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ZäWche Vorszeitung Bezugsvedingungen: vt« „vorjzetttmg" erscheint jeden Wochentag nachmittag» d Uhr mit dem Datum de» salzenden Lage». Vie vrzug»g«dühr betrügt >20 Mark vierteljährlich oder bO pfg. für jeden Mona», vt« „Vvrszeitung" ist zu beziehen durch di« kaiserlichen pastanstalten, di« Landdriesträger und durch unser« Voten. Sei freier Lieferung in. Hau, erhebt di« poft »och di« Sust«Ilung»g«bühr von 4S pfg. Irlegramm-Ndr.: vorszeitung Dresden. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Ngl. Nintshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Ngl. Amtsgericht Dresden, die Ngl. Zorstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Radebeul. Anzeigen-Preise: Vie einspalUge Seil« Id pfg, unter »El igefand«- «0 pfg klnzeigen-Unnahm« «»folg« bi» mittag» 12 Uhr. — tin »ahm «stellen lind: Uns«« LrschäftnfMll«, klein« Meihn«r Lais« Nr. «, 2m»alid«ndank, Haasenstein V-Vogler, Nud. Moll«. L. L. Vaud« 8- to. in Leipzig, Zrankfur« a. M.; L Kohl in ltesselrdor'; Hugo Mkchler in Uötzfth«^ droda, Vtto vittrich in Neitzenüorf, Hugo Mviü in Leubnitz-Neuostra, tmil Nollau in Nadebeul. Nud. Grimm in vre»d«n.wültnttz, ZriedrÜH Leuch«» in Cossebaude, ivtto liunath in Cotta, Mar 5«urtch in Loschwig Telephon: Dresden, Nr. 3916. Dresden, Dienstag, den II. Juli 1905. Nr. 158. 67. Jahrgang. :«t vaS -Neueste Prinz Johann Georg von Sachsen begeht heute seinen 36. Geburtstag. Er weilt zur Zeit in Gmunden. Die Schuvtruppe in Südwestafrika verlor nach der neuesten Verlustliste in den letzten Gefechten neun Tote und acht Verwundete. Die Benediktiner haben die Erlaubnis zu einer neuen Niederlassung in Cornelimünster bei Aachen von den preußischen Ministern des Kultus und des Innern erhalten. Das Panzerschiff „Potemkin" ist vom rumänischen Marinekommandanten einem vor Konstanza erschienenen russischen Geschwader übergeben worden. Rouvier wird am heutigen Montag in der französischen Kammer die Note über die Einigung Frankreichs und Deutschlands in der Marokko-An gelegenheit veröffentlichen. Am Südende Sachalins ist gestern ein nach Osten gehendes japanisches Geschwader gesichtet worden. Die Vorgänge in Ungarn, die dortige chronische Krisis und die Unmöglichkeit, sie in irgend einer Weise auf irgend einem Wege zu lösen, erfüllen die leitenden Kreise in Wien mit ernster und nur zu berechtigter Sorge, denn diese Krisis hat sich von einer ungarischen längst zu einer österreichisch-un garischen entwickelt. Es klingt heute geradezu komisch, wenn nicht tragikomisch, daß das Kabinett Fejervary berufen wurde, um für em ordnungsgemäßes parla mentarisches Kabinett Raum und Stimmung zu machen. Jetzt ist der „Schrittmacher" Fejervary bei seinem Aus flug ins Politische gestrauchelt, und die ungarische Staatskarre ist heute, nach dem Mißtrauensvotum, welches das ungarische Abgeordnetenhaus vor seiner Ver tagung bis zum 15. September noch in aller Eile dem Kabinett auf den Weg gegeben hat, derart in die Sack gasse geraten, daß nicht recht zu ersehen ist, was bei den derzeitigen Konferenzen Fejervarys mit den un garischen Parteiführern noch Gutes herauskommen soll. Muß man sich doch erinnern, daß Kaiser Franz Josef selbst vor der Berufung Fejervarys mit 42 ungarischen Politikern zwecks Lösung der Krists konferiert hat, ohne daß diese Beratungen ein anderes Ergebnis hatten, als eben die verunglückte Berufung Fejervarys. Wir betonten schon, daß die Dinge jetzt schlimmer stehen denn je. Ungarn befinde?—sich zur Zeit im Zustande der offenen Auflehnung gegen die ordnungsmäßige Re gierung. Man verweigert dem Kabinett Steuern und Rekruten, man widersetzt sich offen dem Willen der Krone, kurz, man macht, um ein jetzt in Ungarn auf gekommenes Wort zu gebrauchen, „kalte Revolution". Ist es doch schon kennzeichnend genug, daß Kaiser Franz Josef sich genötigt gesehen hat, den Nachfolgern jener politischen Gruppe, die ihn im Jahre 1849 der Krone des heiligen Stefan verlustig erklärt hatte, immer weiter entgegenzukommen und immer neue Konzessionen zu machen. Denn die ungarischen Unabhängigkeitsparteien machen kein Hehl daraus, daß sie die Grundlage der österreichisch-ungarischen Monarchie, den Ausgleich von 1867, nicht mehr anerkennen und daß ihr Streben dahin geht, die durch den Ausgleich geschaffene Real- umon zwischen Oesterreich und Ungarn in eine Per sonalunion zu verwandeln, ja vielleicht zum Schluß, nach dem Muster Norwegens, auch diese auf zuheben. Zugeständnis auf Zugeständnis hat Kaiser Franz Josef den begehrlichen Magyaren gemacht, ohne daß er diese, denen der Appetit beim Essen wuchs, damit zu befriedigen vermochte Jedes Zu geständnis gebar nur neue Wünsche, deren Endziel eben die LoSreißung Ungarns ist. Zur Zeit lautet die Hauptforderung der ungarischen Opposition: Einführung der magyarischen Dienstsprache für den ungarischen TeÜ der gemeinsamen Armee. Diese Forderung, von der vor Jahresfrist kaum die Rede war, ist plötzlich zum allgemeinen Schlagwort geworden. Weshalb wohl? Weil man in Ungarn nach den unzweideutigen Er klärungen des Herrschers davon überzeugt ist, daß er dieser Forderung gegenüber, von deren Verwirklichung er die völlige Lockerung des gemeinsamen Armeeverbandes befürchtet, nicht nachgeben werde. Man weiß in Oester reich ganz genau, daß, wenn die Forderung der un garischen Dienstsprache bewilligt würde, alsbald die weitere folgen würde, daß die ungarischen Regimenter in erster Reihe auf die ungarische Verfassung vereidigt werden, also ein rein magyarisches Heer geschaffen werden solle. Was aber bezweckt man in Ungarn damit? Was will das werden? In Ungarn zirkulieren zur Zeit, wie von dort be richtet wird, allerlei wilde Gerüchte, die für die Stimmung im Lande bezeichnend sind und von denen schon deshalb Kenntnis genommen werden muß. So spricht man dort allen Ernstes davon, daß Kaiser Franz Josef sich an gesichts der zerfahrenen Situation mit Rücktrittsgedanken trage, um dem Thronfolger Franz Ferdinand Platz zu machen, dem allerhand Staatsstreichpläne gegenüber Ungarn zugeschrieben werden. Heißt es doch u. a., daß er die ungarische Verfassung sistieren, ein parlamentloses Regime einführen und die magyarischen Regimenter durch österreichische ablösen wolle. Es ist kennzeichnend für die Spannung zwischen Oesterreich und Ungarn, wenn derartige Nachrichten in ernsten politischen Kreisen geglaubt und offen besprochen werden. Freilich, seit in Ungarn offen die Losreißungsparole proflamiert worden ist, darf man sich über nichts mehr wundern. Wohl wissen die Magyaren, daß bei der Trennung zwischen Oesterreich und Ungarn an die Stelle eines Großstaates zwei Mittelstaaten treten würden Aber man wird heute nicht mehr mit völliger Sicherheit behaupten wollen, daß diese Erkenntnis bei den Ungarn zum Schluß stärker sein wird, als die Sucht, ihre „nationalen" Forderungen zu befriedigen. Jedenfalls kann man der Weiterentwickelung der österreichisch-ungarischen Staatskrisis nur mit ernster Sorge entgegensehen. Was will das werden? Politiscde Weltschau. Deutsches Reich. Der Kaiser traf gestern mittag an Bord der „Hohenzollern" in Swinemünde ein. Um 12 Uhr traf der Reichskanzler Fürst Bülow von Berlin aus ein und begab sich an Bord der „Hohen- zollern". Nach 12 Uhr wurde der neue Gouverneur von Kamerun Graf Zech empfangen. Die Kaiserin wird, wie nunmehr feststeht, am Donnerstag den 13. d. M. nachmittags in Begleitung der Prinzen Oskar und Joachim, sowie der Prinzessin Viktoria Luise zu einem mehrwöchigen Sommer aufenthalte in Cadinen eintreffen. Die Einigung zwischen Deutschland und Frankreich über die Marokko-Konferenz ist erfolgt. Der französische Ministerpräsident Rouvier und der deutsche Botschafter Fürst Radolin in Paris verständigten sich am Sonnabend abend endgültig über die Fassung der zwischen den beiden Regierungen aus zutauschenden Erklärungen. Nach zweistündiger Unter redung des Fürsten Radolin mit dem Ministerpräsidenten Rouvier wurden die von deutscher Seite vorgeschlagenen Wortwendungen angenommen, über die vollständige Uebereinstimmung herrschte. Rouvier wird Montag m der Kammer gelegentlich der Anfrage des Deputierten Cochin den Text des vereinbarten Schriftstückes zur Verlesung bringen. Man glaubt nicht, daß eine um fangreiche Debatte sich daran knüpfen werde. Rouvier wird unverzüglich die Zustimmung Frankreichs zur Konferenz nach Fez übermitteln; gleichzeitig werden ähnliche Schritte von den anderen Mächten vorbereitet. Das Schriftstück, das Frankreich und Deutschland gemeinsam über die Verhandlungen in der Marokkofrage herauszugeben gedenken, ist seinem Inhalte nach einst weilen noch unbekannt. — In diplomatischen Kreisen wird bestätigt, daß die Note, welche die zwischen Deutsch land und Frankreich erfolgte Einigung bestätigen wird, ziemlich kurz sein und sich auf Allgemeinheiten beschränken wird, deren Wortlaut aber eine gewisse Bedeutung haben wird, wie es die lange Dauer der Verhand lungen beweist, die die Redaktion jedes Satzes erforderte. Die Hauptzüge der Note sollen nach Mitteilungen aus guter Quelle folgende sein: Frankreich stimmt der vom Sultan von Marokko vorgeschlagenen internationalen Konferenz zu, nachdem der zwischen Deutschland und Frankreich stattgehabte Meinungsaustausch ergeben hat, daß die Interessen jedes der beiden Länder voll gewahrt werden. Es verlautet, der Ort der Konferenz sei wahr scheinlich Tanger. Der Reichstag soll dem Vernehmen nach nich vor Ende Oktober oder Anfang November wieder zusammentreten. Bis zu dieser Zeit hofft man, daß die Anfang Herbst wieder aufzunehmenden Konferenzen des Reichsschatzamts mit den Regierungen der Einzelstaaten zu einem positiven Ergebnis geführt haben werden. Ueber den Beginn der Tagung des preußischen Land tages sind gleichfalls bestimmte Entschlüsse noch nicht gefaßt worden. Als wahrscheinlich wird bezeichnet, daß er etwa zu derselben Zeit wie der Reichstag, vielleicht Anfang November, einoerufen werden wird. Eine Kritik der geplanten Eisenbahn-Per- sonentarif-Reform faßt die „Königsb. Allg. Htg." nach sehr eingehender Begründung folgendermaßen zu sammen: 1. Die Bemessung der Einheitspreise ist zu billigen, 2. die besonderen Ermäßigungen sind beizu behalten, 3. die Rundreisehefte sind, sofern der Preis nicht auf den Einheitssatz reduziert wird, entbehrlich, 4. der Schnellzugszuschlag darf nur für „echte" Schnell züge zur Entlastung vom Nahverkehr durchgeführt werden, dem Nahverkehr ist durch schnelle Lokalzüge Ersatz zu bieten, 5. Vermehrung des Handgepäcks nach Abschaffung des Freigepäcks ist zu verhindern, dagegen sind die Frachtsätze für die unteren Gewichtsklassen er heblich zu vermindern. Die Generalversammlung des Deutschen Vereins für Volkshygiene wurde am Sonnabend in München im Rathaussaale durch Geheimrat Professor Rubner- Berlin eröffnet. Vertreter des Kultusministeriums, des Kriegsministeriums, der Stadt und verschiedener wissen schaftlicher Institute hielten Begrüßungsansprachen. Wie aus Mannheim geschrieben wird, beabsichtigt die Parteileitung der Mannheimer Sozialdemo kratie an Iau res die Einladung zu richten, in einer Volksversammlung im Nibelungen-Saal des Rosen gartens den Vortrag zu halten, der durch die Note Bülows an die französische Regierung vereitelt worden ist. — Wir glauben kaum, day die badische Regierung dies gestatten wird. Nach amtlichen Meldungen aus Südwest afrika gehen die Hauptleute Siebert und Ritter vereint gegen Morenga vor, der sich am Osthang der Großen Karasberge befindet und wieder über 200 Gewehre verfügen soll Cornelius ist, nachdem seine Stellung erstürmt wurde, nach Westen geflohen und wird verfolgt. Oesterreich-Ungarn. Kaiser Franz Josef begab sich gestern nachmittag von Ischl zum Besuche des Königs von Dänemark nach Gmunden und kehrte am Abend dorthin zurück. Das österreichische Abgeordnetenhaus hat Anträge der Abgeordneten Stein und Groß angenommen, die die österreichische Regierung zu besonderer Aufmerk samkeit für die Entwickelung der Verhältnisse in Ungarn auffordert. Belgien. An den Feierlichkeiten wegen des fünfundsiebzigjährigen Bestandes der belgischen Un abhängigkeit wird das deutsche Linienschiff „Kaiser Karl der Große" teilnehmen. Vom 23. bis zum 28. Juli wird es vor Antwerpen ankern. Rußland. Das meuternde Kriegsschiff „Potemkin" hat sich am Sonnabend den rumänischen Behörden ergeben! Die Geschütze des Panzers wurden demontiert; die Mannschaft wurde in Kähnen nach der kleinen Ortschaft Anadolkioi gebracht, wo sie in Baracken einquartiert wird, die sonst den Zwecken einer Viehausstellung dienen. Schon während der Verhandlungen desertierten verschiedene Mannschaften, sogar die Besatzung der Schaluppe, welche die Delegierten an den rumänischen Kreuzer „Elisabeths" heranbrachten, verließen ihr Fahrzeug und flüchteten. Die in der Gewalt der Behörde gebliebenen Meuterer werden nun mit der Bahn nach verschiedenen Donauhäfen gebracht werden, wo sie vollständige Freiheit genießen sollen. Die Schiffe selbst, der „Potemkin" und das ihn begleitende Torpedoboot, werden von Rumänien der russischen Regierung zur Verfügung gestellt. Die Navigation wurde von zehn Personen geleitet; an ihrer Spitze stand wahrscheinlich ein junger Finnländer. Dieser erklärte, er konnte es nicht übers Herz bringen, seine unschuldigen Brüder in den russischen Städten zu bombardieren. Da ihm auch eine Beschießung rumänischer und türkischer Städte nicht denkbar erschien, mußte sich der „Potemkin" ergeben. Erst versuchten die Meuterer, die Uebergabe ohne das Schiff zu erlangen, in welchem Falle diese-