Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.04.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-04-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020424023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902042402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902042402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-04
- Tag 1902-04-24
-
Monat
1902-04
-
Jahr
1902
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
zur Abstimmung der zu den ColonialrLthen Wahlberechtigte« z« »erschi«b«n, mit 31 gegen 30 Stimm«« angenommen. Rußland. Srmor»««« LstPteuii«'-. * Paris, 23. April. Drr .Tenipö" schreibt, aus den, wie gemeldet, bei hier wohnenden Russen beschlagnahmten Papieren hatte sich ergebe«, Latz dieselben mit dem Bestehen einer verbrecherischen Verabredung gegen Ssipjagin bekannt waren und diesetbe billigten. Die Behörden erwögen nunmehr, ob gewisse als Revolutionäre bekannt« Russen nicht auszuweisen seien. * Petersburg, 23. April. Die Kaiserin-Wittwe ist heute hier wieder «ingetroffen. Orient. * Bukarest, 23. April. Der König hat die Urheber der Ausschreitungen, die im Februar vor dem Gebäude der Deputirtcnkammer stattfanden, begnadigt. Amerika. * Caracas, 23. April. (Meldung drr „Agrnce Havas".) Die Regierungstruppen haben di« Stadt Guiria von den Aufständischen zurückerobert. Australien. raubeSuerthctbigun«. * Melbaurne, 23. April. („Reuter'S Bureau.") In einem Bericht an die Regierung, in dem die Frage der LandeSvertheidigung behandelt wird, sagt der Commandirende der australischen Truppen, General Hntton, die Garnison truppen bezifferten sich auf 15 470 und die Feldtruppen auf 111ÜI Mann; er schlag« vor, die Letzteren aus 28 748 Mann zu bringen. Er bemerkt, daß, wenn auch eine Expedition von einer feindlichen Basis im Osten oder von Europa auS ihren Zweck nicht erreichen könne, ehe die britische Flotte be siegt sei, so sei eS trotzdem von Bedeutung, sich gegen Ueber- fällc zu schützen, die unternommen werden könnten, um Ent schädigungssummen zu erpressen, den Handel zu zerstören oder sich Kohlen zu verschaffen; de-halb müsse man für die Sicherheit der Flottenbasen sorgen. Marine. O Berlin, 23. April. S. M. S. „Möwe" ist am 6 April in Herbcrtshöyc (Ncupommern) eingetroffen. S. M. csegelyacht „Wille" ist am 21. April in Wilhelmshaven in Dienst gestellt. TaS russische Schulschiff „Herzog Edinburgski " ist am 22. April in -stiel einaetroffcn. S. M. SS. „Hagen " und „Aegir" sind am 22. April von Kiel in See gegangen. S. M. S. „Rhein" ist am 21. April in Sonderburg cingctroffen und setzte am 22. April die Reise nach Flensburg fort. Der VermcsiuugSdainpfcr „Na tional" ist am 22. April in Stolpmündc cingetroffen. Bricfscndungcn für das erste Geschwader, bestehend aus den Schiffen „Kaiser Friedrich III.", „Kaiser Wilhelm II.", „Kaiser Barbarossa", „Kaiser Wilhelm der Große", „Kurfürst Friedrich Wilhelm", „Brandenburg", „Weißenburg", „KatserKarldcrGroße", ,. Victor iaLouise", „ A m a z o n c ", „ H c l a ", sind vom 25. April bis 22 Mai an das kaiserliche Hofposraml Berlin, vom 23. bis 26. Mai nach Brunsbüttel und vom 27. Mai ab nach Kiel zu richten- * Corvettencapilän Laus ist zum Admiralstabsofficier zum Stabe der Uebungsflotte commandirt. Land- und forstwirthschastliche Berufs genossenschaft für das Königreich Lachsen. Am 12. April d. I. sand im Hotel Höritzsch zu D r e s d c n die Genossenschafts-Versammlung der land- und forstwirthschaftlichcn Bcrufsgenossenschaft für das König reich Sächselt, geleitet von dem Vorsitzenden des Vorstandes, Herrn Geh. Ocionomicratd Or. Uhlemann - Görlitz, statt. Nach Begrüßung der Anwesenden, insbesondere des Ver treters des königlichen LandcSversichcrungSamics, Herrn Geh. Regierungsrath v. Burgsdorfs, gedachte der Vorsitzende des in Folge Ablebens aus dem Vorstande geschiedenen Herrn Ockonomieraths Mühlmann-Lautcrbach in dankbarer Aner kennung der von demselben bcthätigten Mitarbeit. Die Ver sammlung ehrte das Andenken des Heimgegangenen durch Er heben vom Platze. Hiernach gab der Vorsitzende eine gedrängte Zusammenstellung der in Folge des RcichSgcsctzes vom 30. Juni 1900 eingctretcncn Veränderungen in Handhabung der Ge nossenschaftsgeschäfte, der gesteigerten Anforderungen an die Leistungen der Genossenschaft, insbesondere der bedingten Uebcrnahmc einer sehr großen Zahl gewerblicher Unternehmen als landwirthschaftlichc Nebenbetriebe (700 Stcinbrüche und Sandgruben, 530 Brennereien u. s. w.) und berichtete über sic fortgesetzten Uebcrwachungen der landwirthschaftlichcn Betriebe hinsichtlich Befolgung der Unfallverhütungs-Vorschriften (im Jahre 1901 wurden durch den ersten Dircctor und durch die seit September angestellten technischen Aufsichtsbcamtcn m 224 Gemeinden 6079 landwirthschaftlichc Betriebe eingehend rcvidirt). Dem hiernach erstatteten vorläufigen Geschäftsberichte und dem Bericht über die Abrechnung vom Jahre 1901 war zu ent nehmen, daß rund 984 000 Unfallcntschädignng zu ge währen waren, daß die Kosten für Festsetzung der Unfallcnt- schädigungen sich auf rund 72 700 beliefen, baß 3044 an Schiedsgerichtskosten, 5860 an UnfallverhürungSaufwand und ISO 000 an Verwaltungskosten zu decken waren. Unter letzteren wurden u. A. hcrvorgchobcn: 37 000 Einhebe- gebühren an die Gemeindebehörden, 4152 Micthzinö, 12 606 Mark Druck-, Jnvcnrar und Schrcibmatcrialbcdarf, 9035 Portokostcn und 2930 ,4t an die Vertrauensmänner gewährte Kosten an Schreibmaterialien, Porto und desgleichen. Nachdem mitgetheilt worden war, daß der Reservefonds der Berufsgenossenschaft, insoweit er in Sächsischer 3proccntigcr Rente angelegt und im Staatsschuldbuch eingetragen ist, 1 156 780 ,4t betrage, wurde bezüglich Veranlagung der Be triebe aufs Jahr 1901 verschrittcn, zur Festsetzung deS Ein heitssatzes von 3,60 für die Beitrags-Einheit, von 60 Ein heiten für je eine in Gärtncrcibctriebcn voll beschäftigte Person und von 1,20 Einheiten für je 1 NutzungScrtrag von Be trieben auf Grundstücken, welche mit Steuereinheiten nicht belegt sind. Nachdem auch beschlossen worden war, an Stelle der bei Betriebseinstellung im Jahre 1902 zu erlegenden Eaution einen Abfindungsbetrag in Höhe von 4,25 Pfg. für die Beitrags einheit zu erheben, wurde zum Schluß zur Neuwahl von Vor standsmitgliedern an Stelle der ausschcidenden Mitglieder, sowie zur Neuwahl des Ausschusses zur Vorprüfung der JahreS- rechnung verschritten. Kunst und Wissenschaft. Bildende.Künste. 2. LreStzen, 83. April. Der Salon Arnold bietet gegen wärtig wiederum eine Sonderausstellung eine- sächsischen Künstlers, an der nicht nur die Anhänger de« Impressionismus strengster Observan» ihr« Freude haben wrrden, sondern alle Freunde eine« in sich abgeschlossenen künstlerischen EharaktrrS. Und das ist Paul Baum, von dem diesmal 16 Gemälde, sowie 40 Aquarelle und Handzetchnungrn geboten werden, ganz gewiß. Geineeigenartig« Technik, die sich al« »tu« Art Tupsmanirr darstellt, frappirt aus den ersten Blick, allein je mehr man sich in leine Schöpfungen versenkt, desto lieber ge winnt man sie, desto mehr wißen sie dem Beschauer zn sagen. Di« Ge mälde, deuen meist italienisch« Motive zu Grund« liegen, verrathen ein« starke, einheitlich«, bildnerische Kraft und sind von einer wunder baren Wärm« de« Ton«. In den Handzeichnnnaen ist der Baum- schlag mehrfach etwa« bizarr behandelt. Di« Kollektion gewährt «ine» werlhvollen Einblick in da« Schossen eine« Künstler«, der mit bewußter Kraft fein« «tarnen Wege geht. — Di« Frau Prinzejsin Friedrich August hat dieser Lag« di» AnStzellno- besucht »ad di« Baom'schen Arbeite« mit großem Juterrsse in Augeuschet» geuouuueo. * I« »er Ree-fteStiu« »er Berliner „Secession", die am 26. April eröffnet nurd, iverden nach dem „B. T." mehrere fian- zösische Bilder zu sehen sein, die zu den Meisterwerken der modernen französischen Malerei gehören. Monet wird diesmal mit seinem berühmte» großen Bilde „DaS Frühstück" vertrrten sein, Manet mit sechs Bildern. Der bretonische Bauernmoler F. Simon, der gegen wärtig auch in Pari« im Salon des Champ de MarS triumphirt, sandte zwei Bilder noch Berlin, ein „Bad" und «in „Stillleben". Aman Jean sandte „Unter der Guirlande", Raffavlli „Notre Dame", Blanche und Zuluaga sandten gleichfalls Werke. Von Rodin ist eine,,Versuchung des heiligen AntoninS" zur Secession»-- auSstellung nach Berlin geichickt worden. — Ferner berichtet dasselbe Blatt, daß da« getönte Originalmodell von Klinger's Beethoven sich in der SecejsionSausstellung befinden werde. Es erhält seinen Platz in dem mittleren Hauptsaal. Außer dieser Statue hat Klinger auf der Secession noch drei Arbeiten, den Liszt- Kopf im Gipsmodell, die Büste der russischen Schriftstellerin Asenjew in zweifarbigem Marmor und da» Gemälde „Homer am Gestade". — Wir halten die Ausstellung deS Modells rc. nicht gerade für einen glücklichen Gedanke». § Münchener Jahrcs-Auvstellnng 1902 im kSnigl. Glas palast. Die diesjährige Ausstellung wird besonders reichhaltig in korporativen Ausstellungen sein. Unter Anderen betheiligen sich korporativ: die Münchener Künstler-Vereinigung Luitpold- Gruppe, der Verein für Original-Radirung in München, die Scholle, die Vereinigung für graphische Kunst, der Verein Ber liner Künstler, die Vereinigten Berliner Clubs, die Karlsruher Kunstgcuosscnschaft, die Schleswig-Holsteinische Kunstgenoffen- schaft, die Stuttgarter Kunstgenosienschaft, die Freie Ver einigung württembergischcr Künstler, der Frankfurt-Cronberger Künstlerbund, die GlaSgowcr Gruppe, die Gesellschaft schottischer .Künstler in Edinburg, eine Gruppe italienischer Künstler und der Nquarellistcn-Berein in Rom. Ferner tvcrdcn noch Separar- Ausstellungen veranstaltet von den Werken der verstorbenen Künstler Professor Ernst Zimmermann und Otto von Faber du Faur; auch, wird außer der Abthcilung für christliche Kunst noch eine Abthcilung für auSgcwähllc kunstgewerbliche Arbeiten eingerichtet werden. * Eine V e r st e i g c r u n g sehr bcmcrkcnSwcrthcr Anti- q u i t ä t c n u n d K u n st g c g e n st ä n d c wird die hundertste Hclbing'sche Kunstanction werden, die vom 28. bis 30. April in M ü n ch c n abgchaltcn werden wird. Der dieser Versteigerung zu Grunde liegende Katalog zeichnet sich sowohl durch den Rcich- thum des Jllusirationöapvaratcs wie durch die vorzügliche Gc- sammtauöstattung aus. Der Katalog ist in der Prachtausgabe zum Preise von 5 in der einfachen Ausgabe zum Preise von 1 ./k von der Kunsthandlung Hugo Hclbing erhältlich. Wissenschaft. tz Tie deutsche bibliographische Gesellschaft hat sich am Sonn abend, den 19. April, in Berlin eonstituirt, nachdem sie in vor bereitendem Stadium bereits eine Mitglicderzahl von an nähernd 200 erreicht hatte. Der Einladung der beiden Ein- berufcr, Or. H. H. Houbcn und Oe. Gust. KarpclcS, zur Con stitution der Gesellschaft waren eine Reihe von Fachmännern und Freunden der Bestrebungen des zu gründenden Vereins und mehrere Vertreter der Presse gefolgt. Oc. G. Karpcles be grüßte die Erschienenen, die mit dem eigentlichen Zweck der bibliographischen Gesellschaft durch einen von Oc. Houbcn vor einigen Monaten im Druck erschienenen „Entwurf einer deutschen Bibliographie" längst Alle vertraut waren. Um es hier, nach dem Wortlaut der Statuten der neuen Gesellschaft, zu wiederholen, bezweckt dieselbe „den einheitlichen Zusammen schluß der die Literaturgeschichte uud ihre Grenzgebiete be treffenden bibliographischen Arbeiten, soweit sich diese auf periodische Erscheinungen und Sammelwerke erstrecken. Das Ziel wird erreicht durch bibliographische Vcröffentlichuugen". In erster Linie sollen die Zeitschriften und Zeitungen, die so unsckßitzbarcS Material enthalten und so schwierig zu erreichen und zu bewältigen sind, dann Almanache und Taschenbücher. Brief- und Essahsammlungcn durch die geplanten Veröffent lichungen bibliographisch erschöpft iverden. Die von dem an wesenden Notar und Rechtsanwalt Herrn Georg Mcrlekcr rcvt- dirtcn Statuten wurden von diesem verlesen, einstimmig an genommen und von allen Anwesenden unterzeichnet. Darauf schritt man zur Wahl des Vorstandes. In den weiteren Vor stand, der aus 12 bis 18 Mitgliedern bestehen kann, von denen mindestens zwei Drittel Fachmänner sein müßen, wurden ge wählt die Herren Schulrath Or. Fr. Jonas-Berlin, Professor Or. Aug. Sauer-Prag, Professor Or. Ernst Elster-Marburg, Professor Or. Mar Koch-Breslau, Professor Or. Alb. K ö st c r - Leipzig, Professor Or. Bcrth. Litzmann-Bonn, Professor Or. N. M. Mchcr-Bcrlin, Professor Or. Jakob Minor-Wien, Professor Dr. Franz Mnncker-Miinchcn, Professor Or. Adolf Stern Dresden, Professor Or. Max v. Waldberg-Heidelberg, Professor Or. Oskar Walzcl-Bcrn, Professor Or. R. M. Werner- Lemberg. Or. Gust. Karpeles-Bcrlin, Or. Hcinr. Hub. Houbcn- Berlin, Assessor vr. L. Herz-Berlin, Verlagsbuchhändlcr Walter Bloch-Berlin. Literatur und Theater. * Weimar, 23. Avril. Die Generalversammlung der deutschen Shakespeare-Gesellschaft war sehr stark besucht. Getuimraih Oechrlbäuser gedachte in seiner Begrüßung der verewigten Kaiserin Friedrich und verkündete den amerikanischen Botschafter als Ehren mitglied. Darauf fand der Feslvortrag des Prof. Schieck (München) Uber Hamlet statt. Der Vortrag wurde mit lautem Beifall aus genommen. Nachmittags wurde ein Banket abgehallen, am Abend wird im Theater der „Kaufmann von Venedig" mit Poffart olS Ehylock gegeben; darauf folgte ein geselliges Zusammen- rin. (Boss. Ztg.) * Wilhelm Busch'S Danksagung. Wilhelm Busch verüffent- lichte folgende Danksagung: „Für die vielen Zeichen der Theilnahme bei Gelegenheit meines siebzigsten Geburtstages spreche ich hier meinen verbindlichsten Dank auS — nicht ohne Verlegenheit, denn wenn ich zurückdenke an das, was ich war, so kommt es mir fast vor, als ob ich es gar nicht gewesen wäre. Die Art, wie ich über die Peinlichkeiten der Welt ein wenig zu triumphiren versuchte, ist nicht durchwegs gebilligt worden. Von Leuten, die den prüfenden Tugendblick lieber nach außen alS nach innen richten, bin ich strengstens verurtheilt worden. Man Hot mich sogar, freilich ohne daß ick bis jetzt was davon merke, zur Verbüßung meiner zahlreichen Fehler ins Kloster ge schickt. Manche dagegen wollten behaupten, ich sei zn schwach, um die bösen Geschichten allein zu machen. Solche aber, denen ich längst zu lange lebte, haben mich stoßweise seit fünfundzwanzig Jahren bereits todtgesagt. Wer mit seinen Kunstkindern bei Sonnenschein im Freien spazieren geht, muß eben erwarten, daß ihm allerlei neckisches Zeug um die Ohren schwirrt. Fortuna lächelt, doch sie mag nur ungern voll beglücken. Schenkt sie uns einen Sommertog, so schenkt sie un» auch Mücken. Was tbnt's? Mir wenigstens bat die Verfertigung meiner Sachen nicht blos an sich schon Vergnügen bereitet, sondern - ich sand mehr als genug Beifall obendrein." * Kopenhagen, 28. April. Einer Deputation des dänischen SchriftstcllcrvcrcinS gegenüber sprach sich der Cultusministcr Christensen beute dahin aus, daß er beabsichtige, in dec nächsten ReichStagSscßion znr Wahrung der S ch r i f t st eller rechte im AuSlande eine Vorlage, betreffend den Anschluß Dänemarks an die Berner Convention, cinzubringcn. Musik. Die Wiesbadener Festspiele. Vs. ll. Wie schon mitgetheilt, finden die diesjährigen Maisest- spiele in Wiesbaden, nachdem sie im vorigen Jahre wegen Ablebens der Kaiserin Friedrich ausgesetzt werden mußten, vom II. bis zum 19. Mat statt, und zwar werden zur Ausführung gelangen „Armide" von Gluck am II., 13. und 19., Nicolai's „Lustige Weiber" am 14. und 17., Ander'« „Schwarzer Domino" am 15. und 18 und als einzige Schauspielvorslellung Shakespeare'« „Kaufmann von Venedig" am 12. Mai statt. Außerdem wird Weber'S „Oberon" am 16. Mai wieder- holt. Die Ausführungen erfolgen auf allerhöchsten Befehl. Die Herren haben in kleiner Uniform, bezüglich Frack und weißer Binde, die Damen in ausgeschnittenen oder halbhohen Kleidern zu erscheinen. Dir frei» scenische und textliche Neubearbeitung in einem Vor spiel und 3 Acten von Gluck'S „Armide" rührt von dem Intendanten dr« Wiesbadener K. Theaters, Herrn Baron Georg von Hülsen, her. die musikalische Ergänzung von Herrn Tapellmrister Joies Schlar, dem wir bekanntermaßen auch dt« melodramatisch« Ergänzung von Anber'S „Oberon" v«rdankea. „Lustige Weiber", „Schwarzer Domino" und „Kaufmann von Venedig" werden in Wiesbadener Neueinrichtungen gegeben. AnSschliißlich mit den «tgenen Kräfte» de« Hostheatrr« werden aus- geführt di« „Lustigen Weiber" und „Oberon. Iu dieser Oper wird die Roll« der Regia diese« Mal von Frau Lösfler-Bnrckard gesungen, während sie vor zwei Jahren in den Händen des Frau- Irin Plaichinger lag, da» inzwischen an die Berliner Hosoper engagirt worden ist und im diesjährige» Cyktus mit Frau Löffler- Burckard alS Armide alterniren wird. An Gästen werden mitwirken Herr Max Grube vom Berliner Hostheater als Sbylock im „Kaufmann von Venedig", und im „Schwarzen Domino" Frau Wedekind al» Angela, Herr AntheS als Horatio von Massarena, Beide von Dresden, und Herr Nebe als Lord Clsort. Durch di« Güte der königlichen Intendanz sind wir bereits in den Besitz deS diesjährigen Frstalbums gesttzt und verfehlen nicht, daraus einiges Interessante mitzutheilen. Die äußerst ge schmackvolle und vornehin gehaltene Veröffentlichung, gedruckt und sertiggestellt von de» Gebrüdern Petmrcky, königl. Hoflieferanten in Wiesbaden, ist geschmückt mit einem ausdrucksvollen Bilde Gluck's und vierzehn Bühnenansichten, nämlich dem Innern des prunkvollen Fürstrnpalaslr« zu Damaskus, einer wild zerrissenen Fels- und Wald gegend, einem düster romantischen Ausblick ans taS Meer, einer un heimlich gehaltenen FelShöble mit Treppenaufgang, dem Blick aus da» pdaittasttsch« ZauberschloßHedraot's und dem Prunksoal Armide'S, Alles Bilder zu drr Gluck'schen Oper. Sodann Canalansicht und Saal der Signorie im Dogenpalast genau nach der Wirklichkeit, zum „Rausmann von Venedig"; Platz iu Windsor, Hausinneres und paikartiger Garten nebst altenqlischer Stube zu den „Lustigen Weibern"; und endlich gewölbter Saal im Nonnenkloster zum „Schwarzen Domino". Der geistvolle und poetisch em pfundene Text zum Festalbum ist von dem Inten- bauten Georg von Hülsen versaßt. Rach einem sehr geschickt zusammengefaßten Ueberblick über die Geschichte der Oper bis auf Gluck's Zeiten und einem Lebensabris; des großen Reformators äußert sich der Wiesbadener Intendant über seine bei der Neubearbeitung der „Armide" verfolgten Absichten in folgen der Weise: „Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß die „Armide" in den überkommenen Formen ihren Platz im Repertoire der dentschen Bühne dauernd nicht mehr behaupten kann! — Die gewaltigen Umwälzungen, welche die Entwickelung der Musik im vorigen Jahr hundert — der Genius eines Richard Wagner in der Geburt deS modernen musikalischen Dramas — gezeitigt hat. haben unsere An schauungen über das Weien der „Oper" eben von Grund auf ge ändert. An die Stelle rein äußerlicher Wirkungen ist der Drang nach einer tieferen, psychologisch begründeten Entwickelung der Handlung getreten. An der Stelle leeren äußeren Ecl)augepräges soll die „verschmelzende Harmonie der Künste" stehen, wie sie ja Richard Wagner anstrebte und wie sie auch Gluck vorgeschwebt haben mag, al-5 er dereinst über leine „Armide' schrieb: „Ich bin in ihr mehr Maler und Poet als Componist gewesen!" Wollte ich also den Versuch machen, iu diesem Sinne die „Ar mide" der Bükne zurück zu gewinnen, so mar ich vor die Frage gestellt: wie ist cs möglich, dem Libretto eine fester geschloßene, innerlich bewegtere Fassung zu geben, ohne die musikalischen Schön heiten und die Einheit der Partitur in irgend einer Weile zu be rühren? Ich mußte mir bald darüber klar werden, daß hierzu ein neues Textbuch unerläßlich sei, das — mit Rücksicht ans die musi kalische Struktur und den melodisch-harmonischen Ausdruck — zwar dem Gang der alten Handlung zu folgen hatte, dieselbe aber von allein schwülstigen Beiwerk besreit und ihr starke, seelische Motive und dramatiiche Accente unterlegt. Daß — im Anschluß hieran — auch die musikalische Form einer stellenweisen Ergänzung bedarf, liegt in den oben ausgesprochenen Normen begründet. — Die für unser heutiges Empfinden unmögliche lose Aneinanderreihung der einzelnen Nummern der Partitur zerreißt erbarmungslos den Faden des Interesses, welches der Hörer empfinden muß, wenn eine geschlossene Wirkung erreicht werden soll. Es ergab sich somit für den musi kalischen Bearbeiter die schwere, aber lohnende Ausgabe, im engen Anschluß an das in diesem Sinne abgefaßte neue Textbuch, die Perlen und Edelsteine der Partitur in strengster Harmonie zu einem Geschmeide zutaininenzusassen und so zu heben, daß ihr Glanz nur Heller und leuchtender erstrahlt. Ich habe nun versucht, in meinem Textbuch — unter Aus scheidung alles Ueberflüssigen — die Figur der Armide in den Mittelpunkt zu stellen und ibr Schicksal, das selbst beschworene, psychologisch fesselnd und zugleich dramatisch zu gestalten. Daß hierbei eine wesentlich andere — auch von dem Original der Tassv'schen Tichtung abweichende — Armide geboren wurde, liegt in meinem Streben nach innerer Wahrheit der Gestalt der Heldin begründet. Armide ist jetzt nicht mehr daS gehorsame Werkzeug Hydroat's, die Circe, die, ihre Schönheit zu Marke tragend, die Gemiilher der Kreuzritter verwirrt und knechtet — sie ist das edle, ihr Vaterland liebende Weib, die für ideale Güter kämpfende Priesterin. Ter Feind überzieht ihr Land mit Krieg, sie haßt ihn und das Kreuz, das ihre Götter stürzen will; noch mehr aber Ninald, den Feldherrn, der in ihr nicht nur die Priesterin, nein auch das Weib verletzte. An heiliger Stätte im Tempel zu Damaskus wird der Untergang Rinald's beschloßen; im Verein mit Hydroat lockt sie den aus dem Lager verbannten Feind in ibre Zaubcrgärten, um das Opfer zu vollziehen. Bei drin Anblick des Helden jedoch erfüllt sich ihr Geschick — sie erliegt dem Ansturm einer ungekannten, unwiderstehlichen Leidenschaft; sie liebt mit der ganzen Gluth der tiefsten Hingebung ihres Wesens! In qualvoller Selbstlüge — untreu ihrem Schwur — verzögert sie Rinatd's Tod, um ihn, in schwerster Strafe, zum Sclaven ihrer Künste zu machen, und flieht mit dem geliebten Feind — die helmathlichen Gestade meidend — auf ihre Zaubcrinsel im Atlantic. Diese Selbstlüge führt zu ihrem Verderben — das Unausbleibliche geschieht: statt Rinald zu knechten, wird sie die Sclavin ihrer Liebe. Iu ausbäumcndem Troy steigt sie hernieder zu der Furie des Haßes, flehend, ihr des Geliebten Bild aus der kranken Brust zu reißen; doch zu schwach, um der furchtbaren Warnung zu folgen, ringt sie sich wieder zum Licht empor, um — ganz das liebende Weib — an Rinald's Seite Pflicht, Ehre und Vaterland im seligsten Taumel zu vergessen. — Hier soll mit dem Schlüsse des zweiten Actes der Höhepunkt des seelischen Conflicts erreicht werden. Der dritte Act muß die Katastrophe bringen, die Flucht Rinald's, der — im Erkennen seiner Verirrung — Len Abgesandten Gottfried von Vouillon's zu seiner Pflicht zurückfolgt. Armide, die Verlassene, bleibt allein, gebrochen an Leib und Seele. — Der finstere Haß, den sic in unglückseliger Stunde beschwor, kehrt sich verzehrend gegen sie selbst — und sie, die Heimatdlose, Entehrte, giebt sich auf Len Trümmern ihrer Liebe den Tod, in dem allein sie Vergessen sucht und findet. Die gewaltige Schwierigkeit, diesen neuen Text der Gluck'schen Musik zu unterlegen, bestand darin, dem Charakter der Musik nie und nirgends untreu zu werden und das innerste musikalische Wesen des Meisters mit dem gesanglichen, klangvollen und dramatisch wirk samen Wort überall in Einklang zu bringen. Inwiefern dieses Problem gelöst ist, kann in letzter Instanz nur der Erfolg der Dichtung entscheiden! — Die musikalische Ergänzung folgt im Allgemeinen den Gesetzen, die die vorbildliche Bearbeitung der Gluck'schen „Iphigenie" durch Richard Wagner gegeben bat, wen» ibr auch bei dieser tiefgreifenden Neugestaltung deS Stoffes und de» einschneidenden sccuischen Aendc- rungen eine wesentlich erweiterte Aufgabe zusallen mußte. Alle Ergänzungen sind aber ausnahmslos aus der Fülle der Motive und aus den in der vorliegenden Neubearbeitung auSgcschiedenen Nummern der Partitur der Armide geschöpft, so daß mau von einer Ergänzung Gluck's „aus seinem eigenen Wesen heraus' sprechen kann. — Der Name Joses Schlar bürgt dafür, daß die äußerste Pietät gegen den Altmeister den» musikolßchen Bearbeiter die Feder geführt hat, auch dort, wo die dramatische Struclur eine erweiterte Verwendung dieser Motive erforderte. — Ter objective Hörer dürfte finden, Laß der Reichihum der Schönheiten, die Fülle und Eigenart der Melodien in dec neuen Fassung vielleicht stärker zum Bewußt sein gelangen, als in der langathmig überkommenen Form, die >a allein durch das alt« verfehlte Libretto erzwungen war. Zu der Aufführung der „Lustigen Weiber" wird bemerkt: „Der hiesigen Neueinrichtung zu Grunde liegt die Bearbeitung mit den Proch'schen Recitativrn; doch sind dieselben dort durch Proia ersetzt, wo di« zu breite Behandlung derselben zu ausfallenden Längen führt«. Immerhin sind wesentliche Abweichungen gegen die frühere Ausführung unverkennbar, so z. B. die Wiederherstellung deS großen Recitatives mit Chor im Anfang de» 2. Ncles und des graziösen Terzettes am Schlüsse der Oper, da» merkwürdiger Weise fast aus allen Bühnen fehlt. Aeußerlich wurde auf daS richtig« Treffen des LocalcoloritS besondere Sorgfalt und Mühe verwendet, um die dcrv-sröhliche Wirklichkeit, da» Leben und Treiben damaliger Zeit uns die kecken und ausgelassenen Tage des ehrenwertben Sir John prägnant und schlagend vor Augen zu führen. Sir John leite, log, lieble und Uchte um die Wende des vierzehnten und siinszehnten Jahrhundert-. Zur Jllustrirung seiner Zeit und de» fröhlichen Volkslebens in seinen Tage» mußte logischer Weise der Lostünisrag« ein weite» Feld rin- geräumt werden, mit welcher wiederum die Reform LeS gelammten Scrnariums aeschwisterlich Hand in Hand zu gehen hatte. Beiden Faktoren wurde in gewissenhafter Weis« Rechnung getragen. Tie englische Eigenheit ist auf Grund eingehender Studien für di« costümlichr Einrichtung der lustigen Weiber von Windsor derart zum Ausdruck gekommen, daß grad« da- llharakteristische, Volks- thümliche drr Bekiridungtzepoch« gegen da» End« de» vierzehnten und zu Beginn de« fünfzehnten Jahrhundert« aus di« Bühne gebracht ist — eine culturbistorische Studie, die hier von ganz bisondrreni Interesse sein dürste. Die Interieurs und Dekorationen wurden theil» nach alten Stichen, tbcil» iiiiler Benutzung des Werke« „Kewsioo» cst Lnxlawi in ttur olcivn Tims", theils nach localen persönliche» Studien hergestrllt. DaS Waldsest endlich im letzten Acte der Oper ist den Variante» frühmittelalterlichen Mummenschanzes nachgrbildet, wie sie di« auc die Zeit deS großen Briten in Städten, auf dem Lande, und sogar an den Hißen unter dem lebenslustigen Volke sich abspielten." Bei dem gewaltigen Andrang, dessen sich die Wiesbadener Fest spiele erfreuen, wird e» sich für Jeden, der sie in diesem Jahre be- suchen will, empfehlen, wegen Erlangung der Billet« bei Zeiten die ersordertichen Schritte zu thun. Zweifellos werden die diesjährigen Maifestspiele, denen voraus sichtlich Seine Majestät drr Kaiser und zahlreich« höchste und aller- höchste Herrschaften beiwohnen werden, «inen äußerst glanzvollen Verlauf nehmen. Denn immer mehr bricht sich im deutschen Vater lande die Ueberzeugung Bahn, daß in Wiesbaden d«s Meiningen der dentschen Oper zn suchen ist. Gerichtsverhandlungen. (-) Kiel, 23. April. Das GeschwaderkriegS- gcrichr verurthcilte nach zehnstündiger Verhandlung den Heizer Möves, welcher durch Mißhandlungen den Tod dec Maschinistcnvolonrärs Baum verursacht harre, wegen Körper verletzung mit tödtlichem Ausgange und Bedrohung mir einem Verbrechen zu 4^> Jahren Gefängniß. Krofigk-Proceß- Schlusi des sechsten VerhandlnngStages. (Anfang wiederholt.) lstj-. Gnmbinnen, 23. April. (P r i v a t t e l e g r a m m.) Fahneuschinicd Krieg bekundet: Am Nachmittag nach den, Morde erzählte inir Stoppel, daß er zlvci Personen mit steifen Mutzen an der Bandenlhiir getroffen habe. Er habe geglaubt, einer sei ein Wachtmeister und sei schnell avgcbogen. Zeuge wird unwohl, blickt stieren Auges zu Boden, ist bleich im Ge sicht und kalter Schweiß perlt ihm von der Stirn. Ober IriegsgerichtSrath Meyer bringt ihm ein Glas Wasser. Ober kriegögerichtsrarh Scheer: Das passirt dem Zeugen bei jede: Vernehmung. Zunächst wird Sergeant und Fadncnschmied Bouillon aufgcrufcn. Er erfuhr von Baranowski, das; dieser einen Mann mir kleinem Schnurrbarr und steifer Mutz- an der Bandenrhür gesehen habe. Oberkriegsgerichtsratb Scheer: Kennen Sie den Sergeanren Krieg? Zeuge: Ja. ich habe ihn ansgelüldct. Oberkriegsgerichtsrath Scheer: In Krieg vcrhcirarhet? Zeuge: Ja. Oberkriegsgerichtsrat ß Scheer: Welchen Charakters? Zeu c: Er ist ein charaktcr voller Mann. Oberkriegsgerichrsrarh cschecr: Ist er etwa- ängstlich? Zeuge: Das mag sein. Oberkricasgerichtsvatn Scheer: Wo waren Sie zur Zeit des Mordes? Zeuge: Ain Schule, hier in diesem Saale. Lbcrkricgsgerichrsrath Scheer: Kommt cS oft vor, daß Sergeant Krieg umfällt? Zeuge Nciu, niemals, er ist immer munter. Ich bin täglich mit ihn' zusammen und habe das nie bemerkt. — Oberkriegsgerichtsratv Scheer: Merkwürdig, hier paßirt es ihm jcdeSmal. Ver thcidigcr Rechtsanwalt Horn: Ich bitte den Zeugen zu fragen, ob er einen Schlüße! zur vernagelten Pforte besessen Hai Zeuge: Neiu. Sergeaut Gerisch kam kurz vor .5 Uhr nach dem Speiscsaal, ob als Erster, wisse er nicht. Dann kam schröder mit der Meldung, daß der Rittmeister erschoßöu sei. OberkriegsgcrichtSrath Scheer: Haben Sie vorher den Ser genanten Krieg gesehen? Zeuge: Neiu, Vcrtheidiger Rechtsanwalt Horn: Weiß der Zeuge, daß Krieg hciratheii wollte und daß der Rittmeister v. Krosigk ihm Schwierigkeiten bereitete? Zeuge: Nein. Krieg war verlobt und sagte mn einmal: Der Rittmeister hätte sich noch vorher einmal erkundigt, weil er noch nicht nm den Heirathsconsens eingekommen sei Vcrthcidiger Rechtsanwalt Horn: Nunmehr beantrage ich, daß Sergeant Krieg nachlvcist, wo er am 21. Januar zwischen 4 und 5 Uhr gewesen ist und welche Zeugen er dafür an geben kann. Obcrkriegsgcrichtsrath Scheer lehnt die Be fragung Krieg s wegen dessen Zustandes ab. ES tverdeu daun zwei Zeugen vernommen, welche das Alibi Kricg's nachweisen sollen. Sergeant Sczymanski erinnert sich nicht, Krieg an jenem Nachmittag getroffen zu haben. An den Ställen der 1. Schwadron traf er den Unterofficier Grigar, welcher sagte: Unser Alter hat sich erschossen. Vcrthcidiger Rechtsanwalt Horn: Sie wißen also nicht, wo Krieg in der fraglichen Zeil gewesen ist? Zeuge: Nein. Später fragte er mich, ob ich nicht wiße, daß ich mit ihm zusammen gewesen sei. Als ich das verneinte, forderte er mich auf, ich möchte mich besinnen. Früherer Sergeant Hass c: Ich war in der Cantinc und gegen -)Z5 Uhr kam die Meldung, daß der Rittmeister geschossen sei. Ich lief nach der Reitbahn und unterwegs traf ich den Ser geanten Bunkus, den ich fragte, was denn passirt sei. Bunkus sagte: Was soll passirt sein. Dann trafen wir den Unter - vfficier Grigat, der den Unfall erzählte. Oberkricgsgerirksts- rath Scheer: Trug Grigat einen Mantel? Zeuge: Nciu, das weiß ich bestimmt. Oberkricgsgcrichtsrath Scheer: Haben Sic den Sergeanten Lkricg au jenem Tage getroffen? Zeuge: Mir ist cs so, als wäre er einen Augenblick, etwa mn 5 Uhr, nach der Cantine gekommen. Vcrrheidigcr Rechts anwalt Burchard: Fragte Krieg Sic später, ob Sie sich besinnen, ihn in der Cantine gesehen zu haben? Zeuge: Ja, er sagte, ich solle mich besinnen. Obcrkricgsgcrtcktsratb checr: Es wurde damals doch Jeder gefragt, wo er gewesen ist? Verrheidiger Rechtsanwalt Horn: Ich bitte, jetzt den Sergeanten Krieg dem Zeugen gegenüber zu stellen. Ober- IricgSgcrichtsrath Scheer: Krieg ist jetzt noch nicht ver nehmungsfähig. Vcrthcidiger Rechtsanwalt Horn: Ja, wenn wir warten sollen, bis Krieg vernehmungsfähig ist, dann können wir noch recht lange warten. Oberkriegsgerichtsrath Scheer: Ich muß das zurückwciscn, ich werde uichl leicht fertig verfahren. Wir werden Krieg noch vor Eintritt der Mittagspause vernehmen. Nacki weiterer Besprechung wird Scrgeanr Krieg hcrcingerufen. Sergeant Krieg, auf einem Stiiblc sitzend, giebt an: Wir gingen aus der Schmiede um ä Uür weg; ich ging nach meiner Stube, um die Bücher für den Capitulantenmsterricht, welcher nm 5 Uhr anfing, zu holen. Dann bin ich gleich in die Cantine gegangen, wo ich aß und trank. Cautinenkcllncr Schlcminingcr weiß daS, der wird das bekunden, da ich mich mit ihm 10—16 Minuten unterhalten habe. Lberkricgsgerichtsrath Scheer: Ist das wahr, was Sic sagen? Zeuge: Ja. Obcrkricgsgerichtsrath Scheer: Wißen Sie, wer den Mord an dem Rittmeister v. .Krosigk verübt bat? Zeuge: Nciu. — Sergeant .Krieg wird vereidigt und die Sitzung um 2»^ Uhr auf morgen Vormittag 9 Uhr vertagt. Vermischtes. — London, 23. April. (Telegramm.) Nach einer Lloyd-Dcpeschc auS Seilly hat der Dampfer „Deutschland" sjgnalisirt, er habe gestern, 400 englische Meilen von Bishops Nock entfernt, daS Steuerruder verloren, steuere aber gut mittels seiner Maschinen. — Gcmüthliche Wahlsitte« herrschen wie der „Figaro", erzählt, in einer kleinen Ortschaft des Departement Tarn. So oft in Frankreich Parlamentswahlen stattfindcn, trägt sich in jenem Dörfchen Folgendes zu: Am Wahltage ver sammelt der Gemeindevorsteher nach dem Frilhgottesdienst die Wähler des OrtcS, 90 an der Zahl, auf dem freien Platze vor der Kirche und hält eine Ansprache, die jedes Mal etwa folgendermaßen lautet: „Meine lieben Freunde! Heute ist Wahltag, und in unserem Wahlkreise stehen sich zwei Candidatcn gegenüber: Herr L . . ., unser bisheriger Ver treter im Parlament, den wir Alle kennen, und Herr d . . . and Paris, ein sehr netter, braver Mann. Ich schlage nun vor, daß wir Herrn L ... 70 und Herrn ?) . . . 20 Stim men geben. Seid Ihr einverstanden ?" — „Verzeihung!" unterbricht ihn der Bäckermeister des Ortes, „Herr ?) . . . ist ein sehr freigebiger, edler Mann. Hat er doch in einem einzigen Monat für 50 Franes Brod gekauft, das an die Armen unseres Ortes vcrthcilt wurde. Wir können ihm ruhig 10 Stimmen mehr geben." — „Schön", sagt der Gc- mcindcvorstrber, „geben wir ihm 30 Stimmen. Seid Ihr einverstanden?" — „Ja, ja!" rufen Alle einstimmig. Der Wahlact ist beendigt, und eine Viertelstunde später pilgert der Flurschütz würdevoll mit dem „Resultat der Wahl" nach der nächsten Kreisstadt. To geschah eS 1889,1898 «nd 1898, und so wird es sicherlich auch dies Mal sein. Glücklicher Ort, in welchem die Wähler so wenig unter drr „Lual der Wahl7 -u leiden haben!
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)