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Sächsische vorszeitung Bezugsbedtngungen: vt, „vorf^tvm,- !«»«" W,ch«"»-S «tchmttto,, » Ut>r mt, »«m V-tt>« t»r» fvlgrn!xn la»«, vt« v*zug»««dkhr txtrügl 1^0 Mort o^EdrliUi oixr — Pt« für Monat vt« «st zu d.zi'h"' durch dt« kat^rltchrn p»I^n^»u«n, di« candbrirstrS,« und durch an,«-Voten, vrt^rtrr ckferun« in, k)au» erhebt ,»«« Po« noch die LuiteUnn,gebühr von «S pf^ Telegramm-Adr.: vorszeitung Dresden. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Ugl. Nmtshauptinannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Rgl. Amtsgericht Dresden, die Ngl. Forstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden (vberlößnitz und Radebeul. Anzeigen-Preise: vt« einspaltig« Seil« IS pfg-, unter »Eingesandt' 40 psa Knzeiaen-Niwahm» erfolg« di» mittag» >2 Uhr. — Annahmestellen sind: Unser« <b«schäft»stell«, Nein« Mettzner Lass« Ur. «, Invalidendant, Vaa^nsirtn «-Vogler, vud. Moss«, G. L. Vaud« 8i L». in Leipzig, Frankfurt a. M : ch Kohl in lt«ss«l»dors; kugo Müchler in itStzscheu, broda, wtto Vinrich in Nettzendvrf, Hugo Opitz tu Leudnttz-Nruostra, Lmil Nollau in Uad«d«l. Lch »rimm in Vr«»den.l0ölsnttz. 5ri«drich I «»ch«« tn Lossedaud«, Ueinh. lvoith« in Moritzdurg Gtto uumtth tn Lotto. Max Zeurtch tu Losch»ttz Telephon: Dresden, Nr. 3916. llr. N5. Dresden, Freitag, den 19. Mai 1905. 67. Jahrgang. Prüfung bestanden, jede- beliebige Handwerk — also meister das auch solche, die er nicht erlernt hat — auSüben. Des fähigung als weiteren soll auch nur der also geprüfte Meister Lehr- und es hat sich dabei wieder einmal gezeigt, daß es viel leichter ist, bestehende Gesetze zu kritisieren und neue Gesetze zu fordern, als selbst solche zu schaffen. Dieser zweite Entwurf ist doch alles andere, aber kein Befähigungsnachweis, wie er in den Köpfen vieler Hand werker lebt. Denn waS ist damit gewonnen, daß jemand seine Meisterprüfung in einem beliebigen Handwerk macht und damit die Berechtigung erwirbt, alle Ge werbe zu betreiben. So haben auch bereits mehrere Handwerkskammern Stellung dazu genommen; die Kammer in Arnsberg, deren Vorsitzender die Kommission selbst angehört, hat in ihrer Vollversammlung den Entwurf für unannehmbar erklärt und ihre Vertreter verpflichtet, ihn nur in abgeänderter ld. h. verschärfter) Fassung anzunehmen. Und die Handwerkskammer Dortmund hat sich ganz bestimmt für Einführung des Befähigungs nachweises erklärt und in einer langatmigen Resolution als Uebergangsbestimmung verschiedenes verlangt, womit sie vorläufig zufrieden sein will, wenn die Regierung sobald wie möglich den allgemeinen Befähigungsnachweis gesetzlich vorbereitet. Also nach dieser Seite befriedigt der Entwurf noch lange nicht! Und dabei ist er gar nicht so unschuldig wie er auf den ersten Blick erscheint. Denn wenn er Gesetz würde, so könnte jeder arme Teufel, der irgend eine Handwerksarbeit selbständig verrichtete, ohne seine Meister prüfung gemacht zu haben, auf Grund des Paragraph 147 bestraft werden. Und daß man im Ernste diese gute Absicht hat, lehrt uns eine Notiz in dem amtlichen Organ der Handwerkskammer Saarbrücken, worin der Entwurf freudig begrüßt wird, weil nun mit seiner Hilfe die böse Konkurrenz der Bergleute, Eisenbahn- und Postbeamten usw. endgültig beseitigt werden könnte! Armes Handwerk, das solcher Mittel bedarf, um sich lebensfähig zu erhalten! Man würde also einen Tüncher oder Maurer auf dem Lande, welche im Winter an manchen Orten das Hausschlachten besorgen und sich davon redlich nähren, zur Strafe heranziehen können, ebenso einen Schneidergesellen, der in der sog. Gurkenzeit bei seinem Arbeitgeber keine Beschäftigung findet und seinem Logiswirte oder einem sonstigen Be kannten einen Anzug macht — Strafen ohne Ende. Auch könnten sich die schönen Szenen wiederholen, wie sie in der Zeit der Gewerbeordnung 1849 —1869 leider vielfach vorgekommen sind: eine Witwe darf ihr Ge werbe nur fortsetzen mit einem geprüften Meister als Werkführer, sie kann aber keinen solchen bekommen, was dann? Wer diese Dinge erlebt hat, der kann dafür nicht schwärmen. Und der Erfolg? Die Kleinen hängt man auf, die Großen läßt man laufen. So würde es auch hier werden. Die kleinen Handwerker müßten ihre Meister prüfung machen, die kleinsten Pfuscher (Berg- und andere Arbeiter) würden bestraft, die armen Hand werkerwitwen würden den Segen der Meisterprüfung mit Schmerzen inne werden, während der wirklich tod bringenden Konkurrenz, den Kleider-, Möbel- und Schuhfabriken und dito Basaren, kein Haar gekrümmt würde, und auch mit keiner noch so strengen Form des Befähigungsnachweises gekrümmt werden kann. Im Gegensätze zu diesen Bestrebungen haben sich 27 Handwerks- und Gewerbekammern am 13. Februar in Erfurt versammelt und sich auf Punkte vereinigt, die ebenso maßvoll wie wohlüberlegt und vor allem durchführbar sind, zweifellos aber den Erfolg versprechen, daS Handwerk technisch zu fördern und das Standes- bewußtsein zu heben. Der Hauptredner auf dieser Ver sammlung, der Syndikus der Gewerbekammer Hamburg, vr. Hampke, hat in Ausführung eines ihm vom Vor ort erteilten Wunsches einen genau formulierten Gesetz entwurf ausgearbeitet, der sich im wesentlichen auf den Grundsatz beschränkt: „Nur der Meister darf lehren", d. h. nur der Handwerker, der seine Befähigung zum selbständigen Handwerksbetriebe durch Ablesung der Meisterprüfung nachgewiesen hat, ist berechtigt, Lehr linge zu halten und gnzuleiten. Damit wird die bestehende Gewerbefreiheit nicht berührt, es kann jeder nach wie vor ein Gewerbe treiben Da- AEeuefte. König Friedrich August hat den neuen Ver trag mit der Gräfin Montignoso genehmigt und den Inhalt amtlich bekannt geben lassen. In Gegenwart des Kaisers wurden gestern im Wiesbadener Hoftheater die diesjährigen Festspiele mit einer Aufführung des „Freischütz" eröffnet. In Charlottenburg haben Rektor und Senat der Technischen Hochschule mit der Studentenschaft Frieden geschlossen. Aus Südwestafrika wird von einem neuen Gefecht gegen den Bethanierführer Cornelius berichtet, in welchem un.se re Truppen verhältnismäßig große Verluste hatten. Der italienische Ministerrat hat die Ueber- nahme der Süd bahnen in Staatsbetrieb abgelehnt. Das Verhalten von Roschdjestwenskis Flotte in den Gewässern von Indo-China hat Anlaß zu einer neuen japanischen Beschwerdenote gegeben. Das Handwerk am Scheidewege. Der frühere Reichstagsabgeordnete Jakobskötter, der Führer der Handwerkerbewegung, veröffentlicht in der.Kreuz-Zeitung" folgende- Programm, daS der all gemeinen Beachtung empfohlen sei: Mit Spannung sieht man in Handwerkerkreisen dem nächsten Handwerks- und Gewerbekammertaae ent gegen, welcher in den Tagen vom 10. bis 12. August d. I. in Köln stattfindet. Auf ihm soll über die alte große Streitfrage des Befähigungsnachweises die Ent scheidung fallen. Nachdem dieselbe nach Annahme des Handwerksgesetzes vom Jahre 1897 einige Zeit geruht hatte, ist sie ungefähr gleichzeitig mit Errichtung der Handwerkskammern (im Jahre 1900) wieder lebendig geworden und hat viele Handwerkerversammlungen mehr oder weniger lebhaft beschäftigt. Im vorigen Jahre waren es drei große Ver sammlungen, welche Stellung dazu nahmen: der Jnnungs- und Handwerkertag in Magdeburg, der Handwerks- und Gewerbekammerlag in Lübeck und der Verbandstag deutscher Gewerbevereine in Straßburg. In Magde- burg nahm die Versammlung, trotzdem der offizielle Redner ihn nicht empfahl, den allgemeinen Befähigungs nachweis einstimmig an. In Straßburg wurde derselbe nach eingehendem Referat und lebhafter gründlicher De batte einstimmig verworfen. In Lübeck nahm die offizielle Vertretung des Handwerks nur den Befähigungsnachweis für das Baugewerbe an und wählte eine Kommission, welche für den allgemeinen Befähigungsnachweis einen Gesetzentwurf ausarbeiten und dem nächsten Kammer tage vorlegen sollte. In diese Kommission wurden sieben Kammern, lauter Freunde des Befähigungsnachweises, gewählt, damit ihre Beratungen ungestört durch irg"nd- welchen Widerspruch stattfinden sollten. Das Resultat ihrer Beratungen liegt seit einigen Wochen fertig vor und ist außerordentlich bescheiden ausgefallen. Die Kommission hatte zwei Gesetzentwürfe, ^betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung, in der Fassung des Gesetzes vom 26. Juli 1897 ausgearbeitet; der erste Entwurf verlangte den Befähigungsnachweis auf breiter Grundlage, indem das Handwerk nur von denjenigen Personen auSgeübt werden dürfe, welche die Meisterprüfung bestanden haben. Wer die Befähigung für ein grundlegendes Handwerk nachgewiesen habe, sollte auch berechtigt sein, noch andere, diesem verwandte Handwerke zu betreiben. Welche Handwerke als grundlegend und als diesen verwandt anzusehen wären, sollte die Handwerkerkammer mit Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörden bestimmen. Der zweite Entwurf fordert die obligatorische Meisterprüfung; nur derjenige darf hiernach ein Handwerk betreiben, welcher 24 Jahre alt ist und die Meisterprüfung bestanden hat. . , Von einer Abgrenzung der einzelnen Gewerbearuppen wie er will, aber die Ausbildung des gewerblichen Nach ist abgesehen und demnach darf jeder, welcher die Meister- Wuchses ist an die Bedingung geknüpft, daß der Lehr prüfung bestanden, jede- beliebige Handwerk — also meister das Handwerk richtig gelernt und seine Br ¬ auch solche, die er nicht erlernt hat — ausüben. Des fähigung als Meister nachgewiesen hat. weiteren soll auch nur der also geprüfte Meister Lehr- Die weiteren Wünsche, I. daß der geprüfte „Meister" linae halten und anleiten dürfen. Diesen letzteren und bei allen öffentlichen Arbeiten usw. bei Gleichwertigkeit milderen Entwurf hat nun die Kommission gewählt, der Leistungen den Vorzug haben soll; 2. daß zu ge ¬ richtlichen und anderen Sachverständigen in Handwerks angelegenheiten nur geprüfte Meister zu de tellen und 3. dieselben auch zu Mitgliedern der Vorstände und Kuratorien der staatlichen und städtischen Fach- und Fortbildungsschulen ernannt werden, hat vr. Hampke in eine Resolution zusammengefaßt, weil sich ein solcher Ausbau der Rechte deS Meistertitels nicht in GesetzeS- form bringen läßt. Daß die Erfüllung dieser Wünsche eine weitgehende Förderung des Handwerkes bedeuten würde, muß jedem einleuchten. Möchte man das an allen maßgebenden Stellen einsehen und dem Hand werke das oft versprochene Entgegenkommen auch durch die Tat beweisen. Welchen Standpunkt nehmen nun die Handwerker ein? Viel kommt auf die Führer und die Presse an. Leider haben wir in einem ziemlich verbreiteten Hand werkerblatte als Antwort auf die oben skizzierten Vor schläge des vr. Hampke ein Pamphlet gefunden, das im Tone seinesgleichen sucht. Soll dieser Ton weiter gepflegt werden? Wollen die Handwerker sich weiter persönlich zerfleischen zum Gaudium ihrer Gegner? Sollten sie nicht endlich da- Kriegsbeil begraben und sich auf daS vereinen, worin alle einig sind und was im gegenwärtigen Augenblicke allein erreichbar ist? Heute, wo das von vielen mit Unrecht geschmähte Handwerks-Gesetz über fünf Jahre in Kraft ist, muß jeder unbefangen und gerecht Urteilende sagen: Die Freunde des Handwerkes, die seinerzeit das Gesetz im Reichstage annahmen, haben recht gehandelt; ein Mehr wäre wahrscheinlich nie geboten worden. Aehnlich so ist die Situation heute. Nachdem alle Handwerkskammern ebenso wie die auf grundsätzlich freierem Standpunkte stehenden Gewerbevereme in dieser Forderung einig sind, kann man auf deren Erfüllung drängen und dieselbe auch erwarten. Wird diese Einigkeit aber durch die weitergehenden Forderungen gestört, so wird voraussichtlich nichts erreicht. Den all gemeinen Befähigungsnachweis auch in der scheinbar milden Form des von der Siebener-Kommission an- yenommenen Entwurfes nimmt die Reichsregierung nach ihrer bestimmten Erklärung nicht an, selbst wenn er eine Mehrheit im Reichstage finden würde. Ist aber der Handwerkerstand in der Forderung des Hamburger Programms auch nicht einig, so kann die Regierung mit Recht darauf Hinweisen und daraus einen Grund zur Ablehnung herleiten. Hoffentlich sehen die Handwerker ein, was für sie jetzt auf dem Spiele steht. Einige Handwerkskammern haben im Gegensätze zu den beiden oben genannten den Vorschlägen Hampkes völlig zugestimmt. Möchten sie viele Nachfolger finden. Möchten alle Handwerker und besonders die Teil nehmer an dem Kölner Handwerkskammertage die in diesen Tagen oft gehörte Mahnung Schillers recht be herzigen: Seid einig, einig, einig! Politische Weltschau. Deutsche- Reich. Der Kaiser unternahm gestern nachmittag eine Spazierfahrt im Automobil in die Umgegend von Wiesbaden. Am Sonntag wird der Monarch voraussichtlich zu kurzem Besuche auf der Wartburg eintreffen. Der französischen Sondermission zur Ver- mählungsfeier des deutschen Kronprinzen werden dem Vernehmen nach angehören: Der Gouverneur von Lyon, General de Lacrmx, als Botschafter in außer ordentlicher Mission, der Gesandte und Deputierte Arago, der Konter-Admiral de MarolleS und der Botschafts sekretär Guillemin. Ein Artikel deS Generals v. d. Lippe im Pariser „Figaro", worin der Verfasser eine Rückgabe Lothringens an Frankreich als möglich hinstellte für den Fall des Anschlusses der Republik an einen mittel europäischen Zollbund, hat in Deutschland in den weitesten Kreisen Anstoß erregt, da man es als eine recht befremdliche Handlunb betrachtet, daß ein deutscher General sich dazu herbeüäßt, in einem französischen Blatte die Abtretung von Lothringen zu oefürworten. Auch an maßgebenden Stellen scheint man daran schweren Anstoß genommen zu haben, denn der „Köl nischen Zeitung" zufolge ist der General v. d. Lippe von der zuständigen Dienststelle zu einer Aeußerung über seinen Artikel veranlaßt worden.