sie auf. Sie werden Ihr reizendes Töchterchen hier an den Mann bringen!" ,Hm, kann sein! Der Bengel, mein Neffe, ist rasend verliebt in sie! Aber das Mädel hat einen Starrkopf, wen die nicht will, zu dem kann Niemand sie überreden! Mir wäre es recht, wenn die ober eine andere Geschichte", — er blinzelte schlau nach Bernd hin, — „'mal zum Klappen käme. Die Eva ist eine Widerspenstige, das wird mit dem Alter schlimmer. D'rum bin ich dafür, sie, wenn möglich, noch vor zwanzig Jahren zu verheirathenl" Rauht sprach jetzt seine Ansichten über frühes Heirathen auS und stieß auf heftigen Widerspruch. Die drei Aelteren erläuterten nun baS ergiebige Thema nach allen Seiten. Bernd konnte sich seinen Gedanken hingeben. Wie e» in ihm wogte und gährte! Schmerz und Enttäuschung stritten mit einer wilden Seligkeit um die Oberhand. Go sehr der Verstand auch Ruhe und Hoffnungslosigkeit predigte, baS stürmisch klopfende Herz war nicht zum Schweigen zu bringen. Er war noch jung, die blinde Braut, hahaha, konnte »och warten. Ein paarmal mußte er »och Eva geordnet, daß wahrend der Dauer de« gegenwärtigen MangelS an Arbeitsgelegenheit bei der Bewilligung von Ueberarbeit erwachsener Arbeiterinnen au, Grund des tz 138», Abs. 1 und 5 der Reichs-Gewerbe-Ordnung seitens der Polizeibebörden mit ganz besonderer Vorsicht zu versabren sein wird. Ueberall da, wo die Besorgaiß gerechtfertigt ist, daß die Gewäbrung von Ueberarbeit e« Arbeitslosen erschwert, Arbeit zu finden, wird von der Gewährung Abstand »u nebmen sein, weil dir Gewährung von Ueberarbeit für Arbeiterinnen die Lage der Arbeitslose« ««günstig beein flußt. (Post.) — Die diesjährig« Generalv«rsaarmlung des Evangelischen Bundes soll vom 8. bis V. Oclober in Hagen in Westfalen abgehalten werden. — Gestern Abend fand ein Festessen der Reichs- partei und der freiconservativen Fraktion des Abgeordnetenhauses statt. Als Gäste waren die Minister v. Thielen, l)r. Grubt, Frhr. v. Rheinbaben, Frhr. v. Hammer stein und Möller anwesend, außerdem Fürst Bismarck, Admiral v. Knorr und eine Reihe anderer Gäste, sowie eine große An zahl früherer Mitglieder beider Fractionen. Den Trinkspruch auf den Kaiser brachte der Abgeordnete Stengel au«. O Primkena«, 23. April. Die Kaiserin traf heute Abend 9 Uhr hier ein und wurde vom Herzog und der Her zogin Ern st Günther am Bahnhofe empfangen. Der Kaiser traf um 11 Uhr hier ein; er wurde vom Herzog Ernst Günther auf dem Bahnhofe empfangen. * Teffft«, 23. April. Eine hier abgehaltene öffentliche Versammlung, die über die Abänderung des Wahlrechts ,um andaltischen Landtage beriech, beschloß einstimmig, an die anhaliische Staatsregierung folgende Emgabe zu richten: „Dir Versammlung hält die Einführung einer cvnstitutio- nellen Verfassung in Anhalt für dringend erforderlich; sie spricht daS Verlangen auS, daß da« LandtagSwahlrrcht uuter Aus schluß von Privilegien sür Großgrundbesitz und Großhandel und unter principieller Zubilligung de- Wahlrecht« au alle Anhaltiner rrsormirt werde." * Köln, 23. April. Die Bergbehörde stellt gegenwärtig Erhebungen an, ob die Mittheilung, daß die Grubenver waltungen im Rubrrevier, veranlaßt durch die gegen wärtigen schleckten Absatzverbästnisse, beabsichtigen, die bisher allgemein übliche Acktstundensckicht durch eine Zehnstunden- schicht zu ersetzen und die Belegschaft nur lhrilweise anfabren zu lasten, zutreffend sei. Die »Köln. Ztg." meint, eS dürfte als sicher angesehen werden, daß diese Mittheilung zu agita torischen Zwecken verbreitet sei. Demgegenüber meldet die „Bergarbeiterztg.", daß die Zecke „Holland" eine neun- bis zehnstündige Arbeitszeit cingeiübrt habe und die Zecke „Deutscher Kaiser" 130 ausländische Arbeiter trotz Arbeitsmangel eingestellt habe. O Metz, 23. April. Gestern Abend feierte derSachse n- Verein den Geburtstag -cs Königs Albert durch einen Commers. Forstmeister Hallbauer hielt die Festrede, in der er den König Albert als einen weisen Herrscher des sächsischen Volkes und als einen nationalen Helden feierte. Viele Gesänge und Vorträge wurden dar geboten und Theaterstücke aufgcführt. Heute Vormittag V2IO Uhr fand Kirchenvaradc statt; anwesend war die Generalität von Metz. Consistorialrath Bustler hielt die Festprcdigt. Um 12 Uhr wurde eine Parade durch den commandirendeu General Graf Häseler abgcnommcn. Nachmittags fand eiu Festessen im Officierscasino des sächsischen Fuß-Artillcrie-Ncgimcnts Nr. 12 statt. * AuS Bayer». Der bayerische Cenlrumsführer Ab geordneter Prälat von Dall er sollte, nach einer Meldung der „Pfälzischen Runbsckau", mandatSmüde sein. Diese Mir- theilung soll unzutreffend sein. v. Datier ist, so sagt wenig stens die „Augsburger Postzeitung", für die Leitung der CentrumSfraction unersetzlich, und e« ist deren dringender Wunsch, daß er, so lange er lebt, ihr Führer bleibe, und es steht fest, daß der Abgeordnete Ur. v. Daller dem Rechnung trägt, sich dem Wunsche der Fraktion, mit der ibn das Herz- lichstc Verhältniß verbindet, fügt und ein Ruhebctürsniß nicht aufkommen laßt. Er ist so frisch wie ehedem und leitet die FractionSgeschäfte mit einer Umsicht und Unermüdlichkeit, daß man hoffen darf, Gott werde ihn noch lange der CentrumS- fraction erhalten. * München, 23. April. Der Gcneralfcldmarschall Graf Walderscc wird, sicherem Vernehmen nach, am Sonn abend vom Prinz-Regenten empfangen. Am Sonn tag findet beim Regenten eine Tafel zu Ehren des Grafen Waldersee statt. Am Montag wird, den bisherigen Dispo sitionen zufolge, der Regent den Grafen Waldersee ein laden, mit ihm das Armeernuseum zu besuchen, um die dort befindlichen chinesischen Trophäen zu besichtigen. Außer dem Kricgsminister werden dabei sämmtlichc bayerischen Officiere anwesend sein, die unter dem Eommando des Grafen Waldersee an der deutschen Chinacxpcdition thcil- gcnommcn haben. („Allgcm. Ztg") Oesterreich - Ungarn. Steuerreform. * Wie«, 23. April. Abgeordnetenhaus. Im Laufe der Debatte über die dirrcten Steuern betonte der Finanz- sprcchcn, ehe er sein unseliges Geheimntß verrieth und sich selbst den Galgen baute. Wenn sie aber den Officicr nicht ansmalcn, was nie geschehen durfte, was er ja nicht dulden wollte! Die Bekannten nebenan brachen auf. Bernd wollte sich ihnen anschlicßcn. Er verabschiedete sich von Warell, mit dem Versprechen, so bald- als möglich zu kommen. Dann wünschte er den Anderen eine gute Nacht. Im Wettcrschretten vernahm er noch die Worte seines Oheims: „Ich hätte den Herzenswunsch, aus meinem Mündel und Ihrer ." Mehr konnte er nicht verstehen; aber er ahnte den Schluß und lachte bitter. „Ahnt Ihr denn nichts, bemerkt Ihr denn nicht die Kugel, die ich wie ein Galeeren sträfling am Fuße klirrend nachschleife? Ihr Thoren!" murmelte er grimmig in sich hinein. Aber die Fremden ahnten nicht, was aus dem heitersten Jüngling einen ver- grübclten Unglücklichen gemacht hatte! Am Sonntag Vormittag stand Brandau in Uniform vor der Wohnung. Sein Athem setzte aus vor innerer Erregung, als er über dem Messingschild die Visitenkarte des Grafen Warell mit Reißnägeln befestigt sah. Er zwang sich zu einem raschen Entschlüsse und drückte auf den elektrischen Knopf. Bet -em schrillen Ton der Klingel zuckte er zu sammen. Von drinnen näherten sich Schritte. Ein Diener in der ihm bekannten Linden-Auer Livree öffnete. Auf seine Frage empfing er die Antwort: „Die gnädigen Herr schaften wären daheim." Er sandte seine Visitenkarte und wurde in einen wunderhübsch eingerichteten Salon geführt. „Die gnädigste Eomtesse würbe sofort erscheinen. Der Herr Graf Brandau möge gütigst einen Augenblick Platz nehmen!" Bernd setzte sich in einen Sessel. Ein starker Duft durch zog den Raum. Ueberall standen Blumen. Gleich neben dem Schreibtisch war der Riesenkorb mit eingepflanztem Flieder und blühenden Rosen aufgestellt, den er durch den berühmten Gärtner Schmidt den Freunden übersandt hatte. Die herrlichen Blüthen, die zarten Gräser hatten die Ge liebte begrüßt, noch ehe er eS durfte. Wie er die Pflanzen darum beneidete! Seit er hier, in ihrem Heim weilte, war eS so still in ihm geworben, so abschiedswehc. Nicht lange mehr, dann waren sie einander verloren! — Noch dachte er er nach, ob Eva ihm wieder mit dem alten, abweisenden Trotz entgegentreten würde, da stand sie bereits vor ihm. Sie war durch eine Seitenthttr lautlos hineingcglttten. Hastig sprang Brandau empor. „Guten Tag, vernd!" jagte sie leise und streckte ihre schmale, heiße Hand an-. Wortlos ergriff er diese und preßte sie gegen seine Ltvoen. Minister, daß d«S günstig« Dt«u«r«rgiB«iß Se« vorigen Jahres nicht in dem besonder« starke» Amvachsen der Prrsv««l-Einfommenstener, sondern durch ei» außer- orde«tkich günstiges Ergebniß des Steuer-Eingang« aus de« zur öffentliche« Rechnungslegung verpflichteten Unter nehmung«» begründet sei und gab zu, daß die Steuerreform nicht abgeschlossen sei, vielmehr fort gesetzt werden müsse, aber nutzt überhastet werdrn dürfe. Die Aufhebung der Grund-, Gebäude- und allgemeinen Er werbs-Steuer würde nahezu die virreinhalbfache Erhöhung der gegenwärtigen Personal-Einkommensteuer erfordern. Hin sichtlich der Gebäudesteuer erwäge der Minister einen organi satorischen Reformpla», mit dem er in dem Augenblick vor daS Haus hinlreten werde, wenn derselbe sich durchführbar erweise. Grotzheno »*« vnSen. * Wien, 23. April. Die „Wiener Lbendpost" schreibt: Se. königl. Hobeit Friedrich Groß-erzog von Baden feiert morgen den 50. IabreStag deS Beginns seiner Regierung. Die geschichtliche Persönlichkeit deS greisen Fürsten, der morgen auf ein halbes hundert Jahr« gesegnet« Wirkens zuriickblickl, verleibt dem Gedenktage eine über den augenblicklichen dynastischen und nationalen Anlaß weit hiuauSrrichende Be deutung. In einem Negentenleben voll strenger Pflichterfül lung, dem ernste Sorge nicht erspart, aber auch reicher Erfolg nicht versagt geblieben ist, bat sich Friedrich von Baden seinem Lande als Mehrer an allen Gütern friedlicher Gesittung er wiesen und die Wahrheit deS hochsinnigen Wortes bewährt, das einer seiner Vorfahren ausgesprochen, daß daS Glück des Regenten unzertrennlich verbunden ist mit dem Wohlergehen de« Landes. Oesterreich gedenkt mit herzlicher und ehr erbietiger Sympathie des ritterlichen Herrschers, den seit frübe» Jugendtagen mit unserem Kaiserhause die Bande inniger Freundschaft verknüpfen und auf dem einst Radetzkys Auge freundlichen BlickcS geruht hat. ^V. Wie«, 24. April. (Privattelegramm.) In einem Leitartikel anläßlich des RegieruugSjubiläumS des Groß- herrogS von Baden schreibt das „Fremd end latt": „Und so wird der morgige Tag «in Tag der Ehre und des Dankes werden, an dem neben den Badensern Kaiser und Reich ibr gewichtig Theil bezebren. Auch jenseits der Reichsgrenzen, aus unserem Oesterreich, dem Baden am Bodensee allezeit ein werther Nachbar gewesen, wird in dem erlauchten Jubilar der Jugendfreund unseres geliebten Monarchen verehrt. Mögen dem edlen Fürsten und feiner hohen Gemahlin, die in stets bewährter HerzenSgüte und feinsinnigstem Berständ- niß seine Sorgen und Freuden mit ihm getdeilt hat, die aufrichtige Verehrung sür sein LebenSwerk und die besten Wünsche für ein ferneres segensreiche- Walten an dieser Stelle zum Ausdruck gebracht werden. Belgien. TaS Erlöschen -es Ausstandes. * La Luutttdre, 23. April. Der Ausstand in der Kohlen- und Eisenindustrie ist im Bassin du Centre vollkommen beendet. Italien. Lockerung der HerrrSdiScipltn. * Rom, 23. April. Deputirtenkammer. Auf ver schiedene Anfragen über Kundgebungen, welche vor einiger Zeit in mehreren Ortschaften durch Reservisten ver anstaltet worden seien, erklärt Krieg« Minister di San Martino, die betreffenden Meldungen seien sehr übertrieben. Untersuchungen der Bebörden i« Pia- cerga hätten ergeben, daß die dortigen Zwischenfälle, an welchen sich auch Civilpersonen betheiligt hätten, nicht ganz leichter Art waren, aber dort keinen ernsten Cbarakter an genommen hätten. Zwischenfälle an andere« Orten seien ebne besondere Bedeutung gewesen und an de« behaupteten Ausschreitungen in Parma, Verona,Novi-Ligure und Vicenza sei nichts Wahres. Der Minister fügt hinzu, er habe gleichwohl die nvtbwendigen Anordnungen getroffen, um die DiScipli» aufrecht zu erhalten. Hierauf geht die Kammer zur Be- rathung der Vorlage, betreffend die Schaffung eine- neuen 3 /üproc. consolivirten RenkentitreS, und betreffend Maß nahmen zur Tilgung der einlvSbarrn Schulden über. Dänemark. Tie Säuischen Antillen. * Kopenhagen, 23. April. DaS LandStbing setzte heute die Berathung über die Abtretung der dänisch-westindische» Inseln fort. Matzen (Rechte) fragte den Minister des Neußer», ob er di« Erfüllung der Verpflichtungen Amerika- garaotiren wolle. Der Minister deö Acußern bejahte diese Frage und tbeilte mit, daß 367 Kaufleute der Inseln telegraphisch um baldige Ratification der Abtretung gebeten hätten. Berichterstatter Koch führte in seinem Schlußworte aus, die Mehrheit des LandSthing« hege den Wunsch, zu einer Verständigung mit dem Folkething in dieser Angel^enheit zu kommen. Schließ lich wurde der Vorschlag der Mehrheit, di« Entscheidung dis „Willkommen in Berlin, Evchcn!" flüsterte er. Die beiden jungen Menschen standen vor einander in einer bangen Schwüle. Ihre Gefühle drängten sie zueinander. Ihre Augen musterten sich in süßer, verlangender Sehnsucht, und um sie her war schwerer durchdringender Blumenduft, welcher die Sinne cinlullte. Stumm fragten sich die Blicke: „Liebst Du mich noch immer?" Dann war es, als ob ein elektrischer Schlag beide durchzuckte. Die Erkenntniß kam über sic, daß ihr Gefühl während der Trcnnungszcit noch erstarkt war! Aber Bernd gab erblassend ihre Hand frei. Plötzlich schien hinter Eva Anneliesen s jetzt so hageres Gesicht mit der weißen Florbinde aufzutauchen. War er denn wahnsinnig? Noch eine Minute in so unmittelbarer Berührung mit ihr, und er hätte sie an sich gerissen für die Ewigkeit. Rasch trat er einen Schritt zurück: „Sie haben sich bereits ganz heimisch gemacht, nicht wahr?" fragte er sie in gewöhnlichem Plauderton. In Eva's Gesichtchen erlosch daS verklärte Lächeln. Auch aus ihren Augen schwand plötzlich das glückliche Leuchten. „Wollen Sie sich nicht setzen, Bernd? Der Baier muß sofort kommen. Sie wissen ja, mit seiner Toilette geht eS nicht so schnell!" — Beide setzten sich in einiger Entfernung von ein ander nieder. Eva fuhr fort: „Ja, wir sind mit der Woh nung sehr zufrieden und fühlen uns recht behaglich. Nehmen Sie übrigens schönsten Dank für das wundervolle Ar rangement da! — Alle haben uns so freundlich bedacht, sogar der Professor Ncubcrt war gestern da und brachte mir einen Kamclientopf. Doch nun sagen Sic mir, bitte, wie geht «Sichrer liebenMuttcr und der ärmstenAnneliese?" Sie plauderte so schnell, als müßte sie eine innere Uuruhc übertönen. Bernd hatte wieder die feste Absicht gehabt, heute von seiner Verlobung zu sprechen. Aber hier, in dieser Stunde? Nicht um die Schätze der Welt hätte ex ein Wort davon sagen können! Die großen, blauen Augen waren so traurig auf ihn gerichtet. DaS ganze Aeußere des reizenden Mädchen- schien ihm verwandelt. An Stelle des schnippischen Trotzes lag jetzt eine so rührende Ganftmuth über ihr! Seit er Eva nicht gesehen, schien ihm auS der herben Knospe eine duftige, volle Rose erblüht. Und diese Veränderung, dieser Uebergang in die holdeste, weiblichste Mädchenhaftigkeit war nur noch mehr geeignet, seine Leidenschaft zu schüren. WaS war selbst baS interessante Temperament der getstsprlihenden Russin verglichen mit dieser deutschen Lieblichkeit? Eva, Eva'. (Fortsetzung folgt.)